Ich kann mich noch genau erinnern, als mir die allererste Whiskeytown zugeschickt wurde. Von einem Minilabel in North Carolina. Angefordert von mir, heiß gemacht durch ein Review im No Depression Magazin. Da begann die Affäre zwischen mir und Bandleader Ryan Adams, dessen Veröffentlichungen wie handgeschnitzt waren für die Glitterhouse Clientele. Zugegeben, die spätere Flut an Releases hat einen dann schon erdrückt und das Interesse etwas erlahmen lassen. Probleme mit dem Ohr (Morbus Menière) zwangen ihn dann wohl, etwas kürzer zu treten. Um dann gänzlich zu verschwinden. Und nun ist er zurück. Mit einem neuen Album, eingespielt in seinem eigenen Pax Am Studio. Ich will dem Burschen eigentlich nur Gutes, bin ich recht unvoreingenommen an das Werk ran gegangen, auch wenn unser cpa vorab meinte, Ryan würde stark nach Bryan klingen (altes internes Wortspiel). Der Opener (ebenso die erste Single) Gimme Something Good wirft dann aber direkt erste Zweifel auf. Das kann ich ganz schwer einordnen. Was ist das? 70er AOR? Und warum klingen die Gitarren wie weiland bei Echo & The Bunnymen? Liegt es an mir? Ist die Magie verflogen? Die Zeit vorbei? Ist das jetzt Mainstream-kompatibel?
Fragen, die ich nicht wirklich beantworten kann. Bei den ganzen leisen Songs, wie z.B. My Wrecking Ball oder dem abschließenden Let Go, fühlt man sich an gute, alte Zeiten erinnert. Bei den meisten anderen, vorwiegend elektrisch rockenden Songs, stoßen mir oft erst mal die Gitarrensounds negativ auf und wenn ich die Kompositionen an sich seziere, sehe ich auch keine Großtaten. Tja, Zeit für ein Fazit: Ich will denen, die sehnsüchtig auf eine neue Ryan Adams Platte warten, nicht die Freude nehmen. Vielleicht liegt es an mir, vielleicht bin ich dem auch einfach nur etwas entwachsen (obwohl es in dem Genre noch genug aktuelle Platten gibt, die mir gefallen)? Ich möchte nur, dass ihr Adams Fans die Erwartungen etwas runterschraubt und vorsichtig ran geht an die Platte. Und wenn ihr dann nach 2-3 Durchlaufen leise „der rh hat keine Ahnung“ murmelt, dann ist ja alles gut.
(rh, Glitterhouse)