Rundum gelungener Tonträger-Einstand der dritten und jüngsten Tochter von Richard und Linda, ein ungekünstelt zeitloses, ebenso harmoneverliebtes wie sanft-rauhes Country-Folk-Rock-Prachtstück mit gleichermassen britischen wie amerikanischen Einflüssen; obwohl bereits 2011 bei Warner UK erschienen derzeit nur als Import zu bekommen (wahrscheinlich ist der gute Name der Familie Thompson in der Geschmacks-Diaspora Deutschland zu unbekannt). Auch wenn das Ganze immer größer ist als die Summe seiner Teile, kann man sich dem unaufdringlichen, dafür umso wirkungsvolleren Phänomen Kamila nähern, indem man sich Werdegang und Werk genauer anschaut. Erstes Bühnen-Aufblitzen der weich-dunklen Stimme in Will Oldham-Begleitung, eindrückliches Mitwirken an einem Leonard Cohen-Tribut, Sammeln von Live-Erfahrungen an der Seite von Bruder Teddy und Familienfreund Rufus Wainwright. Produktion des Debutalbums (mit 9 Kami-Originalen) von McGarrigle- und Thompson-Weggefährte Brad Albetta, einzige Coverversion eine mitreissende Fassung der Harrison-Beatles-Nummer Don’t Bother Me, und eine Schar an Mitmusikern, die den (Familien-) Kenner aufhorchen lässt: Richard Thompson (Gitarre, Mandoline), Teddy Thompson (Gesang, Gitarre), Matt Johnson (Drums), Sean Lennon (Gitarre), Martha Wainwright (Gesang), Lucy Wainwright Roche (Gesang) und Jim Campilongo (Gitarren/Little Willies, Norah Jones) umrahmen Kamilas samtweiche, verhalten klagende, dezent düstere Altstimme (die weich und warm an Judie Tzuke erinnert) instrumental und vokal aufs Feinste, ohne den Songs ihre erdig-rauhe Note zu nehmen. Country-Folk-Rock von definitiv zeitloser Güte, dargereicht mit einer verträumt-verführerischen 60’s/70’s Pop-Note und einem rauhen Nicken in Richtung Polly Jean Harvey. Eine weitere musikalische Bereicherung aus einem nahezu unerschöpflichen Kreativ-Clan.
(cpa, Glitterhouse)