Als Krautrockband begannen die Rusty Nails, bei denen der fleißige Sänger und Liederschreiber Michael Mann (Waiting For Louise, Songs To The Siren) den federführenden Frontmann abgibt. Nach 20 Jahren Pause sind nun die rostigen Nägel zurück, die – nun ja – den alten Rost des Krautrock abkratzen. Darunter glänzen die Spuren der Großstadt in rot-gold-gelben Farben, das aufgeklappte Digipack ist ein echter Eyecatcher. Ebenso das Booklet, das viele Fotos und alle Texte der Eigenkompositionen enthält. Ute Rettler, die auch bei Waiting For Louise in die Saiten greift, hat ihr Gitarrenspiel für die Rusty Nails irgendwo zwischen den Eagles und J.J. Cale verortet. Da reichen sich Spannung und Entspannung die Hand. Jörn Bücher spielt Keyboards, auf dem Instrumental „Line Nine-O-Nine“ orgelt er zwischen Jon Lord und Al Kooper, während er auf einigen anderen Titeln sein feinsinniges E-Piano in Richtung Steely Dan rückt. Ebenso lobenswert wie er Mellotron und Synthesizer unaufdringlich, aber wirkungsvoll zum Einsatz bringt. Der Mann an den Tasten spielt eine wichtige und gewichtige Rolle bei den Rusty Nails. Schlagzeuger Detlef Goch und Bassist Ulrich Adler bereiten ein lässig federndes Fundament und Michael Mann maunzt und raunzt seine gewitzten Texte ins Mikrophon. Er zählt für mich zu den besten deutschen in Englisch singenden Sängern. Die Fremdkompositionen „A Long December“ (Counting Crows) und „Late Blues“ (Ida) interpretiert das Quartett mit viel Feingespür und Empathie. Das Album „Big City Tracks” lässt sich viel Zeit, die acht Titel haben nahezu alle Überlänge und dennoch gerät es zu einer kurzweiligen Angelegenheit. Dass sie dabei ein eigenes und eigensinniges Werk vollbrachten, das kaum Vergleiche zulässt, ist ihnen hoch anzurechnen. Als grobe Orientierung würde ich den Country-Rock der Eagles, die Westcoast-Eleganz von Steely Dan sowie Yacht- und Soft-Rock-Elemente der 70er anführen. Wobei die Reste am übrig gebliebenen Rost dem Klangbild gut tun. Zudem ist die Laid-Back-Atmosphäre geradezu greifbar, gar nicht so selbstverständlich in unseren schnelllebigen modernen Zeiten. Außerdem legt die Platte ihre anfängliche Unscheinbarkeit nach und nach ab. Letztlich interagieren das Hören, das Lesen der Texte und Betrachten des Artworks auf ganz wundersame Weise. Also: Augen und Ohren auf und Fahrbahn frei für die „Big City Tracks“!!
(Günter Ramsauer, Truth
& Lies Press, Dez. 2015)
Den Ehrenpreis als beste unbekannte Band ohne Plattenvertrag sichert sich mal wieder ein Projekt des Musikerkollektivs um Michael Mann vom Niederrhein. Mit seinen Rusty Nails spielte er nach 20 Jahren Pause unter dem Namen „Big City Tracks“ ein neues Album ein. Was mit Krautrock- und Blues begann, wurde jetzt unkonventionell ausgedehnt. Einflüsse des West Coast Hippie-Rocks der 60er Jahre sind genauso zu erkennen wie Merkmale des Progressive Rock und Soft-Rock-Beimischungen. Alles wohldosiert, spannend und passend zusammengestellt. Die Musiker haben tüchtig über den Tellerrand geschaut und eine kreative Meisterleistung vollbracht. Das Ding wächst mit jedem Hördurchgang, wie auch Kollege Günter Ramsauer bestätigt.
(Heino Walter, CDStarts,
Dez. 2015)
Es ist nun bereits sechzehn Jahre her, dass mir ein Musiker über den Weg lief, der seitdem immer wieder in mehr oder weniger unregelmäßigen Abständen mit seiner Musik in unser Magazin findet. Bis dato drehten sich die Rezensionen immer um seine Band Waiting For Louise.
WFL ist allerdings nicht weit weg, sind doch neben Michael Mann mit Detlef Goch und Ute Rettler bekannte WFL-Namen im Line-up. Dreht man die Zeitschraube zurück bis ins Jahr 1980, findet man auch den Basser Ulrich Adler und den Tastenmann Jörn Bücher im Stammbaum der Musikerfamilie Michael Mann. Die Ursprünge der Rusty Nails heißen Alpsray Riders und Catacombo. Wie bei unzähligen anderen Bands dieser Zeit auch, begann es hauptsächlich mit dem Nachspielen alter Klassiker. Der heutige Bandname wurde 1983 zum ersten Mal verwendet und nach zwei Versuchen, die Band wieder zu beleben, war der dritte Versuch 2011 erfolgreich.
Und das ist gut so, denn die Protagonisten sind aufeinander eingespielt, wie es nur geht, wenn man sich lange kennt und genau so lange miteinander musiziert hat. Das schlägt sich in der Produktion nieder, die zwar äußerst ausgefeilt und professionell daherkommt, auf der anderen Seite aber niemals steril und aufpoliert wirkt. Ich würde das eher organisch nennen und zwei der Stücke von "Big City Tracks" haben es auf Anhieb geschafft, in meine 'Die-Nummer-will-ich-immer-wieder-hören-Liste', sprich Sampler, zu kommen. Das ist erstmal "Neon Night" - eine Art Westcoast-Jam, die relaxt und hemdsärmelig mit saustarker Gitarrenarbeit mehr als begeistert und überzeugt. Das i-Tüpfelchen sind ein, zwei kurze Passagen, in denen in meinem Kopf der Knopf Terrapin Station gedrückt wird.
Der zweite Übersong folgt auf dem Fuß und hört auf den Namen "Late Blues", ein Stück von der New Yorker-Band Ida. Ja, ein Blues, aber was für einer. Eine Gitarre, die trauriger kaum spielen könnte, eine Orgel, die dir die Seele umstülpt... das Original ist mir nicht bekannt, aber die Rusty Nails-Version lässt keine Sehnsucht danach aufkeimen.
Das komplette Album zeigt eine Band, die mit Stimmungen umgehen kann. Die beiden von mir besonders genannten Stücke sind lediglich 'meine Spitze' eines gewaltigen Eisbergs, der bluesig, rockig, jammig durch den Musikkosmos treibt. Die Geschichten hinter den Liedern sind im hochwertigen und ausführlichen Booklet nachzulesen. Infos in dieser Form sind übrigens im Mainstream-Bereich nicht die Regel. Auch dafür Hut ab.
Die scheinbar so notwendige wie überflüssige Schublade: Der Michael Mann, den ich eigentlich unter Singer/Songwriter 'abgelegt' habe, zeigt mit den Rusty Nails ein anderes Gesicht. Ich möchte jetzt keine zigste Unterschublade aufmachen, sondern "Big City Tracks" einfach unter Rock filen. Dieser Rock strotzt jedoch von Feinheiten und dezenten Höhepunkten, die mir keine Wahl lassen: Diese Scheibe hat die Tipp-Grafik wahrlich verdient. Wenn "Neon Nights" und der "Late Blues" für mich auch die beiden Highlights markieren, die anderen sechs Stücke sind mindestens 'Light' und "Big City Tracks" ist eine dieser Scheiben, die immer in Reichweite stehen werden.
"Big City Tracks" ist das dritte Album der Rusty Nails. Hoffentlich nicht das letzte!
(Uli Heiser, www.rocktimes.de,
15.12.2015))