Dass die Vergangenheit ein fremdes Land ist, in welches
wir niemals zurück können, da unser Andenken uns nur eine recht
ungenaue Landkarte ist, weiß niemand besser als die Go-Betweens. Zwischen
Vergangenheit und Erinnerung, aber auch zwischen Patti Smith und den Monkees,
zwischen Melodie und Zerstörung, zwischen Robert Forster und Grant
McLennan - in diesen Räumen spielen die Songs dieser wundervollen Band
aus Brisbane.
Auf ihrem äußerst eigenwilligen Debüt "Send Me A
Lullaby" hatten die Go-Betweens noch einige Schwierigkeiten, sich
mit der unüblichen Dreierbesetzung - Gitarre, Bass, Schlagzeug -
zu arrangieren. Doch schon auf dem Nachfolger "Before Hollywood"
brachte vor allem die erwachte Musikalität Grant McLennans - den
Robert Forster sich nicht aufgrund seiner musikalischen Fähigkeiten,
sondern aufgrund seiner guten Plattensammlung und seiner Filmleidenschaft
zum Partner erkoren hatte - den musikalischen Durchbruch.
Während Gitarrist Forsters verquere Rhythmik die Erinnerungssplitter
in die Songs treibt, versuchen sich McLennans melodische Basslinien an
der großen Erzählung, die jedoch scheitern muss, als er im
Schlüsselsong "Cattle and Cane" die bruchstückhafte,
ja rhapsodische Struktur seiner Gedanken erkennt: "From time to time/
The waste memory-wastes". Auf "Spring Hill Fair" stellt
Forster einen noch viel radikaleren Befund: "All that's left of me,
of me that was/ Is a former shadow", singt er in "You've Never
Lived". Und ein paar Zeilen später: "And right here's for
me/ Right here and nowhere else." Auf keinem anderen Album ringen
die Go-Betweens so sehr mit den Schatten der Vergangenheit und sind dabei
so gegenwärtig.
Mit dem Neuzugang von Robert Vickers am Bass wechselte Grant McLennan
zur Leadgitarre - wieder veränderten sich die Kräfteverhältnisse
innerhalb der Band. Plötzlich spielten die Go-Betweens in einer klassischen
Vierer-Besetzung. And then there were four. "Spring Hill Fair"
war eine Suche nach der vergangenen Originalität. Das Ergebnis: eine
nervöses, zerfahrenes, ja brillantes Album, das die Qualitäten
dieser Band treffender auf den Punkt brachte als jedes andere. McLennans
Melodien, Forsters spröde Zickigkeit, Lindy Morrisons simples, aber
extrem wirkungsvolles Schlagwerk und Robert Vickers Bass, der sofort den
richtigen Platz findet. Dabei verstoßen sie gegen alle Regeln, spielen
verschwenderisch mit Melodien - aber vor allem gegen sie. So beginnt der
Opener "Bachelor Kisses" noch lieblich, doch dann der Bruch:
"The arcade lights are hanging down/ The rain surrenders to the town."
Grant McLennan versucht sich in "River Of Money" wieder am
großen Epos. In Cinemascope. Muss aber bald erkennen, dass auch
diese Anstrengung wieder im Privaten endet. Der Wind lässt die Vorhänge
gegen die Gitarrensaiten schlagen, und er weiß, sie kommt niemals
zurück. Auch Robert Forster sucht Trost im Erhabenen - der See, den
Bergen - und landet doch immer wieder nur bei sich selbst. "The old
way out is now the new way in." Seelenlandschaften. Klopstock! Doch
während McLennan sich weiter am großen Lebensentwurf festhält
- "It starts with a birthstone/ It ends with a tombstone" -,
steckt er im Detail: in der Handschrift der scheidenden Geliebten, ihren
Briefen, in einer feinen Tränenspur. Kämpft gegen das Vergessen
der Liebe, die einst war: "Remembered your name/ Evidently you've
forgotten mine". Sie muss zurückkommen: "You're the one,
the one I need, need in times/ Times like these."
Auf dem Cover von "Spring Hill Fair" sieht man die vier Go-Betweens
in einer Theaterloge sitzen. Sind sie wirklich nur Beobachter oder doch
auch selbst Akteure, die aus der Mode gekommene Schauspielertruppe in
Shakespeares "Hamlet" vielleicht, die dem Prinzen von Dänemark
helfen soll, die Vergangenheit zu beschwören und so den Geist seines
des ermordeten Vaters zu rächen? Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo
dazwischen.
(MAIK BRÜGGEMEYER, Rolling Stone)
With Robert Vickers and his more straightforward style of bass introduced
to the band, McLennan switched fully over to guitar and the quartet entered
the studio with producer John Brand for Spring Hill Fair. A slightly more
conventional but no less entrancing collection of songs in comparison
to Before Hollywood, Spring Hill Fair contains its fair share of Go-Betweens
classics, with the rough, barbed emotional edge of many lyrics getting
almost gentle arrangements. There's more appearances from guest musicians
than ever before, with contributions running from string arrangements
to trumpet and saxophone. It's all still the Go-Betweens' own style of
chiming guitar rock, able to switch between restraint and a hard-swinging
(definite credit again to Morrison -- check out her glammy stomp on "The
Old Way Out") but not hard-riffing punch. Leadoff track "Bachelor
Kisses," with its subtly intense mid-song break, McLennan's suddenly
nervous singing matched by a quiet intensity in the music, is easily matched
at the end with Forster's "Man O' Sand to Girl O' Sea," its
pounding chorus one of the band's best captured moments of desperation.
If McLennan had ultimate pride of place on Before Hollywood with "Cattle
and Cane," Forster comes to the fore here with the just tense enough
"Draining the Pool for You." It's a blackly humorous portrait
of a maintenance worker and the faded superstar who hired him that also
succeeds as a perfect kiss-off, with a memorable chorus to boot. Other
Forster-sung standouts include "Part Company," an almost-Smiths-like
all-around performance on the verses spiked with an at once inspirational
and regret-laden chorus. Throughout the album one can not only hear the
expanded lineup testing things out, but individual players adding their
own particular flair -- the brush-and-shuffle percussion from Morrison
on "Five Words," McLennan's great lead guitar solo on "You've
Never Lived," Vickers' ability with crisp funk on "Slow Slow
Music."
(by Ned Raggett, All Music Guide)