Erwarten sie nichts – und Sie bekommen alles. Angesichts des umfangreichen Schaffens des Will Oldham bei einem einzigen Album von Dem Besten zu sprechen, wäre vermessen. Zu viele langjährige Verehrer haben ganz zu Recht ihr persönliches Lieblingswerk, schwelgen in den Vorzügen einer ganz bestimmten Oldham-Phase, vermissen in späteren Werken vielleicht das Herz der frühen Jahre. 3 Jahre sind seit dem letzten echten Solo-Album Master And Everyone vergangen, eine arbeitsreiche Ruhe, die mit 3 Außer-der-Reihe-Platten zum Glück keine Leere entstehen ließen. Dennoch: Hoch waren die Erwartungen, leise drängelte die Skepsis, als ich Letting Go zunächst zögerlich den Zugang zu meinem Kopf gestattete. Und das Werk von den ersten Tönen an in mein Herz schloß. Langsam und schrittweise stimmt uns Love Comes To Me auf die Sprache der 12 (+1) Songs ein: Vier finnische Streicher legen den gepflegten Teppich, auf dem eine schlichte akustische Gitarre wirken kann, bis eine der intensivsten Stimmen des Genres die Führung übernimmt. Ein rudimentäres Schlagwerk deutet auf wurzeligste Weise den einfachen Rhythmus an, eine wahrhaft engelsgleiche Frauenstimme verzaubert mit himmlischen Harmonien, perlende E-Gitarren-Akkorde runden das Song-Wunderwerk ab. Die schon das erste Stück prägenden Elemente durchziehen das ganze Album, machen es zu etwas ganz Besonderem. Der von Herz und Fingerfertigkeit geprägte Dialog zwischen der akustischen und der elektrischen Gitarre (von beeindruckender Reife: Emmett Kelly), das ungemein zurückhaltende, variierende, dabei von höchster Kunstfertigkeit geprägte Schlagwerk (Ein Meister des Weniger-ist-mehr: Dirty Three’s Jim White), die stets präsente, sanft-verlockende Elfenstimme (zum Verlieben: Faun Fable’s Dawn McCarthy), das wunderbare Wirken der Streichquartett-Arrangements (Ryder McNair und Nico Muhly), die als edles, mal barockes, mal cinemascopisches Gegengewicht zur brüchig-erdnahen Atmosphäre des Gitarre-Bass-Trios wirken. Die Melodien sind von Folk-naher Natürlichkeit und gewinnen noch zusätzlich durch die glückliche Stimm-Paarung brüchig-intensiv mit weich-schmeichelnd. Ob leises Folk-Kleinod, wurzel-echter Folk-Blues, edle Lambchop-Weite oder gewaltig-brausende Klang-Orgie – die 13 Songs, aufgenommen in Reykjavik, lassen den Kritiker lustvoll die Suche nach Vergleichen aufgeben, wirken in ihrer ganz eigenen Wunderwelt, eröffnen dem Bonnie Prince Billy-Verehrer ein neues Kapitel der Schönheit. Ach Quark: Ein ganzes Buch. (Glitterhouse)
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