Kann die Queen des neuen alten Soul ihre Pole Position im Genre halten? Sie kann. Und wie. Völlig unangestrengt und unaufgeregt. Ohne vordergründige Inszenierung und ohne Blick auf irgendwelche Chartserwartungen. Denn sie hat die beste Band und die beste Stimme, dazu das Wissen, auf was es bei Soul Music ankommt. Die zwölf neuen Songs sind allesamt höchstens mittelschnell und nur selten halbwegs funky. Und trotzdem ist die eine Hälfte absolut hitverdächtig, die andere intensiv und emotional wie nichts anderes. Die neunköpfigen Daptones klingen fantastisch, kraftvoll und präzise bis ins kleinste Detail, weil die Arrangements einfach perfekt sind. Nie zu glatt, dafür mehr denn je an klassischem Southern Soul, steinaltem R&B und nach wie vor auch am Gospel orientiert. Stilistisch deutlich mehr Stax als Motown, liefern Sharon Jones & The Dap Kings vor allem bei den deepen Midtempo-Burnern die beste Performance ab. Schon der dramatische Opener „The Game Gets Old“ beeindruckt mit prächtigen Hörnern wie einst bei den wunderbaren Dramatics auf Stax, „Money“ verbindet Blues, Jazz und Norman Whitfield-Psychedelik, noch langsamer ist die Soulperle „Window Shopping“, mit ganz wenig Orgel, Gitarre und Percussion instrumentiert und dank der Streicher im schönsten Willie Mitchell-Stil doch so intensiv wie einst höchstens noch Ann Peebles. Oberes Midtempo ist „She Ain’t A Child No More“, das mit perfektem Retro-Vibe R&B mit Gospel kreuzt und kurz vor Schluss haut mich dann „If You Call“ vollends um, erneut so eine tiefschwarze Latenight-Soulblues-Nummer zum Niederknien. Sharon ist mit ihren 53 Jahren gesanglich besser denn je, klingt ebenso wissend und erfahren wie gleichzeitig auch jung, dynamisch und absolut mitreißend. Die konsequent analoge Produktion von Bosco Mann und Gabriel Roth ist schlicht meisterlich, ich wüsste nicht, was an diesem Sound noch zu verbessern wäre.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)