2012er Rückkehr des Tom Liwa-Quartetts, welches alle paar Jahre wieder zum Leben erweckt wird, um Liwas Band-Phantasien Raum zu geben. Gemeinsam mit Markus Steinbach, Birgit Quentmeier und Giuseppe Mautone wurden die 14 neuen Songs eingespielt, Antje Volkmann produzierte und Tobias Levin (auch durchseien arbeit für Tocotronic und Gisbert zu Knyphausen bekannt) sorgte abmischend für den finalen Wohlklang.
(Glitterhouse)
Tom Liwas Flowerpornoes sind wieder da! Die Kultband aus Duisburg veröffentlicht ihr neuestes Werk 'Ich liebe Menschen wie ihr'.
Die Heimatstadt der Flowerpornoes ist Duisburg. Laut Mastermind Tom Liwa, eine Stadt, in die niemand freiwillig zieht, - es sei denn der Liebe wegen. Seit ihrer Gründung finden die Flowerpornoes musikalisch den Ausdruck für genau diese Liebe und bringen Liwas Sicht der Dinge poetisch auf den Punkt. Die bisher veröffentlichten Alben der Flowerpornoes sind allesamt bereits als Meilensteine in die Musikgeschichte ihres Genres eingegangen. Konsequent ihren bisherigen großen Werken folgend, spiegeln Texte und Musik in ihrer herzlichen Entrücktheit die konsumkritische Haltung von Bandkopf Tom Liwa und seinen Flowerpornoes auch auf der vorliegenden Produktion wieder. 'Ich liebe Menschen wie ihr' ist ein weiteres Glanzlicht in ihrem großartigen Gesamtwerk.
Produziert wurde 'Ich liebe Menschen wie ihr' von Antje Volkmann. Das Mischen übernahm Tobias Levin, der auch schon bei 'Tocotronic' oder 'Gisbert zu Knyphausen' für den Sound verantwortlich zeichnete.
Mit den Geistern von Beuys und Barrett als Reisebegleitern geht es der musikalischen Bestimmung, die Welt aktiv zu erträumen, entgegen. 14 Songs deren Texte dem Hörer die Gelegenheit geben, das eigene Leben aus neuen und manchmal auch ungewohnten Blickwinkeln zu betrachten. Die Reise der jeweiligen Geschichten beginnt an ungewöhnlichen Orten. Gleich zu Begin schleudert uns 'Das Wort Erde' direkt auf einen Ast inmitten eines reißenden Flusses; Ein Busbahnhof in den Anden ('Land'), eine Parkbank auf der dunklen Seite des Mondes ('Chris') und der Tunnel der Love Parade Katastrophe ('Frida') sind weitere Schauplätze.
Flimmernde Melodien und Flowerpornoes-typische Arrangements, zwischen hippiesker Leuchtkraft und rockiger Psychedelia, tragen die wunderbaren Lyrics zum eigenen Herzen. Musikalisch erwartet uns ein waschechter Rocker als 'Fahrschein', während uns 'Papamesaiok' mit seinem mantrahaften Backing-Chor und knapp 9 Minuten Länge in Trance versetzt. 'Saving Grace' er-gospelt sich mit seinem Orgelsound eine ganz eigene Stimmung und das Spektrum reicht bis zu 'Country', bei dem der Name Programm ist.
Mit unverkennbarer Stimme und meisterhafter Lyrik führt uns Tom Liwa durch die Turbulenzen des Lebens. Der geneigte Hörer kommt von dieser Songreise ein Stück reicher in sich selbst zurück.
(www.bett-club.de)
Wir & wir
Erste Worte. Sie können trügerisch sein oder eine Freundschaft fürs Leben einleiten. Bei Tom-Liwa-Platten darf man vieles erwarten, und das gilt natürlich erst recht, wenn sich die Flowerpornoes mit ihrem zweiten Post-Reunion-Album zurückmelden: "Meine Schwester und ich und das Licht über Seeheim / Wir laden uns jemand Gefährlichen zum Tee ein / Verlieben uns Hals über Kopf in ihn / Selber verblüfft, wie verwegen und stolz wir sind." Dass derart verquere Poesie dann auch noch das Sentiment streichelt, liegt an Liwas unkaputtbarer Kleinjungenstimme. Und wohl auch ein wenig an der bei "Chasing cars" entlehnten Melodie. Dass Liwa diesen Snow-Patrol-Song mag, weiß man ja spätestens seit "Eine Liebe ausschließlich".
Doch schnell verweht sich die Erinnerung daran in offenen Moll-Akkorden und wolkigen Chorgesängen der Band. Das Geklingel von "Pazifika" umgarnt Liwas metaphernschwangere Lyrik, die zwischen Downloads, Zaubertricks und Erotik auch noch Platz für Selbstironie findet. Die Konsumkritik von "Saving grace" mündet in einem Gospel für Mama. Wer Liwa dann aufgrund der naturverbundenen Entspannung aus dem Opener "Das Wort Erde" oder der folkigen Verlorenheit "Land" einen Hippie zeihen will, wird sich dennoch kaum seinen Zorn zuziehen.
Liwa singt lieber von verstrahlten Menschen wie Tangerine Tom, der im wunderbaren "Chinese Inca" über die Wohlgerüche von in Wald kopulierenden Bären philosophiert. Er schickt "Chris" Licht auf die dunkle Seite des Mondes und rätselt mit ihm: "Sterne sagt, bin ich glücklich / Oder nur stoned?" Zu mahnendem Mäandern fliegt Liwa mit "Frida" durch die Stadtteile Duisburgs, um sich dann im Tunnel der Karl-Lehr-Straße von ihr zu verabschieden. Kein Wort von der Love Parade, das wäre viel zu konkret für den alten Mystiker. Stattdessen gleitet "Ich liebe Menschen wie Ihr" mit Querverweisen auf Kevin Ayers und Dylan Thomas genüsslich in Richtung Psychedelik, und so huldigen die Flowerpornoes mit verschlepptem Wabern dem "Schlafkönig" oder mantrafizieren ein Kinderlied in den irrlichternden 7/4-Takt von "Papamesaiok": "Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm / Es ist unglaublich schlau und darum stellt es sich dumm."
Nach der unverhofften Rückkehr mit "Wie oft musst du vor die Wand laufen, bis der Himmel sich auftut?" können die Flowerpornoes also ein zweites Mal ihre erhabene Unfertigkeit rekonstruieren. Das berührende Zerfasern und Ausfransen ihrer Musik beherrscht die Band immer noch. Damals hätten sie sich allerdings kaum an einen reinrassigen Countryschlager gewagt und diesen gar "Country" genannt. Doch wenn Alexandra Gilles-Videla nun mit ihrem klarem Alt Zeilen wie "In mir fließt der endlose Fluss / Statt Blut" singt, spürt man die gleiche zauberhafte Wärme wie damals in "Unten am Fluß" oder "Baumwolldrachen". Und dann verrät Liwa noch den Grund für seine relaxte Entrücktheit: "Sind die Menschen auch seltsam, kein Problem / Die Berge und Flüsse sind schon lange hier / Und werden viel länger bleiben als wir."
(Oliver Ding, www.plattentest.de)