Leidenschaftlicher Akustikpop bestimmt Philip Selways erstes Soloalbum "Familial". Damit setzt sich der Radiohead-Drummer von den Experimentalausflügen seiner Kollegen ab. "The Eraser" nannte sich Thom Yorkes erstes Artist-Album und war am Ende nicht mehr als das, was seine Band Radiohead sonst fabrizierte: Mit elektronischen Sperenzchen aller Art, hätten einige Songs problemlos im Kollektiv funktioniert und die vielen Soundtrack-Arbeiten von Kollege Jonny Greenwood klangen zwar kurios, aber ebenso vorhersehbar. Im Gegensatz dazu überrascht Philip Selway mit seinem Debüt "Familial" und den darauf enthaltenen Kleinoden aus sachtem Folk- und Singer/Songwritermomenten.
Fast komplett unverstärkt spielt sich der Radiohead-Drummer durch die Songs und erzählt von Familienstrukturen, die nicht allein seine Rolle als Vater thematisieren, sondern obendrein zeigen, wie wichtig ihm Freunde und Bekannte sind - sowohl musikalisch als auch privat. Dazu singt er auf erstaunlich hohem Niveau und am liebsten würde man Thom Yorke eine Petition zukommen lassen, mit der Bitte, Selway demnächst öfter ans Mikro zu holen. Freilich auch deswegen, weil meist der Fehler begangen wird, den Drummer einer Band als vermeintlich schwächstes musikalisch Glied auszumachen - der einzig seinen Job erledigt, die Sticks schwingt und froh ist, wenn andere das Songwriting übernehmen.
Philip Selway straft dieses Vorurteil Lügen und wem "Familial" nicht beweist, dass er zu Höherem berufen ist, dem ist leider auch nicht mehr zu helfen. Allein das gehauchte Eröffnungsstück "Beyond Reason" wirkt derart karg und aufrichtig, dass es beim ersten Hören wehtut - so unerschrocken verarbeitet Selway hier die gesamte Gefühlspalette von lustig bis traurig in nur einem Text. Generell hält er sich in den Texten nie zurück, berichtet von Orten und Plätzen an denen er sich besonders wohl fühlt, Missverständnissen, Irrungen und den manchmal so einfachen Lösungen dafür. "Familial" ist ein hervorragendes Songwriter-Album, dass dank der Mithilfe von Gästen wie Lisa Germano, Ian Davenport und Wilco-Drummer Glenn Kotche durchweg überrascht. Positiv wohlgemerkt, denn Philip Selways Soloausflug ist der bislang gelungenste aller Radiohead-Mitglieder.
(motor.de)
Familial was fostered by Neil Finn's 2001 all-star concerts, through which Radiohead drummer Philip Selway established connections with multi-instrumentalist Lisa Germano and bassist Sebastian Steinberg. In 2009, Finn and his cast of dozens recorded an album under the same name as the concerts, 7 Worlds Collide, titled The Sun Came Out. Selway contributed a pair of hushed, folk-tinged songs to the album, both of which demonstrated a natural way with understated yet penetrating songwriting. Slightly different versions of those two songs, “The Ties That Bind Us” and “The Witching Hour,” are featured on his first solo album. The eight new songs are in a similar vein, sifting through adulthood, parenthood, regret, and dissolving relationships. Germano and Steinberg, along with Wilco drummer Glenn Kotche (who played on the 7WC album) and keyboardist Patrick Sansone, support Selway, who mostly sticks to guitar and vocals. Vocally and melodically, Selway’s closest contemporary is Luke Haines (circa the first two Auteurs albums, especially), carrying a constant fragile lilt with a magnetic pull. Selway’s lyrics are humane, however — they soothe far more frequently than seethe. They’re often direct and vivid, as on “Ties,” in which he addresses his son: “So take me back to a time before I lost my nerve and the trail went cold/I want to know there’s another way/I want to shield you from my mistakes.” Nothing gets the blood pumping, but that clearly is not the intent. These largely acoustic songs, occasionally embellished with electronics and other effects, are geared for a quiet evening spent alone. Subtle, touching albums like this should be made more often, preferably by Selway and his associates here.
(by Andy Kellman, All Music Guide)