|  
       Goldene Regel ambitionierter deutscher Popmusik: Alles geht, nur bitte, 
        bitte, keine Liebeslieder. Gefühl sucks. Verbotene Worte: "Tränen", 
        "zärtlich", "anschmiegen". 
      Und was machen Blumfeld? Vier Jahre nach ihrem beachtlichen, zweiten 
        Album L'Etat Et Moi veröffentlicht die Band (allerdings in neuer 
        Besetzung) Old Nobody. Die vier Hamburger Jungs lassen sich, mit etwas 
        übertrieben schmalzigem Lächeln, auf dem Cover der Platte blicken, 
        wagen Lieder wie "Tausend Tränen tief", oder "Ein 
        Lied von zwei Menschen". Dazu traut sich Sänger Jochen Distelmeyer 
        sogar, wie George Michael zu klingen. Im ersten Moment baut sich da eine 
        natürliche Abwehrhaltung auf. Eine Überdosis Gefühl? Von 
        wegen: Während alle Welt wütend auf Gitarren und in die Tasten 
        drischt, lehnt sich auf Old Nobody eine wunderbare Melodie an die nächste, 
        schmiegt sich ein Lied sanft an das folgende. Und, wo gibt's denn sowas, 
        - all das in entspanntem, zärtlichen Deutsch. Alles macht Sinn, selbst 
        an das fast sechs Minuten lange Gedicht "Eines Tages", gleich 
        zu Beginn der Scheibe, gewöhnt man sich. 
        Blumfeld beweisen mit dieser CD: Gefühl rules. Und: Es gibt keine 
        Regeln. Schon gar keine goldenen. --Michael Ebert 
        (Aus der Amazon.de-Redaktion)  
      
       | 
  
  
    | 
       Früher: ein Chor der who's who der "anderen" deutschsprachigen 
        Musik und das bekannte Proklamieren der Jugendbewegung. Heute krakeelt 
        eine Schulklasse der Namenlosen auf dem (freilich aufgepeppt) musikalisch 
        wie ein flashback anmutenden, programmatischen "Mein System kennt 
        keine Grenzen". Also? Die neue Blumfeld. Liebeslieder (acht von elf), 
        Keyboardteppiche statt offener und verzerrter Gitarre, die gezähmt 
        im Hintergrund verharrt (Ausnahme: die Gitarrenspur auf "So Lang 
        es Liebe gibt") , alles produziert zugespitzt auf den Gesang, der 
        durch vereinzelt gesprochene Worte kontrastiert wird. Am eklatantesten 
        tritt das Neue an Blumfeld (mit neuem Bassisten und um einen Keyboarder 
        erweitert) tatsächlich durch die Sprache zutage: Direkt, zentriert, 
        einfache Bilder bemühend ("Alles ist irdisch / die Welt liegt 
        im Dunkeln / wir schweben im Ganzen / die Nacht gehört uns"), 
        kein Spielen mehr mit Worten und Schaffen eines weiten Raums jenseits 
        von Sprache als purer Mitteilung. Doch "mein offenes Buch / es wurde 
        zu Stein" (aus The Lord of the Song"). Von über die Zweierbeziehung 
        hinausgehenden Texten (sprich Systemkritik etc.) keine Spur. Nun mag man 
        sagen: super, hier bricht jemand Erwartungshaltungen. Das polarisiert, 
        man zerreißt sich die Mäuler. Nur geht es hier nicht mehr darum 
        wie beispielsweise auf der letzten Go Plus, ob deutschsprachige Liebeslieder 
        uncool sind oder nicht, wenn die blind dater (etwa die Lassie Singers 
        auf HR3) durch die Bank auf Pur oder die Münchener Freiheit tippen 
        und sich ein Song wie "Status: Quo Vadis" von der Liedermacher- 
        schon hart an die Grenze zum Schlager bewegt. Der einzig wirklich unsaubere 
        Moment der Platte bleibt der Einsatz der Kinder. Falls hier jemand etwas 
        gefunden hat, freut mich das. Eine musikalische Bewertung greift dabei 
        allerdings ins Leere. 
      Joachim Henn / © Intro - Musik & so 
        mehr unter www.intro.de 
     |