Wenn ich mich doch auf alles im Leben so fest verlassen könnte, wie auf ein neues Tift Merritt-Album. Und dabei rede ich noch nicht einmal von Regierungen, Gehaltzahlungen, Freundschaften oder der Güte des Fernsehprogramms, allein schon im Bereich der Musik gibt es mehr als genügend unliebsame Überraschungen. Aber die Singer-Songwriterin aus North Carolina, die 2002 mit Bramble Rose so heftig und nachhaltig in das Leben aller wahren Musikfreunde getreten war, schenkt uns alle zwei Jahre ein neues Studioalbum, das auf eigenartig unspektakuläre Weise angetan ist, unser Leben zu bereichern. Dabei setzt sie nie nur auf ein Pferd, und bleibt sich dennoch treu, zeigt sich wandelbar und vielfältig, bleibt aber dennoch ganz und gar Tift. Und so gelingt es auch dem vierten Studioalbum der 35-jährigen traumwandlerisch sicher, gleichzeitig all meine Erwartungen zu erfüllen und dennoch zu überraschen, reizt mit unterschwelligem Soul-Groove, umschmeichelt mit Lagerfeuer-Folk-Wärme, bewegt mit in satten Farben leuchtenden Sonnenuntergangs-Balladen, überrollt mit deftigem Country- und Roots-Rock oder lässt die sanfte Steel-Sonne über den weiten Weisen leuchten. Ihr zur Seite eine erlesene Musikerschar unter der bewährten Regie von Tucker Martine, neben der bemerkenswerten Gitarristin Merrit tragen u.a. gute Namen wie Zeke Hutchins (Schlagwerk), Jay Brown (Bass), Greg Readling (Piano, Hammond B 3), Eyvind Kang (Violine, Viola), Greg Leisz (Pedal Steel) oder Hans Teuber (Saxophon, Klarinette) das ihre zum mal vollen, mal filigran durchschimmernden, immer warmen Klang des Albums bei. Aber egal ob allein zum Piano, zu vielstimmigem Gospel-Gesang, zu akustischen Folk-Weisen, zu breitem Blechgebläse oder zur druckvoll rollenden E-Gitarre - Tifts weich-klare Stimme ist es, die alles eint, alle bezaubert, jedes Album aufs Neue gleich zum Freund werden lässt. Und darauf kann ich mich verlassen.
(cpa, Glitterhouse)