Randy Newmans nasale, mitunter schneidende Stimme ist ein ebenso unverkennbares Markenzeichen, wie die souveräne Klavierbegleitung seiner oftmals bissig-sarkastischen Texte. Sie erzählen von unbequemen Wahrheiten und räumen mit den Klischees des amerikanischen Traums gründlich auf. Darin bildet auch das jüngste Album der Songwriter-Ikone keine Ausnahme. Auf Harps and Angels rechnet Newman nicht nur mit der Bush-Ära gründlich ab, sondern beschäftigt sich auch mit existenziellen Themen, die diesseits wie jenseits seiner 64 Lebensjahre von Belang sind: 10 durchweg gelungene Songs über Liebe, Verlust und Vergänglichkeit, die in meisterhaft musikalischen Gewand alles andere als altersmüde und sentimental daherkommen!
Bereits in den achtziger Jahren hat Randy Newman seine Skepsis gegenüber ungetrübter Harmonie im Garten Eden mit dem Album Trouble in Paradise zum Ausdruck gebracht. Nicht das Spirituelle stand seinerzeit im Mittelpunkt jener Songs, sondern der persönliche Alltag und der seiner Mitmenschen. Auch aktuelle Album Harps and Angels reflektiert den scharfen Blick Newmans auf Gesellschaft und persönliche Biografie, nur dass inzwischen rund zwanzig Jahre vergangen sind, -eine inhaltlich wie musikalisch faszinierende Angelegenheit! Das Jenseits steht am Beginn dieses großartigen Albums, dessen Cover-Foto Randy Newman mit schwarzem Jackett, Fliege und weißem Hemd am Klavier sitzend zeigt, am hellerlichten Tage auf einem seelenlosen Parkplatz, neben Mopeds vor einem Blechschuppen. Der Tod kann überall lauern, -warum nicht hier? Genau das hat der Mann erfahren, um den es im Titelsong “Harps and Angels“ geht: dem Tod gerade nochmals von der Schippe gesprungen, nachdem er bereits flach auf dem kalten Bürgersteig liegend die Englein singen hörte. Randy Newman ist ein Mann der Zwischentöne. Mit traumwandlerischer Sicherheit findet er die musikalische Umsetzung seiner Texte. Im Fall besagten Titelsongs lässt er ein geschmeidig-gediegenes Salon-Orchester aufspielen. Mit einem intimen Salon-Shuffle geleiten Bass, akustische Gitarre, Drums, Orgel und natürlich Harfe den Halbtoten ins Leben zurück: “Let’s go get a drink“ lautet die letzte Textzeile. Auch ein sehr persönliches Liebeslied befindet sich auf diesem Album, das mit einem Streicher-Intro aufwartet, ohne dabei klebrig oder sentimal zu wirken; “Losing You“. Harps and Angels besitzt deutliche musikalische Anleihen aus den 30er Jahren und erinnert zuweilen an Musik aus der Stummfilmzeit, vielleicht eine Reminiszenz an die eigene Familientradition. Immerhin drei seiner Onkel haben Filmmusik komponiert. Newmans Stimme ist aber auch die des Country und Blues und schafft damit eine wunderbare Mischung, die man immer und immer wieder hören möchte. Randy Newmans Rat sollte man dabei unbedingt beherzigen: “Bei mir verpasst man etwas, wenn man nicht zuhört.“ (Andreas Schultz, Amazon.de) |