#2: Bill Callahan: "Apocalypse" (Drag City, April 2011) |
Lange habe ich gebraucht, um Bill Callahan als das zu erkennen,
was er ist: einer der besten aktuellen Songschreiber aus den USA.
Die Musik ist zwar nicht wirklich ungewöhnlich, wegen die kompositorische
Handschrift von Callahan - und natürlich auch wegen seiner markanten
Stimme (ist das schon Bariton?) - aber auf jeden Fall etwas Besonderes.
Außerdem trägt der Mann so weit ich weiß keinen Zauselbart.
Es geht also auch ohne ...
(08.05.2011)
verpasstes Konzerthighlight: ZAKK, Düsseldorf,
07.11.2011: ich hatte schon eine Karte, musste aber am an dem Tag
in Berlin einen Workshop leiten (was ich beim Kauf der Konzertkarte
total vergessen hatte!) und war an dem Abend erst wieder gegen Mitternacht
in der Heimat! Sehr schade das Ganze, vor allem weil die Konzerte
der Tournee wohl toll gewesen sein müssen, wie unter anderem
Günter Ramsauer in seinem Blog berichtete.
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11er, und wieder verändert. Und wieder ganz großartig! Jeder Song hat seinen ganz eigenen Charakter, die Mehrzahl überraschen aber auch mit so ungewöhnlichen wie reizvollen Wendungen: Z.B. in der Instrumentierung (Drums kommen und gehen, plötzliche Einwürfe von E-Gitarre, Geige oder Flöte), im Tempo (welches anzieht und entschleunigt, einfach so, mittendrin), im Fluß der Musik (der unvermittelt aufhört, wieder startet…), in der Stimmung (die sich in der 2. Songhälfte fast unmerklich ändert…bis man es erstaunt registriert). Der Stil (pendelnd zwischen Songwriter-Folk sehr origineller Art, jazzig-folkigen Anleihen, die an die späten 60er erinnern, einer völlig ruhigen berückend schönen Ballade, ein wenig den Tindersticks ähnelnd, flottem Folk/Roots-Songwriter-Pop, so etwas wie groovendem bluesinfiltriertem Garage Rock in runtergedimmt und einer old-fashioned Ballade wie aus lange vergangener Zeit) spielt eigentlich kaum eine Rolle, die Melodien sind so reichhaltig, so wunderbar, die Musik (und die sonore warme unaufgeregte feine Baritonstimme) ziehen unwiderstehlich in ihren Bann - und trotz der Unterschiede wirkt alles zusammengehörig. Meist klingt es ganz gelassen, ruht in sich (auch in schnelleren Tempi), ist öfters relativ leise, ja intim gehalten, edel und dabei teils recht schlicht instrumentiert (wechselnd bilden Ak.Gitarre, punktierende oder permanente E-Gitarre, Piano, E-Piano die Basis); wobei die E-Gitarre in fast jedem Stück glänzt, herrliche Sounds, auch mächtig verzerrte. Nur 7 Tracks, die sich aber viel Zeit lassen (meist 5-6 Min. lang, einer bringt´s auf fast 9). Ein Muß in meinen Ohren.
(dvd, Glitterhouse)
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#3: Tim Neuhaus: "The Cabinet" (Grand Hotel van Cleef, Jan./März 2011) |
Der mir bislang unbekannte Tim Neuhaus ist studierter Schlagzeuger
und war Begleiter u.a. von Künstlern wie Clueso oder der
Blue Man Group und legt hier auf dem schicken Hamburger Plattenlabel
von Kettcar und Tomte
ein tolles Album als Singer/Songwriter vor. Geboten wird unspektakulärer,
englisch gesungener Folkpop der guten Art, der mit wiederholten Hören
immer besser wird.
Noch mehr singende und songschreibende Trommler gibt es hier
zu bestaunen. Die CD gab's bereits im Januar, das Vinyl erst im März,
allerdinx mit Downloadgutschein: wie immer eine Freude, so etwas!
(20.03.2011)
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Dieser Liedermacher erschafft ein naturbelassenes und trotzdem pompöses Popalbum mit einer Süße ganz ohne Kariesgefahr. Tim Neuhaus und seine Band betören mit sanft gezupften Gitarrensaiten zu fein gesetzten Synthie-Elementen, wobei Neuhaus' soulig-gefühlvolle Stimme die ganze Bandbreite introspektiver Melancholie ausfüllt. Zusammen spielen sie akustischen Lehrbuch-Indie-Pop, der stets den gebührenden Abstand zur Kitschgrenze bewahrt. Beiheimatet sind die Musiker auf Plattenschmiede Grand Hotel van Cleef. Das Hamburger Label kündigt "The Cabinet" ganz zu Recht als seine bisher poppigste Veröffentlichung an. Trotzdem gesellt er sich zu Soundverwandten: Hätte jemand der 2005er-Veröffentlichung "We, The Vehicles" von Maritime den Strom geklaut und es entschleunigt, käme das dem neuesten GHvC-Droping ziemlich nahe. Noch etwas zaghaft zieht der Opener "Troubled Minds" den Hörer in das folgende Inferno brillianter Indiespielerei. Stockende Synthietöne erklingen zu bestimmten Tastenanschlägen bevor die erste Melodie damit beginnt, den künftigen Fan zu umgarnen. In den poppigsten Momenten setzt "Troubled Minds" mit Glockenspiel und Klavier melodisch immer noch einen drauf, lässt aber genug Platz, den Atem stocken zu lassen. Das folgende "As Life Found You“ wabert so wundervoll, dass man wünscht, es möge nie enden. Bei dem von Neuhaus' Stakkato-Summen geprägten Track, handelt es sich schon an zweiter Stelle um den eindeutigen Höhepunkt der Platte. Der folgende Track "5 Weeks“ hält die Vorstellung jedoch leider nicht am Leben. Dafür wird man vom nächsten Stück "Armed With A Friend“ wieder aufgefangen. So reiht sich im wohlig warmen Fahrwasser des Cabinets eine Indieperle an die nächste. Als echter Hit mit Tanzflächenpotential sticht gegen Ende noch einmal "Pete's Song" hervor. Auf der Bühne wird Neuhaus von einer fünfköpfigen Band mit zwei Drumsets unterstützt und die Songs werden von allen Bandmitgliedern mehrstimmig begleitet. Während seinen Konzerten, unter anderem auf dem Fest van Cleef, verzaubert der gebürtige Hagener die Besucher schon seit geraumer Zeit scharenweise. In verschiedenen Ländern der Erde seine Musik zu machen, ist für den studierten Schlagzeuger "ein langfristiges Gefühl von Geilheit". Die Versessenheit darauf, sein Verständnis einer andauernden Wonne-Empfindung zu transportieren, hält "The Cabinet" fest. Wenn es möglich ist, die Beschleunigung des Herzschlags oder ein wohliges Seufzen in einem Ton-Bild festzuhalten, meistert Tim Neuhaus das innerhalb der zwölf Songs. Schwelgerische Verträumtheit charmant vertont zu einer Torte der Glückseligkeit. Mjamm.
(motor.de)
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#4: M. Walking On The Water: "Flowers For The Departed" (Fuego, Jan. 2011) |
Das Comeback der besten Band vom Niederrhein! Es ist schon erstaunlich,
wie Markus Maria Jansen und Mike Pelzer mit ihren Begleitern
auf höchstem Niveau weitermachen mit zeitloser Musik, als wären
nicht bereits mehr als 10 Jahre vergangen seit den letzten gemeinsamen
Tönen.
Mehr darüber, wie die Band wieder auf meinem Radar aufgetaucht
ist, findet Ihr bei meinem Geschreibsel über den Grabbelkisten-Fund
"Pluto".
(04.02.2011)
Konzerthighlight: KuFa, Krefeld, 18.03.2011
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Fast 14 Jahre ist es her, dass eine der großen deutschen Independent-Bands der frühen Neunziger M. WALKING ON THE WATER ihr letztes Album veröffentlichten! "Short-Distance-Psycho-Folk over Germany", die Party startet wieder. Über 700.000 Scheiben haben sie in dieser Zeit von ihren neun Alben verkauft und in der letzten Ausgabe des "Rolling Stone" schaffte es das 1989 veröffentlichte "Pluto"-Album ganz aktuell - von den Lesern gewählt - immer noch unter die Top 50 der beliebtesten deutschen Alben.Was dann mit den M's war, konnte eigentlich keiner sagen. Die Band wurde nie als aufgelöst erklärt. Silvester 2000/2001 gaben sie ein spektakuläres Konzert in ihrer Krefelder Stammkneipe 'Engel'. 2009 machten sie plötzlich eine 4-Städte-Tour durch Norddeutschland und die Band konnte bei diesen Konzerten live das Publikum wieder so überzeugen, als seien sie nie weg gewesen. Das hat die Musiker 'infiziert'. Zwei Jahre lang haben sie nun an ihrem neuen Werken gebastelt, was im Herbst dieses Jahres ihren Abschluss fand, indem man Gregor Hennig (Die Sterne, Trashmonkeys, Robocop Kraus) in der als Produzenten dazu gewann. Und jetzt ist es so weit - Ende Januar 2011 erscheint nach Jahren ein neues Album "Flowers Of The Departed" (13 Tracks), ihr zehntes und die M's gehen im kommenden Jahr wieder auf Tour - in der gleichen Ur-Besetzung, wie sie sich 1997 verabschiedeten.
(amazon.de)
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#5: Ja, Panik: "DMD KIU LIDT" (Rough Trade/Staatsakt, April 2011) |
Seit längerem mal wieder ein Album, das bei den Profikritikern
hoch im Kurs steht und das mir (trotzdem?) gut gefällt! Hier
nur ein paar kurze Stichworte, denn ansonsten MüSST Ihr Euch
das Album unbedingt selber anhören: 5 junge Österreicher
(!), die in Berlin zu hause sind und "im Prinzip" alternativen
Gitarrenrock spielen, der angeblich an britische Vorbilder
wie Franz Ferdinand erinnern soll (finde ich nicht, aber
...), mit dem dritten Album. Neben der tollen Energie und Lebensfreude,
die die Musik versprüht, ist ganz besonders der Umgang mit
der Sprache hervorzuheben: gesungen wir Deutsch und Englisch, allerdings
nicht wie bei Alin Coen schön liedweise
getrennt, sondern wild durcheinander gemischt bis hin zu den Worten
einer Zeile. Beim ersten Hören fand ich das noch blöd,
jetzt (fast) genial!
P.S.: Schaut Euch mal ein paar der launischen Videos der Band an.
Nach dem Genuß ebendsolcher ist bei mir "der Wiener
an sich" wieder deutlich in der Wertschätzung
gestiegen. Alle, die mit mir zusammen 1977 auf Klassenfahrt in Wien
waren, wissen wovon ich rede. Alle anderen vielleicht auch.
(05.06.2011)
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Zehn Tage lang hat sich die Gruppe Ja, Panik für ihr viertes Album mit Produzent Moses Schneider in ein Studio eingesperrt, um dort live mit einer unfassbaren Intensität ein episches Album einzuspielen, das mindestens den bisherigen Höhepunkt dieser noch so jungen Ausnahmeband darstellt. Und nur selten wurde die Bedeutung eines Titels schon im Vorfeld einer Plattenveröffentlichung so diskutiert, wie es bei DMD KIU LIDT der Fall ist. Aber spätestens wenn Sie das Titelstück gehört haben, in dem uns DMD KIU LIDT erscheint wie ein auf sich alles reimendes Schlumpfwort aus Himmel und Hölle, ja spätestens dann stellt sich garantiert nicht mehr die Frage nach der Bedeutung, sondern nur noch nach dem was bleibt. Vielleicht ist es Andreas Spechtl und seiner Band Ja, Panik auch nur deshalb gelungen, sich aus der einst noch so verkopften Zitaten- und Referenzhölle zwischen Dylan (international) und Falco (national) zu befreien, weil man einen Titel gewählt hat, den es so noch nie gegeben hat und auch wohl nie wieder geben wird: Ein unbewohntes Fleckchen Erde, ein undefinierter Raum. Man mag hierin zwar Spuren der Zivilisation von Walter Benjamin, Billy Wilder, Mick Jagger, Bryan Ferry, Chris Korda, John Cale oder Billy Bragg finden, aber nichts desto trotz ist DMD KIU LIDT das eigenständigste, poetischste, ja modernste Rock&Roll-Album, an dem sich die deutsche Sprache jemals beteiligen durfte.
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#6: Tedeschi Trucks Band: "Revelator" (Sony/Masterworks, Juni 2011) |
Das ist fast schon Mainstream-Rock, Abteilung Südstaaten, den
das Ehepaar Susan Tedeschi und Derek Trucks hier mit
11köpfiger Band abliefert. Der kommt so gut und gleichzeitig
so unspektakulär und unaufgeregt daher, dass auch ich als alter
"Mainstream-aus-dem-Weg-Geher" (kein Hasser!)
hier nur sagen kann: toll! Dereks Gitarre steht, wie schon bei den
Allman Brothers und seiner eigenen Derek Trucks Band,
über jeder Kritik. Susan Tedeschi singt locker in der
Liga von Bonnie Raitt (und dabei Sheryl Crow an die
Wand!), die Band ist wunderbar (natürlich mit zwei Drummern,
wie sich das bei Südstaatenrockern so gehört!), aber vor
allem: die Songs sind gut und nicht einfach bloß Vehikel für
lange Jams (was ich allerdings manchmal auch mag).
(19.06.2011)
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Revelator is the debut studio album from the 11-piece Tedeschi-Trucks Band, who already have a reputation as a wildly exciting live jam group. That said, the record that Susan Tedeschi and husband Derek Trucks have recorded proves something beyond their well-founded reputation as a live unit: that they can write, perform, and produce great songs that capture the authentic, emotional fire and original arrangements that so many modern blues and roots recordings lack. The duo forged their two individual solo bands (Trucks remains with the Allman Brothers Band) and added some other players. Oteil and Kofi Burbridge and Mike Mattison, as well as drummers Tyler Greenwell and J.J. Johnson are on board, as well as backing vocalists and a horn section. Produced by Trucks and Jim Scott, these 12 songs seamlessly meld blues, rock, Southern soul, gospel, and funk traditions into a heady, seductive, spine-slipping stew. The record also showcases Tedeschi as one of the finest vocal stylists in roots music, and Trucks, has become the only true heir of Duane Allman's bell-like slide guitar tone, his taste and restraint. More than this, Revelator offers proof that this pair and their bandmates are serious songwriters as well as players--anyone remember the original Little Feat? It's like that, but with a woman up front. While the single, "Midnight in Harlem," highlights the softer,side of the band with Tedeschi's soulful croon and Trucks' swooning slide, it's the harder numbers that fill out the story. The sexy opener "Come See About Me," the bluesy, gospelized "Don't Let Me Slide" (one of two cuts written by Trucks and Tedeschi with Jayhawk Gary Louris), the second-line funk-blues of "Bound for Glory" with its punchy horns; all of these offer evidence of the real depth that this band abundantly possesses. There's the skittering, slow-tempo guitar and B-3 soul-blues of "Simple Things," and the New Orleans-style horns introducing "Until You Remember," which can distract the listener for a moment from experiencing these songs for what they are-- until Tedeschi opens her mouth and lets the lyrics come up from her belly and drip from her lips and Trucks matches her emotion in his solo-- love songs; the likes of which we haven't heard since Delaney & Bonnie. The Eastern modal tinge in Trucks' playing and tablas dustinguishes "These Walls," tempered by the quiet conviction in the grain of Tedeschi's vocal would have made for a better single. The nasty, funky, Hendrixian droning blues of "Learn How to Love" is textured by Kofi's funky clavinet and Wurlitzer. Speaking of funk, Tedeschi takes her own smoking guitar break in "Love Has Something Else to Say," a slamming, break-ridden funk tune that quakes. It combines hard Southern Stax-styled rhythm, soul, blues, and nasty-ass rock. Revelator is a roots record that sets a modern standard even as it draws its inspiration from the past. It's got everything a listener could want: grit, groove, raw, spiritual emotion, and expert-level musical truth.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
Gitarrenchords mit filigranen Soli und feinem Slide-Spiel, in Moll getränkte Hammondorgel, an Mardi Gras geschulte Bläsersätze und Gesangssätze, geschwenkt in ehrfürchtigem Gospel, innigem Soul und beherztem R&B.
Das Ehepaar-Tandem hat es unabhängig voneinander zu beachtlichen Karrieren in der American-Roots-Szene gebracht, sie sind in den letzten Jahren mehrfach für Grammys nominiert worden, 2010 dann gewann Derek Trucks den Grammy für „Already Free“ (Bestes Blues Album). Nichtsdestotrotz beschlossen die beiden Musiker, ihre Bands aufzulösen und eine neue – elfköpfige – Besetzung zu gründen. Trucks, der es als jüngster Musiker in die Top 100 der vom Rolling Stone gekürten Gitarristen gebracht hat, ist mit seinen 32 Jahren einer der weltbesten Slidegitarristen. Als Trucks 2006 mit Clapton tourte, schrieb die Süddeutsche Zeitung: „…der junge Derek Trucks eine so zartbittere Slidegitarre spielen darf, dass klar wird: Clapton möchte hier womöglich den Pokal weitergeben.”).
Kennen und lieben gelernt haben sich Susan & Derek 1999 auf einer Tournee mit den Allman Brothers, bei denen Gitarrist Trucks nach wie vor Mitglied ist. 2001 heiratete er die von Blueslegenden inspirierte Sängerin Susan Tedeschi – mittlerweile haben die Beiden zwei Kinder im Grundschulalter. Derek Trucks hat es sich nicht nehmen lassen, an allen zwölf Kompositionen auf „Revelator“ mitzuwirken, während Susan Tedeschi immerhin neun Songs mitschrieb. Toningenieur Jim Scott, auch vielfach mit Grammys ausgezeichnet (Johnny Cash, Dixie Chicks, Red Hot Chili Peppers), wurde zur Umsetzung in „Swamp Raga“, dem Studio des kreativen Musikerpärchens in Jacksonville, Florida, als Co-Produzent hinzugezogen.
Susan Tedeschi, die die Songs mit so viel Klarheit und Grandezza interpretiert werden, dass man sie in einem Atemzug mit Emmylou Harris, Alison Krauss und Stevie Nicks nennen möchte, stolziert gekonnt und beseelt durch ein weites Feld aus Delta Blues und Memphis Soul, aus Sixties-Rock und Seventies-Funk. Für den eingangs erwähnten Abwechslungsreichtum dieses Musik-Juwels sorgt die Tedeschi Trucks Band, die die Gelassenheit von „Midnight In Harlem“ ebenso leicht schultert wie den Swing von „Bound For Glory“. Mal liegt New Orleans gleich um die Ecke („Until You Remember“), mal wähnt man sich in fernen Ländern („These Walls“). Bei „Revelator“ hat man oft den Eindruck, dass in dieser Band Unglaubliches steckt, so variabel und möglicherweise noch viele weitere Früchte tragend wirkt dieses satte Dutzend Songs, das auf eine geschlagene Stunde kommt.
Nachdem sie bei der letzten Grammy-Verleihung noch als „Konkurrenten“ antraten, gehen Susan Tedeschi und Derek Trucks nun gemeinsam ins Rennen um Glanz und Gloria und dürften mit „Revelator“ allerorten beste Siegeschancen haben. Besser könnte man eine Rosenhochzeit nicht feiern.
(rheingau.eins.de, 07.06.2011)
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#7: Laura Marling: "A Creature I Don't Know" (Virgin, Sept. 2011) |
Schon vor einiger Zeit wurde mir diese CD von meinem Breisgau-Buddy
Wulf an's Herz gelegt, aber irgendwie hatte ich da wohl eine ziemlich
lange Leitung. Jetzt stöbere ich durch meinen Stapel mit "Noch-Nicht-Richtig-Gehört"-CDs
und bin doch sehr angetan: bei Laura Marlings dritter CD stimmt tatsächlich
alles: Stimme, Songs, Arrangements und Instrumentierung. Verdammt
gut, diese CD! Und genauso wie der Glitterhaus-Mann sollte auch ich
mich wohl bald mal mit dem Backkatalog der jungen Dame aus England
beschäftigen!
(25.12.2011)
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Nahezu von mir unbemerkt konnte diese junge Dame aus dem Noah And The Whale-Umfeld zwei Alben veröffentlichen, ohne dass ich ihr auch nur ein einziges aufmerksames Ohr lieh. Wie sehr ich da fehlte, zeigt mir dieses dritte Werk mit Nachdruck, denn hier sammelt Laura all ihre kreative Kraft und erschafft ein Folk-Rock-America-Meisterstück, das wie allein für mich geschaffen scheint. Mit einem dezent angerauhten, Mumford & Söhne nicht unähnlichem Ansatz, einem klaren Hang zur akustischen Themenbehandlung mit A-Gitarre, Banjo, Kontrabass und Besen-Schlagzeug, aber der gleichzeitigen gelassen meisterlichen Beherrschung des deftig rollenden Rock-Weges verbindet die höchst wandlungsfähige Sängerin das Gestern und das Heute der Wurzel-Musik, überwindet Stil-Grenzen und schafft ein geniales Amalgam aus tränenglänzender Cohen-Tristesse, schlicht-schön-erdnahem Folk, ansteckendem Alternative Country-Schwung, kunstvoll-jazz-beeinflussten, mitreissenden Breitwand-Epen, ausgelassenem, Saiten-glitzerndem Roots-Rock und ungebändigter Cowboy Junkies-Kraft. Ihre weiche Stimme trifft dabei traumwandlerisch sicher stets die verbindend wirkenden Klangfarben, lässt abwechselnd Joan Baez, Suzanne Vega, Aimee Mann, Cat Power oder Beth Orton vor dem inneren Auge erstehen, um langsam aber sicher den Raum für das Marling-Portrait entstehen zu lassen und bleibend zu verankern. Eine erlesene Zehn-Song-Kollektion für den Freund wohlklingender Stimmen und vielfältiger, wurzelnaher Liedkunst, dargereicht mit Herz, Verstand und Gefühl. Es wird Zeit, dass ich mich auch den Vorgängern widme…
(cpa, Glitterhouse)
Laura Marling, fresh off of a Mercury Prize nomination at the age of 20 for 2010’s I Speak Because I Can, knows that with critical acclaim comes great expectation. Her third studio album, the loose and languid A Creature I Don’t Know, both edifies her old-soul persona and diffuses it, offering up 11 slabs of retro Anglophile folk that manages to both push the envelope and seal it shut. Marling's vocal affectations, which are ultimately charming despite their frequent Joni Mitchell-isms, are far more apparent this time around, especially on the album’s first three tracks, all of which showcase a fervent singer/songwriter with a fiercely independent spirit who’s tempered by a strong familiarity with her parents’ record collection. That said, it’s a syllabus that’s been ingested and honed rather than spit out and glossed over, and most of the time, Marling makes a great case for all of those Sandy Denny and Linda Thompson comparisons. Brimming with life and lush with spanish guitar, rolling banjos, summer of love chord changes, and moor-bound tales of love gone bad, A Creature I Don’t Know is ultimately triumphant, due in great part to Marling's magnificent codeine voice, which sounds like it’s been pouring out of the radio for five decades, especially on stand-out cuts like “Sophia,” “The Beast,” “My Friends,” and “All My Rage.” Three albums in, the young singer/songwriter sounds brave and confident yet breakable and guarded, and while A Creature I Don’t Know may not be the bolt from the blue fans and critics were hoping for, it’s most certainly storm born.
(by James Christopher Monger, All Music Guide)
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#8: "The Head And The Heart" (Heavenly Recordings, April 2011) |
Das Debütalbum einer neuen Folkband aus Seattle, die ich kürzlich
im Vorprogramm von The Low Anthem geniessen
konnte. Eigentlich ist die Band nicht besonders spektakulär,
aber ein paar Details fielen schon im Konzert auf und heben die Band
aus der Masse der US-Folkrocker heraus: gleich zwei singende, bärtige,
klampfende, sich als Frontleute abwechselnde Songschreiber und eine
dritte, weibliche Stimme zur Ergänzung erzielen eine ganz besondere
gesangliche Wirkung, auch wenn das nicht so spektakulär daherkommt
wie bei den Fleet Foxes (eben ohne deren Hall!), von denen
auch ein neues Album auf dem
Weg zu mir ist. Dazu kommt als musikalischer Mittelpunkt ein ausgezeichneter
Pianist, der zusätzlich auch noch für die komplexen Gitarrenparts
zuständig ist.
(08.05.2011)
Konzerthighlight: Stadtgarten, Köln, 20.03.2011
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Als mein bewanderter Berliner Gewährsmann Thorsten mir mit dem Werk des Sextetts aus Seattle Großes, extrem Glitterhouse-Geist-Nahes versprach, wurde ich hellhörig, denn der Mann ist durch Jahrzehnte der Treue zum Beverunger Mailorder-Mutterhaus geschult. Und dennoch war die ergötzliche Erkenntnis beim ersten akustischen Eindruck eine überraschende, denn der gemischte Sechser weiß sich derart gekonnt, gleichzeitig galant und rauh in Ohr, Hirn und Herz zu singen, dass es eine ebenso reine wie bleibende Freude ist. Mit einer hörbar und herzhaft handgemachten Musik-Melange aus alternativem Country, New York-Folk, akustischem Independent Rock, Beatles-Pop und Crosby, Stills & Nash-Vokal-Kunst überfährt den Hörer die 10-Song-Woge mit Macht, Lust und Wucht, prescht und poltert das Sextett auf vorwiegend akustischem, gekonnt gespieltem Instrumentarium vehement voran, um mit der vollendeten Harmonie ihrer 3- und 4-Stimm-Gesangs das Herz nachhaltig für sich zu gewinnen. Auch ruhigere, wunderweiche Momente zur akustischen Gitarre wissen H&H zu zaubern, aber ihre besondere Kunst liegt in der ansteckend-euphorisierenden Energie, mit der Gitarre, Fiddle, schlichtes Schlagwerk und markantes, prächtig prägendes Piano zu einer mitreissenden Americana-Pop-Welle vereint werden. Das offizielle 2011er Sub Pop/Heavenly-Debut-Album bietet die remasterte und erweiterte Fassung des bei Konzerten in Eigenregie vertriebenen Sounds Like Hallelujah-Werks, das bereits für jubelnde Vergleiche mit Low Anthem, Great Lake Swimmers und nicht zuletzt Mumford & Sons sorgte; mit diesen 10-Song-Meisterstück im Gepäck aber werden die 6 recht bald keine fördernden Vergleiche mehr benötigen. Leidenschaftliche Lust am Leben, in mitreissende Musik gepackt.
(cpa, Glitterhouse)
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#9: Gillian Welch: "The Harrow & The Harvest" (Acony, Juni 2011) |
ACHT JAHRE mussten wir auf dieses Album warten - und dann war es ganz
plötzlich da. Gillian Welch und Dave Rawlings pur
- zwei Stimmen - zwei Gitarren. Wunderbar.
(07.08.2011)
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Rückkehr nach tatsächlich 8 Jahren Pause. Und für meinen Geschmack wirklich besser denn je, fast so etwas wie eine (unverzichtbare!!) Quintessenz ihres Schaffens. Niemand verarbeitet z.Zt. alte Country-/Mountain Folk-Traditionen schöner faszinierender, betörender, und das in durchweg eigenen Songs, unverwechselbar, ganz individuell. Daneben steht völlig zeitlos wirkender schlicht-raffinierter Songwriter-Folk höchsten Kalibers. 1x klingt das beinahe wie akustische Grateful Dead ca. 1970. 2 exzellente natürlich fließende feinst kooperierende Akustik-Gitarren, ab und zu Banjo oder Harmonica reichen als Begleitung ihrer so bewegenden Stimme aus, die hier mehrfach seltsam wie wunderbar gedehnt, irgendwie feierlich klingt, David Rawlings (einziger Mitmusiker) steuert seine typischen einfühlsamen ganz sachten Harmony Vocals bei. Diese Musik besitzt unendlich viel Tiefe und Substanz, Scarlet Town, Dark Turn Of Mind, Down Along The Dixie Line und Six White Horses gehören zu den besten Songs des ganzen Jahres! Herrlich!
(dvd, Glitterhouse)
Before we go any further, before we address anything, I’d like you to forget. Maybe forget what Gillian Welch shows you’ve seen, the floorboards all sparking from the weight of these two souls, Gill and Dave, and their four collective cowboy-booted soles; maybe forget when you first heard “Orphan Girl,” that song that seemed to exist outside of time and caused everyone who heard it to become the itinerant, the loner, the longing; maybe forget the years that have passed when last a new Gillian Welch record graced the hi-fi’s of the music-listening world – forget the pop stars risen and erased in those years, the administrations and regimes born and gone in those years – forget, indeed, that there are eight of them, eight years, since Soul Journey arrived into the world.
The Harrow & The Harvest, Gill and Dave’s new record, is both a product of and is unrelated to those years in-between. Best to forget that. What it is, indisputably, is the product of two people who have become so entwined in one another that the songs and the singing and the playing on this record seems to exude from a single voice. This is the sound of two people in a room, playing to one another, with one another. This is the sound of the room in which the two people are playing. This is the sound of two voices, locked in unison, locked in harmony. The sound of two people playing live, with no overdubs, and very few takes. Two people making music together as if they were one soul combined.
(gillianwelch. com)
„The Harrow & the Harvest, her first album in eight long years, is perfectly timed to coincide with the tenth anniversary of O Brother and the success of such acts as the Civil Wars and Mumford & Sons, who owe her a considerable debt. Retreating from the full-band sound of 2003’s Soul Journey, these new songs are defiantly spare and spectral, featuring mostly the dueling guitars and voices of Welch and longtime partner Dave Rawlings. Their playing sounds tighter and more intuitive than ever, opening up songs like “Down Along the Dixie Line” and “The Way It Will Be” and setting their elegant guitar lines—picked more often than strummed—at eloquently cross purposes.
Sonically, this modest accompaniment is designed to evoke not the dusty, distant past nor the immediate present, but something in between, some half-imagined or -remembered moment and place. There’s no cheap nostalgia or easy sincerity, which wrecks most of Welch’s acolytes, namely Mumford & Sons. In fact, when the music becomes more prominent, the album veers toward country kitsch. Banjo, handclaps, and harmonica almost drive “Six White Horses” into the ditch of pastiche, but Welch wisely follows it with the peaceful, easy “Hard Times,” about a man and his trusty mule. “Hard times ain’t gonna rule my mind no more,” she and Rawlings sing delicately together, righting the album and setting up an easygoing, yet quietly affecting finale.
Welch has always been a strong character songwriter, inhabiting her songs almost as a means of absenting herself, but the details in these songs feel studied, purposeful, and specific to her cast of hard-luck wanderers and outcasts. “Tennessee” is a full Southern gothic novel compressed into six minutes, beginning with the narrator’s expulsion from Sunday School and ending with “sweet heaven when I die.” In between there’s so much understated lust: “I had no desire to be a child of sin,” she sings, “Then you went an pressed your whiskers to my cheek.”
It’s a rich portrait, full of unexpected imagery and odd turns of phrase, which means that even though Welch has sung about drunks and prodigals so many times in the past, the songs on The Harrow & The Harvest sound both pleasingly familiar and starkly new, as if her unique vision of Americana contains an inexhaustible cast of eccentrics and an unending narrative from which she can harvest the most harrowing arcs.“
(American Songwriter)
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#10: Damon & Naomi: "False Beats & True Hearts" (Broken Horse/20|20|20,
Mai 2011) |
Es gibt eine handverlesene Zahl von Künstlern, von denen ich
mir ein neues Album ungehört kaufen kann und nie enttäuscht
werde: Damon Krukowski und Naomi Yang, auch ein (Ehe?-)Paar
wie Tedeschi & Trucks, ehemalige
Rhythmusgruppe von Galaxy 500,
gehören definitiv dazu! Seit etwa 20 Jahren sind sie als Duo
unterwegs, seit 10 Jahren mit Michio Kurihara von der japanischen
Band Ghost als fest dazugehörendem Gitarristen. Die drei
werden sogar von Platte zu Platte immer besser.
(19.06.2011)
Mehr ...
2011er und achtes Album des Duos der beiden Galaxie 500-Mitbegründer, gereift in den vieren Jahren nach Erscheinen des sehr introvertierten Within These Walls-Werks (2007). Im Vergleich dazu gibt sich False Hearts geradezu euphorisch, auf jeden Fall sind Damon & Naomi dem perfekten, zeitlos schönen Pop-Song noch ein Stück näher gerückt.
(Glitterhouse)
After taking a few years away from the studio, Damon Krukowski and Naomi Yang return with their seventh studio album, False Beats and True Hearts, and show absolutely no signs of age, wear and tear, or deterioration. Once again working with Ghost guitarist Michio Kurihara, the duo weaves together elements of folk, psych, dream pop, and indie rock into an enchanting sound that is both fresh and comforting. Very few artists are able to keep doing roughly the same thing for more than a few years without running out of inspiration, but Damon & Naomi seem like they could keep making albums like this forever without wearing out their welcome. Partly they manage this by varying their sound a bit from album to album. Here they add Yang’s piano to many of the tracks, giving them an undercurrent of '70s singer/songwriter intimacy. The album is also a little less produced and arranged than the last record, with more direct songwriting and poppier melodies. That being said, it’s still a D&N record, so you can expect Yang’s trademarked dreamlike basslines; Kurihara’s fluid and whip-like guitar; Krukowski’s subtle yet powerfully flowing drumming; and songs that are autumnal and introspective, with the kind of emotional wallop only music made by people who are attuned to the true nature of life and love can have. Most of the emotion is transmitted through the instruments, but both Yang and Krukowski have fragile, untrained voices that can convey all kinds of feeling with just the smallest crack or whisper. On False Beats and True Hearts, the duo is in fine form as usual; Yang especially keeps growing more confident and expressive with each record. Her vocals on "Nettles and Ivy" are quite possibly the best work she’s done to date. Many of the songs on the album rank with their best work -- the tender and nostalgic-feeling "Ophelia," the raging (for D&N) album-opener "Walking Backwards" that features Kurihara’s most biting guitar work, and the heartbreakingly sad-sounding "And You Are There" all qualify. Taken as a whole, False Beats and True Hearts does, too. It feels like Damon & Naomi have always been around to soundtrack the inner lives of melancholy dreamers smart enough to seek them out, and with this album they continue to provide the same impressive and necessary level of solace and inspiration, deeply felt songs, and enchanted performances that they always have.
(by Tim Sendra, All Music Guide)
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auch gut ...
The Decemberists: "The King Is Dead" (Rough Trade, Jan. 2011) |
Mit Elvis P. kann ich altersbedingt wenig anfangen, weswegen ich mich
zuerst auch nicht für das neue Album der Folkrocker aus dem Nordwesten
der USA interessiert habe. Zwar habe ich die Texte jetzt
noch nicht im Detail studiert, aber ich kann in der Musik
auf jeden Fall keinen Bezug zu dem King erkennen. Stattdessen
ist die wunderbare Produktionshandschrift von Tucker Martine
(Laura Veirs etc.) nicht zu überhören,
einem Meister der Zusammenführung akustischer und elektrischer
Instrumente. Im Chor sind ausserdem die wunderbare Gillian
Welch und ihr Partner Dave Rawlings
dabei. Da fällt mir ein: haben die beiden nicht mal einen "Elvis
Presley Blues" geschrieben? Fragen über Fragen!
(03.04.2011)
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Ich weiß, ich wiederhole mich, aber ich bin nun mal ein Freund des Guten, Wahren & Bleibenden. Und das sechste Album des Quintetts um Sänger Colin Meloy ist ein derart gelungenes Beispiel für den Wert des Handgemachten, dass es eine einzige dauerhafte Freude ist. Vielleicht war es der Umzug aufs Land, vielleicht auch musikalische Gäste wie Peter Buck und Gillian Welch, Tatsache ist, dass die 10 Songs von King Is Dead eine gelassene, gereifte Americana-Ruhe ausstrahlen, die staunen lässt. Colin Meloy lässt seinen klaren, mitunter schneidenden Gesang in eher überschaubaren Arrangements aus vornehmlich akustischen Instrumenten, Gitarren, Akkordeon, Klavier, Fiddle, Mundharmonika und Mandoline baden, eine Pedal-Steel setzt silberne Streiflichter, die Hammond-Orgel sättigt die Voll-Band-Momente. Aber es sind die Songs, die naturbelassenen Melodien, die diesem sehr lebendigen König die Krone aufsetzen, die die Melange aus frühen R.E.M. und Goldrush-Young so sonnig strahlen lassen. Hie kann sowohl der Country- als auch der Alternative-Country-Freund in wohlige Wärme spendenden Songs baden, in einem Meer aus akustischen, Twang-, Byrds- und Steel-Gitarren, sich an erdnahen Instrumentierungen erfreuen und vor allem sich am prächtigen Paar- und Harmonie-Gesang ergötzen, denn Gast Gillian lässt ihre Stimme gleich über sieben Songs leuchten. Ein zeitloses Wurzelgeschenk, so recht angetan, um den Americana-Reigen fürs neue Jahr zu eröffnen.
(Glitterhouse)
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Anna Depenbusch: "Die Mathematik Der Anna Depenbusch" (105 Music, Jan. 2011) |
Keine Ahnung, wo und wann ich dem Charme der Anna Depenbusch
verfallen bin. Exzellenter Singer/Songwriter-Pop in Deutsch aus der
ersten Liga. Sonst ist das ja eigentlich nicht mein Fachgebiet, aber
es klingt eben doch toll. Aber nicht wie Annette Louisian oder so.
(18.04.2011) |
Iron & Wine: "Kiss Each Other Clean" (4AD, Jan. 2011) |
Der musikalische Zauselbart Sam Beam ist also jetzt für
Europa beim englischen Kultlabel 4AD (This
Mortal Coil, Pixies, Birthday
Party, Tindersticks,
etc.) gelandet, was durchaus Sinn macht! Waren die frühen Alben
noch ganz puristisch angelegt (ein Mann und seine Gitarre!), so kommt
er inzwischen mit voller Band daher, was sicherlich den einen oder
anderen alten Fan stören könnte, aber mir gefällt's.
Ok - vielleicht gibt es da ein klein bisschen zuviel Saxofon zu hören,
aber das ist ja schon fast wieder etwas Exotisches bei einer "Indie"
bzw."Alternative"-Produktion und klingt hier auch nicht
so penetrant wie bei "Baker Street" oder "Year
Of The Cat", sondern eherso cool wie bei Morphine
oder Menomena - wenn Ihr wisst,
was ich meine!
(13.02.2011)
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Mehr als drei Jahre sind seit dem letzten Sam Beam-Studioalbum vergangen, ein langes Warten, welches der Singer-Songwriter und Kategorisierungs-Feind zwar mit einer umfangreichen Compilation verkürzte, aber dennoch gierte der Iron & Wine-Jünger nach neuen Lebenszeichen. Weit davon entfernt, das Warten zum Stehenbleiben zu nutzen oder es sich gar in der gerade selbst geschaffenen Schublade bequem zu machen, hat Beam nicht nur das Label gewechselt (und bei 4 AD eine eigenwillige, aber passende neue Heimstatt gefunden), sondern sein Folk-Pop-Kaleidoskop um weitere Facetten bereichert. Einig ist den 10 Songs der stete Hang zum Wohlklang, zu himmlischen Harmonien, die das Album aufs Herrlichste einen. Aber bei aller Harmoniesucht bleibt da immer auch die Liebe zur Veränderung, Überraschung, zur rauhen Kante, wo die weiche Wolke erwartet wird, zur Kargheit in satter Fülle, zum versponnenen Funk im Soft-Pop. Ebenso überbordend wie des Meisters Melodien-Reichtum ist auch die Arrangement-Vielfalt, die jeden einzelnen Song zu etwas ganz besonderem macht, akustische Perlen auf Gitarre und Klavier, pluckernde Rhythmen, schillernde Keyboard-Klang-Farben, ein betrunkenes Saxophon, afrikanisches Schlagwerk, gleißende West-Coast- und verzerrte Swamp-Gitarren, analoge Synthesizer vereinen sich zu einem verspielten, immer wieder überraschenden, gleichzeitig erdverbundenen und seltsam losgelösten, schmeichelnden und rumpelnden Klang-Kosmos, der durch die vielstimmigen, gern auch Beach Boys-gleichen Gesangsharmonien gekrönt wird. Wundersam verhexter Wohlklang, der sanft, aber volltönend jeglicher Schublade entkommt. (cpa)
(Glitterhouse)
The ongoing journey of Sam Beam from bedroom mystic to ringleader of a slick stadium indie rock band is completed on 2011’s Kiss Each Other Clean. While the previous Iron & Wine album, The Shepherd's Dog, was also very produced and pro-sounding, this album is huge. Beam, a cast of many, and producer Brian Deck have embellished the songs with a ton of studio tricks, a wide variety of instruments from flute to squelchy old synths, and a tightly arranged, loosely flowing feel that anyone who was initially enraptured by Beam’s early recordings might be hard-pressed to recognize. (Though Beam’s voice is still as haunting and intimate as ever for the most part. As is his beard.) Once you accept that I&W are now as established as a “real” band on par with Wilco or the Flaming Lips, some questions arise. Are they still any good? Can Beam still capture a heart with a tender melody and an aching vocal despite all the tricks and sax solos? Does the musicianship on display overpower the songs? Will Beam survive in the big leagues? Most of these questions were answered in the affirmative on the last album; they are reaffirmed here. Beam still writes and sings in a voice that could penetrate even the most syrupy backing -- nothing will likely ever change that. His lyrics have the same broken and bruised poetry they’ve always had, only now they are surrounded by haunting and inventive arrangements that are even more intricate and interesting than on The Shepherd's Dog. This time, Beam and company bring in soft rock smoothness, dub reggae textures, and instruments that haven’t really been featured on previous records. The vintage synths in particular deserve mention; whether they are bubbling like mad on “Monkeys Uptown” or getting Stevie Wonder-funky on “Big Burned Hand,” they give the otherwise very organic-sounding arrangements a welcome cheesy kick. Other aspects that deserve praise are Sarah Simpson’s sweetly sung backing vocals and Deck’s production. He layers instruments and mixes sound like he’s baking a giant cake, giving the songs depth and a widescreen scope in the process. Beam couldn’t have picked a better person for the job of blowing his music up to the large-scale work of beauty it has become. If you’ve been on board since the beginning, you have to marvel at the perfectly timed and logical way the music has progressed. No one could ever accuse Beam of selling out his art, only growing up and building it up. Kiss Each Other Clean is the result of years of growth and change, and though that sounds incredibly boring, it’s also a record full of roiling emotion, tender wit, and deeply felt melodic beauty. In other words, a standard issue Iron & Wine record.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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Kraan : "Diamonds" (Bassball, Jan. 2011) |
Ich kenne die Band natürlich schon seit einer gefühlten
Ewigkeit - also seit Mitte der 70er - und habe sie auch eigentlich
immer gemocht, war trotzdem nie wirklich ein Fan von Basslegende Helmut
Hattler und den Wolbrandt-Brüdern Peter (Gitarre)
und Jan Fride (Schlagzeug). So besitze ich von damals auf Vinyl
nur das '75er-Album "Let It Out"
und habe mir die ganzen alten Platten davor erst in den letzten Jahren
als günstige Reissues auf CD besorgt. Das neue Album mit dem
etwas langweiligen Titel "Diamonds" habe ich mir ohne besonderen
Grund aber wieder direkt bei der Veröffentlichung gegönnt.
Beim Hören des typischen Kraan-Sounds, dieses mal im Trio ohne
Keybarder Ingo Bischof, kommen gleichzeitig nostalgische Gefühle
und echte Begeisterung für eine richtig gute Band auf, die nach
fast 40 Jahren immer noch kreativ zur ersten Liga gehört - zumindest
in Deutschland. Ich finde sogar, dass der Hattler heutzutage
viel angenehmer und entspannter seinen Bass bedient als damals (er
hat mich zugegebenermaßen früher mit seinem plektrumbetriebenen
Leadbass manchmal genervt, aber nie so sehr wie dieser
schreckliche släppende Kerl von Level 42, dessen Namen
mir zum Glück gerade nicht einfallen will!).
(28.01.2011)
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Kraan gibt es jetzt schon 40 Jahre lang, und noch immer sitzt die Band zwischen allen Stühlen; mit voller Absicht natürlich. Kraan sind keine Rockband, keine Jazzcombo, erst recht keine Krautrocktruppe. Sondern von allem ein bisschen. Ihr Groove ist geradeaus, die Improvisationen jazzig, der Sound superb. Hellmut Hattler (b) und die Wolbrandt-Brüder (Jan Fride, dr; Peter, g, synth, voc) fusionieren all ihre Einflüsse auf so ätherische wie kraftvolle Weise. Ihr Album schimmert verchromt, die Musik ist so räumlich, dass sie an allen Ecken widerhallt, und manchmal kommt sogar ein echtes Rockriff vor wie in "Ring my Bell", doch Peter Wolbrandts verfremdeter Gesang löst dann schnell wieder das Tau vom Boden. Alles Feste, Verstrickte, Gefesselte ist dieser Band fremd. Ihr Wildern quer durch die Genres ist von Lust und Laune geprägt, hat inzwischen aber nicht mehr jenen verschmitzten Spontihumor, der ihren Alben in der Krautrockära oft eigen war. Übrigens bringt Hellmut Hattler parallel eine CD auf den Markt; sie ist weit technoider, sauberer. Kraan hingegen haben sich jene organische Klangfarbe bewahrt, die wohl nur entsteht, wenn eine echte Band interagiert. Und das darf sie gern auch in den kommenden 40 Jahren tun.
(mw, kulturnews.de)
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Arbouretum: "The Gathering" (Thrill Jockey, Feb. 2011) |
Dies ist bereits das zweite Album der Band um Dave Heumann
aus dem Süden der USA (mir fällt gerade leider nicht ein,
woher genau!) auf dem legendären Chicago-Label Thrill Jockey
(u.a. gibt's dort so wunderbare Bands wie Tortoise,
Freakwater, The
Sea And Cake und Eleventh Dream
Day zu hören!), die auch hier wieder in die Nähe von
englischem Folkrock in der Art von Richard
Thompson gestellt werden. Das ist für meinem Geschmack
wohl etwas zu hoch gegriffen, denn Heumann schreibt nicht so gute
Songs wie Thompson und klingt als Gitarrist mit seinem Fuzz-Sound
auch völlig anders, liefert mit seinen Kollegen aber trotzalledem
eine interessante Rockmusik ab. Vielleicht können wir es etwas
lustig-provokant mal so formulieren: Fairport
Convention und Black Sabbath in eine Schüssel geben,
gut umrühren und dann auslöffeln. Oder wir bleiben schlicht
und einfach bei ROCK. Wie auf dem ersten Album "Song
Of The Pearl" gibt es auch hier einen Coversong aus den
guten alten Tagen des Folkrocks: vor fast zwei Jahren hatte mir
Dylans "Tomorrow Is A Long Time" im Arbouretum-Klanggewand
gut gefallen, aber jetzt wird Jimmy Webbs "Highwayman"
eigentlich nur nachgespielt und ist somit der schwächste Titel
auf einem insgesamt doch ordentlichen Album. Und wie immer (?) bei
Thrill Jockey gibt's das Vinyl mit Gratis MP3-Downloadgutschein.
(20.03.2011)
Ich hab mir gerade mal was überlegt: Arbouretum - das klingt,
als würden Black Sabbath Songs von Fairport Convention
spielen. Ein amüsanter Gedanke? Maybe. Aber wie wäre es
mit einer Band, die wie Fairport Convention klänge,
wenn diese Black Sabbath covern würden? Vielleicht kein
ganz so amüsanter Gedanke! Oder doch?
(25.12.2011)
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11er der US-Band von D.Heumann, der z.T. mit Richard Thompson verglichen wird. Naja. Vielleicht, weil er ebenfalls (und zwar oft hier!) folk-nahe Melodie (englisch geprägt) in Rock überführt. So klingt´s z.B. mal fast wie Fairport Convention in gemäßigt heavy. Ein wenig oder mächtig heavy kommt hier das meiste, ist bestimmendes Merkmal, ob Cream (ohne Blues)/Mountain (ohne Hard Rock, der eh nur 1x anklingt) meets Horslips (!), geiler groovender Modern-Heavy-Psychedelic/Fuzz-Rock im Lava-Fluß oder Jam-artiger Heavy Rock (1x ein Hauch Space, Ethno, 1x mit psychedelischem Gestus und irgendwie Kyuss-ähnlich). Dazu eine ausgesprochen melodische und schöne schlichte Ballade und doch ein Song, der direkt an Richard Thompson erinnert – den kantigsten, rockigsten. Zentral: Seine tolle Gitarre, auch ausgedehnte Trips (3 Stücke laufen 7-10 Min.). Bergeweise Fuzz. Tip! (dvd)
(Glitterhouse)
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Cowboy Junkies: "Demons" (Latent, Feb. 2011) |
Die kanadische Familie Timmins würdigt mit diesem Album den vor
einiger Zeit verstorbenen US-amerikanischen Singer/Songwriter Vic
Chesnutt, den ich selber als Songschreiber immer
grandios fand, aber nicht immer als Interpreten seiner
eigenen Lieder (manches toll, vor allem die
späten Sachen auf dem kanadischen Constellation-Label, manches
weniger toll, manches kenne ich auch gar nicht vom eigenen Hören).
Aber jetzt interpretiert von der göttlichen Margo Timmins:
da bin ich fast sprachlos!
(20.02.2011)
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Das ist es – das Cowboy Junkies-Album, auf das ich lange gewartet habe. Und: Gelungener hätte ich es mir nicht zurechtträumen können. Ihr wisst, wie sehr ich das Werk der Timmins-Geschwister verehre, wobei sowohl Margo’s Stimme als auch Michael’s Gitarre Grund genug für treueste Gefolgschaft waren und sind. Aber nicht immer war das Songmaterial der kanadischen Wüsten-Reiter ihrer intensiven Interpretations-Macht auch gewachsen, hätte man sich mehr Songs gewünscht, die die fast mystische Margo & Michael-Magie in voller, fiebernder Strahlkraft leuchten lassen. Der Nomaden Serie Teil 1 konnte mein Herz nie so erreichen, wie ich es mir gewünscht hätte, dementsprechend vorsichtig war meine Begegnung mit Teil 2 – um umso gnadenloser überwältigt zu werden. Mit den 11 Songs von Demons verneigt sich das Timmins-Geschwister-Gespann vor dem Werk Vic Chesnutts und hätte nichts Ehrlicheres, Wirkungsvolleres, Nachhaltigeres auf einer Cowboy Junkies-Platte verewigen können. Die wohlgewählte Song-Selektion aus dem Werk des einzigartigen Singer-Songwriters aus Athens betont dabei mit 8 Tracks die Schaffensphase der Jahre 1991 bis 1998, der späte Chesnutt wird mit 3 At The Cut-Tracks gewürdigt. Hier bekommt man die machtvolle musikalische Entsprechung des Wortes Kongenialität – Vic’s Weisen erleben in der mal langsam walzenden, mal schleppend desert-drohenden, mal verzerrt-kraftvollen, mal Bläser-bereichert breiten Hammond-himmelnden kreativen Kraft der Cowboy Junkies-Fassungen eine enorm intensive Wiedergeburt, schneiden tief unter die Haut, lassen das Herz rasen und die Ohren bluten. Und egal, ob zurückhaltend von akustischem Saitenspiel begleitet oder von wütend zerrender Young-Gedächtnis-Gitarre in den Hitze-Himmel gehoben – Margo’s Stimme schmeichelt, schneidet, sehnt und singt, als wären die Songs eigens für sie verfasst, als hätten die Melodien nur darauf gewartet, von dieser Stimme entdeckt zu werden. Ich bin begeistert.
(cpa, Glitterhouse)
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The Low Anthem: "Smart Flesh" (Nonesuch, Feb. 2011) |
Das ist definitiv eine der besten aktuellen Bands im Spannungsbereich
von Country, Folk und Rock bzw. von "Alternative" und "Americana".
Bereits im Sommer 2009 konnte mich das zweite Album "Oh
My God, Charlie Darwin" begeistern, im Sommer 2010 konnte
mich die Band dann im Spiegelzelt vom Haldern-Festival auch live überzeugen.
Am 20. März ist die Band in Köln zu Gast - und ich habe
natürlich längst mein Ticket ...
(06.03.2011)
Konzerthighlight: Stadtgarten, Köln,
20.03.2011
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Drittling des Trios aus Providence, Rhode Island, und fast noch magischer als die Vorgänger. Die drei erfinden den Country nicht neu, geben ihm aber ein mystisches, faszinierendes neues Gesicht, filtern frische, verzaubernde Facetten aus den jahrhunderte alten Wurzeln, vereinigen spürbar irdene Elemente mit kunstvollen Kadenzen und mystisch-magischen Schwebstoffen zu einer ursprünglichen Country-Folk-Sprache, die nahezu einzigartig ist. Gleichzeitig schenken sie ihren im verwunschen-luftleeren Raum zwischen Knarz-Country, Rumpel-Folk, Lagerfeuer-Romantik, Kunst-Americana und klassischen Vignetten schwebenden Songs warmherzige, eingängige Melodien, so dass man sich ihrem Reiz schlicht nicht mehr entziehen kann. Wie der junge Leonard Cohen raunt und schmeichelt die Stimme mal allein zum Banjo oder zur Gitarre, mal zu Mundharmonika und sakral-dümpelndem Harmonium, zu Orgel und Singender Säge, oder im überschwänglichen Country–Walzer und ruft dabei auch Erinnerungen an den frühen Costello, an meine Glitterhouse-Lieblinge von Boxharp und an Mumford & Sons wach, ohne dabei das eigene Gesicht zu verlieren. Aufgenommen in einer riesigen, leerstehenden Lagerhalle ist das Album von einer ganz eigenen, weiten, losgelösten Atmosphäre geprägt, und Mike Mogis (Bright Eyes, M.Ward, Monsters Of Folk) finale Mischung trug mit dazu bei, dass Low Anthem bei allen wertvollen Vergleichen letztlich ganz und gar nach Low Anthem klingen.
(cpa, Glitterhouse)
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The Twilight Singers: "Dynamite Steps" (Sub Pop, Feb. 2011) |
Greg Dulli, mein alter Held aus Afghan
Whigs-Zeiten hat nach dem Intermezzo mit Mark
Lanegan als Gutter Twins
wieder seine Band "Twilight Singers" am Start, wobei "Band"
etwas zu viel gesagt ist: Dulli spielt als einzige Konstante der Lieder
mit vielen verschiedenen Musikern zusammen, sodass der einzige Unterschied
zu "Saturnalia"
von den Gutter Twins der ist, dass Mark
Lanegan nur auf einem einzigen Lied als Gast dabei ist.
(13.03.2011)
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Greg Dullis Neue, statt Gutter Twins wieder Twilight Singers. Auch wieder mit Mark Lanegan, neben den Gästen Ani DiFranco, Joseph Arthur, Petra Haden. Der Gesang seltsam taumelnd, bestimmend, handfest oder tief bewegend, herzzerreißend. Von höchst reizvollen, ja prachtvollen Keyboards schreibe ich selten, hier sind sie ein par Mal zu hören. Genauso wie gitarrenzentrierte Songs. 4 absolute Highlights: Electro Pop mit fast schmerzhafter souliger Note und rockistischer Gitarreneinlage – welch Kombination; eine dunkle Indie-Pop-Ballade, so eindringlich wie sinister und faszinierend; teilakustische Gothic-Roots-Sounds mit Banjo und Streichern; und der fast 7-minütige spannungsreich zurückgenommene Titelsong, ein Slow Burner voller Feinheiten und rhythmischer Finessen. Außerdem (Electro/Groove-)Pop mit hypnotischem Sog; stürmischer scharfer Rock, ziemlich roh; emotionaler Dramatico-Cinemascope-Rock; relaxter Indie Pop; eine Art Indie-Soul-Folk-Atmo-Pop, auch sehr schön. Und mehr.
(Glitterhouse)
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Eleventh Dream Day: "Riot Now!" (Thrill Jockey, März 2011) |
Wie
doch die Zeit vergeht! Seit 25 Jahren hält die Band an ihrer
Rockmusik fest, die irgendwo zwischen Neil Young und Sonic
Youth liegt, ohne abzukupfern und ohne dabei je langweilig geworden
zu sein. OK - die Band ist nicht mehr so produktiv wie in den späten
80ern, frühen 90ern, wo sie sogar mal bei Atlantic unter
Vertrag standen, macht aber immer noch gute Musik. Nicht modern, nicht
alt - zeitlos. Mit Sänger/Gitarrist Rick Rizzo, Schlagzeugerin
Janet Bean und Bassist Doug McCombs sind sogar noch
drei der Gründungsmitglieder dabei. Zwar scheint 11DD
nicht mehr die Hauptaktivität der drei zu sein (McCombs
ist mit Tortoise recht erfolgreich, Bean hat- oder hatte
- die Folkband Freakwater, auch Rizzo hat bestimmt andere
Projekte laufen, die mir aber nicht bekannt sind), aber vielleicht
bekommt das ja der Musik besonders gut, wenn man/frau sich alle paar
Jahre trifft, um so eine rotzige Rockplatte rauszuhauen?
(27.03.2011) |
Moritz Krämer: "Wir Können Nix Dafür" (Tapete, März 2011) |
Fast
ein Jahr alt ist das Debütalbum (?) des berliner (?) Sängers
und Songschreibers auf dem famosen Tapete-Label von Dirk Darmstaedter,
dem wir ja auch das wunderbare neue Album von Niels
Koppruch zu verdanken haben, das locker im Dunstkreis der Veröffentlichungen
von Frevert, Koppruch
und Knyphausen bestehen kann:
ausgezeichnete Texte, lakonisch gesungen und altmodisch analog, aber
trotzdem frisch instrumentiert. Wäre schade, wenn ich das verpasst
hätte. Dank dafür deshalb an Herrn Wiebusch von Kettcar,
der diese Empfehlung im Rolling Stone abgegeben hatte. Leider gibt's
wohl keine Vinylausgabe.
(05.02.2012) |
Josh T. Pearson: "Last Of The Country Gentlemen" (Mute, März 2001) |
Von dem Mann hatte ich bis vor Kurzem noch nie gehört, aber gute
Kritiken und ein paar You-Tube-Filme haben mich neugierig gemacht.
Das Covermotiv hatte dabei selbstverständlich keine Rolle gespielt.
Hier ein paar Informationen zum Debütalbum des bärtigen
Burschen, der da vor der Lady kniet: er stammt aus Texas, singt und
spielt die akustische Gitarre, lebt in Paris, hat fast ohne weitere
Musikanten in Berlin aufgenommen (ab und zu sind ein paar Streicher
zu hören). Das macht 1ominütige Lieder mit den allerwenigsten
Zutaten ohne zu langweilen und ohne technische Kunststückchen,
aber man hört sofort, dass da was ganz Besonders entstanden ist.
Auch die Plattenfirma ist eine kleine überraschung: das Londoner
Mute-Label ist - soweit mir bekannt - ansonsten eher für
Synthie-Pop (Depeche Mode) und andere leicht extravagante Künstler
mit Wurzeln in den 80ern bekannt (z.B. Nick Cave und die Crime
& The City Solution).
(13.03.2011)
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Holy Shit. Der Typ sieht aus wie ein drogensüchtiger Klon von Charles Manson, frisch gecastet für “The Devils Rejects”. Cowboyhut und Zauselbart bis zum Nabel. Southern Gothic meets Redneck-Zombie. Furchterregend, zumindest die Bilder. Die Musik dagegen: betörend schön. Glitterhouse-Freunde dürfen nicht nur wegen der Bartlänge an Scott Matthew denken. Aber Josh T. Pearson ist karger, spartanischer, heruntergestrippt bis fast auf das knöcherne Gerippe minimalistischer Songs-Ruinen. Die werden dann auch noch höchst impressionistisch hingetupft. Zu Pearsons leiser Stimme perlen lediglich ein paar schlaff angeschlagene Gitarren-Saiten, ab und zu erklingt eine Geige oder ein trauriges Cello. Mehr braucht es hier nicht. Der Rest ist blankes Storytelling, gerne im Zehn-Minuten-Format, sanft dahingeweht wie Tim Buckley in seinen weggetretenen Momenten. Hank Williams schwebt als fahles Gespenst durch so machen Song. Und noch ein Bärtiger kommt mir in den Sinn - Devendra Banhart. „Last of The Country Gentlemen” ist dunkler, grimmig-romantischer Country-Psych-Folk von kompromissloser Kargheit und höchster Intensität. Beeindruckend.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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Teddy Thompson: "Bella" (Verve Forecast, März 2011) |
Ein neues Album vom talentierten Sohn meines Lieblinxgitarristen ist
natürlich Pflichtkauf für mich - und weil "talentiert"
ist das natürlich keine Qual oder Belastung. Es klingt gut (vielleicht
eine Spur zu gut!) und der Papa haut ein paar schöne Soli raus,
aber ich weiss noch nicht, ob ich es richtig gut finde. "Schau'n
wir mal" -würde eine berühmte Münchener Lichtgestalt
sagen!
(18.04.2011)
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Nachdem uns der Sohn großer Eltern ein Album lang mit Fremdwerk bei Laune hielt, schöpft er nun aus dem Vollen und kredenzt uns die ganz große Country-Song-Torte. Seine wundervoll angenehme, weich-warme Stimme bettet Richard & Lindas Zögling in ein edel elegantes Bett aus vielerlei Gitarrenfeinwerk, satt-sanften Streichern und Blech- und Holzbläser-Fülle, in dem seine hymnisch-eingängigen Melodien so recht zur vollen Geltung gelangen. Dabei scheut sich der höchst begabte Songwriter auch vor keinem echten Sentiment zurück, pflegt liebliche Klänge, hegt die große Geste, lässt aber auch handfesten Honky Tonk und satten Twang das Heft in die Hand nehmen. David Kahne (The Strokes, Regina Spektor) produzierte das Country-Sahnestück zu voller Pracht, Vater Richard glänzt neben Teddy und David Schramm an den Gitarren und Jenni Muldaur und Jesse Kotansky schenken gefühlvoll-mitreissende Duett-Momente. Das Album-Info zieht Roy Orbison und Buddy Holly als Vergleichsgrößen heran – und liegt ausnahmsweise gar nicht mal so daneben. Herrlich hymnische Country-Crooner-Krönung.
(Glitterhouse)
“You can't help but feel that Teddy Thompson is a man who knows how to build a song. Every one of the 11 tracks here feels impeccably structured, plotted, weighted, watertight. But there is a delight here too, the sheer pleasure of sploshing about in the musical depths, that brings a heart-winning charm to this record.“ (BBC Online)
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Kurt Vile: "Smoke Ring For My Halo" (Matador, März 2011) |
Eine weitere Entdeckung aus dem Zündfunk!
(27.04.2014) |
Alela Diane: "Wild Divine" (Rough Trade, April 2011) |
Zuletzt gab sie sich auf dem Cover ihrer EP "Alela
& Alina" zusammen mit Freundin Alina Hardin sehr
glamorös, während die Musik puristischer Folk blieb. Beim
neuen Vollalbum kann man die Musik zwar noch nicht
als glamorös, aber auch nicht mehr als puristisch bezeichnen.
Der bekannte Produzent Scott Litt (R.E.M., Patti Smith, Replacements,
Indigo Girls, etc.) sorgte bei offensichtlich erstmalig größerem
Etat für einen vollen Sound mit Bass und Schlagzeug, holte sogar
den bekannten Jazz-Keyboarder Larry Goldings in's Studio, der
seine Orgel sonst eher für Künstler vom Kaliber James
Taylor, Norah Jones oder Melody Gardot anschmeißt.
Erste Kritiken zum Album klingen nicht mehr so begeistert wie zuvor,
sprechen fast von "kommerziellem Ausverkauf" - und das wohl
nur, weil Alela zum ersten mal ein wenig mit Rock & Pop flirtet!
Zwar gefallen auch mir die beiden schlagzeuglosen Lieder, jeweils
am Ende der beiden Seiten meiner schwarzen Scheibe, beim ersten Hören
am besten, aber eigentlich kann man Scott und Alela keinen ernsthaften
Vorwurf machen, wenn die Musik plötzlich wie Fairport Convention
zu Zeiten der seligen Sandy Denny klingt! Warten wir doch einfach
mal ab, welche Langzeitwirkung die neuen Lieder haben.
(08.05.2011)
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Gemeinsam mit ihrer frischen, festen Band Wild Divine widmet sich die wunderbare Stimme mit ihrem 2011er Album einem gepflegt arrangierten, weniger karg ausgestatten Country-Folk-Rock zu, der seine Wurzeln klar in den goldenen Tagen der Cosmic American Music hat. Akustische Gitarren, Akkordeon, Klavier, E-Piano, Orgel, Geigen, sanfter Bass, zurückhaltendes Schlagwerk und weiteres Roots-Instrumentarium bestimmen die Arrangements, die von Produzent Scott Litt (R.E.M.) ins rechte, klare Licht gerückt wurden. Bestimmend aber bleibt, neben den beeindruckend reifen, wurzelnahen Songs, die berückende Stimme Alelas, die – sowohl solistisch als auch im Paargesang mit sich selbst - zum Schönsten zählt, das das Americana-Folk-Genre zu bieten hat.
(cpa, Glitterhouse)
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Alin Coen Band: "Wer Bist Du?" (Pflanz Einen Baum, CD: Sept. 2010, LP: April 2011) |
Hier weiß ich, wie ich d'rauf gekommen bin. Ich sag nur: Doppelvinyl
+ MP3-Gutschein. Da war auch zusätzlich kein Foto der
Dame auf dem Cover mehr erforderlich. Bald auch in der ersten Liga
wie Frau Depenbusch?
Interessanter und ungewöhnlicher Punkt am Rande: 7 Lieder in
Deutsch, 7 Lieder in Englisch - und es passt trotzdem (?) alles zusammen!
(18.04.2011)
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Die Hamburgerin liefert mit ihrem Debütalbum ein echtes Kleinod ab – im wahrsten Sinn des Wortes: eine kleine, vielleicht gar nicht so offensichtliche Kostbarkeit. Irgendwie ist hier alles sanft und zart und winzig. Die Instrumentierung ist eigentlich recht üppig: Bass, Drums, Gitarre, Piano, aber alles bleibt konsequent reduziert, leise und zurückgenommen. Was wiederum Alins Stimme freien Raum zur Entfaltung lässt. Den nutzt sie mit warmem Timbre und kleinen Reminiszenzen an Katharina Franck von den Rainbirds. Die Songs sind folky strukturiert, gerne aber auch etwas komplexer, mit vielen Breaks und Tempowechseln, dabei offensichtlich von Joni Mitchells Songwriting inspiriert. Die Texte wechseln zwischen deutsch und englisch, beides funktioniert gleich gut. Die gelassene Zurückgenommenheit der Musik entfaltet beim Hören eine kontemplative Wirkung und ist wirklich perfekt für diesen regnerischen Sonntagnachmittag, an dem ich dies hier schreibe. Eine faszinierende Stimme mit ganz toller Band.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
Eine Stimme wie eine Kuscheldecke: Alin Coen wird man so schnell nicht mehr los, wenn man sie erstmal im Ohr hat. und ihr Debütalbum Wer bist du? sollte man auf dem Zettel haben.
(popwolf. de)
Alle Achtung: Es hat schon lange keine Sängerin mehr gegeben, die sich dermaßen ins Klangbild ihrer Kompositionen fallen lässt und darin herumschwimmt, wie Alin Coen das tut ... Das ist in jeder Beziehung beeindruckend.
(gaesteliste. de)
Das Debüt-Album ist da. Ein Album, was schlicht daher kommt, aber doch packend in den Bann zieht.
(alternativenation. de)
Wie Eingangs beschrieben ist es der Band gelungen, ein Album ohne Ausfälle zu produzieren, ein Album, das bei jedem Hören neue Dinge zum Vorschein bringt. Dieses Album ist jedem Fan anspruchsvoller Popmusik zu empfehlen.
(musikansich. de)
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The Feelies: "Here Before" (Bar/None, April 2011) |
Die Feelies gehörten immer schon zu meinen allerliebsten Gitarrenschrammlern.
Nach 20 Jahren Unterbrechung gibt es jetzt ein neues Album, auf dem
die Band einfach so tut, als wäre nichts gewesen und einfach
göttlich weiterschrammelt ...
(09.06.2011)
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"Is it too late/To do it again?/Or should we wait/Another ten?" The Feelies have never been a band given to autobiographical self-reflection in their music, but the opening song on Here Before finds them seemingly pondering the wisdom of their own decision to re-form and return to the recording studio a full 20 years after their last album, 1991's Time for a Witness. But the Feelies needn't have worried -- one play confirms Here Before is excellent, an album that finds the band seemingly picking up where it left off and sounding as committed and invigorating as ever, reveling in the beauty and power of rhythm guitars and cracking percussion. Here Before features the complete Feelies Mk. 2 lineup that recorded The Good Earth, Only Life, and Time for a Witness -- guitarists Glenn Mercer and Bill Million, bassist Brenda Sauter, drummer Stanley Demeski, and percussionist Dave Weckerman -- and stylistically, it hits a middle ground between the gentler, more pastoral tone of The Good Earth and the more potent, electric feel of the two albums that followed. This may not be the hardest-rocking set the Feelies have ever released, but the balance of the electric and acoustic guitars on "Again Today," "Nobody Knows," and "Change Your Mind" shows there's plenty of force even in their more subdued moments, and "When You Know" and "Time Is Right" demonstrate this band is just as tight and commanding as it was in its heyday, and when the Feelies choose to turn up the amps, they haven't lost a bit of their taut impact. And as a set of songs, Here Before is their strongest work since The Good Earth in 1986; the lyrics don't explicitly address the two decades that separates this work from their last album, but there's an easy acceptance of maturity here that fits the band well, without diluting the forward momentum of the music. Now as before, there are few groups in rock & roll that perform as brilliantly and purposefully as an ensemble as the Feelies, and on Here Before their trademark sound remains a thing of wonder that hasn't been dimmed a bit by the passage of time.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Fleet Foxes: "Helplessness Blues" (Bella Union, April 2011) |
Drei Jahre mussten wir auf den Nachfolger zum grandiosen Debütalbum
warten ...
(21.05.2011)
Der "Hilflosigkeitsblues" ist, nicht ganz verwunderlich
bei dem Titel, etwas schwerer zugängig als das Debüt,
aber Sorgen sind unbegründet: klasse Platte, klasse Lieder.
Einziges Manko, wenn auch unverschuldet: der überraschungseffekt
ist weg. Am Schlagzeug sitzt übrigenz inzwischen Josh
Tillman, der selber ein ausgezeichneter Singer/Songwriter ist.
(05.06.2011)
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Props to Helplessness Blues for making the fretless zither cool again. On their second album, Fleet Foxes continue to take their music in unusual directions, creating a baroque folk-pop sound that hints at a number of influences -- Simon & Garfunkel, Fairport Convention, the Beach Boys -- but is too unique, too esoteric, too damn weird to warrant any direct links between the Seattle boys and their predecessors. It’s still a downright gorgeous record, though, filled to the brim with glee club harmonies and the sort of stringed instruments that are virtually unknown to anyone who didn’t go to music school (and even if you did, when’s the last time you rocked out on the Marxophone?). Relying on obscure instrumentation can be a dangerous game, and Fleet Foxes occasionally run the risk of sounding too clever for their own good, as if the need to “out-folk” groups like Mumford & Sons and Midlake is more important than writing memorable, articulate folk tunes. But Helplessness Blues has the necessary songs to back it up, from the slow crescendos of the album-opening “Montezuma” to the sweeping orchestral arrangement of the encore number, “Grown Ocean.”
Robin Pecknold remains the ringleader of this Celtic circus. His is the only voice to cut through the thick, lush harmonies that Fleet Foxes splash across every refrain like paint, and his lyrics -- rife with allusions to the Bible, Dante the Magician, and the poetry of W.B. Yeats -- reach beyond the territory he occupied on the band’s first record, which painted simple geographical portraits with songs like “Sun It Rises,” “Ragged Wood,” “Quiet Houses,” and “Blue Ridge Mountains.” On Helplessness Blues, he’s just as interested in the landscape of the human heart. Still, it’s the music that stands out, and the band’s acoustic folk/chamber pop combo makes every song sound like a grand tribute to back-to-the-land living.
(by Andrew Leahey, All Music Guide)
"Die Band um Robin Pecknold perfektioniert ihren virtuosen Folk." (Rolling Stone, 05 / 2011)
"Die Fortsetzung der Folk-Pop-Saga aus Seattle mit größeren Verschiebungen in den Detailfragen. Die Fleet Foxes bezirzen auf ihrem zweiten Album mit jeder neuen Kleinigkeit." (musikexpress, 05 / 2011)
"So viel überaus clever kalkuliertes Epigonentum wie diesmal muss man mögen." (stereo, 06 / 2011)
"Neben den Folkrock-Songs überzeugen nun auch Instrumentierung, Arrangements und Klangbild." (stereoplay, 06 / 2011)
Bereits das Debut dieses himmlischen Harmoniewunders eröffnete und verband Welten – das edel-ausufernde Zweitwerk des Sextetts aus Seattle aber versteht es, die Glücksmomente noch zu steigern. Nur ganz wenige Alben verdienen das Prädikat “zeitlos“ derart wie Helplessness Blues, selten hört man eine solche Fülle an meisterlich verinnerlichten goldenen Elementen und Einflüssen und erhält dennoch ein ewig-edles Endprodukt, das vor Eigenständigkeit nur so strahlt. Dabei benötigen die Wohltöner und Vielinstrumenta-listen um den kreativen Kopf Robin Pecknold keinerlei Exotik, um diese Einzigartigkeit zu erschaffen, Gitarren, Bas, Schlagwerk, Klavier, Fiddle, Mandoline, Dulcimer, Harmonium, Pump Organ, Mellotron, Steel, Querflöte & Saxophon, ja selbst Moog und Prophet wären in den Spät-60ern und Früh-70ern in jedem besseren Studio zu finden gewesen. Auch die Produktion weist mit ihrem vollmundigen Hang zum Hall eher zurück in die goldene Pop-Vergangenheit, ausschweifende Instrumental-Passagen erinnern an die Hochzeiten des artifiziellen Prog-Rock, eine schwebende Querflöte trägt in die goldenen Tage des Psychedelia. Vor allem der göttliche dreistimmige Gesang aber ist es, der vollmundig an bessere Zeiten erinnert, America und CSN&Y (mit Betonung auf C und N) leuchten durch jede mehrstimmig-magische Zeile, wohlklingendste Vokalsätze überstrahlen ein kunstvoll handgemachtes, überschäumendes Harmonie-Meer aus amerikanischen und britischen Folk-, Country-, Americana-, Pop- und Rock-Elementen. Köstliche Wohlklang-Vereinigung, die vielfältigste Vergleiche wachruft (neben den CSN und America noch u.a. Beach Boys und Byrds, God Speed You Black Emperor und Mumford & Sons, Kings Of Convenience, Snow Patrol und Simon & Garfunkel) und doch ganz und gar Fleet Foxes-eigen ist.
(cpa, Glitterhouse)
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Guru Guru: "Doublebind" (inakustik/Trance Music, April 2011) |
Mehr als 20 Alben in43 Bandjahren: eine wirklich beeindruckende Leistung.
Aber alleine deshalb muss man sich das neue Guru Guru-Album natürlich
nicht anhören oder mögen. Mir dagegen gefällt's sogar
noch besser als die Jubiäums-Platte "Psy"
von 2008, obwohl es weniger aufwändig aufgenommen wurde (es klingt
fast wie live im Studio eingespielt) und bis auf eine Sitareinlage
im Lied #4 ganz ohne Gastmusiker auskommt. Einziges Manko: die drei
schwächsten, weil zu sehr rockenden Lieder, stehen direkt am
Anfang - aber danach wird's richtig gut. Highlight ist Lied #4, die
indisch angehauchte Hippie-Improvisation mit dem etwas tüdeligen
Namen "Chabbli-Babbli".
(18.05.2011)
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Andere Menschen fühlen sich mit 70 reif fürs Heim, Mani Neumeier macht einfach weiter, erfreulich beweglich und vor allem offen für aktuelle Strömungen. Das beweist nicht zuletzt das 2011er Studioalbum des Quartetts Neumeier, Roland Schaeffer (Gitarre, Saxophon, Gesang), Hans Reffert (Weissenborn Gitarre, Lap Steel-Guitare) und Peter Kühmstedt (Bass, Gesang), mit dem der Schlagwerk-Altmeister den weiten Bogen von zeitgemäßer Rockmusik bis zur offenen World Music schlägt. Obacht: Höchst kunstreich in mehrfach verschachtelte Pappe verpackt, am Besten beim Öffnen eine Planskizze anlegen.
(Glitterhouse)
Nachdem Mani Neumeier Ende letzten Jahres seinen 70. Geburtstag gefeiert hat und viele gedacht haben, dass der Mitbegründer des legendären Krautrock & Enfanterrible der deutschen Rockmusik die Füße im altgedienten Ruhesessel hochlegen wird, der hat sich gründlich getäuscht. Auch im nunmehr 43-zigsten Jahr ihrer Bandgeschichte gehen Guru Guru abseits vom Mainstream unbeirrbar ihren eigenen Weg, den sie aber schon immer gegangen sind.
Nach einer umfangreichen & erfolgreichen Tour von Guru Guru mit mehr als 50 Konzerten im letzten Jahr (u.a. mit einem tollen und sehr gut besuchten Konzert in Berlin - einer Stadt, in der man - wie man sagt - nur sehr schwer spielen kann), hat die Band zudem Zeit gefunden, an ihrem neuen Album - das inzwischen 29-zigste in ihrer Karriere - mit dem Titel Doublebind zu arbeiten, das im März 2011 erscheinen wird.
Auch bei ihrem neuesten Werk lassen sich Guru Guru in keine Schublade stecken und spannen den Bogen mit 11 neuen Songs sehr weit. Dabei reicht die Bandbreite der Titel von Maneater, der in einem modernen Rock-Song Gewandt verpackt ist über Chabli Babbli, der Weltmusik-Atmosphäre mit orientalische Klängen versprüht und in dem der einzigartige süßliche Geschmack einer arabischen Wasserpfeife dem Hörer geradezu in der Nase liegt bis hin groovy Jazz-Variationen in dem Song Jazzkraut. Doch ein roter Faden ist erkennbar geblieben, Guru Guru haben wie immer auch einige Überraschungen zu bieten und der Kabuki Dream in 'Mani Fun Manier' rundet das neue Werk nach über 50 Minuten ab!
Mit dem Cover zur neuen CD Doublebind liefern Guru Guru ihren zahlreichen Fans auch wieder was Besonderes. Verpackt ist das neue Album in einem mehr als außergewöhnlichen und aufwendigen Cover, das neben der CD für sich schon ein Kunstwerk ist. Die Idee stammt von Prof. Tristan J. Pranyko von der Kunsthochschule in Berlin und man kann die einzelnen Gesichter der Musiker in verschiedenen Kombinationen wie bei einem Zauberwürfel zusammenfalten! Heraus kommt zum Schluss ein ganz individuelles Gesicht von Guru Guru!
Mit ihrem neuen Album Doublebind beweisen sie einmal mehr - Guru Guru - sie waren nicht nur - nein - sie sind nach wie vor einmalig!
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The High Llamas: "Talahomi Way " (Drag City, April 2011) |
Beste Beach-Boys-Reinkarnation, noch vor Brian Wilson und seiner
Liveband. Sean O'Hagan und seine Kapelle gibt es ja immerhin
auch schon seit ca. 10 Jahren. Wunderschönes Cover - Wunderschöne
Musik: WYSIWYG!
(18.05.2011)
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The aural equivalent of a late spring breeze, Talahomi Way finds Sean O’Hagan and the rest of the High Llamas in a decidedly dreamy state of mind. Interludes like “Angel Connector” drift in and out softly and sweetly, making the band’s previous album Can Cladders sound downright heavy in comparison, and the lush strings and genteel brass and woodwinds on tracks such as “Wander, Jack, Wander” and “To the Abbey” feel like they have as much in common with Burt Bacharach and Nelson Riddle as they do with Brian Wilson. Interspersed with these reveries are fine examples of O’Hagan's pop-craft: “Berry Adams” opens the album with an alluring sparkle; “Take My Hand” captures seaside romance in two-and-a-half minutes; “Talahomi Way” reconfigures the Llamas' Stereolab-ish side into a serene travelogue; and “Fly Baby Fly” flirts with Baroque pop and soft rock. As with almost all High Llamas albums, Talahomi Way's details can speak louder than its actual songs, but this isn’t a criticism: here, O’Hagan and crew use those details to make an album that is equally pastoral and meticulous, and listening to it is like visiting a perfectly arranged topiary garden.
(by Heather Phares, All Music Guide)
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Alison Krauss & Union Station: "Paper Airplane" (Rounder, April 2011) |
Wer mich ein wenig als Musikhörer und Musikmacher kennt, der
weiß: ich habe eine sehr große Schwäche für
gute Coversongs. Meistens solche, die nicht jeder
kennt, wobei es eigentlich keine Rolle spielt, daß sie unbekannt
sind, sondern daß es sich um gute Lieder handelt
- und der Kenner weiß ja sowieso bescheid.
Als Musiker waren Waiting For Louise anfangs
im Spannungsfeld Rock/Country/Bluegrass mein Vehikel für dieses
Bedürfnis, aber natürlich ist das Songschreiben
noch schöner als das Songausgraben. Der Forscher
und Fan in mir lebt sich immer noch bei der Band Songs
To The Siren aus, wenn sich das Spannungsfeld auch etwas verlagert
hat (Tim Buckley, Nick Drake, John Martyn, Jazz, Krautrock, ...).
Als Hörer waren oft die Platten von Künstlern
Inspiration, die die gleiche Art von Liedern ausgegraben haben:
Emmylou Harris und Linda
Ronstadt sind als bekanntere Namen zu nennen, aber zum Beispiel
auch Rita Coolidge: wunderbare
Alben, voll mit Liedern von bekannten Songschreibern wie Dylan
und Neil Young, aber auch neu zu entdeckenden Songschreibern
wie Jesse Winchester.
Emmylou schreibt inzwischen ebenfalls ihre eigenen Lieder und von
Linda und Rita hört man leider nicht mehr viel. Gut deshalb,
dass es Alison Krauss gibt, die uns schon zusammen mit Robert
Plant besonders schöne Interpretationen von Gene Clark-
und Townes van Zandt-Liedern lieferte. Nach einer ziemlich
langen Pause hat sie nun mit ihrer alten Band Union Station,
in der die allerbesten Saitenkünstler der Bluesgrassszene versammelt
sind (zum Beispiel Dobromeister Jerry Douglas!), eine ausgezeichnete
Platte vorgelegt, die alleine schon wegen der Liederauswahl ein
Muss für mich ist: "Dust Bowl Children", komponiert
von Peter Rowan (und gesungen
vom Gitarristen der Band, Dan Tyminski), "Dimming Of
The Day" (natürlich von Richard
Thompson) und "My Opening Farewell" von Jackson
Browne.
Manch einer wird Alison und ihren Junx jetzt vielleicht den Vorwurf
machen, daß das alles zu perfekt
umgesetzt sei, aber ich kann dem nicht zustimmen: Alison Krauss
hat einfach eine der besten Stimmmen im Bereich Folk/Country und
Jerry Douglas ist nach meiner Einschätzung am Dobro
sowieso der Beste überhaupt. Und auch Sänger/Gitarrist
Dan Tyminski, Banjospieler Ron Block und Bassist Barry
Bales gehören zur ersten Liga. Und diese fünf Musiker
können einfach nicht unperfekt
musizieren. Naja - vielleicht hätten T-Bone Burnett
oder Buddy Miller als Produzenten etwas Schmutz in den Klang
gebracht (so wie auf "Raising
Sand" und "Band
Of Holy Joy"), aber eigentlich mag ich den perfekten
Klang von Union Station.
(15.05.2011)
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Anyone who's paid attention to Alison Krauss' musical career, with and without Union Station, had to wonder what would happen after the unprecedented success of 2007's Raising Sand, her collaboration with Robert Plant. For her, the next logical move was to reunite with US, who had been dormant since 2004's Lonely Runs Both Ways and whose members all had busy solo careers. Given the long layoff, Paper Airplane was produced by US and engineered and mixed by Mike Shipley. According to Krauss, it was harder to complete than any previous album.Thankfully, it doesn't sound like it. It is a melancholy record, its songs largely revolve around themes of trial and perseverance. The title track that opens the record is a lilting country ballad written by Robert Lee Castleman and informed by Krauss' own recent life experiences. Her vocal is wrenching; it's utterly vulnerable in expressing love's loss, yet it's steely in its resolve, recognizing an eventual emergence. Peter Rowan's minor-key bluegrass stomper "Dust Bowl Children" features Dan Tyminski's trademark vocal. It's angry, bewildered, and determined. The interplay between Ron Block's banjo, Barry Bales' driving bassline, and Jerry Douglas' dobro is earthy, lean, and mean. Brother Viktor Krauss and Angel Snow contributed "Lie Awake," a spooky, broken love song full of swooping dobro and Krauss' forlorn fiddle. Only US could empathically back her searching, desperate vocal. Paper Airplane is sequenced beautifully. The reading of Richard Thompson's "Dimming of the Day" is the hinge piece on the record (and rivals the title track for the best thing here). This is Krauss' finest vocal performance this time out; although it doesn't rival Linda Thompson's original, it doesn't need to: it's devastating in expressing raw need, loss, and emptiness from a protagonist in the middle of a time of trial. Sidney Cox's "Bonita and Bill Butler" is a banjo-driven seafaring tragedy sung exquisitely by Tyminski before Paper Airplane closes with a stellar cover of Jackson Browne's "My Opening Farewell," which brings the album full circle, leaving the listener to meditate upon life's many episodes. Krauss' version wrings more sheer acceptance from the lyrics than Browne's own does. Paper Airplane is very polished -- pristine, even -- but there isn't an extra thing on it. It feels organic and authentic, allowing plenty of room for the emotional power in these songs to come forth. Union Station proves once more that it is a contemporary bluegrass outfit that makes no concession to contemporary country music.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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Motorpsycho: "Roadworks Vol. 4: Intrepid Skronk" (Stickman, April 2011) |
Live-Dippel-Vinyl von den Europatourneen der Jahre 2008 bis 2010.
Insgesamt nur 6 Lieder auf 4 Plattenseiten zeigen die ganze Kraft
und Schönheit dieser Band. Und beim Kölner Konzert im vergangenen
Sommer war ich sogar dabei!
(18.05.2011)
Konzerthighlight: Gloria, Köln, 28.05.2010
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Vierter und letzter Teil der Stickman-Serie mit Live-Aufnahmen der Norweger, gleichzeitig das erste Motorpsycho-Live-Dokument der Trio-Besetzung Snah Ryan, Bent Saether und Kenneth Kapstadt. In Ermangelung eines geeigneten kompletten Konzert beschloss man, 6 Höhepunkte aus 3 Jahren Live-Schaffen (2008 bis 2010) zu einem fließenden Live-Album zusammenzustellen. Und wie gewohnt entwickeln die Songs im Live-Umfeld ein völlig verblüffendes Eigenleben, und so verwandelt sich zum Beispiel der akustische Fünfminüter All Is Loneliness von Demon Box hier in ein 18-minütiges Monument. Desweiteren in den fürstlichen 79:56 Minuten Spielzeit enthalten: The Bomb-Proof Roll & Beyond, Wishing Well, Landslide, Kill Devil Hills und The Alchemyst.
(Glitterhouse)
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Old Calf: "Borrow A Horse" (No Quarter, April 2011) |
Das Debütalbum der Band aus dem Mittelwesten der USA um den Sänger
und Gitarristen Ned Oldham bringt eigene Musik zu alten Folktexten
(z.B. "The Cuckoo"). Musikalisch kann man das auch weitestgehend
als Folkrock bezeichnen, manchmal erinnern die zart ausufernden Instrumentalpassagen
sogar an die Grateful Dead, die ja auch gerne alte Folksongs
als Basis ihrer musikalischen Exkursionen genommen haben. Die Stimme
Ned Oldham erinnert unüberhörbar an seinen (großen?)
Bruder Will, besser bekannt als Bonnie
'Prince' Billy, bei dem Ned zu Palace
Brothers-Zeiten ja auch Bass gespielt hat, aber ohne als Kopie
zu wirken.
Das wunderschöne Cover kommt in der Vinylausgabe besonders gut
zur Geltung, die im übrigen nicht teurer ist als die CD und sogar
noch den MP3-Download-Gutschein gratis dabei hat: "Kaufen, liebe
Leute!" sag ich da nur.
(22.05.2011)
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Ganz ausgezeichnete Band von Ned Oldham (Palace Music/Bonnie Prince Billy, Bruder von Will). Folk und Country (etwas Rock) zu gleichen Teilen, hoch melodisch, meist relaxt, weich, rund, organisch, gerne relativ traditionsbewußt in zeitgenössischem (Americana-) Stil bzw., sehr gerne, 70s-angelehnt – mit Anklängen an z.B. Plainsong/Matthews Southern Comfort oder Fotheringay, ruhige New Riders Of The Purple Sage, auch mal ein Hauch CSN oder Fairport Convention, 1x irischer Balladeneinfluß; und gleich in 3 oder 4 Songs erinnert es (partiell) deutlich und angenehmst an die leiseren/rootsigen Grateful Dead, ob in einem Instrumentalteil mit brillant verwobenen Gitarren feat. Dave Heumann, in balladesk-sanfter bzw. ganz ruhiger akustischer Form, oder ein bischen im abschließenden psychedelischen Song mit Jam-artigem Schluß. Selten rockiger/lebhafter. Ak.Gitarre ist omnipräsent, oft mit elektr. Kombiniert, ergänzt von Orgel, Akkordeon, Harmonica, sporadisch Geige, Flöte, wunderbaren Harmony-Vocals. Äußerst apartes Werk, sehr empfehlenswert, Tip! (dvd)
(Glitterhouse)
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The Silos: "Florizona" (Blue Rose, April 2011) |
Blödes Cover, lahmes Wortspiel im Titel, aber ansonsten bestes
Silos-Album seit langem!
(18.05.2011)
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Knapp fünf Jahre nach „Come On Like The Fast Lane“ und dem tragischen Tod von Bassist/ Steeler Drew Glackin vor drei Jahren hat Walter Salas-Humara eine neue Band um sich geschart und diese zehn neuen Songs aufgenommen. Um es vorweg zu nehmen, das ist zeitloser Roots-Rock der Spitzenklasse mit starkem Desert-Feel. Es fällt schwer sich zu erinnern, wann Salas-Humara mit durchweg so starken Songs das letzte Mal aufgewartet hat und vermutlich noch nie hat eine Silos Platte so gut, so voll produziert geklungen. Gut nicht im Sinne von „glatt“, sondern schlicht passend, tight, jedem Instrument genug Raum gebend. Dazu kommt mit Jason Victor von Steve Wynn’s Miracle 3 ein echtes Gitarren-As in die Band, was den Gesamtsound so viel abwechslungsreicher, spannender und auch treibender macht. Rod Hohl, bereits auf „Come On…“ als Gast dabei, ersetzt Drew Glackin an Bass, Dobro, Mandoline und Lap Steel großartig, ex-Tandy Keyboarder Bruce Martin fügt sich nahtlos ein und so entsteht ein rockiger Sound wie aus einem Guß. Ein Album, dass die Silos in eine Liga, zumindest musikalisch, spült, in der man sonst nur Acts wie Wilco oder Ryan Adams erwartet. Was für ein fulminantes Comeback!
(Glitterhouse)
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Brent Cash: "How Strange It Seems" (Marina, Mai 2011) |
[The Free Design ]
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Bacharach-Perlen, Sunshine-Pop und Brill-Building-Sounds vom Mann aus Georgia.
Welcome back, Mr Cash! 2008 veröffentlichte der Mann aus Athens, Georgia, sein allenorten gefeiertes Debütalbum mit dem hintersinnigen Titel "How Will I Know If I m Awake". Der Multiinstrumentalist gönnte sich eine dreijährige Pause, um 2011 mit einem noch kunstvolleren Album aufzuwarten. "How Strange It Seems" überzeugt mit feinsinnigen Arrangements, vielschichtigen Gesangsharmonien, extravaganten Tonartwechseln und vertrackten Rhythmen. Cash wollte schon immer Songs "so wie früher aufnehmen". Es wurden weder Mühen noch Kosten gescheut, um die besten Musiker der Stadt anzuheuern und zu einem Orchester von immerhin 30 Musikern zusammenzuführen. Mit Erfolg: Das Ergebnis klingt wie ein vergessenes Popmeisterstück der 60er- und 70er-Jahre, als hätte Burt Bacharach noch einmal in die
Archivkiste gegriffen, um ein paar unveröffentlichte Perlen rauszugreifen. Schönster Westcoast-Sound, brillante Brill-Building-Tunes und sonnigster Sunshine-Pop à la The Free Design oder The Swingle Singers. Und der Hidden Track überrascht gar mit einem funky Disco-Boogie-Hook!
It's probably not a surprise that the swooping and slow orchestral arrangement that kicks off How Strange It Seems could be from some prime Jimmy Webb or Bacharach/David-written piece from the 1960s -- or that Brent Cash's title for that first piece is "I Wish I Were a Song," which he sweetly and gently sings. Like his debut solo effort, How Strange is definitely an indulgence in a kind of pop that doesn't exist anymore, not just from one specific era but blended together into its own metastyle that's unable to escape the past and intentionally not wanting to do. The huge statement-of-purpose splashiness of the first song (which is also reprised as the last) almost overwhelms everything else, making it "just" easygoing indie pop with an understandably elegant edge, but it still works nicely enough, from the harpsichord breaks and Phil Spector drum beats on "It's Easier Without Her" to the piano-led "Don't Turn Your Back on the Stars." Cash's voice doesn't quite soar as much as it does on the album's signature, favoring instead the kind of tender whisper that suggests something rather than driving it home, though the contrast between that and the massed male choral vocals toward the end of "I Just Can't Look Away" become a moment of remarkable melodrama. The slightly more "rock" songs (as such) like the title track use electric guitar only as shading or framing for the main melody and performance, to enjoyable effect. There's also something perfect about the song title "Where Do All the Raindrops Go," a sentiment that works a variety of ways. The short instrumental of lush ocean-liner-lounge funk of "I Can't Love You Anymore Than I Do" is another fun nugget -- Chuck Mangione would appreciate both the trumpet and the wah-wah.
(by Ned Raggett, All Music Guide)
Geheimtipp Brent Cash
Ein luxuriöses Hobby namens Sunshine-Pop
Er hat keine mächtige Plattenfirma und kein Heer von Facebook-Freunden, er beschallt keine hippe TV-Serie und twittert nichts Aufregendes - also nehmen die Medien den soften Retro-Pop von Brent Cash kaum wahr. Welch' himmelschreiende Ungerechtigkeit!
In dem Hollywood-Film "High Fidelity" gibt es diese herrliche Szene, in der ein Plattenverkäufer ein Album der eher obskuren Beta-Band in seinem Laden auflegt und tatsächlich, wie von ihm prognostiziert, im Handumdrehen einen Schwung Beta-Band-Platten verkauft.
Jedes Jahr erscheinen viele tolle Platten, die kaum bemerkt werden, weil niemand das Publikum auf sie aufmerksam macht. Ein aktuelles Beispiel ist ein Amerikaner mit dem klangvollen Namen Brent Cash. Dessen neues Album "How Strange It Seems" ist seit vergangener Woche zu haben, und die Wahrscheinlichkeit, dass es überhört wird, ist bestürzend groß.
Das wäre ein Jammer, denn "How Strange It Seems" zählt zu den beglückendsten Alben dieses Frühsommers. Gut, es ist keine Platte, die die Welt aus den Angeln hebt, aber immerhin außergewöhnliche Musik, die über die Distanz von elf Songs hinweg elegant und verspielt ihre Hörer bezirzt. So entrückt wie die Mädchen, die auf der Plattenhülle mit ausgebreiteten Armen am Strand tanzen, klingen die Songs von Brent Cash: Schwelgerisch und virtuos inszeniert er Tagtraum-Retro-Pop, zusammengesetzt aus geschmeidigen Streichern, Bläsern, Vibraphonen, Harfen und der samtenen Stimme des Künstlers.
Dass das umwerfend klingt, ist der Erbschaft einer Tante zu verdanken, die möglich machte, dass nichts am Computer generiert, sondern alles tatsächlich eingespielt worden ist. Ein Reiz dieser Musik liegt auch darin, dass sie aus der Zeit gefallen scheint, wie ein verschollenes und wiederentdecktes Meisterwerk der frühen siebziger Jahre. Das erinnert mal an alte TV-Serien-Melodien und überrascht mal mit einem Hauch von Disco. Aber vor allem ist es eine Sammlung erstklassig geschriebener Songs.
Atemberaubend unmodern
Damit reiht sich Brent Cash ein in ein sonniges amerikanisches Genre, das Spezialisten Sunshine-Pop nennen und zu dessen Helden The Carpenters, Burt Bacharach, Paul Williams, Roger Nicols, Todd Rundgren, Swingle Singers, Harry Nilsson und Brian Wilson zählen. Alles Spezialisten für sanft melancholische Wohlklänge, alte Meister, die von Kritikern in diesem Jahrtausend gern zu Vergleichen herangezogen werden. Nachwuchskräfte wie Brent Cash hingegen werden von den Medien kaum wahrgenommen.
Das mag daran liegen, dass einer wie Cash von allen hippen Genres der Gegenwart Lichtjahre entfernt ist. Er hat auch kein Heer von Facebook-Freunden, twittert nichts Aufregendes, ist also atemberaubend unmodern. Cash muss obendrein ohne Medienkampagnen auskommen, zu ihm werden keine Journalisten geflogen, es werden keine Plakate geklebt, und in coolen US-TV-Serien wird seine Musik schon gar nicht platziert.
Dass man mit Siebziger-Jahre-Soft-Pop in diesem Jahrtausend dennoch punkten kann, bewies im vergangenen Jahr Rumer mit ihrem exzellenten Debüt-Album. Doch hinter der Britin steht der mächtige Warner-Konzern. Um Brent Cash kümmern sich dagegen nur zwei Idealisten aus Hamburg-Eimsbüttel, die dort das kleine Label Marina Records betreiben. Statt viel Geld haben sie nur Leidenschaft zu bieten. Damit haben sie sich weltweit einen so exzellenten Ruf erarbeitet, dass Brent Cash vor einigen Jahren eine Demo-CD aus Athens, Georgia, nach Hamburg schickte.
Via E-Mail lässt er nun wissen, dass ihm kommerzieller Erfolg nicht besonders wichtig sei. Er habe einen richtigen Job, und die Musik sei sein luxuriöses Hobby. "Sie macht mich glücklich." Daran sollten mehr Menschen teilhaben.
(Christoph Dallach, 03.06.2011, www.spiegel.de)
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John Martyn: "Heaven And Earth" (Liason, Mai 2011) |
Das letzte Album eines meiner Helden, an dem er bis zu seinem Tod
vor etwa zwei Jahren gearbeitet hat, fertiggestellt von den Produzenten
Garry Pollitt und Jim Tullio - und auch das erste, dass
ich mir seit vielen Jahren zeitnah zur Veröffentlichung angeschafft
habe! Die Glanztaten liegen schon sehr lange zurück ("Bless
The Weather" von 1971, "Solid
Air" von 1973 und "One
World" von 1977), bei den Veröffentlichungen in den
80er- und 90er und 00er Jahren hatte ich dann im Laufe der Jahre den
Anschluss verpasst bzw. den überblick verloren. Warum habe ich
jetzt doch wieder zugegriffen? Es ist eben sein letztes Album und
wurde zur Abwechselung auch mal wieder durch die journalistische öffentlichkeit
wahrgenommen, sodass ich auch Bescheid wusste von seiner Existenz.
Was soll ich jetzt sagen zur Musik? Natürlich nicht so gut wie
in den 70ern. Zum Glück zwar keine üblen Drummcomputer und
Keyboards wie in den 80ern, leider aber auch keine schönen Akustikgitarren
wie in den seligen 70ern. Gesanglich machmal in der Nähe einer
Kröte (wenn man's nicht mag) oder Dr. John
(wenn man's doch mag, so wie ich). Also wohl kein Meisterwerk
(wie vereinzelt schon wieder behauptet wird), aber doch seine beste
Platte seit langem. Und ein schöner Abschied.
(05.11.2011)
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The late John Martyn was a legend in British music circles, a phenomenal guitarist and arranger whose influence has been acknowledged by everyone from Bob Marley and Eric Clapton to Brian Eno and the Edge, and whose approach to soundcraft helped lay the foundation for an entire generation of trip-hop artists and DJs. Heaven and Earth is sort of of a tribute album; it consists of unfinished tracks that Martyn was working on at the time of his death in 2009, some of them bluesy, some reggae-inflected or jazzy, but all of them imbued with a powerful sense of space and an expansive approach to melody. "Heel of the Hunt" is among the most spacious and powerful tracks on this album, while "Stand Amazed" hints strongly at reggae while guitars, clavinets, and soulful backing vocalists respond with more of an R&B vibe. "Bad Company" is a bluesy rocker; "Gambler" is a slow-rocking blues. Amazing as the music consistently is, however, it can't overcome this album's primary liability, which is Martyn's atrocious singing. Only rarely does Martyn seem actually to be hitting any notes; instead he growls and grunts and declaims his lyrics in a deep, gruff voice that makes him sound very often like a drunken bear. "Could've Told You Before I Met You" matches voice to groove most effectively, but on just about every other song Martyn's singing is like a wet and scratchy wool blanket laid over a table set with delicious food on glittering china. None of this makes him any less of a musical genius; it's just that sometimes geniuses should let other people do the singing.
(by Rick Anderson, All Music Guide)
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Efrim Manuel Menuck Plays: "High Gospel" (Constellation, Mai 2011) |
Das für mich unerwartete Solodebüt des wunderbar exzentrischen
kanadischen Gitarristen und "Sängers" von Thee
Silver Mt. Zion und von Godspeed
You! Black Emperor knüpft nahtlos an deren Großtaten
an. Irgendwo zwischen Krach, Kunst und Schönheit. Und wie immer
bei Constellation ist die Vinylausgabe (mir beiliegender CD!)
ein optischer und haptiler (heißt das so?) Hochgenuss. Jetzt
fehlt nur noch ein neues Album der wieder aktiven Godspeeds!
(05.07.2011)
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The Sea And Cake: "The Moonlight Butterfly" (Thrill Jockey, Mai 2011) |
Auch diese Band gehört bei mir zum "Club der Zuverlässigen",
von denen man sich ungehört jeden neuen Tonträger kaufen
kann, genauso wie von Damon & Naomi.
Das hat natürlich nichts mit Langeweile, sondern mit konstant
hoher Qualität zu tun. Dieses mal gibt es nur 6 Lieder zu hören,
alle irgendwo zwischen Gitarrenrock, Bossa Nova und Kraftwerk angesiedelt.
Sahnehäubchen ist aber wie immer die einzigartige Stimme von
Sänger & Gitarrist Sam Prekop.
(05.07.2011)
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Nur 6 Tracks (einer ist 10 Min. lang, insgesamt 33). Prekop, McEntire & Co überraschen mit einem gänzlich elektronischen Track, repetitiv-hypnotisch mit 70s-Kraut-Elektro-Einfluß (z.B. Tangerine Dream), ein anderer erinnert, mit schnellem stoischem Rhythmus, etwas an Can/Neu!, darüberhinaus erfreuen diverse wunderbare Synth-Klangfarben. Sonst überwiegt aber der gewohnte leichtfüßige bis federnde lichte freundliche helle gitarrenbetonte Post Rock-/indie Pop-Sound, auch mal etwas folkig, meist flott, in dennoch relaxten ziemlich oder ausgesprochen friedlichen Stimmungen, melodiös und einfach schön. Der tolle lange Song besticht durch herrliche Gitarren (sehr langer Instru-Teil), ist z.T. fast ein wenig verträumt – gibt es sowas wie „Ambient-Kraut-Pop mit schnellem Rhythmus“?!
(Glitterhouse)
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The Blue Aeroplanes: "Anti-Gravity" (ArtStar and Albino Recordings, Juni 2011) |
Völlig überraschend habe ich vor kurzem dieses neue Album
meiner alten Helden entdeckt ...
(31.12.2016) |
Fink: "Perfect Darkness" (Ninja Tunes, Juni 2011) |
Der britische Ex-Technofrickler Fin Greenall mit seinem nächsten
perfekten Folk/Singer/Songwriter-Album.
(05.07.2011)
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Steht Ninjatune drauf, ist aber was ganz anderes drin. Keine elektronischen Spielereien oder fette Beats, sondern ein klassischer Singer-Songwriter britischer Provenienz. Der zirka alle zwei Jahre ein wunderbares Album abliefert. Im Prinzip gilt für jede Platte das gleiche: der ehemalige DJ und Elektroniker ist der Nick Drake oder Tim Hardin der Neuzeit. Sein virtuoses Spiel auf der Nylonstring Akustikgitarre steht im Vordergrund, dazu hat er eine eindringliche Stimme mit unglaublicher Sogkraft, irgendwo zwischen Hardin und Mark Lanegan. Er erzeugt hypnotische Stimmungen, wie nur Nick Drake es konnte, aber er ist alles andere als ein traditioneller Folkie, der versucht, Dinge unverändert zu lassen. Er klingt eben so, wie Drake und Hardin heute klingen würden, würden sie noch leben und wären sie noch voller Schaffenskraft jenseits des Mainstreams.
Seine erstklassigen und intensiven Songs (u.a. ist er für Amy Winehouse und John Legend tätig) instrumentiert und arrangiert er mit sicherem Gefühl, dazu ist er bei der melancholischen Ballade genauso zuhaue wie bei den schnellen, ziemlich nach vorne gehenden Stücken. Von mir aus kann er immer so weiter machen, in meinem Plattenregal wird es keine Fink-Lücke geben. Never!
(rh, Glitterhouse)
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Jolie Holland + The Grand Chandeliers: "Pint Of Blood" (Anti, Juni 2011) |
Diese Sängerin und Songschreiberin kannte ich bisher nur durch
ihr Mitwirken bei den Be Good Tanyas
und diversen Gastauftritten. Ein paar Hör- und Sehproben bei
JuchhuTube und die Tatsache , dass die Vinylausgabe
MIT BONUS-CD nicht mehr kostet als die pure CD, hat
mich schnell zum Kauf überredet.
Der erste Höreindruck: Jolie Holland liegt stimmlich, wenn man/frau
denn überhaupt vergleichen will, zwischen Cat
Power und Lucinda Williams, aber ohne in
irgendeiner Weise wie eine Kopie zu wirken. Zusammen mit Klasse-Songs
und guter Schrammel-Folkrock-Instrumentierung macht das "Pint
Of Blood" wohl aus dem Stand zu einem meiner Kandidaten für
das Album des Jahres!
(07.08.2011)
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Anti- Records is thrilled to announce the release of Jolie Holland’s new album Pint Of Blood. Set for a June 28th release, on this record the critically acclaimed songwriter and multi-instrumentalist draws on her wide range of influences to create an inspired, distinctive and beautifully cohesive ten-song collection.
Recording mostly live in her home studio with co-producer Shahzad Ismaily, Jolie relied on the spontaneity & energy of the sessions to create Pint Of Blood, an album that impresses with its originality and honesty, its inspired storytelling and impassioned performances.
With Pint Of Blood, Jolie has found a new focus to her sound - a looseness that always stays sharp, never loses the root of her work and ultimately reveals new layers in Jolie’s inimitable style.
New songs such as “All Those Girls,” the outright violence of “Remember” and the sweeping “Gold and Yellow,” masterfully capture a candidness that results in a confident artistic statement - Jolie’s most musically focused and emotionally direct collection to date.
(anti. com)
Die New Yorkerin verfährt mit dem Americana-Erbe somit wie Neil Young und Lucinda Williams (ihr Gesangstimbre erinnert auch an Letztere). Am besten klappt dies im Psychedelic-Folktitel ,,All Those Girls", im wunderbaren Pseudo-Blues ,,Tender Mirror" und dem Cover von Townes Van Zandts todessehnsüchtigem Song ,,Rex's Blues"."
(Stereo, August 2011)
"All Those Girls" gibt mit seinem schlurfenden Beat und dem bei Neil Young geborgten Duktus den Ton für "Pint Of Blood" vor, und eine betörende Version von Townes Van Zandts "Rex's Blues" setzt den dramatischen Schlusspunkt. Blues, Folk, Country und Rock finden in empfindlich-unruhigen Songs wie "Tender Mirror", bei dem eine Schrammelgitarre auf ein trauriges Klavier trifft, oder dem wunderbar zögerlich inszenierten "June" zusammen."
(Rolling Stone, Juli 2011)
Schlurfender Streifzug durch ambivalente Stimmungen - absolut faszinierend!"
(Stereoplay, August 2011)
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"Marissa Nadler" (Box Of Cedar, Juni 2011) |
Die Platte ist natürlich schon ein halbes Jahr alt, wurde von
mir aber gerade erst "entdeckt". ähnlich wie Alela
Diane hat Marissa ihre im Kern wunderschöne "Feenmusik"
für meinen Geschmack etwas zu sehr modernisiert: Die Stimme ist
zwar wie immer wunderbar, die Lieder sind auch gut, aber der Klang
der Keyboards bei manchen davon gefällt mir leider gar nicht.
Ich bin wirklich kein Feind der Moderne, aber Marissas Liedern stehen
die alten Folkinstrumente doch deutlich besser. Und wenn schon Tasten,
dann bei solcher Musik doch lieber ein akustisches Harmonium oder
eine E-Piano. Oder wenigstens ein Keyboard mit gutem Orgelsound. Ich
bin ja schließlich kein Purist und es muss ja nicht so karg
sein wie bei Mirel Wagner.
Doch trotz allem Gemeckere gilt: eine schöne Platte.
(25.12.2011)
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In herbstlichen Ton-Farben gehaltenes, watteweiches Wolken-Wunder-Werk der fragilen Folk-Fee aus Boston, die mit ihrem verletzlich-zerbrechlichen Zauber schon den Glitterhouse-Garten in feingewobene akustische Netze hüllte. Zwei Jahre liess sich die unglaublich ätherisch wirkende Singer-Songwriterin Zeit für ein Album, das für Marissa-Maßstäbe richtig reichhaltig arrangiert daherkommt und versah die 11-Song-Kollektion passenderweise schlicht mit ihrem Namen, spiegeln die verwunschen-verträumt-verzaubernden Weisen doch das ganze, erdfern-losgelöste Wesen dieser filigranen Folk-Faszination wider. Mal allein zu sanft aufgelösten Akustik-Gitarren-Akkorden, mal im weich-vollen Bett aus köstlich dargereichtem Roots-Instrumentarium bis hin zur singenden Steel Guitar, umgarnt die nahezu körperlos schwebende Stimme, häufig in mehrstimmigen Harmonien den traumwandelnden Lauscher, und verbindet dabei das reiche Erbe einer Joan Baez mit schwebenden Americana-Klängen und einer ganz eigenen, von allem Irdischen losgelösten Qualität, die den Nadler-Liedern etwas ungreifbar Besonderes verleihen. Ein wahrer Traum, nicht von dieser Welt.
(cpa, Glitterhouse)
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Vetiver: "The Errant Charm" (Sub Pop, Juni 2011) |
Ist SOFT ROCK immer das, was man/frau braucht? Eher nicht. Darf man
heutzutage ungestraft kuscheligen SOFT ROCK spielen, vor allem, wenn
man bisher als Freak-Folk-Geheimtipp galt? Wenn es so gut kling, wie
bei Andy Cabic und seiner Band - Unbedingt! Witzigerweise kommen
bei mir neben den üblichen 70er-Jahre-Bands (Fleetwood
Mac, ...) zuerst Yo La Tengo
in den Sinn, wenn diese gerade ihre sanfte Seite gezeigt haben. Das
Allerwichtigste ist aber die wunderbare Simme von Andy Cabic.
Zu den Songs mit prognostizierter Langzeitwirkung sage ich vielleicht
später mal was Schlaues ...
(15.07.2011)
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Mitte Juni 2011 erscheint mit The Errant Charm" das neue Album von Vetiver über Bella Union / Cooperative Music.
Zwei Jahre nach Tight Knit kehrt der amerikanische Folkmusiker Andy Cabic mit einem neuen Album und neuer Besetzung zurück. Es scheint, als sei “The Errant Charm” der perfekte Soundtrack für einen romantischen Abend; ein melancholisches sich-treiben-lassen. Cabis selbst fügt hinzu, dass einige der Songs rockiger und herausfordernder als gewöhnlich klingen, es dennoch immer noch genug Spielraum für ruhigere, fast schon ambient anmutende Titel lässt.
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Alexi Murdoch: "Towards The Sun" (City Slang, CD: April 2011, LP: Juli 2011) |
Drei Monate musste ich auf die Vinylversion mit MP3-Download-Code
vom Album #2 des schottischen, in Kalifornien lebenden Singer/Songwrters
warten, nachdem die CD anscheinend schon im April zu bekommen war-
aber es hat sich gelohnt. Ich will mich auch gar nicht lange mit den
Nick Drake-Vergleichen aufhalten, obwohl das eine angenehmere
Assoziation als zu - sagen wir mal - James Blunt wäre, sondern
die angenehme ruhige Stimmung des Albums hervorheben: sieben länger
Titel mit knapp über 40 Minuten, bei denen Murdochs Stimme und
Gitarre von gelegentlichen und dezenten eigenen Keyboard- und Perkussioneinlagen
und geschmackvollen Bläsern unterstützt wird. Mag ich sehr,
so etwas!
(31.07.2011)
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Ende März veröffentlicht Alexi Murdoch sein zweites Album Towards The Sun. Den Grossteil der Songs nahm Alexi Murdoch 2009 während einer Nordamerika Tour in einer einzigen Nacht in Vancouver auf. Fuer die Instrumentierung und Ausgestaltung der Stücke holte er sich ein paar Monate später in New York das Who-is-who der Brooklyner Musikszene dazu, u.a. Jon Natchez (Beirut), Kelly Pratt (Beirut) und Kyle Resnick (The National). Alexi Murdoch ist halb Grieche, halb Schotte und einer der begnadetsten Singer/Songwriter der uns in den letzten 20 Jahren Labelgeschichte untergekommen ist. Seine Stimme hat Raumklang und Tiefe. Seine Musik ist intim und dennoch fordernd. Wer ihn bei unserem Geburtstagsfestival gesehen hat, weiss schon, dass seine Live-Auftritte so gar nicht konventionell sind. Da belegt er allein 4 qm auf der Bühne mit technischem Allerlei (Loop Maschine, Harmonium, Geige, usw.), das ihn meilenweit über die vielen anderen bärtigen Barden mit Gitarre herausragen lässt.
Regisseur und Oscar-Preisträger Sam Mendes verpflichtete den Songwriter für den Soundtrack seines Roadmovies Away We Go (2009). Neben Künstlern wie The Velvet Undground, Bob Dylan, George Harrison und The Stranglers steuerte Alexi ganze neun Songs bei, darunter auch den Titeltrack seines neuen Albums Towards The Sun.
In der Tat: Gen Sonne; wenn vielleicht auch eher der Sonne im Herzen. Das Re-Release von Singer/Songwriter Alexi Murdochs "Towards The Sun". Dieser Platte kann man mit ihren nicht ganz 40 wonnigen Spielzeitminuten wohl keinen Vorwurf der Überlänge machen, eher das Gegenteil: Man hätte sich ein längeres Vergnügen erhofft. Dies vor allem, weil sich unter den sieben Tracks gleich zwei alte Bekannte vom Score des wundervollen 2009er Indie-Films "Away We Go" (dt. "Auf Nach Nirgendwo") von Sam Mendes finden. Der in London als Sohn einer schottischen Mutter und eines griechischen Vaters geborene Murdoch, zeigt auf "Towards The Sun" unaufdringliche Eigenwilligkeit. Seine Singer/Songwriter-Stücke erinnern stimmlich und mit schwereloser Gitarrenakustik nicht selten an Nick Drake; ein ähnliches Gefühl von Frühlingsmelancholie stellt sich beim Hören ein. Nach seiner EP "Four Songs" von 2002 werden Produzenten diverser Serien auf den mittlerweile zwecks Philosophiestudium in die USA gezogenen Murdoch aufmerksam und seitdem tauchen seine Stücke mit einiger Regelmäßigkeit als Untermalung für diverse visuelle Projekte auf. Er überzeugt zumeist durch zarte Klänge, wenn er auch kein Fremder der etwas rockigeren Gangart ist. Nicht jedoch auf "Towards The Sun", das durchgehend ein klassisch-folkigeres Album ist. Titeltrack ist gleichfalls Opener und setzt sogleich auch den atmosphärischen Grundstein für das gesamte Werk; die für einen Singer/Songwriter beinahe etwas abgeschmackte Aussage, das Grundgerüst sei "in einer Nacht unter freiem Himmel" geschrieben worden, kauft man dem Künstler in diesem Fall tatsächlich ab. Leicht schläfrig schleichen sich die sieben Tracks an den Hörer heran, ohne ihn jedoch dabei einzulullen oder gar anzuöden. "Some Day Soon" ist wohl der lebhafteste Track der Platte und obendrein Freunden Nick Drake-scher Klänge sehr ans Herz zu legen. Als nachhalliges Outro des letzten Tracks "Crinan Wood", wären allerdings wohl nicht unbedingt zweieinhalb Minuten nötig gewesen. "Towards The Sun" singt, obgleich es doch selber irgendwie Erwartungshaltung impliziert, wunderbar wärmere Jahreszeiten und fast gänzlich klischeefreie Lagerfeuerromantik herbei; selbst wenn draußen noch niedrigere Temperaturen herrschen, so wird einem beim Hören zumindest ein wenig warm ums Herz.
(www.moter.de)
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"Bon Iver" (4AD, Juli 2011) |
Nach dem überraschenden Erfolg seines Debütalbums von 2008,
das Justin Vernon noch mehr oder weniger alleine aufgenommen
hatte, jetzt der Nachfolger mit größerem Budget. Für
die Klasse des Künstlers spricht, dass auch dieses titellose
Album gelungen ist!
(01.09.2011)
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„Oha, das Selbstbetitelte steht nun also für Justin Vernon alias Bon Iver an. Immerhin liegen zwischen dieser und der letzten Veröffentlichung drei Jahre. Ein Umstand, der das "Epische des (Nicht-)Titels nur noch mehr unterstützt. Der Beirut-Faktor (Bläser, entrückter Welt-Indie) – eine der ersten Augenfälligkeiten – wurde extrem hochgespült. Nicht mehr das Singuläre des Autoren steht im Vordergrund, sondern dessen aufwendige Inszenierung mit einem ausgeklügelten wie facettenreichen Indie-Orchester. Das meint dabei aber nicht, dass sich hier nun jede Songnische fünffach aufgefüllt findet, Leerstellen, Lücken und Atemholen dürfen weiter sinnstiftend eingreifen. Lediglich wirken die Pausen, ja, wirkt selbst das Nichts sorgsam ausformuliert.
Daraus ergibt sich ein überaus ästhetisches Werk, das in seiner ätherischen Art sogar an dem Frühwerk von Sigur Rós kratzt. Allerdings scheint im Zuge von Vernons Bewusstwerdung auch alles Zufällige, Unfertige verschwunden zu sein. Perfektion lässt hier das ehemals Unperfekte manchmal ein wenig unzugänglich und spröde erscheinen. Großer Indie-Folk fordert eben seine Opfer.“
(Intro)
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Portugal. The Man: "In The Mountain In The Cloud" (Atlantic, Juli 2011) |
Das sechste Album in sechs Jahren - das ist wohl eine stramme Leistung.
Als Anerkennung sind die Buschen jetzt sogar bei einer großen
Plattenfirma gelandet - gottseidank hört man das der Platte nicht
an.
Weil mir das "elektronische" Album "American
Ghetto" vom vergangenen Jahr weder musikalisch
("elektronisch" war vor allem das Schlagzeug!) noch optisch
(keine sonderlich originalle Verpackung!) besonders gefallen hatte,
wollte ich diesesmal zuerst auch nicht zugreifen. Weil man bei Atlantic,
wie bei fast allen "großen Plattenfirmen", nichts
von Gratis-Mp3s zur sowieso viel zu teuren Vinylausgaben hält,
habe ich mir erstmals also eine Portugal-CD angeschafft: und die ist
auch endlich wieder gut gelungen. Optisch mit verrücktem Klappcover
(klapptechnisch zwar nicht ganz so verwegen wie bei Guru
Guru) und musikalisch endlich wieder mit "richtigem Schlagzeug".
(07.08.2011)
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In The Mountain In The Cloud ist Portugal. The Man s sechstes Studioalbum in ebenso viele Jahren und zugleich ihr Debüt für Atlantic Records. Den Schwung ihres unerwarteten Aufstiegs in 2006 und ihres FM Radio-Erfolgs „People Say“ (vom 2009er Album „The Satanic Satanist“) führen sie in In The Mountain In The Cloud weiter und setzen damit ihr „ein Album pro Jahr“-Muster fort. Ein Kunststück, das umso überwältigender ist, wenn man die leidenschaftliche Hingabe der Band zur offenen Straße bedenkt, die sie seit ihrer Gründung über 800 Shows absolvieren ließ – und zwar an jedem erdenklichen Ort, von Lastenaufzügen bis hin zum faszinierenden Set beim Bonnaroo Music Festival. In The Mountain In The Cloud ist das erste Album der Band, das sich ihre gewaltige Live-Energie zielsicher zunutze macht, ein Album, das die ethische, außergewöhnliche Vision von Portugal. The Man vollkommen offenbart.
Während sich das Line-up von Portugal. The Man (John Gourley, Zachary Scott Carothers, Jason Sechrist und Ryan Neighbors) weiterhin strikt dem Rock’n Roll-Schema „aufnehmen – touren – wiederholen, falls erforderlich“ widmet, wandert ihre Musik nach wie vor ohne festen Wohnsitz am Rande jedweder Genregrenzen umher. Mit ihren freien Wurzeln offenbart die Band eine akustische Anpassungsfähigkeit, die sich von allem unterscheidet, was ihre Kollegen zu bieten haben, und ihre Musik einem steten Inkubationsprozess unterwirft: Songs werden geboren und entwickeln sich organisch im Laufe des scheinbar endlosen Tour-Zyklus und der kleinen Splitter an Auszeiten, die sie sich beizeiten gönnen.
Beim dynamischen „Got It All (This Can’t Be Living Now)” oder dem ausufernden „Sleep Forever“, dem anspruchsvollen Endpunkt von In The Mountain In The Cloud , ist das allerdings kein Thema. Das vielschichtige „Sleep Forever“ baut sich sanft um den zärtlichen Refrain von Gourley auf, während er ein morbides Bekenntnis abgibt („As I finally meet my end I won’t be scared, I won’t defend the things I’ve done”), bevor es sich schließlich in fieberhafte Höhen steigert und sich in einer wirbelnden Masse von Background-Gesang ergießt. Das großzügige „You Carried Us (All You See)” und das lebhafte „Senseless“ knüpfen nahtlos an jenes Fundament an, das die Band mit ihren vorangegangenen Werken gelegt hat, während die funkelnde Strahlung des schleichenden „Head Is A Flame (Cool With It)“ oder die gedämpften politischen Andeutungen des Openers „So American“ (in dem Gourley erklärt: „There’s a madness in us all“) einen flüchtigen Blick auf eine Band gewähren, die sich auf natürliche Weise in Echtzeit weiterentwickelt.
In The Mountain In The Cloud wurde 2010 in einem mühseligen nomadischen Prozess in El Paso, New York, San Diego, Los Angeles und zu guter Letzt in Seattle aufgenommen. Am Ruder saß Produzent John Hill (Santigold), unterstützt von Gourley und dem langjährigen Mitarbeiter der Band Casey Bates. „Es war ein wirklich intensiver Aufnahmeprozess“, berichtet Gourley, da sich Hills Erfahrung und sein ungewöhnlicher Ansatzpunkt mit der Albumvision der Band verzahnte. „Ich liebe dieses Santigold-Album. John hat uns als Band wirklich weitergeholfen, er hat uns zu dem angetrieben, was wir erreichen wollten.“ Als das geschehen war, gelangte das Album in die liebevollen Hände von Andy Wallace (Nirvana, Jeff Buckley), der das Mixing übernahm.
On their sixth album, the increasingly prolific neo-psych outfit Portugal. The Man look to the past for inspiration on In the Mountain in the Cloud. The album represents a breakthrough for the band on a couple of levels, the most obvious of which is their signing to major-label Atlantic, which comes as a big step up after years of quietly working their way through the indie circuit. The other is the less tangible artistic breakthrough. With such a rigorous release schedule, Portugal. The Man has been a band that listeners have been able to watch hone their craft step by step, slowly tinkering and adjusting things and growing into a band that’s not only hit their stride, but is in full swagger as they separate themselves from the pack of post-Flaming Lips/Mercury Rev psychedelic rock bands with a sound that digs deeper into the musical past to the glam sounds of David Bowie and T. Rex. This wispy, dreamier sound provides the songs with a greater sense of drama, allowing the songs like “Got It All (This Can't Be Living Now)” and “Everything You See (Kids Count Hallelujahs)” to lazily drift along while still giving the feeling that something important is happening. In the Mountain in the Cloud is also the band's most cohesive album, suffering from none of the unevenness that crept into some of their earlier work. With a more unified sound, the album flows nicely from track to track without ever letting the listener out of its warm embrace, making for a record that showcases a more unified vision of the band that Portugal. The Man has been steadily evolving into over the past six years.
(by Gregory Heaney, All Music Guide)
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Dear Reader: "Idealistic Animals" (City Slang, Aug. 2011) |
"Replace Why With Funny",
das Debüt der südafrikanischen Band, besser gesagt: der
Sängerin/Songschreiberin Cherilyn MacNeil, war eines der
Glanzlichter von 2009. Jetzt sind natürlich die Erwartungen ziemlich
hoch - und werden nicht enttäuscht. Allerdinx werde ich das Album
erst einmal richtig auf mich einwirken lassen, bevor ich etwas Sinnvolles
darüber sagen möchte.
Kauftipp: Vinyl mit Gratis-MP3s.
(10.09.2011)
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Prachtvoll-pralles Pop-Panoptikum, verstörend und versöhnend, mit rauhen Kanten und jeder Menge dunkler Ecken, aber derart vielfältig schillernd und so himmlisch-hymnisch harmonisch dargereicht, dass man die profane Welt um sich herum vergisst. Explodierende Euphorie-Bomben folgen auf tiefgehende verbale Schnittwunden, dem schon bald hörigen Hörer eröffnen sich himmlische Höhen und unsichere Untiefen, die dieses Album umso vieles reicher, vielfältiger, umfassender machen als so viele andere bloße Tonträger. Bereits das Debut des südafrikanischen Duos Cherylin MacNeil und Darryl Torr raubte mir den Atem; inzwischen hat sich viel verändert: Darryl ist in seine Heimat zurückgekehrt, Cherylin, Dear Reader-Kopf, -Herz & -Stimme, in Berlin gestrandet und berstend vor kreativer Energie. Die jüngsten Erfahrungen, die Suche, das Gefühl der Entwurzelung, und - nicht zu vergessen – die Quarter-Life-Crisis, gießt sie in tief treffende Texte, die in einen vor kreativer Energie aus allen Ecken berstenden, wucht-, kunst- und machtvoll mitreissenden Klang-Kosmos ihre düster-schillernde Geburt erleben. Vielstimmige vokale Harmonien dienen der 13-Edel-Pop-Perlen-Kette als durchgängiger tiefroter Faden, auf dem Cherylins zart-schmeichelnde Stimme seiltanzend über den Untiefen des Lebens schwebt. Um sie herum türmen sich eine atemberaubende Fülle an kunst- und gefühlvollen Arrangement-Ideen, twangender Tarnation-Country trifft auf New Orleans-Begräbnis-Gebläse, überbordene Perkussions-Attacken auf zart gezupfte Geigen, fein zerstäubender Feen-Pop auf prall polternd-euphorisierendes Schlagwerk, knarzendes Banjo auf elfenhaft tänzelndes Glockenspiel, elysische Engels-Chöre auf blubbernde Keyboards, vielstimmiger sakraler Gesangs-Segen auf dunkel-verwunschene Wohlklang-Irrgärten. Die Lust an den kreativen Kontrasten füllt und belebt das wunderbare Werk in jedem Moment, und doch wird es geeint durch die mitreissend-melodische Macht dieser liebenswerten Eigen-Artistin, die auch die größten Gegensätze mit harmonischen Brücken zu verbinden weiß. Ein stetig wachsender, vielfältig schillernder Schatz, der bleibend bereichert.
(Glitterhouse)
Als im Februar 2009 das Dear Reader Debütalbum Replace Why With Funny erschien, zog die Faszination der südafrikanischen Band um Cherilyn MacNeil und Darryl Torr weite Kreise und die Band spielte in Folge sehr umjubelte Konzerte in ganz Europa, u.a. vor dem begeistern Publikum des Haldern Festivals. Dann wurde alles anders.
Im letzten Jahr brach Cherilyn MacNeil ihre Zelte in Johannesburg, Südafrika ab und zog nach Berlin. Cherilyn und Darryl beschlossen, fortan getrennte Wege zu gehen und Dear Reader ist jetzt nur noch sie. War es eigentlich schon immer. Nur ist es jetzt offensichtlicher.
Im November letzten Jahres begann sie mit den Aufnahmen zum neuen, zweiten Dear Reader Album Idealistic Animals. Ein Werk, das mit seiner musikalischen Fülle ganz selbstverständlich in die melodramatische Offensive geht. Cheri's ständige Selbstzweifel, die Suche nach ihrem Platz im Leben, ihre Melancholie - all das zieht sich textlich wie ein roter Faden durch die gesamte Platte. Und trotzdem erzeugt die Musik eine solch bezaubernde Leichtigkeit, dass man die ganze Zeit denkt, man hört Popsongs. Aufgenommen wurde Idealistic Animals in Leipzig, abgemischt in Portland, Oregon. Wieder produziert mit Brent Knopf, dem ehemaligen Menomena-Mitglied und Kopf von Ramona Falls. Eingespielt von deutschen, südafrikanischen, nordirischen, schwedischen und amerikanischen Musikern, und einem waschechten Shapenotes Chor aus Oregon.
Der Longplayer erscheint in seiner Erstauflage mit einer exklusiven Bonus-CD, die 5 Albumsongs in ihren Akustikversionen enthält. In den Räumlichkeiten des alten Berliner Rundfunkhauses in der Nalepastraße wurden die Stücke Anfang des Monats wunderschön in Ton und Bild umgesetzt.
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Jonathan Jeremiah: "A Solitary Man" (Island, Aug. 2011) |
Das Debütalbum des Sängers aus London ist mit viel Liebe
für's Detail über einen größeren Zeitraum entstanden.
Besonders gut gefallen mir seine tiefe & volle Stimme, die wunderbaren
Arrangements und Instrumentierungen, meistens mit Band und großem
Orchester eingespielt. Bei den Liedern bin ich nicht immer sicher,
ob sie "richtig gut" oder nur "ganz O.K." sind,
aber der Auftritt neulich in der Kölner Pampas in einem alten
Industriegelände (JWD= "Janz weit draußen") war
ziemlich gut. Hat sich gelohnt, der Abend - trotz "JWD".
Und eigentlich auch die Platte als solche.
(30.11.2011)
Konzerthighlight: Kantine, Köln, 15.10.2011
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Der Londoner Sänger und Gitarrist gehört zu jenen Herzblutmusikern, die eine umfangreiche elterliche Plattensammlung prägte. Dort standen zum Glück Scott Walker, Serge Gainsbourg oder John Martyn herum und nicht die Oberkrainer (wie bei mir). Das alles sog er also mit der Muttermilch auf, und nach dem Stimmbruch schälte sich sein kraftvoll warmer Soulbariton heraus - fertig war der designierte Superstar. Wenn Jeremiah seine Stimme kehlig einsetzt wie im bläsergetriebenen "Heart of Stone", erinnert er an den jungen Tom Jones, doch genretechnisch ist er US-amerikanischem Westcoastpop der 70er und vor allem Terry Callier näher; auch der ein Bariton aus dem faszinierenden und viel zu selten bereisten Reich des Folksoul, dessen Herrschaft Jeremiah mit diesem Album im Handstreich übernimmt. Die dezenten Retrostreicher seines melodietrunkenen Debüts kommen vom jungen Heritage Orchestra; auf Songs wie "Lost" oder "Happiness" klingen sie so zauberisch, als hätten sich Burt Bacharach und Nick Drakes Arrangeur Robert Kirby zusammengetan. Apropos Drake: Jeremiahs "See (It doesn't bother me)" hat sogar dieselbe Tonart und denselben Takt wie Drakes Überstück "Riverman". JJ ist ein Folkie mit der Stimme eines Soulers, ein Songwriter mit der Potenz eines Cat Stevens, ein Zauselmann mit Bart - und ganz großer Zukunft, die soeben begonnen hat.
(mw, kulturnews.de)
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Zwanie Jonson: "I'm A SunshineTime" (Staatsakt, Aug. 2011) |
Auch Christoph Kähler hat unter Pseudonym sein zweites
Album am Start. Auch hier werde ich wahscheinlich später mehr
erzählen, aber zuerst nur ein kleiner Hinweis an die anderen
Kritiker: Zwanies bekannteste Ernährer als Trommler mögen
zwar Fettes Brot und die Fantasierenden Vier sein, was
ich garnicht wusste, aber ich kenne ihn vor allem als Trommler der
wunderbaren Kapelle Veranda Music
und als Begleiter von Nils Koppruch
(bzw. Fink) und Wolf Maahn. Aus dieser Perspektive ist sein
"ausgeruhter Laidback-Softrock" dann vielleicht
auch nicht mehr so ganz so überraschend.
Kauftipp: selbstverständlich die Vinylausgabe mit beiliegender
CD. So ist's recht!
(10.09.2011)
Konzerthighlight: Druckluft, Oberhausen, 19.01.2012
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Herrlich sonniger, ausgeruhter Laidback-Softrock, irgendwo zwischen JJ Cale und 70s-Westcoast – ausgerechnet vom Drummer von Fettes Brot und Fanta 4? Ein Mysterium, aber ein schönes. Über den Tellerrand hinaus schaut bekanntlich auch DJ Koze von Fünf Sterne Deluxe, der Zwanie 2007 für sein eigenes Label signte und dort sein erstes, leider übersehenes Soloalbum veröffentlichte. Jetzt versucht er es wieder: ausgeruht und übersichtlich strukturiert, schleichen sich schlichte Melodien in straffen, schlanken Arrangements ins Ohr, auf Gitarrenbasis mit Drums und dezent pluckernden Keyboards. Und mit englischen Texten, irgendwie völlig zeitlos und fernab von allen Trends und vom HipHop erst recht. Als Sänger ist Zwanie zwar keine wirkliche Entdeckung, sein relaxed genöhlter Soul-Gesang passt aber perfekt zu seiner unaufgeregten, in sich ruhenden Musik.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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Maria Taylor: "Overlook" (Affairs Of The Heart, Aug. 2011) |
Maria Taylor musiziert ansonsten im Duo mit Orenda Fink unter
dem Namen Azure Ray und war mir bisher nur als Mitwirkende
auf Bright Eyes-Alben aufgefallen. Schöner, wenn auch
vielleicht nicht unbedingt essentieller Folk-Pop.
(01.09.2011)
Konzerthighlight: Steinbruch, Duisburg, 13.01.2012
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Die frische Freude über die jüngste Azure Ray-Rückkehr noch im Herzen, erscheint jetzt bereits ein neues Anbetungs-Objekt am gnädigen Horizont. Die Fürstin des Feinklangs sprudelt schier über vor zartgliedrigen Zaubereien, aber auch härtere Töne weiß sie gekonnt in Szene und in den Kontrast zu ihrer ungemein fragilen, schladflied-weichen Stimme zu stellen, so dass ihr mittlerweile vierter Alleingang zum vielfältigsten Werk ihres Solo-Schaffens gerät. Obwohl nur 9 Songs/33 Minuten lang beeindruckt das Album durch eine Vielfarbigkeit in Stil, Klang und Form, eine Fülle, die aber durch eine der traumhaftesten, liebreizendsten Stimmen des weiten Americana-Genres zu verführerischer Einheit verbunden wird. Dabei ist Maria nicht nur für die zarten Seiten zuständig, gerade bei den aufwühlenden, elektrifiziert-ausbrechenden Stücken des Albums ist sie es, die das Schlagwerk kraftvoll vorantreibt, auch als Gitarristin ist sie instrumental prägender Faktor des Werkes, aber es ist und bleibt ihre wahrhaft engelsgleiche Stimme, die den neun bemerkenswerten Taylor-Originalen ihre alleinseligmachende Wirkung verleihen. Und egal, ob im Einklang mit den weichen Weisen oder als genialer Gegensatz zu den hymnisch-heftigen E-Gitarren-Eruptionen, egal ob in filigranem Feen-Folk, weit-ausrollendem Roots-Rock, leichtfüssigen 20er-Jahre-Reminiszenzen, Psyche Folk- und Post-Rock-Seitensprüngen oder in ihrer ganz eigenen liebenswerten Lesart des Girl-Pop – diese Stimme ist ein unvergleichlich bewegendes, tief berührendes Instrument, das sowohl in vielstimmiger Fülle wie in solistischer Eindringlichkeit Steine zum Weinen bringen kann. Eindringlich wie Cat Power in ihren intimsten Weisen, unendlich zart wie die wunderbare Beth Hirsch, aber zum Glück ganz und gar einzigartig.
(Glitterhouse)
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"Thees Uhlmann" (Grand Hotel van Cleef, Aug. 2011) |
Dieser
Tipp kommt vielleich ein wenig spät, aber ich habe mir das Soloalbum
des Sängers von Tomte erst
jetzt angeschafft, wo der "Mini-Hype" schon wieder nachgelassen
hat. Das Cover hatte mir in seiner Schlichtheit schon immer gut gefallen,
aber die Bemerkungen über "US-Rock" hatten mich im
Vorfeld ein wenig abgeschreckt. Jetzt kann ich Entwarnung geben: das
Abum ist so gut und interessant wie jedes Tomte-Album.
OK - vielleicht eine Spur näher am Mainstream - aber was soll's?
(12.02.2012) |
Jonathan Wilson: "Gentle Spirit" (Bella Union, Aug. 2011) |
Noch eine Importplatte, auf die ich erst mit Zeitverzögerung
aufmerksam wurde - und zwar über den Artikel im aktuellen Roadtracks-Magazin!
Jonathan Wilson ist ein Mitt30er, multiinstrumentaler Studiomusiker
in L.A. (Gary Louris, Elvis
Costello, Vetiver, etc),
der hier anscheinend sein spätes Debüt (?) als Sänger
und Songschreiber gibt. Gesanglich eher unspektakulär (keine
Kritik!), aber voll musikalischer Finesse wird hier eine randvolle
CD abgeliefert, die tatsächlich neben seinen Vorbildern (den
California-Folkrockern der späten 60er bis frühen 70er von
Jackson Browne über Gene Clark bis hin zu CSN&Y)
bestehen kann, ohne dabei nostalgisch oder sogar epigonenhaft rüberzukommen.
Ein echtes Juwel!
Zur einzigen Coverversion des Albums, "The Way I Feel" vom
kanadischen Folksänger Gordon Lightfoot, kann nur soviel
sagen: es passt gut auf das Album, ohne aber besonders herauszustechen,
hat aber nicht die Klasse der Version von Fotheringay
mit Sandy Denny und Trevor Lucas als Sängern und
der großartigen Sologitarre von Jerry Donahue. Aber das
wäre auch wohl weder vorstellbar noch machbar.
(04.03.2012)
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Der aus North Carolina, USA, stammende Jonathan Wilson veröffentlicht mit "Gentle Spirit" hierzulande sein Debütalbum. Trotz erstem Album ist er dennoch kein Unbekannter in der Musiklandschaft dieser Welt. Der Mann ist Multiinstrumentalist und stilistisch ganz breit aufgestellt, so arbeitete er bereits mit Größen wie Elvis Costello, Erykah Badu, Jackson Browne oder Countrysänger Gary Louris. Sein ganzes Können entfaltet sich nun in seinem Albumdebüt, ein sanftes, sphärisches Folk-Werk mit Country- und auch Pop-Anleihen, in dem sein Talent als Ausnahme-Gitarrist deutlich zu Tage tritt.
Wie er hier frühe Fleetwood Mac, Neil Young, Quicksilver Messenger Service und Grateful Dead zusammenspinnt, verblüfft.
(Rolling Stone, September 2011)
Hippieskes Songwriting trifft auf Psychedelic- Pop, der schon mal sechs Minuten für einen Song braucht, aber den Wiedererkennungswert einer guten Melodie nicht aus den Augen verliert. Highlight:,,Desert Raven", ein fröhlich-plätscherndes Gitarrenriff mit Wohlfühlgarantie.
(Audio, Oktober 2011)
Keine Frage, das bis zum Rand gefüllte Album trägt seinen Titel Gentle Spirit völlig zurecht."
(Good Times, Dezember 2011 / Januar 2012)
Der unterschätzte Singer / Songwriter nutzt die Gelegenheit zum großen Auftritt.
(musikexpress, Januar 2012)
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Bonnie 'Prince' Billy: "Wolfroy Goes To Town" (Domino/Drag City, Sept. 2011) |
Will Oldham hat im Moment echt einen Lauf! Nach gleich drei
wunderbaren Zehn-Zöllern
in den vergangenen Monaten gibt es jetzt sogar eine wunderbare Zwölf-Zoll-Langspielplatte!
(21.10.2011)
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Eine Katastrophe – ein neues Bonnie Prince Billy-Album und Domino verbummelt die Hörmuster. So werde ich – genau wie Ihr – höchst gespannt auf das erste akustische Zusammentreffen mit dem ersehnten 2011er Werk warten müssen, allein: Es gibt kaum einen Künstler, dem ich so nachhaltig und blind vertraue wie Oldham in seiner Prinzen-Inkarnation. Die 10 Songs nahm er unter Mitwirkung von u.a. Ben Boye, Van Campbell, Shazzad Ismaily, Emmett Kelly, Danny Kiely und Angel Olsen auf, und anstelle einer lobhudelnden Rezension bieten wir Euch einfach die CD einen Monat lang zum Sonderpreis an.
(cpa, Glitterhouse)
Der Lordsiegelbewahrer renitenten Außenseitertums hat ein heimelig-akustisches Werk von aufrichtiger Stille gemacht.
(musikexpress, November 2011)
Da der LautstärkepegeI sehr niedrig ist, muss der Hörer die Ohren spitzen. Aber das genaue Hinhören lohnt sich!
(Stereo, Dezember 2011)
...auf "Wolfroy Goes To Town" nun gibt er seiner Gitarre breiten Platz und seinem Gesang - zwei Instrumenten, denen er früher entschieden nicht vertrauen konnte. Doch hier überzeugt das dichte Gitarrenspiel ebenso wie seine Stimme, der manchmal ein Chor gegenübergestellt ist.
(Rolling Stone, November 2011)
Seine Performances sind fein inszeniert, oft auf Gitarre / Gesang reduziert. Und rührend-komische Songs wie "New Tibet" kann ohnehin keiner besser.
(Audio, Dezember 2011)
Schräg – aber unglaublich gut!" (Good Times, Dezember 2011 / Januar 2012)
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Downpilot: "New Great Lakes" (Tapete, Sept. 2011) |
Eine Zufallsentdeckung! Paul Hiraga ist ein Singer/Songwriter
und Multiinstrumentalist aus dem Nordosten der USA (Seattle?), der
sich hinter diesem "Bandpseudonym" versteckt, so wie es
andere Kollegen auch gerne tun: denkt mal an Will Oldham A.K.A.
Bonnie "Prince" Billy, Bill
Callahan formerly known as Smog, Justin Vernon A.K.A.
Bon Iver, Fin Greenall A.K.A. Fink
oder die charmante Cherilyn MacNeil A.K.A. Dear
Reader).
(05.11.2011)
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Ich habe den Himmel gehört. Und das Schönste ist – ich kann ihn immer wieder aufs Neue hören. Das Ein-Mann-Projekt des auf eine angenehm natürliche Art beeindruckenden Paul Hiraga verzauberte mit bereits auf den Vorgänger-Werken mit einer ebenso zurückgenommen-einfachen wie vor harmonischer Fülle berückenden Americana-Sprache, mit den zehn neuen Songs aber öffnet er das Tor zum Paradies. Fast neun Monate arbeitete der Mann mit der warm-rauchigen Stimme in der Abgeschiedenheit eines Holzhauses auf dem Vashon Island bei Seattle, schwelgte dabei in der vorhandenen Alt-Keyboard-Fülle (das zum Studio umgebaute Gehöft bot scheints alles vom Klavier über Harmonium, Orgel und Mellotron bis hin zum Vibraphon), ohne dabei die intensive Kargheit seiner Song-Edelsteine zuzudecken. Bei aller warmherzigen Tastenspielerei ist die Gitarre, ob folkig-filigran oder handfest verzerrt, zumeist das führende Instrument, wohlgesetzte Gastauftritte von Schlagwerk (Lars Potschgies), Viola (Anne Marie Ruljancich, die auch ihre weiche Stimme zum Gesangsduett darreicht) und Pedal Steel (Marie Björklund) bereichern als bezaubernde Vignetten das gefühlsselige, spürbar erdnahe Americana-Gewand. Aber all das köstliche Klang-Kleid wäre nicht derart berührend, wenn da nicht Hiragas herzwärmende, samtrauhe Stimme und diese Sinn und Sinne erfüllenden Melodien wären, die Gemüt und Geist erst wie ein sanftes Glimmen, dann als anschwellendes Feuer gefangen nehmen, um schließlich als mitreissende Brunst – fast ohne Tempo anziehen zu müssen – Herz und Hirn dauerhaft in Beschlag zu nehmen. Ohne spürbare Mühen variieren die Downpilot-Songs zwischen den Americana-Spielarten, schwelgen im schleppenden Neil Young-Country Rock, erfüllen R.E.M.-werte Balladen mit echtem Herz, setzen Ben Folds-Harmonien in den wehenden Wüstenwind, lassen aber und vor allem selige Sunhouse- und Pinetop Seven-Zeiten neu erstehen und rühren den glücklichen Lauscher zu ehrlichen Tränen. Zehn intim und dennoch schwelgerisch dargereichte Alternative Country-Hymnen an die Harmonie, zart-zerbrechliche Pflanzen voller Leben, die bei jedem neuen Betrachten an intensiver Leuchtkraft gewinnen. (cpa)
(Glitterhouse)
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The Jayhawks: "Mockingbird Time" (Universal/Rounder, Sept. 2011) |
Erster Höreindruck: natürlich nicht so gut wie das '92er-Meisterwerk
"Hollywood Town Hall"
(wo sind die Ohrwürmer?), aber auf jeden Fall ein tolles Comeback.
Und eigentlich bin ich schon deshalb zufrieden, weil Mark
Olson und Gary Louris
wieder zusammen singen.
Leider ist die Vinylausgabe, wie so oft bei der Industrie, schweineteuer,
sodass ich mich ganz profan für die CD entschieden habe!
(10.09.2011)
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Schon die ersten Töne zaubern dem Jayhawks Fan ein leichtes Grinsen ins Gesicht, oje, ist das schön. Und: alles beim Alten. Eine Jayhawks-typische, enfernt Beatlesque Melodie entfaltet sich im puren Americana-Sound, Mark Olson's leicht angeschlagene, aber doch so einnehmende Stimme übernimmt den Leadgesang, Gary Louris zweite Stimme stösst dazu und auch die anderen ergänzen das vokale Prachtbild, dazu Streicher und ein Gitarrensolo zum dahinschmelzen... ganz fein.
"Our goal was to make the best Jayhawks album that's ever been done. This is a record for a true Jayhawks fan who loves Tomorrow The Green Grass. It's not a mirror image, but it has a lot of the same elements." Sagt Gary Louris über das erste Jayhawks Album der letzten Bandbesetzung – das letzte erschien 1995 und war besagtes Green Grass Werk. Neben Olson und Louris hören wir Marc Pearlman am Bass, Karen Grotberg (Keyboards) und Tim O`Reagan (Drums). Diese Band hatte nie zusammen im Studio gearbeitet, O'Reagan stieg nach Green Grass ein, Marc Olson nach 8 Monaten Tour aus.
Olson und Louris begannen zusammen zu schreiben, ein Prozess, der einfach von der Hand ging, denn die alte Magie kehrte zurück. Auch im Studio lief alles wie am Schnürchen. Man hatte nur zwei Wochen, Mark Olson musste sein letztes Soloalbum promoten, und so ließ man die von Gary Louris betreuten Aufnahmen einfach laufen, spielte live im Studio und behielt die besten Takes für die Overdubs. Violine, Steel-Guitar, Hammond – alles hat seinen Platz im Mix.
Und so enstand ein Highlight in der Jayhawks Discographie. Eine perfekte Mischung aus melodiestarken elektrischen Rockern und nachdenklichen Folksongs, mit wundervollen Duett- und Harmoniegesängen, mal einer psychedelischen Rückwärtsgitarre oder einer einsam winselnden Violine, alles im absoluten Jayhawks-Trademark-Wohlfühlsound. Volltreffer!
(Glitterhouse)
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Nick Lowe: "The Old Magic" (Yep Roc, Sept. 2011) |
Es
ist schon erstaunlich, auf welch hohem Niveau das "Alterswerk"
jenes Mannes ist, der als Jungspund in den späten 60ern mit seiner
Kapelle Brinsley Schwarz quasi
den Pubrock erfunden hatte, bei Stiff Mitte der 70er einer
der ersten Punkrock-Produzenten war, mit Dave Edmunds als Rockpile
gerockt hat, eine Zeit lang Schwiegersohn von Johnny Cash war
und ab den 80ern ein erstaunlich umfangreiches Alterswerk hingelegt
hat! Auf "The Old Magic" ist alles stimmig und ich kann
nur wenige Punkte für Kritik finden. Vielleicht den hier: etwas
zuviel 50er Jahre- und zuwenig 70er-Jahr-Feeling. Wahrscheinlich bin
ich aber auch nur ein paar Jährchen zu jung, um das hier richtig
geniessen zu können? Egal. Schöne Platte. Niedliches Cover.
(19.09.2011) |
"Megafaun" (Hometapes, Sept. 2011) |
... und hier noch das aktuelle, vierte und titellose Album dieser
wunderbaren Band aus der Grauzone zwischen Oldtime-Folk und Avangarde!
Genauso gut wie "Gather, Form
& Fly" von 2009 und doch völlig anders bzw. völlig
neu!
(15.04.2011)
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For their third studio album, spacy North Carolina-based, alt-country-folk trio Megafaun dial back the more progressive elements of their sound in favor of a languid, Laurel Canyon-inspired foundation that treads the middle ground between Blitzen Trapper's experimental, neo-Southern rock romancing, and Will Oldham's post-Palace Music infatuation with American Beauty-era Grateful Dead. While the eponymous Megafaun is far less exploratory than its predecessors, that doesn’t mean that the band has forsaken its acid-folk roots. At 15 tracks, some of which clock in at over seven minutes, it’s obvious that brevity is a word best left to grace the studio door mat, but outside of the Phishy, jazz-tinged “Isadora,” there’s little here that isn’t instantly accessible. Richly textured and laden with long, cavernous harmonies, songs like “Real Slow” and “Get Right” feel lived in and highway ready, while simpler, more compact cuts such as “Resurrection” and “State/Meant” wouldn’t have sounded out of place on fellow Carolina crooners the Avett Brothers' elegant I and Love and You.
(by James Christopher Monger, All Music Guide)
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Mekons: "Ancient & Modern 1911-2011" (Bloodshot/Sin, Sept. 2011) |
Seit einer gefühlten Ewigkeit dabei: die Mekons aus Leeds/England.
Als dilletantische Punkband haben sie mal begonnen, sind inzwischen
sowas wie die Rolling Stones des Indierocks (relevanztechnisch
gesehen, leider nicht finanziell!). Definitiv in einer eigenen Liga
und gut wie immer in den letzten Jahrzehnten - hey! der Stones-Vergleich
passt vielleicht doch nicht so ganz!
(05.11.2011)
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Schon 25 Jahre in ziemlich konstanter Besetzung. Heben nichts von ihrer Originalität eingebüßt. Der Albumtitel ist z.T. programmatisch. Wobei ihr Umgang mit Traditionen bekanntlich ein freier ist. Elektrischer Folk (/Roots) Rock auf offene freewheelin´ Art (superb: Calling All Demons), sogar mal fast wie Fairport Convention ohne tradit. Grundierung, sowie harmonische traditionsbewußte poetisch-rauh-echte Stücke mit großem Herzen, Country-Einflüssen, bzw. akust. Folkballaden, akust./elektr. melodischer wundervoller Folk Pop (Arthur´s Angel z.B. ist einfach herrlich! Das ungeheuer charmante I Fall Asleep mit Uralt-Feeling steht dem nicht nach). Plus emphatischer kraftstrotzender Rock eigener Art, auch mal der Gestus (nicht der Klang) des Punk, ein seltsam-erfrischender Country-Folk-Balkan-Rock-Hybrid, und ein ungemein reizvoller ganz reduzierter dunkler spooky-geheimnisvoller Track. Sally Timms und Jon Langford wechseln sich gesanglich ab (oder 2-stimmig), Saiten (ak./elektr.), Geige, z.T. Akkordeon. Empfehlenswert, wie so oft!
(dvd, Glitterhouse)
The Mekons have been a going concern since 1976, a distant and almost unfathomable era by rock & roll standards, and since they've always seemed to be purposefully out of step with the world around them, the notion that these former punk firebrands are imagining themselves as denizens of the early 20th century on their 26th album, Ancient & Modern, seems at once curious and perfectly reasonable. Ancient & Modern finds the Mekons moving back and forth between scrappy, electric rock & roll and acoustic-based performances that reflect sounds of the past, including eerie nostalgic reveries ("Warm Summer Sun"), Tin Pan Alley jazz ("Geeshie"), stately ballads ("I Fall Asleep"), world-weary folk ("Afar & Forlorn"), and lean, wiry blues ("Calling All Demons"), all alongside un-amplified variations of their usual approach. But as the Mekons look back into another age, their obsessions are the same as they've always been -- politics, class, society, rage, fear, resignation, and bemusement with a culture that seems to crumble before their eyes. And if the historical tone of some tracks suits a journey into the past, most of the time their message seems to have barely changed since "Never Been in A Riot." If there's a crucial difference in Ancient & Modern, it's a matter of craft; 2007's Natural found the Mekons stripping their music back to an elemental, acoustic core, and here they follow a similar path but with more ambitious and compelling results, as the slightly shambolic campfire songs give way to carefully constructed acoustic arrangements that are artful and evocative. For a band that's long made a virtue out of inspired amateurism, Ancient & Modern sounds like the group's most musically accomplished album to date in its own purposefully low-key manner. Tom Greenhalgh's always wobbly vocals are in better shape here than ever before, and Suzie Honeyman's fiddle and Rico Bell's accordion possess an elegance here that they've rarely been granted in the past, while Sally Timms and Jon Langford's vocals are, as usual, splendid. The Mekons have made their discontent more aestetically appealing on Ancient & Modern, but if their rage is more graceful, it's no less powerfully felt, and the intelligence and care that went into this album ultimately makes its dour message cut even deeper; it's the Mekons' most accomplished bit of record making in some time.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Wilco: "The Whole Love" (Anti/dBpm, Sept. 2011) |
Wie schön es doch manchmal sein kann, wenn jemand verläßlich
ist! Niemand ist überrascht, dass auch das neue Album der Band
den extrem hohen Standard der Vorgängeralben halten kann. Ok
- beim ersten Hören konnte ich kein neues "Imposible Germany"
finden, aber ich werd mal abwarten ...
Ach ja: das Doppelvinyl inklusive CD gibt es zum erschwinglichen Preis.
(21.10.2011)
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Platte des Monats im Oktober Musikexpress und mit 5 Sternen gewürdigt: „Als Unternehmer in eigener Sache erleben die Alt-Country-Helden aus Chicago einen neuen Kreativitätsschub. Schon wieder Wilco? Ein neues Album zur Hochveröffent-lichungssaison und schon wieder thront es über dem Rest. Das entwickelt sich langsam zur Routine.... Mit „Art Of Almost“ sind sie gleich gewillt zu zeigen, was sie zu Zeiten von A Ghost Is Born so stark gemacht hat. Ein Beat, der aus dem Laboratorium des Anti-Pop Consortiums stammen könnte, ein verzerrter Bass-Groove, ruckartig einsetzende Streichereffekte und zum Schluss eine ekstatische Gitarrenorgie, die wegen ihrer Heavyness fast schon in Richtung Blue Cheer geht.
Betulich klingt auch die Single-Auskopplung „I Might“ nicht, dafür sorgt der unermüdlich am Bass wühlende John Stirratt. Die nörgeligen Gitarren wären vom vormals zuständigen Warner-Apparat bestimmt mit der Begründung abgelehnt worden, dass sie nicht radiotauglich genug klingen. Und ob sich dieser Song für den Äther eignet! So will man einen Popsong hören, lebhaft und quengelig. Bei „Sunloathe“ landet Tweedy wieder einmal in seinem Lieblingsmetier, bei den Post-Beatles-Alben der Beatles, allen voran denen von George Harrison und John Lennon. Die Zeile „I don’t want to lose this fight, I don’t want to end this fight, goodbye“ ist die einprägsamste des ganzen Albums und sorgt für einen Moment der Anspannung. „Black Moon“ und „Open Mind“ sind introvertierte Country-Meditationen fürs Kopfkino. „In „Capitol City“ sorgen ein Hauch von Swing und eine theatralische Note für Feierlichkeit. Am Ende des Albums wird es episch. Während der zwölf Minuten von „One Sunday Morning“ denkt man wieder an A Ghost Is Born, nur mit dem Unterschied, dass die Band dieses Mal mitten im Song nicht mit Gewalt auf die vollexperimentelle Seite überschwenkt. Akustische Instrumente und die gedämpfte Stimme Jeff Tweedys sorgen für ein harmonisches Ende eines abwechslungsreichen Trips.... Schon wieder Wilco? So ist es.“
Die normale CD-Version kommt im Pappklappcover. Die limitierte Doppel-CD kommt in einem Schuber mit einer Extra-CD und 4 Bonustracks und einem 52-seitigen Deluxe-Booklet. Beide CDs haben noch ein Extra-Pappsleeve. Das Doppelvinyl kommt im Klappcover und hat die CD-Version als Bonus.
(Glitterhouse)
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Ryan Adams: "Ashes & Fire " (Sony/Columbia/Pax Am, Okt. 2011) |
Vor zehn Jahren war Ryan Adams mal ziemlich wichtig für mich.
Das Debüt "Heartbreaker"
und besonders der Nachfolger "Gold"
sind echte Meisterwerke. Danach ließ er langsam, aber sicher
nach - oder zumindest kam das so bei mir an. In den letzten Jahren
war es sehr ruhig geworden, aber jetzt kommt plötzlich "Ashes
& Fire" daher und ist angeblich sein bestes Album seit 10
Jahren (also seit "Gold"!).
Keine Ahnung, warum ich mir die Platte trotz dieser Marktschreierei
gekauft habe (vielleicht weil Glyn Johns produziert hat?),
aber ich kann beruhigt sagen: es stimmt tatsächlich. Welcome
Back, Mr. Adams.
Wer noch ein marktschreierisches Kaufargument braucht: Norah Jones
singt und spielt Klavier auf mehreren Titeln.
(21.10.2011)
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Nachdem beim Alt-Country Held 2010 eine seltene Krankheit im Ohr diagnostiziert wurde, die das Hörern und das Gleichgewicht beeinflusste, setzte er sich zur Ruhe und begann mit dem Bergwandern. Drogen, Alkohol, Kaffee und Zigaretten hat er mittlerweile dran gegeben, aber die Musik nicht. So erscheint dieses Solowerk auch etwas überraschend, es sollen zwölf „elegante“ Country-Rocksongs sein, die er mit Hilfe von Benmont Tench, Norah Jones und Produzenten-Legende Glyn Johns einspielte. Ausführliches Review folgt natürlich. Das Q Magazin meint: „His best record in a decade!“
(Glitterhouse)
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Meg Baird: "Seasons On Earth" (Wichita, Okt. 2011) |
Die Sängerin der wunderbaren amerkanischen Band Espers
mit ihrem zweiten Soloalbum. Wie auch schon bei ihrer Stammband bekommen
wird hier etwas geboten, das man früher "Folk" bzw.
"Folkrock" genannt hätte, aber eher aus England und
den frühen 70er gestammt hätte (mir fallen da natürlich
Fairport Convention mit Sandy Denny ein!). Neben 8 Originalen
werden auch zwei wirklich originelle Coverversionen geboten, etwas
was ich natürlich immer sehr schätze: "Friends"
vom fast vergessenen Duo Mark / Almond von 1972 und das eher
unerwartete, weil von 1990 stammende , aber passend umgesetzte "Beatles
And The Stones" von den leider viel zu wenig geschätzen
House Of Love. Aber immerhin
eine englische Band.
(05.11.2011)
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11er der Espers-Sängerin. Eine süße bezaubernde bis hinreißende Stimme. Feinfühlige edle filigrane z.T. leicht verspielte so zurückgenommene wie gehaltvolle Instrumentierung, teils nur ihre Ak.Gitarre, die ihr quasi eine 2. Stimme verleiht (kongenial!), häufiger von schönster Pedal Steel ergänzt, ab und zu E-Gitarre, Dobro. Anders als beim mit Traditionals und Covers gespickten Debut v.a. eigene Stücke, Songwriter-Folk ohne spezifischen Traditionsbezug, regelrecht freigeistig, lange Melodiebögen, aber auch ein par Brit-Folk-beeinflußte Songs, 1,2x dezente Country/Americana-Anleihen. Fast immer leise und sanft oder ruhig fließend, 1 offensiverer Track mit Dynamik und Kontrasten: Westcoast-Folk-Psyche ca. 1970 meets Pentangle meets Trees. An Pentangles ruhigste Seite und Melodik erinnert sie mehrfach, auch stimmlich ist Jacqui McShee nicht so weit weg. Sporadisch Nick Drake-Anklänge. Sehr empfehlenswertes erfreulich individuelles Album! (dvd)
(Glitterhouse)
"seasons on earth" ist meg bairds zweites soloalbum und zeigt damit noch lange nicht die meriten der folksängerin aus new jersey auf. die tief in traditionen verwurzelte sängerin, deren urgroßonkel einer der bekanntesten sänger des liedguts der appalachen im 19. jahrhundert gewesen sei, spielt(e) mit ihrer schwester in the baird sisters auf, unterstützte sowohl bonnie 'prince' billy als auch sharon van etten bei deren aufnahmen, zimmerte darüber hinaus ein album gemeinsam mit sharron kraus und helena espvall, mit der sie nicht zuletzt auch bei espers antrat. über die vielfachen kollaborationen u.a. mit kurt vile, jack rose, james blackshaw, micah smaldone und dem kürzlich verstorbenen bert jansch hinweg betracht, erkennt man eine hinwendung zum genre der stillen geste, der angemessenen gangart, um den beschwerlichkeiten des lebens zu begegnen.
meg baird ist eine ausgezeichnete beherrscherin ihres instruments, die gitarre assistiert ihrem flirrenden, immer etwas abgewandt klingenden gesang mit schraffuren, akzentuierungen, mit gepickter förmlichkeit oder geschwungener festigkeit. nicht zuletzt die grundlage, ein fundament, das die songs vom übergang, dem erwachsen werden, dem suchen von orten, dem finden neuer wege trägt. der mutige geist der lyrics mit dem gediegenden grund ihrer musik. die fragilität ihres gesangs, der zugleich persönliche robustheit ausstrahlt. die vielfache beschworene authentizität findet in baird einen gelehrigen streiter. der ausdruck offen und angreifbar, am ende bleibt dem hörer doch keine gegenwehr.
während "dear companion", das solodebut, noch vorrangig aus coverversionen bestand, baut "seasons on earth" vorrangig auf eigene kompositionen. doch nicht zuletzt werden "friends", das '72er original stammt von mark almond, und "beatles and the stones" (the house of love) zu highlights des albums. die melodische verfügbarkeit, vielleicht auch der wiedererkennungswert, machen diese beiden songs zu schnellen vertrauten.
dobro, harfe, pedal steel stellen angemessene paten dar, die meg bairds spiel mal kraftvoll, anderenorts wieder zurückhaltend unterstützen. die atmosphäre reicht von gediegen countryesk bis folkloristisch luftig- offen. das zueinander von instrumenteller begleitung und zuweilen auch offensiverem anklingen und gesang ist unverstellt und zugangsfrei. als erhielte jedes beteiligte element lediglich eine eintrittskarte und dürfe den platz nach wahl einnehmen. so entstehen für jeden song neue konstellationen des gemeinsamen spiels. in "stars climb up the vine" etwa, dem über siebenminütigen zweiten track, umspielen sich die protagonisten wie liebevoller partner. die akustische orientiert, eine zweite resonanzgitarre tänzelt auf den ballen und zwingt zur aufmerksamkeit, der gesang zwischen beiden oszillierend.
melodische schlenker, "even rain" hat eine festgezurrte schleife, harmoniejuchzer, "share" wuchtet sich ans herz, erinnerungen, "the finder"spielt mit bekanntem, "seasons on earth" hat viel erstaunliches zu bieten. es ist ein album, das zum entdecken geradezu einlädt. es täuscht oberfläche an und hat darunter eine kleine, neue welt zu bieten. das zwanglose und atmosphärisch ausgereifte konzept gründet sich in seiner konsequenz.
wer heute folk sagt, muss begreifen, dass dieser auch fern der gerade angesagten rumpelnden kapellen stattfinden kann. fern eines dichten soundbilds, das die vorbilder ebenso einschließt, wie auf moderne setzen möchte. eine musik, die immer auch ein wenig dem mainstream zugewandt ist. meg bairds musik ist davon gänzlich unabhängig. das ist die größe von "seasons on earth".
(das klienicum)
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The Bangles: "Sweetheart Of The Sun" (Fontana/Down Kiddies!, Okt. 2011) |
Wie vielleicht bekannt ist, bin ich den Mädelz verfallen seit
ich sie damals, noch vor dem großen Durchbruch mit "Manic
Monday", in der Bochumer Zeche gesehen habe. Inzwischen sind
reichlich Jahre in's Land gegangen und die Damen machen immer noch,
bzw. wieder, gute Musik und sehen dabei immer noch unverschämt
gut aus.
"Sweetheart Of The Sun" wurde von der Band zusammen mit
Matthew Sweet sehr schlicht & altmodisch produziert, was
mir richtig gut gefällt. Einziger Wermutstropfen: Bassistin Michael
Steele, die Frau mit dem besonders schönen Vornamen, ist
leider nicht mehr dabei.
(04.12.2011)
Konzerthighlight: Zeche, Bochum, Frühjahr 1986
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Zweites Album nach der 2000er Reunion. Mit Hilfe von Produzent Matthew Sweet gehen sie in die gute alte Zeit zurück und verzichten (im Gegensatz zum 2003er Werk) auf moderne Produktionsmätzchen. Die Mischung aus Rockern, Midtempo Tunes und Balladen stimmt, das Songwriting taugt und die Auswahl des Covermaterials (The McKinleys, Nazz) passt. Susanne Hoffs und die Peterson Schwestern melden sich eindrucksvoll zurück.
(Glitterhouse)
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Big Harp: "White Hat." (Saddle Creek, Okt. 2011) |
Mal wieder ein wunderbar musizierendes Ehepaar haben wir hier mit
Christopher Senseney (Gesang, Gitarre, Tasten) und Stefanie
Drootin (Bass), die ich noch von der Band The
Good Life kenne. Schöner Folkrock mit manchmal etwas hemdärmeligen
Country-Tendenzen, aber deswegen nicht schlechter als ohne diese.
Die LP kommt daher mit MP3-Gutschein - so wie es sich inzwischen gehört!
(20.01.2012)
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Los Angeles-based alt-country duo Big Harp, comprised of onetime Omaha scenesters-turned-husband and wife Christopher Senseney and Stefanie Drootin-Senseney, make the most of their partnership and their roots on White Hat, their full-length debut. Where Senseney contributes the country and folk influences of his childhood and from his stint in Americana outfit Art in Manila, Drootin (best known for playing with brooding indie rockers the Good Life) lays down rock-solid rhythms. The result is a sound that captures their country boy-meets-city girl story, landing somewhere between a honky tonk bar and a hip lounge. As White Hat moves from rambling hard-luck tales to foot-stomping bar ballads to delicate love songs, the songwriting recalls the moodiness of Nick Cave and humor of Townes Van Zandt, never getting too heavy or silly thanks to Senseney’s warm baritone and subtle, honey-dripped drawl. Senseney’s delivery is generally laid-back and cool, but there are surprises, too -- the swaggering guitar and syncopated percussion of “Out in the Field” help to slowly propel his vocals to their most fiery. Meanwhile, storytelling shines on the saloon piano-driven opening track “Nadine,” following a woman who takes off to California to leave behind her lover, only to meet a new man who is unfaithful, and has a postscript in closer “Oh Nadine,” an appeal to come home written from the perspective of her father. Like a great pair of shoes (or in this case, maybe cowboy boots), White Hat is comfortable and un-fussy, a natural choice for a road trip or a night at the bar. It falls short in not taking enough advantage of Drootin's repertoire -- for example, only tracks like “Let Me Lend My Shoulder” hint at the angelic vocals she has to offer -- but all in all, it's a promising introduction that will leave listeners eager for more.
(by Chrysta Cherrie, All Music Guide)
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Inge Brandenburg: "Sing! Inge, Sing!" (Silver Spot, Okt. 2011) |
Letztens bin ich nachts bei ARTE mitten in den gleichnamigen Dokumentarfilm
über Deutschlands vergessene, beste Jazzsängerin Inge
Brandenburg gestolpert, den ich mir anschließend schnell
auch auf DVD besorgt habe. Jetzt
lausche ich auch noch dem Soundtrack auf CD: fast alles bisher unveröffentlichte
Aufnahmen aus den Jahren 1959 bis 1995 - eine wahre Schatzgrube. CD
und DVD sind eine meiner allerdringendsten
Empfehlungen der letzten Zeit!
(13.01.2013)
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„SING! INGE, SING!“, die zweite Veröffentlichung auf Silver Spot Records, zeichnet ein Portrait der Jazz-Sängerin Inge Brandenburg und enthält zweiundzwanzig ihrer besten Aufnahmen, zwanzig davon sind bislang noch nie auf einem Tonträger erschienen.
Der gleichnamige Film von Marc Boettcher beschreibt ihre Karriere und zeigt gleichzeitig ein stimmungsvolles Portrait einer Frau, die wohl nur auf der Bühne richtig glücklich war. Stimmen von Zeitzeugen und Kollegen wie Udo Jürgens, Klaus Doldinger, Emil Mangelsdorff oder Fritz Rau sowie zahlreiche Live- und TV-Dokumente machen den Film zu einem äußerst wichtigen Statement über eine Sängerin und ihre Zeit – Prädikat „Besonders wertvoll“.
Inge Brandenburg galt in den sechziger Jahren als beste deutsche Jazzsängerin. Beim Großteil der auf dieser CD erstmals veröffentlichten Titel handelt es sich um Hörfunk- und Fernsehaufnahmen, die in den Archiven in Vergessenheit geraten waren und nun dank Marc Boettchers preisgekrönter Filmbiografie wiederentdeckt wurden.
„SING! INGE, SING!“ ruft eine Sängerin nachdrücklich ins Gedächtnis, die eigentlich nichts anderes als Jazz singen wollte, von den Umständen aber oft daran gehindert wurde. Wie großartig sie das Idiom beherrschte, macht diese CD deutlich. Begleitet wird sie auf den Ausnahmen von 1959 bis 1995 von herausragenden Musikern wie Albert und Emil Mangelsdorff, Peter Trunk, Werner Müller, Dusko Goykovich, Ted Heath, Kurt Edelhagen, Ack van Rooyen, Herb Geller, Erwin Lehn, Peter Herbolzheimer und Walter Lang.
(silverspot-records. com)
Einst galt Inge Brandenburg als beste Jazzsängerin Deutschlands, ja Europas. Doch die Plattenfirmen nötigten sie zu kommerziellen Produktionen, nur wenige Aufnahmen sind entstanden, die ihrem Können auch wirklich gerecht werden. Das Album „Sing! Inge, Sing!“, Nebenprodukt des gleichnamigen Dokumentarfilms, wurde zusammengestellt aus Rundfunkaufnahmen, dabei singt Inge Brandenburg in Gesellschaft kongenialer Kollegen wie Goykovich und den Mangelsdorffs. Endlich gibt es nun ein würdiges Denkmal für die bewegende Ausdruckskraft dieser dunklen, warmen Stimme, mit ihrem einmaligen Gespür für timing und blue notes."
(Preis der Deutschen Schallplattenkritik 02 / 12. Für die Jury: Marcus A. Woelfle)
Die zum Filmstart erscheinende Disc portraitiert Brandenburg mit 22 Songs aus den Jahren 1959 bis 1995, die vor allem fürs Radio und Fernsehen entstanden. Mit warmer Stimme machte sie vor Bigbands und Combos eine gute Figur - und wurde dennoch nie zum Star."
(Audio, November 2011)
Sing! Inge, Sing! präsentiert 22 Lieder, die in der gleichnamigen Dokumentation von Marc Boettcher über das tragische Leben der Sängerin zu hören sind.
Und ob nun in den Standards „The Man I Love" und „Body and Soul" oder „Non, je ne regrette rien" - sie besaß neben mitreißender Swing-Power auch stets diese Bittersüße im Ausdruck, die große Jazzstimmen aus und unsterblich macht."
(Sono, November / Dezember 2011)
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Kami Thompson: "Love Lies" (Warner, Okt. 2011) |
Das Debütalbum der jüngsten Tochter von Richard
und Linda Thompson wurde schon vor längerer Zeit angekündigt,
sodass ich es leider längst wieder vergessen hätte, wenn ich
es nicht kürzlich doch noch im Glitzerhaus-Katalog aufgetaucht
wäre. Bisher ist es wohl auch nur in England veröffentlicht
worden, aber im Zeitalter der Globalisierung spielt es ja gottseidank
keine besondere Rolle mehr, ob die deutsche Abteilung der Warner-Brüdern
sich was aus Kami macht oder eben nicht.
Zu hören gibt es - wenig überraschend - Klänge zwischen
Country, Folk und Rock, auch "Singer/Songwriter-Musik" genannt,
die durchaus mit dem mithalten können, was die Verwandschaft
und Bekanntschaft von Kami so produziert. Neben neun eigenen Liedern
("Nice Cars" kannte ich schon von der 2007er-CD von Mama
Linda) gibt es auch ein eher
unbekanntes Beatleslied von George Harrison zu hören.
Mit dabei sind unter anderem Papa Richard
mit seinen unvergleichlichen Gitarrentönen, Bruder Teddy
und noch ein paar hochtalentierte Sprößlinge anderer bekannter
Eltern, bei denen Ihr euch selber die Verwandschaftsverhältnisse
erschliessen könnt: Martha Wainwright,
deren Halbschwester Lucy Wainwright Roche und sogar Sean
Lennon. Nur Rufus Wainwright
hatte wohl keine Zeit.
(01.03.2012)
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Rundum gelungener Tonträger-Einstand der dritten und jüngsten Tochter von Richard und Linda, ein ungekünstelt zeitloses, ebenso harmoneverliebtes wie sanft-rauhes Country-Folk-Rock-Prachtstück mit gleichermassen britischen wie amerikanischen Einflüssen; obwohl bereits 2011 bei Warner UK erschienen derzeit nur als Import zu bekommen (wahrscheinlich ist der gute Name der Familie Thompson in der Geschmacks-Diaspora Deutschland zu unbekannt). Auch wenn das Ganze immer größer ist als die Summe seiner Teile, kann man sich dem unaufdringlichen, dafür umso wirkungsvolleren Phänomen Kamila nähern, indem man sich Werdegang und Werk genauer anschaut. Erstes Bühnen-Aufblitzen der weich-dunklen Stimme in Will Oldham-Begleitung, eindrückliches Mitwirken an einem Leonard Cohen-Tribut, Sammeln von Live-Erfahrungen an der Seite von Bruder Teddy und Familienfreund Rufus Wainwright. Produktion des Debutalbums (mit 9 Kami-Originalen) von McGarrigle- und Thompson-Weggefährte Brad Albetta, einzige Coverversion eine mitreissende Fassung der Harrison-Beatles-Nummer Don’t Bother Me, und eine Schar an Mitmusikern, die den (Familien-) Kenner aufhorchen lässt: Richard Thompson (Gitarre, Mandoline), Teddy Thompson (Gesang, Gitarre), Matt Johnson (Drums), Sean Lennon (Gitarre), Martha Wainwright (Gesang), Lucy Wainwright Roche (Gesang) und Jim Campilongo (Gitarren/Little Willies, Norah Jones) umrahmen Kamilas samtweiche, verhalten klagende, dezent düstere Altstimme (die weich und warm an Judie Tzuke erinnert) instrumental und vokal aufs Feinste, ohne den Songs ihre erdig-rauhe Note zu nehmen. Country-Folk-Rock von definitiv zeitloser Güte, dargereicht mit einer verträumt-verführerischen 60’s/70’s Pop-Note und einem rauhen Nicken in Richtung Polly Jean Harvey. Eine weitere musikalische Bereicherung aus einem nahezu unerschöpflichen Kreativ-Clan.
(cpa, Glitterhouse)
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"Mirel Wagner" (Svart, Okt. 2011) |
Diese junge Sängerin mit deutschem (?) Namen und äthiopischen Wurzeln stammt Finnland (!) und hat ihr Debütalbum
ganz alleine zur Gitarre eingespielt. Düsterer Folk, dessen minimale
technische Schwächen in Hinblick auf Gesang und Gitarrenspiel
mehr als wett gemacht werden durch hohe künstlerische Qualität
und Eigenständigkeit. Also kein Meisterwerk, wie gelegentlich
schon wieder behauptet wird, aber eben doch kein ganz normales Debüt.
Gerne mehr davon - und gerne auch mal mit kleiner Band.
(10.12.2011)
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Eine hochgehandelte Singer-Songwriter-Newcomerin. Außergewöhnlich. Nur sie und ihre Ak.Gitarre. Nackt und ungeschminkt. Ausgesprochen dunkel in Stimmung und Texten, 1,2x bis hin zu einer Art „Gothic-Feeling“ (nicht musikalisch freilich). Ungemein intim wie direkt, immer leise und zart, Sound wie Gesang. Eine fast unheimliche Intensität. Folkig auf verschiedene Art (sporadisch leicht bluesig), doch alles andere als Standard, teilweise unter Mißachtung herkömmlicher Songstrukturen. Kongeniale Gitarre, oft sehr einfach, gar repetitiv, manchmal aber auch mit unabhängigem Eigenleben. Ab und zu entfernt Nick Drake oder (atmosphärisch) Leonard Cohen verwandt, alle anderen anderswo gehörten Vergleiche: In die Tonne treten. Ach ja: Sie ist schwarz, wurde in Äthiopien geboren, kaum zu glauben. 30 Min. kurz. (dvd)
(Glitterhouse)
[...] schreibt schon in jungen Jahren Sachen auf, die in etwa so klingen, als hätte sie nur noch drei Monate zu leben (in denen sie, anstatt noch einmal zu verreisen, eine Dissertation über alle Ingmar-Bergman-Filme zwischen 1958 und 1966 plant): “Despair came riding on the crest of a big black wave/ And I was like a child/ Looking for a safe place to hide/ Despair was standing with its jaws open wide/ Swallowed me whole in to the big black night.” Dazu stoisch gezupfter Folk auf kärgstem Boden. Und Leben heißt, diesen Boden zu verlieren.
(Jan Wigger, Spiegel Online)
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Walkabouts: "Travels In The Dustland" (Glitterhouse, Okt. 2011) |
(26.06.2016)
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Wer hätte das noch für möglich gehalten? Sechs Jahre nach Acetylene, dem vermeintlichen Schlussakkord, die Rückkehr der Walkabouts aus dem selbstgewählten Exil, eine Rückmeldung der zum Sextett angewachsenen Institution aus Seattle. Er würde nur ein neues Walkabouts Album angehen, wenn Inspiration und Songmaterial stimmen, wenn alle mitziehen, wenn man das gewisse Etwas spüren würde. Antwortete Mastermind Chris Eckman auf Fragen von Freunden und Fans nach einem neuen Album.
Irgendwann war es dann so weit, der Gedanke war gewachsen, der Wille war da und der in Ljubljana beheimatete Eckman kehrte zurück nach Seattle, um abzuchecken, wie heiß seine Mitstreiter auf ein neues Album waren. Schon bei den ersten Sessions sprang der Funke über, jede Menge Kreativität entfaltete sich, man fühlte sich wohl und Carla sang wie ein Engel.
Nach intensive Sessions ist mit Travels In Dustland ein weiterer Monolith in der Geschichte der Walkabouts fertig. Das Album ist insgesamt ruhiger und getragener, um nicht zu sagen epischer als die recht ruppige Vorgänger-CD. Ein gewisses Gewicht liegt auf fließenden Grooves. Die Songs bersten aber auch vor liebevoll platzierten Details, Verweisen und unaufdringlichen Klangexperimenten. Außer Eckman und Torgerson bestehen die Walkabouts aus alten Bekannten wie Bassist Michael Wells, Keyboarder Glenn Slater und Schlagzeugerin Terri Moeller. Zum Sextett wird die Band durch Paul Austin (ex-Willard Grant Conspiracy, Transmissionary Six) an Gitarre und Arrangementideen.
Travels In Dustland ist kein Konzeptalbum, denn die Geschichten, die hier erzählt werden verbindet nichts als der gemeinsame Schauplatz Dustland. „Das ist ein symbolischer Ort, der aber viele Charakteristika von realen Orten hat“, klärt uns Eckman auf. „Er befindet sich irgendwo im Mittleren Westen, wo die Menschen schon immer ein hartes Leben hatten, die Umstände es ihnen aber heute nicht wirklich leichter machen.”
So klingt das Album gleichermaßen vertraut und neu. Es fühlt sich eindeutig nach Walkabouts an, Chris Eckman’s Songwriting, Band-Sound, die Stimmen, der Vibe – das alles kennt der Fan und nimmt es mit Begeisterung hin. Ein weiteres spannendes Kapitel in einer aufregenden Bandgeschichte.
Die CD kommt im Digipak mit eingeklebtem 28 Seiten Booklet. Das limitierte Doppelvinyl kommt auf 180 Gramm im Klappcover, mit Einlieger und bedruckten Innenhüllen! (rh)
(Glitterhouse)
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Flare Acoustic Arts League: "Big Top/Encore EP²" (Affairs Of The Heart, Nov. 2011) |
Diese
Band habe ich kürzlich im Vorprogramm von Labelkollegin Maria
Taylor entdeckt, wobei "Band" wohl etwas zuviel gesagt
ist, denn es handelt sich wohl eher um das Projekt des mir bisher
unbekannten Sängers und Songschreibers LD Beghtol. Wenn
ich das jetzt richtig verstehe, dann handelt es sich hier um die Kombination
von zwei EPs auf einem Album, aber ich konnte keinen Hinweis darauf
finden, ob diese beiden EPs tatsächlich separat erhältlich
sind oder waren - Sei's d'rum, denn um die Musik zu mögen ist
die Beantwortung dieser Frage eher unwichtig. Stimmlich erinnert Beghtol
ein wenig an Morrissey. Neben eigenem Material werden sogar
einmal die fast vergessenen Psychedelic Furs aus den 80er gecovert.
Aber keine Sorge: die Band holt sich die Inspirationen für ihren
"Folkrock" (nennen wir es der Einfachheit halber mal so)
aus den guten Ecken der 80er, denn sonst würde ich die Platte
hier wohl kaum weiterempfehlen. Ach ja - die Schallplatte hat die
CD ohne grossen Aufpreis direkt mit dabei!
(21.01.2012)
Konzerthighlight: Steinbruch, Duisburg, 13.01.2012
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"Old Jerusalem" (Broken Silence/PAD, Nov. 2011) |
Francisco Silvia: ein Musiker aus Lissabon auf den Spuren von
Nick Drake! Wunderschöne Lieder, alles selbstgespielt
und aufgenommen mit einem wunderbaren Klang - ist das HiFi-Homerecording?
Klingt auf jeden Fall eher nach England als nach Portugal.
(15.03.2011)
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2001 veröffentlichte Francisco Silvia eine erste Split-CD – die Geburtsstunde seines 1-Mann-Projektes Old Jerusalem, für das ein Song von Palace Music / Bonnie Prince Billy Pate stand. In der Folgezeit erschienen vier Longplayer (zuletzt 2009 “Two Birds Blessing”), weitere Eps und Kollaborationen mit gleichgesinnten Künstlern und der Portugiese verdingte sich zudem als Songwriter für renommierte Jazz-Musiker seiner Heimat wie etwa Carlos Bica (Maria Joao, Lee Konitz u. a.). Das schlicht “Old Jerualem” betitelte neue Album zeigt den Portugiesen gereift: sparsam arrangiert aber nicht spröde, verbreiten die zwölf Lieder inklusive einer Coverversion von “Candy Says” (Velvet Underground) eine verträumtentspannte Atmosphäre der Sehnsucht und Wehmut.
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Acid Mothers Temple & The Melting Paraiso U.F.O.: "The Ripper At The Heavens Gate Of Dark" (Riot Season, Dez. 2011) |
Völlig abgedrehte Japaner spielen Spacerock, irgendwo zwischen
Jimi Hendrix und Hawkwind. Angeblich gibt es ca. 50
Alben von dieser Band, in deren Zentrum der Gitarrist Kawabata
Makota steht. Zusammen mit dem Bassisten der Band spielt er auch
noch im Trio acidmothersguruguru,
wo natürlich Mani Neumeier hinter den Trommeln sitzt!
(08.03.2012)
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Die japanischen Schwergewichte in Sachen Cosmic-Rock melden sich vier Jahre nach dem letzten Album mächtiger, aber auch relaxter denn je zurück. "The Ripper At The Heaven’s Gates Of Dark" entstand in der Zeit nach dem GAU in Fukushima im in den Bergen gelegenen Headquarter der Band. Los geht’s mit einer wilden Hommage an Led Zeppelin ("Chinese Flying Saucer"), dann aber verfällt die Band in einen eher entspannten Groove, wie man ihn auf ihren vergangenen Veröffentlichungen so noch nicht vernommen hat.
Die Gruppe um den Gitarristen Kawabata Makoto taucht ein in die seltsame Welt japanischer Psychedelic, angereichert mit Sitarklängen, Orgeln und abgedrehten Gesängen, die an die Frühphase Pink Floyds erinnern (ein Titel wie "Shine On You Crazy Dynamite" ist nicht zufällig gewählt). "The Ripper At The Heaven’s Gates Of Dark" beweist erneut den Ausnahmestatus der vier Japaner: sowohl stilistisch, wie auch musikalisch.
The renowned Japanese Cosmic freak-out heavyweights return with a brand new studio album and tour, marking ten years since their mothership first descended on the UK ....Now a steady four piece led by Kawabata Makoto (guitar) and including Tsuyama Atsushi (bass / vocals), Higashi Hiroshi (synthesizer / guitar) and Shimura Koji (drums). The collective recorded the album in the aftermath of the Japan disaster at their mountaintop retreat where the collective still reside. With the exception of the album's opener 'Chinese Flying Saucer' and it's unashamedly obvious musical references to Led Zeppelin II (hello 1969!) the rest of the album locks into a much more laid-back groove than on recent AMT releases. This dynamic shift is best displayed on the 22 minute jam, 'Shine On You Crazy Dynamite' and also the album's closer 'Electric Death Mantra'. The band opt for less frantic explosions of electric guitar overload and fuzz, replacing those elements with a more epic, blissed-out and at times brooding Japanese psychedelia, with more emphasis on acoustic guitars, sitar, organ, synthesiser and at times, really trippy vocals (most prevalent on 'Back Door Man Of Ghost Rails Inn'), recalling the twisted psychedelics of early Pink Floyd. Yet still, their sound remains so expansive that it is easy to become totally immersed in this album. Epic in proportions, cloaked in a cosmic haze and shimmering in a synth utopia. The Ripper At Heaven's Gates Of Dark maintains AMT's status as masters of out-of-this-world music and reveals their darker side of the moon.
Guru Guru meets Acid Mothers Temple: ein psychedelisches Gipfeltreffen.
Acidmothersguruguru ist das Projekt zweier Legenden der psychedelischen Musik: Mani Neumeier und Kawabata Makoto. Mani Neumeier ist Mitgründer von Guru Guru, der legendären Krautrockband. Für Neumeier war Improvisation immer das A und O seiner Musik. Kein Wunder, dass er sich mit einer anderen Legende zusammengetan hat: Kawabata Makoto ist Gitarrist und Mastermind der japanischen Psych-Monsterband Acid Mothers Temple (1995 gegründet und seitdem um die 50 Alben veröffentlicht). Acidmothersguruguru entstand nach einer spontanen Session mit dem AMT-Bassisten Atsushi Tsuyama, die im März 2006 in Japan stattfand. Die Aufnahmen auf "Underdogg Express" stammen aus dem Jahr 2008 und wurden live in Japan aufgenommen. Das Ergebnis des Meetings zwischen dem "Elektrolurch" Neumeier und King Kawabata ist wiederum Power-Psychedelic erster Klasse. Die beiden spielen eine Musik, von der Guru-Guru-Fans bislang nur träumen konnten und die AMT-Fans in ihrer Wucht überraschen dürfte. Auf der Vinylausgabe findet sich zusätzlich eine Neubearbeitung von Guru Gurus "Bo Diddley".
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A Seated Craft:"The Savage And The Small" (Songs & Whispers, Dez. 2011) |
Das Projekt der australischen Sängerin und Songschreiberin Alexia
Peniguel, die aber inzwischen, wie viele Künstler, in Berlin
zuhause ist. Sehr zarte, aber nicht süßliche Musik. Ich
könnte viele gut gemeinte Vergleiche bemühen, lasse das
aber mal sein. Vielleicht einen leicht absurden Vergleich: eine Mischung
aus späten Talk Talk und früher Joan Baez.
So - jetzt habt ihr was zum Grübeln und ich werde noch einmal
reinhören, ob diese These wirklich haltbar ist ...
(20.01.2012)
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Auf leisen, sanften Sohlen und eigentlich völlig unspektakulär kam dieses 2011er Debut-Album aus dem scheinbaren Nichts – und entwickelte sich im Verlaufe unzähliger Hörgänge zu meinem Lieblings-Seelenbalsam in diesen dunklen Tagen. Wie schon häufig ist es mir ein völliges Wunder, wie eine Künstlerin so ganz ohne mir bekannte Vorgeschichte, aus dem Stegreif sozusagen, ein solch reifes Songwerk erschaffen kann, völlig vergessend, das ja gerade der Erstling Jahre und Jahre Zeit zum Wachsen und Gedeihen hat. Die Australierin Alexia Peniguel, die Dame hinter A Seated Craft, kreiert in ihrer neuen Wahlheimat Berlin gemeinsam mit einer ausgewählten Musiker-Schar an vorwiegend akustischem Instrumentarium einen unendlich weich und ruhig dahintreibenden Folk-Fluß, der Oldham-Kargheit mit edelster Hem-Kammer-Kunst vereint, Banjo, Gitarren, Kontrabass, Akkordeon, akustisches Piano und anderes Folk-Spielzeug mit barock berückenden Instrumenten wie Cello und Klarinette zu einem derart filigranen Feinwerk verbindet, das es selbst den Kenner aufhorchen lässt. Dabei sind die 11 Peniguel-Originale von einer federleichten Reife und berückenden Natürlichkeit, becircen durch erdnah-gefühlsintensive Melodik und schwärmerisch-schwelgerische Harmonien, herrlich pendelnd zwischen handgemachten Charme und köstlicher Kunst. Über allem schwebt die ebenso entdeckens- wie liebenswerte Sanft-Stimme, oft und gern in herrlichen mehrstimmigen Gesangssätzen dargereicht, die den edlen Eigenheiten der Künstlerin eine zeitlose Eleganz verleihen. Ein ebenso kostbares wie köstliches Kleinod des Kammer-Folk, mit genügend Pop-Verzückung verzaubert, um den liebenden Lauscher auf Dauer in Bann zu schlagen, aber rein genug, um auch dem Puristen nachhaltig zu gefallen. Man meint, die frühe, karg-schöne Laura Veirs, die ungekünstelte Suzanne Vega, die liebreizende Maria Taylor, die sanfte Rosie Thomas zu hören, aber A Seated Craft ist und bleibt Alexia Peniguel. Eine Entdeckung, über die man glücklich sein darf.
(cpa, Glitterhouse)
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(2011-06-10)