#2: Motorpsycho and
Ståle Størlokken: "The Death Defying Unicorn"
(Stickman, Feb. 2012) |
Ich habe keine Ahnung, wie Motorpsycho es schaffen, schon wieder so
ein Monster von einem Album vorzulegen! Wieder ist es ein Doppelalbum
(über 80 Minuten!), dieses Mal zusammen mit dem Keyboarder Ståle
Størlokken und der Unterstützung von Bläsern
und Streichern erschaffen, das man ungestraft Konzeptalbum
nennen darf und das allen Progrockern zeigt, wo der Hammer hängt.
Bestes Motorpsycho-Album aller Zeiten? Vielleicht! Bestes Album 2012?
Schon möglich!
Ich werde nach weiterem intensivem Hören bald sicherlich meine
Verzückung in noch mehr Worte packen und Euch bis dahin erstmal
mit einem kleinen provokanten (?) Namechecking trösten: Motorpsycho
klingen auf diesem Album wie eine Kreuzung aus Motörhead
(ohne Lemmys "Gesang") und King Crimson (ca. 1970).
Eigentlich braucht ein motorpsychodelisches Progrock-Konzeptalbum
ja ein buntes Fantasy-Artwork. Dem besonderen Motorpsycho-Humor ist
es aber zu verdanken, dass dieses innen und nicht aussen
auf der Hülle zu finden ist.
(17.02.2012)
Konzerthighlight: Stollwerck, Köln,
17.04.2012: Das war ein wirklich großartiges Konzert! Zwar
waren Motorpsycho schon immer eine der besten Livebands die ich
kenne, aber zusammen mit dem Keyboarder Ståle Solbakken
(sorry, das ist ein ganz anderer Norweger mit Köln-Bezug) lassen
sich kaum noch Superlativen finden. Deshalb vielleicht nur ein paar
kleine, vielleicht unwichtige Eindrücke: Keyboarder Ståle
Størlokken trat mit echter Hammond-Orgel und im weißem
Rick-Wakeman-Gedächtnis-Umhang auf, Sänger Bent Sæther
hatte tolle Bässe dabei, u.a. einen historischen 8saiter, bei
dem ihm prompt eine Saite riss (bei 8 Saiten wohl nicht so schlimm).
Gitarrengott H.M. Ryan hatte die berühmte Gibson-Doppelhalsgitarre
im Einsatz. Der den Altersdurchschnitt der Band stark senkende Trommler
Ken Kapstad hatte ein riesiges, weißes Schlagzeug mit
doppelter Basstrommel, die er im Unterschied zu vielen Metallern
auch sinnvioll einsetzen konnte. Nach etwa zwei Stunden und ohne
Atempausen war das Doppelalbum komplett durchgespielt und es gab
noch Zugaben. Die erste, "Starhamer" vom ebenfalls grandiosen
Album "Heavy Metal Fruit",
konnte ich mir noch anhören, dann musste ich leider los, um
noch die letzte Straßenbahn zu erwischen. Meine Ohren klingelten
den ganzen Weg nach Hause und auch noch am nächsten Morgen.
Aber ich war zufrieden.
(18.04.2012)
Der Spitzenplatz für meine Lieblinxnorweger stand eigentlich
lange fest und meine Begeisterung vom Frühjahr ist nicht erblasst.
Das konnten nach diesem perfekten Doppelalbum und dem Wahnsinnskonzert
dann auch wirklich nur Kid Kopphausen
übertrumpfen.
(31.12.2012)
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Die grandiose, bombastische, alles niederwalzende Wiedergeburt des Progressive Rock. Die Stil-Schranken-zerschmetternde Rückkehr des kolossalen Konzeptalbums. Mehr als 80 bis an den Rand gefüllte Minuten einer Rock-Genialität, die jeglichen Atem raubt. Kurz: Das Magnum Opus von Motorpsycho. Entschuldigt die Häufung von Superlativen, aber selbst der Motorpsycho-Kenner und -Verehrer gerät ins Schlingern, angesichts dieses voluminösen Wahnsinns, der in allen Belangen nur von Größe und Schönheit kündet. Im ansprechend dicken Mehrfach-Klapp-Digipak (wahlweise auf wertem Doppel-Vinyl) kommt ein Ausnahmewerk daher, das selbst im reichen Katalog der norwegischen Rock-Grenzgänger einzigartig ist. Mehr als zwei Jahre der Entwicklung steckt in dem Projekt, dass das Trio gemeinsam mit dem Keyboarder & Komponisten Stale Storlokken erarbeitete, fast dreißig Musiker, darunter das Trondheim Jazz Orchestra und das Ensemble Trondheimsolistene, erschufen das aus 13 kunstvollst konzipierten Epen bestehende Opus, das mir den Glauben an die unstillbare Lebendigkeit und kreative Kraft des Progressive Rock wiedergibt. Obwohl zahlreiche, orchestrale klassische Motive verwandt und mannigfache, gern auch lustvoll disharmonische Jazz-Querverweise verarbeitet werden, ist das Konzeptwerk kein mehrfach durchgekautes, nach Zahlen gemaltes Rock meets Klassik meets Jazzalbum, sondern ein lebendiges, vielfältig schillerndes, aus allen Schubladen berstendes, dennoch natürliches Amalgam geworden, das mit Metall-harten oder bös-verzerrten Blues-Gitarren, machtvollem Schlagwerk, mitreißendem Gesang, Klarinetten-Kaskaden, Saxophon-Salven und breitester Blech-Blas- und Streich-Orchester-Allmacht dem final ergötzten Hörer die Sinne raubt. Kaum in einem einzigen Hörgang zu erfassen, gewinnt der vor Ideen platzende Progressive-Rausch mit jedem neuen Zusammentreffen, wobei nur der komplette Genuß auch der volle Genuß ist. Herrlich, dass mich nach den Jahrzehnten des aktiven Musikhörens ein neues Album noch derart überfahren, mitreissen und beglücken kann. Ein Mammut-Meisterwerk. (cpa)
(Glitterhouse)
Die jazzig-spacige ProgRock-Opera-Vertonung einer dem Unheil geweihten Odyssee par excellence. Obendrein eine fantastische Motorpsycho-Platte: "The Death Defying Unicorn".
Die umsichtigste Herangehensweise an ein neues Motorpsycho-Album ist seit jeher der Versuch, das Unerwartete zu erwarten, da die Vorweginformationen über das Schaffen der drei Norweger zumeist etwas irrige Vorstellungen wecken. So lauteten diese diesmalig, dass es sich bei "The Death Defying Unicorn" um ein Kollaborationswerk mit dem Jazz-Keyboarder Ståle Storløkken mit Jazzorchester und Streicher-Oktett im ganz großen konzeptuellen Prog-Rock Stile handele. So weit, so gut, doch reicht diese Umschreibung nicht einmal ansatzweise an die kaum glaublich grandiosere Realität heran.
Wie jüngst im motor.de-Interview bereits angemerkt, war das Grundgerüst für das Konzeptalbum in seiner ursprünglichen, orchestraleren Form für das Trio ein Novum, an das sie dann noch einmal verrockte Hand angelegt haben. Das Endprodukt kann nur als fantastische Synthese aus klassischen, jazzigen und rockigen Elementen bezeichnet werden, das sich in keiner Sekunde in die generisch-überkandidelter-ProgRock-Schublade versenken lässt. "The Death Defying Unicorn" ist die Geschichte einer Odyssee, die keinen besonders glücklichen Verlauf nimmt. Klanglich wundervoll untermalt; latente Bedrohung und Verzweiflung sind durchweg spürbar, jeder Ausbruch in akustischem Bombast nach dräuendem Spannungsaufbau gestaltet sich geradezu als eine Erlösung.
Da es sich um ein wunderbar rundes Konzeptwerk handelt, fällt es besonders schwer einzelne Stücke herauszugreifen, und dies, obschon die Einteilung in dreizehn Tracks gegenüber einer Spielzeit von 84 Minuten für Motorpsycho geradezu zivile Verhältnisse sind. Die arg trippigen Rockgewitter in "Through The Veil", "Into The Gyre" und den Abschluss-Tracks "Mutiny!" und "Into The Mystic" schicken ungeheuer kraftvoll nach sehr weit draußen, während die instrumentalen und jazzlastigen Parts, wie im Opener "Out Of The Woods" unglaublich Nerven aufreibende und fast schon klaustrophobische Zustände hervorrufende Bedrohung implizieren. Neben den Streichern leisten hier die Bläser sehr gute Dienste, alleine die Klarinette sorgt für eine ganz neue Ebene der spookiness.
Trotz seiner Länge ist "The Death Defying Unicorn" jedoch ungemein kurzweilig. Während die Platte beim ersten Durchlauf noch etwas schwieriger greifbar zu sein scheint, löst sich dieser Schwebezustand der Ungewissheit spätestens beim zweiten in absolutes Wohlgefallen auf und was in dieser norwegischen Alchemistenhütte so formvollendet an Epischem zusammengebraut wurde, gerät sehr schnell zum Suchtmittel.
Wohl liegen Analogien zwischen diesem Album und Werken von King Crimson und den frühen Genesis gar nicht einmal so fern, zumal es wirklich viele hübsch eingeschweißte Anlehnungspunkte an den klassischen ProgRock bietet. Allerdings geht es noch weit darüber hinaus: Es ist eine Motorpsycho-typisch untypische Platte. Die Lust am Spiel, am Experiment, am Eingehen einiger wohltaxierter Wagnisse ist zu jedem Zeitpunkt deutlich zu vernehmen und ein Angebot, von dem sich nicht alleine eingefleischte Psychonauten werden mitreßen lassen. "The Death Defying Unicorn" ein verflixt gutes Album.
(Stephan Sauer, www.motor.de, 10.02.2012)
Zwei Jahre nach dem umjubelten, hochkomplexen und ausufernden Heavy Metal Fruit gehen Motorpsycho noch einen Schritt weiter. In Richtung Prog, in Richtung psychedelischer Rockoper, in Richtung Rockolymp. Geht das? Und vor allem: Geht das gut?
Diese Musik hat eine Tiefe, die The Death Defying Unicorn zum vielleicht bedeutsamsten, sicher aber auch zum angreifbarsten Album der Bandgeschichte machen. Denn wer kann das hier noch verstehen? Außer denen, die Motorpsycho verstehen? Höchstwertung – in diesem Fall das Minimum.
(VISIONS, 12/12 Punkten)
Gut, absolut gelungen, macht Spaß – Auch alten Fans verlangt „The Death Defying Unicorn“ hier und da ein wenig Eingewöhnung ab, entlohnt die Arbeit aber, wie gewohnt, tausendfach. Schön, dass man sich auf manche Dinge im Leben einfach noch verlassen kann.
(INTRO)
Große Grunge-Jazz-Avantgarde-Rockoper! (Good Times, April / Mai 2012)
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#3: Flowerpornoes: "Ich Liebe Menschen Wie Ihr" (GIM, Nov. 2012) |
Tim Liwa habe ich als Songschreiber immer schon geschätzt,
im Grunde bereits seit den frühen Tagen der Flowerpornoes in
den "guten alten 80ern" - sowohl in qualitativer,
als auch in quantitativer Hinsicht. Bei den zahlreichen
Soloalben war ich zwar nicht immer aufmerksam dabei, bei den spärlicher
gewordenen Bandalben aber schon. Das "Comeback"-Album
"Wie Oft Musst Du Vor
Die Wand Laufen Bis Der Himmel Sich Auftut?" vor etwa 5
Jahren kam sehr überaschend und war schon sehr gut. Und jetzt
kommt "Ich Liebe Menschen Wie Ihr", ist
noch überraschender und noch viel besser! Die Texte sind großartig
(so wie immer!), die Songs gut, aber es ist vor allem ein Bandalbum,
dem man anhört, dass Liwa, Keyboarderin Birgit Quentmeier,
Bassist Markus Steinebach und der neue Drummer Guiseppe
Mautone (ein echter Italiener?) im Studio richtig gut zusammengearbeitet
haben und richtig gut zusammenklingen. Nicht "gut"
im klassischen Sinne wie bei Prefab Sprout oder Steely
Dan, sondern eher "genial schlampig",
was aus meinem Munde natürlich als Kompliment gemeint ist.
Das war auf dem Vorgängeralbum noch nicht so.
(18.11.2012)
Ein richtig gutes Flowerpornoesalbum - das war dann doch eine kleine
überraschung. Zwar stand ich Tom Liwa und seiner Band
schon immer wohlwollend gegenüberstand, aber in der Vergangenheit
waren die Alben meist nur im Bereich von "geht so" bis
"ganz gut" anzusiedeln. Das eine oder andere Mal mußte
ich die Band wegen schlampig gespielter Konzerte auch schon mal
vor meinen noch kritischeren Freunden in Schutz nehmen. Aber jetzt
stimmt alles - und "genial schlampig" ist das immer noch.
Zum Glück.
(31.12.2012)
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2012er Rückkehr des Tom Liwa-Quartetts, welches alle paar Jahre wieder zum Leben erweckt wird, um Liwas Band-Phantasien Raum zu geben. Gemeinsam mit Markus Steinbach, Birgit Quentmeier und Giuseppe Mautone wurden die 14 neuen Songs eingespielt, Antje Volkmann produzierte und Tobias Levin (auch durchseien arbeit für Tocotronic und Gisbert zu Knyphausen bekannt) sorgte abmischend für den finalen Wohlklang.
(Glitterhouse)
Tom Liwas Flowerpornoes sind wieder da! Die Kultband aus Duisburg veröffentlicht ihr neuestes Werk 'Ich liebe Menschen wie ihr'.
Die Heimatstadt der Flowerpornoes ist Duisburg. Laut Mastermind Tom Liwa, eine Stadt, in die niemand freiwillig zieht, - es sei denn der Liebe wegen. Seit ihrer Gründung finden die Flowerpornoes musikalisch den Ausdruck für genau diese Liebe und bringen Liwas Sicht der Dinge poetisch auf den Punkt. Die bisher veröffentlichten Alben der Flowerpornoes sind allesamt bereits als Meilensteine in die Musikgeschichte ihres Genres eingegangen. Konsequent ihren bisherigen großen Werken folgend, spiegeln Texte und Musik in ihrer herzlichen Entrücktheit die konsumkritische Haltung von Bandkopf Tom Liwa und seinen Flowerpornoes auch auf der vorliegenden Produktion wieder. 'Ich liebe Menschen wie ihr' ist ein weiteres Glanzlicht in ihrem großartigen Gesamtwerk.
Produziert wurde 'Ich liebe Menschen wie ihr' von Antje Volkmann. Das Mischen übernahm Tobias Levin, der auch schon bei 'Tocotronic' oder 'Gisbert zu Knyphausen' für den Sound verantwortlich zeichnete.
Mit den Geistern von Beuys und Barrett als Reisebegleitern geht es der musikalischen Bestimmung, die Welt aktiv zu erträumen, entgegen. 14 Songs deren Texte dem Hörer die Gelegenheit geben, das eigene Leben aus neuen und manchmal auch ungewohnten Blickwinkeln zu betrachten. Die Reise der jeweiligen Geschichten beginnt an ungewöhnlichen Orten. Gleich zu Begin schleudert uns 'Das Wort Erde' direkt auf einen Ast inmitten eines reißenden Flusses; Ein Busbahnhof in den Anden ('Land'), eine Parkbank auf der dunklen Seite des Mondes ('Chris') und der Tunnel der Love Parade Katastrophe ('Frida') sind weitere Schauplätze.
Flimmernde Melodien und Flowerpornoes-typische Arrangements, zwischen hippiesker Leuchtkraft und rockiger Psychedelia, tragen die wunderbaren Lyrics zum eigenen Herzen. Musikalisch erwartet uns ein waschechter Rocker als 'Fahrschein', während uns 'Papamesaiok' mit seinem mantrahaften Backing-Chor und knapp 9 Minuten Länge in Trance versetzt. 'Saving Grace' er-gospelt sich mit seinem Orgelsound eine ganz eigene Stimmung und das Spektrum reicht bis zu 'Country', bei dem der Name Programm ist.
Mit unverkennbarer Stimme und meisterhafter Lyrik führt uns Tom Liwa durch die Turbulenzen des Lebens. Der geneigte Hörer kommt von dieser Songreise ein Stück reicher in sich selbst zurück.
(www.bett-club.de)
Wir & wir
Erste Worte. Sie können trügerisch sein oder eine Freundschaft fürs Leben einleiten. Bei Tom-Liwa-Platten darf man vieles erwarten, und das gilt natürlich erst recht, wenn sich die Flowerpornoes mit ihrem zweiten Post-Reunion-Album zurückmelden: "Meine Schwester und ich und das Licht über Seeheim / Wir laden uns jemand Gefährlichen zum Tee ein / Verlieben uns Hals über Kopf in ihn / Selber verblüfft, wie verwegen und stolz wir sind." Dass derart verquere Poesie dann auch noch das Sentiment streichelt, liegt an Liwas unkaputtbarer Kleinjungenstimme. Und wohl auch ein wenig an der bei "Chasing cars" entlehnten Melodie. Dass Liwa diesen Snow-Patrol-Song mag, weiß man ja spätestens seit "Eine Liebe ausschließlich".
Doch schnell verweht sich die Erinnerung daran in offenen Moll-Akkorden und wolkigen Chorgesängen der Band. Das Geklingel von "Pazifika" umgarnt Liwas metaphernschwangere Lyrik, die zwischen Downloads, Zaubertricks und Erotik auch noch Platz für Selbstironie findet. Die Konsumkritik von "Saving grace" mündet in einem Gospel für Mama. Wer Liwa dann aufgrund der naturverbundenen Entspannung aus dem Opener "Das Wort Erde" oder der folkigen Verlorenheit "Land" einen Hippie zeihen will, wird sich dennoch kaum seinen Zorn zuziehen.
Liwa singt lieber von verstrahlten Menschen wie Tangerine Tom, der im wunderbaren "Chinese Inca" über die Wohlgerüche von in Wald kopulierenden Bären philosophiert. Er schickt "Chris" Licht auf die dunkle Seite des Mondes und rätselt mit ihm: "Sterne sagt, bin ich glücklich / Oder nur stoned?" Zu mahnendem Mäandern fliegt Liwa mit "Frida" durch die Stadtteile Duisburgs, um sich dann im Tunnel der Karl-Lehr-Straße von ihr zu verabschieden. Kein Wort von der Love Parade, das wäre viel zu konkret für den alten Mystiker. Stattdessen gleitet "Ich liebe Menschen wie Ihr" mit Querverweisen auf Kevin Ayers und Dylan Thomas genüsslich in Richtung Psychedelik, und so huldigen die Flowerpornoes mit verschlepptem Wabern dem "Schlafkönig" oder mantrafizieren ein Kinderlied in den irrlichternden 7/4-Takt von "Papamesaiok": "Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm / Es ist unglaublich schlau und darum stellt es sich dumm."
Nach der unverhofften Rückkehr mit "Wie oft musst du vor die Wand laufen, bis der Himmel sich auftut?" können die Flowerpornoes also ein zweites Mal ihre erhabene Unfertigkeit rekonstruieren. Das berührende Zerfasern und Ausfransen ihrer Musik beherrscht die Band immer noch. Damals hätten sie sich allerdings kaum an einen reinrassigen Countryschlager gewagt und diesen gar "Country" genannt. Doch wenn Alexandra Gilles-Videla nun mit ihrem klarem Alt Zeilen wie "In mir fließt der endlose Fluss / Statt Blut" singt, spürt man die gleiche zauberhafte Wärme wie damals in "Unten am Fluß" oder "Baumwolldrachen". Und dann verrät Liwa noch den Grund für seine relaxte Entrücktheit: "Sind die Menschen auch seltsam, kein Problem / Die Berge und Flüsse sind schon lange hier / Und werden viel länger bleiben als wir."
(Oliver Ding, www.plattentest.de)
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#4: Graham Parker & The Rumour: "Three Chords Good" (EMI/Primary Wave, Nov. 2011) |
Nach über 30 Jahren ein neues Album einer der besten britischen
Pubrockbands in Originalbesetzung! Graham Parker hat es tatsächlich
geschafft, ein komplettes Album mit Liedern in bester Tradition
von "Heat Treatment"
und "Squeezing Out Sparks"
zu schreiben und dafür die komplette Band der ersten Stunde
wieder zusammenzuholen: Brinsley Schwarz und Martin Belmont
an den Gitarren, Bob Andrews an den Tasten, Andy Bodnar
am Bass und Steve Goulding hinter den Trommeln. Zwar hat
keiner der Beteiligten noch sonderlich viel Haare oben auf dem Kopf
(nur Brinsley fällt da ein ganz klein wenig aus dem
Rahmen!), aber die Burschen spielen so gut und so frisch, als wäre
es immer noch 1976, als Pubrock starb und Punkrock geboren wurde!
Nostalgie? Nein. Eher zeitlose, gute Rockmusik. Wunderbar.
(15.12.2012)
Alte Männer machen gute und frische Musik - gut zu wissen
und gut zu hören, dass so was geht. Da kann man gut gelaunt
- und vielleicht auch etwas gemein - ausrufen: "Joe Cocker:
f### Dich in´s Kn##!"
(31.12.2012)
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"Three Chords Good" ist ironischerweise so gut, weil Parker nach langer Zeit nicht bloß viele solide Songs mit drei Akkorden für sich selbst und drei Musiker schrieb, sondern mit Martin Belmont und Brinsley Schwarz zwei Gitarristen und mit Bob Andrews sogar einen Organisten zu beschäftigen hatte. (...) Fantastisches Album.
(Rolling Stone, Februar 2013)
"Three Chords Good" reiht sich ... ein in die Serie reifer Musik-Statements, mit der einige Herren der ersten und zweiten Stunde zurzeit dem Genre huldigen.
(stereoplay, Juni 2013)
Mit "Three Chords Good" liefern die sechs Oldies ein Alterswerk, das die Qualität früher Alben birgt. (...) Ein solides bis starkes Comeback in knackigem Sound - mit dem Dylan-esken "Coathangers" als zackigem Highlight.
(Audio, Juli 2013)
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#5: Garland Jeffreys: "The King Of In Between" (Big Lake/Luna Park, Juni 2011 * Mai 2012) |
Völlig überraschend und mit seinem ersten Album seit 1997
ist einer meiner Lieblinx-New-Yorker (weit vor Lou Reed,
der hier sogar bei einem Lied im Hintergrund mitgrummelt) zurückgekehrt.
Ich kenne kaum einen Künstler, der dermassen überzeugend
die unterschiedlichsten Stile (vor allem Rock, Folk, Soul und Reggae)
zusammenbringen kann. Welcome back, Matador! Und lass uns bitte
nicht bis 2027 auf die nächste Platte warten.
(10.05.2012)
Kann man scheinbar unverträgliche Zutaten mischen, ohne einen
Potpourri der Beliebigkeit zu erschaffen? Mit den richtigen Songs,
der richtigen Stimme und der richtigen Haltung in jedem Fall!
(31.12.2012)
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Nach 14 Jahren ein neues Werk, überhaupt erst sein 10. Album in über 40 Jahren. Zur Hälfte mit einer Band feat. Larry Campbell (Dylan, Joe Henry, Levon Helm, Buddy/Julie Miller, Ry Cooder), Steve Jordan (Steely Dan, Stones, Neil Young..), Duke Levine (u.a. Mary Chapin Carpenter), Brian Mitchell (Levon Helm, Jeff Buckley..), außerdem u.a. Hugh McCracken (die halbe Pop-Welt). Große Bandbreite, wohlsortiert in der Abfolge: Völlig zeitloser melodischer Rock, 2x ein bischen a la Stones der späten 70er (mit einem Hauch Pop bzw. ähnlich „Miss You“), funky mit einer Prise Disco/Curtis Mayfield, ein rockig-bluesig grundierter Block in der Mitte (incl. Boogie Rock meets Bob Dylan-Talking Blues), eingerahmt von (natürlich) 3 schönen warmen Reggae-Songs in dezent poppiger Färbung (2 davon mit Bläsern im Vordergrund, generell bleibt er eher gitarrenbetont), gefolgt von sehr feinem akust. Folk Blues, eher rockigem handfestem Reggae, und sehr melodischem organischem unaufdringlich groovendem Multi-Roots-Pop. Sympathisches Album!
(Glitterhouse)
Garland Jeffreys, in Deutschland noch am ehesten für seine Kulthits "Wild In The Street" (vielfach gecovert und jüngst noch von Jeffreys mit Bruce Springsteen live gespielt) sowie "Matador" (1980) bekannt, zeigt sich in bestechender Form. Den roten Faden bilden auf "The King Of In Between" Jeffreys typisch aufgekratzter Falsettgesang und die Dringlichkeit, mit der er seine bissig gesellschaftsrelevanten Songtexte zum Besten gibt. Jeffreys lebt auf "King Of In Between" klar und luzide, souverän und selbstbewusst seine unterschiedlichsten musikalischen Vorlieben voll und ganz aus. Von Reggae ("All Around The World" nahm er mit Junior Marvin von den Wailers auf!) über Blues ("'Til John Lee Hooker Calls Me") und Ska ("She's A Killer") bis hin zu entfesselten Rocksongs ("I'm Alive") und cineastisch anmutendem Philly-Sound à la Curtis Mayfield ("Streetwise"). Mal meint man, Bob Dylan habe Pate gestanden ("Love Is Not A Cliché"), mal fühlt man sich an Elvis Costello erinnert ("The Beautiful Truth"), mal wird er von seinem alten Freund Lou Reed unterstützt ("The Contortionist"). Jeder Song für sich, co-produziert von Larry Campbell und abgemischt von Roy Cicala (Lennon, Springsteen), Koryphäe des legendären Record Plant Studios, ist von packender Eindringlichkeit. Große Songkunst, durchzogen von feiner, fast schon weiser Gesellschaftskritik. Ab Ende Mai ist Garland Jeffreys erstmals seit Jahren auch wieder live auf deutschen Bühnen zu sehen.
"I'm alive, I'm alive, I'm alive, not dead," sings Garland Jeffreys on his first release in 13 years. Repetitious? Sure, but it's a logical declaration since his albums are so sporadic -- this is only his third in nearly two decades -- most '80s fans have probably forgotten him entirely or, perhaps worse, think he falls into the onetime next-big-thing bucket who, despite critical praise and consistently challenging albums, never fulfilled that expectation. Jeffreys tends to focus his albums around a topic, with 1992's Don't Call Me Buckwheat geared toward race relations and 1997's Wildlife Dictionary mulling aspects of love and sex. This time out, he spotlights New York City, specifically his love for his hometown, although matters of mortality (the aforementioned "I'm Alive") and romance drift through song titles such as "The Beautiful Truth" and "Love Is Not a Cliché." The production by ex-Dylan associate Larry Campbell ranges from full-on rock & roll to more stripped-down, classic '70s Curtis Mayfield funk/soul on the epic "Streetwise" and, as usual for Jeffreys, short forays into credible reggae and even ska. In fact, "Roller Coaster Town" sounds like it could have slotted on an early Specials album. Like New York City, it's a mash-up of diversity that congeals into a logical whole through Jeffreys' distinctive and always impassioned vocals. The opening "Coney Island Winter" sets the tone, both musically and lyrically, as Jeffreys reminiscences about his youth in that section of New York City, wrapping his aging into the narrative of the amusement park that has rotted away, comparing its wintry crumbling with his own as he sings "don't want to die on stage with a microphone in my hand." It's a heavy concept with defiant, thumping drums pushing the melody like a pumping heartbeat. Old friend Lou Reed joins a background set of vocals, although he is barely recognizable on "The Contortionist," another unflinching look back at Jeffreys' life and mistakes made set against a singalong "doo doo" chorus readymade for audience participation. The singer expands his musical palette on a John Lee Hooker-styled boogie for the appropriately titled "Til John Lee Hooker Calls Me" that also namechecks Fats Domino, James Brown, Frank Sinatra, Bo Diddley, and Louis Armstrong, and again explores his sense of mortality with the lyrics "…not gettin' any younger/and I'm not feelin' very old." The closing Delta blues strips the sound down to just acoustic and electric guitars as Jeffreys mulls over his own death and what his life has meant. Regardless of the serious topics, Jeffreys' music is almost giddy in its approach, a perfect contrast to words that are generally far less joyful. It's a melancholy but never depressing 50 minutes that proves what an under-the-radar talent Jeffreys remains, and indicates that his best work might even be ahead of him. But not if he waits another 13 years to release it.
(by Hal Horowitz, All Music Guide)
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#6: Donald Fagen: "Sunken Condos" (Reprise, Okt. 2012) |
Von Donald Fagen kann man sich ungehört ein neues Album
kaufen und wird nicht enttäuscht - mehr muß ich eigentlich
nicht sagen.
(14.10.2012)
Kann man mit perfekten Zutaten etwas erschaffen, dass nicht steril
und beliebig klingt? Vielleicht nur, wenn man Donald Fagen ist.
(31.12.2012)
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Steely Dan Mitbegründer Donald Fagen ist bekannt für den ausgeprägten Jazz- und Funktouch in seinem Keyboard-Spiel. Auch seine Stimme erkennt man auf Anhieb: Die gewisse Coolness und die so gut wie Pathos-freie Intonation, führen zu einer leicht unterkühlten Eleganz, die voll und ganz das Attribut smooth verdient. Schon bei Steely Dan prägte Donald Fagen Sound und Stil maßgeblich.
Acht der neun Tracks auf Sunken Condos sind brandneue Eigenkompositionen Donald Fagens, die er zusammen mit Produzent Michael Leonhart in dessen New Yorker Studio produziert hat. In der einzigen Coverversion des Album beweist Fagen zudem ein feines Händchen und einen guten Geschmack, nämlich mit dem Isaac Hayes-Klassiker Out Of The Ghetto , der sich mit seinem funkigen Groove nahtlos in das Repertoire von Sunken Condos einfügt. Überdies greift Donald Fagen auf Mitmusiker zurück, die sich mit seiner speziellen Herangehensweise an Melodie und Rhythmus bestens auskennen. So sind auf dem Album neben Fagen selbst einige von Steely Dan bekannte Musiker zu hören, darunter Jon Herington , Freddie Washington und The Steely Dan Horns ¸ die für den typischen Sound sorgen, der längst zum Markenzeichen Fagens geworden ist.
Mit Sunken Condos schlägt Donald Fagen ein neues Kapitel in seiner seit 40 Jahren andauernden Karriere an. Seine ersten drei Studio-Alben The Nightfly (1982), Kamakiriad (1993) und Morph The Cat (2006) wurden bereits unter dem gemeinsamen Titel Nightfly Trilogy zusammengefasst. Aber, wie Fagen verlauten ließ, wird von nun an alles, was er tut, funky werden. Insofern darf Sunken Condos auch als ein zukunftsgebendes Signal zu verstehen sein.
Zusammen mit Walter Becker gründete Donald Fagen im Jahre 1972 die Band Steely Dan. Vor allem die Alben Can’t Buy A Thrill (1972) und Pretzel Logic (1974) sorgten für Hits und weltweiten Erfolg. Ab Pretzel Logic (1974) schmolz der Kern der Band auf Fagen und Becker zusammen, die bis 1980 vier weitere Alben aufnahmen. Mit Nightfly , das sich auf Anhieb auf Platz 11 der Billboard-Charts spielte, startete Fagensein Soloprojekt, das er zwar in großen Abständen, aber konsequent verfolgte, auch nachdem er und Becker Steely Dan mit Two Against Nature (2000) und Everything Must Go (2003) reaktivierten.
Fagens Songs sind metrische Wunderwerke an Präzision und Rhythmus, es wäre eine Untertreibung, die Arrangements als "komplex" zu bezeichnen.
(Rolling Stone, Oktober 2012)
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#7a: Tindersticks: "The Something Rain" (City Slang/Lucky Dog, Feb. 2012) |
Auf neue Alben der Tindersticks kann man sich immer
freuen und sie dann auch ungehört kaufen. Diese Band kann
anscheinend keine schlechten Platten aufnehmen. Ob es sich allerdinx
um eines der besten Alben der Band handelt kann ich nach dem ersten
Hören noch nicht sagen. Ist aber eigentlich auch egal.
(17.02.2012)
Chris Robinson hat es mit seiner Bruderschaft
ja durch einen kleinen Trick in meine Jahrescharts
geschafft: zwei gute Alben mit hoher Substanz schaffen quasi gemeinsam
den Sprung in´s Finale. Tinderstick haben im November
"The Somthing Rain" nochmal als Livealbum "San
Sebastian 2012" herausgebracht und mich dadurch nochmal
an die hohe Qualität des Studioalbums erinnert. Fast schon
aussortiert ging es also doch nochmal auf das erweiterte Treppchen!
(24.12.2012)
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Naheliegende Vermutung und haltlose Unterstellung zugleich: Jedes Mal, wenn ein neues Album der Tindersticks erscheint, möchte man meinen, die Männer um Stuart Staples hätten es sich, so gut es eben geht, bequem gemacht im samtigen Dämmerlicht ihrer verträumten Melancholie - die Welt ist schlecht und dauerhafte Besserung nicht in Sicht, die schwarzen Anzüge gebügelt und griffbereit, ein Königreich für den nächsten traurigen Trinkspruch auf ein Leben in Moll. Nur, nach Bequemlichkeit klingen ihre Platten eben nun mal nicht, wie auch die letzte ist die aktuelle das beste Beispiel für die immerwährende Suche nach neuen Ausdrucksformen, neuen Facetten und Spielarten einer - zugegeben - oft recht traurigen Weltbespiegelung. Wieder, wie schon beim Vorgänger "Falling Down A Mountain", das längste Stück gleich zu Beginn, hier das größtenteils lauschige "Chocolate" - nahe verwandt der ähnlich angelegten rezitativen Meditation "My Sister" vom genialen Debüt - neun Minuten inklusive gezügeltem Jazzintermezzo. "Show Me Everything" kommt gänzlich anders daher, satte Bluesgitarre, Gina Foster als souliger Backround. Dann mit "This Fire Of Autumn" und "Slippin` Shoes" zwei regelrechte Gute-Laune-Stücke, nur Staples` barmende Stimme sorgt hier für die Art von ernsthafter Dringlichkeit, die einem jeden Song der Tindersticks zu eigen ist. "Medicine", der vorausgesandte Ausblick auf dieses Album, hat an Stärke nichts verloren - "Medicine you are, medicine you need, ..." behutsames Raunen, der Beat pocht, das Cello weint und man selbst ist auch nicht mehr weit entfernt, gleich loszuheulen. Irgendwie passt hier alles zueinander, können die behutsam angedeuteten Diskorhythmen von "Frozen" problemlos neben der loungigen Kammermusik von "Come Inside" Platz nehmen - mühelos all das und am Ende irgendwie gar nicht mehr so düster wie in früheren Zeiten. Großer Wurf also, nahezu perfekt.
(mapambulo:blog)
Sie haben sich so sicher wie nie zuvor gefühlt, sagen die Tindersticks und tatsächlich: Mit "The Something Rain" ist der Band um Stuart A. Staples nicht nur eine ihrer besten Platten geglückt – sie gehen damit auch für den Titel ums "Album des Jahres 2012" ins Rennen.
Es ist ein alter Journalistenwitz den besten Longplayer des Jahres bereits zu Beginn der Saison auszurufen und die Sache obendrein bierernst zu meinen – im Falle von den Tindersticks stimmt es aber: "The Something Rain" erscheint dieser Tage mit solch ungeahnter Wucht, dass es als Ausrufezeichen einer Band angesehen werden darf, die es um jeden Preis noch einmal wissen will. Dabei mehren sich zugleich Stimmen, die den wackeren Briten Paroli bieten und Verfechtern der Platte klarmachen, dass das gesamte Werk wie ein Soundtrack zu einem Film anmutet, der mehr Arthouse als unterhaltsam sei – aber auch hinter dieser waghalsigen Zuschreibung steckt ein Funken Wahrheit.
Immerhin beginnt "The Something Rain" mit einem zehnminütigen Opener, der via gesprochenen Lyrics ein Leinwand-reifes Szenario liefert: Es geht um einen Abend aus der Sicht eines Mannes – dieser schlendert durch die Clubs, raucht Zigaretten, trinkt billigen Bourbon, lernt eine Frau kennen und obwohl er sich nichts mit ihr zu erzählen hat, landen sie bei ihr, verbringen die Nacht miteinander. Der Morgen danach ist dann die Fortsetzung auf Albumlänge – weil: Selten klangen die Tindersticks fokussierter, nahbarer und aufgeweckt-dringlicher als hier. Verglichen mit der Spielart, die der Vorgänger "Falling Down A Mountain" preisgab, ist "The Something Rain" ein Versuch über die Momente, die das Leben selten preisgibt.
Freilich erinnert das Ganze an die beiden ersten Werke Mitte der Neunziger, die mit Spiellängen jenseits der berühmten Dreiviertelstunde wie Alterswerke daher kamen – wenngleich die Macher rund um Stuart A. Staples taufrische Newcomer waren. Intelligent und weise vor den Jahren, so klangen ihre Alben allesamt und keines war je neben der Spur. Allein die Art und Weise, wie die Tindersticks regelmäßig Pomp mit Pop kombinieren, Saxofone niemals schwülstig klingen lassen und Staples' Stimme trotz Roger Whittaker-Anleihen gar zu den lieblichsten Songs einen idealen Gegenpart bildet, hinterlässt tiefe Spuren in den Herzen derer, die die Band seit Beginn verfolgen. Dem gegenüber steht die Frage im Raum: Wo wollen die Mannen 2012 hin?
Mit dem bereits erwähnten Vorgänger hat "The Something Rain" nämlich gemein, dass der Psych-Rock Einzug ins Werk erhalten hat und Staples vielleicht deswegen davon spricht, dass es zum zweiten Mal in der Karriere seiner Formation passiert wäre, das alle Beteiligten sich absolut sicher waren, es hier mit einem "in sich fertigem Album" zu tun zu haben. Das erste Mal muss beim 1995 veröffentlichen "Tindersticks (Second Album)" der Fall gewesen sein – welches die Marschrichtung des Debüts aufgriff und diese auf die Spitze trieb, perfektionierte. Reicht es auch diesmal für den Olymp zum Jahrgangsbesten?
Natürlich ist Musik kein Wettbewerb und doch geht es innerhalb der Kritik immer um ein Oben und Unten – die Tindersticks sind mit "The Something Rain" ganz oben angekommen, zum zweiten Mal in ihrer Karriere. Stuart A. Staples hat sich selbst übertroffen und Herrschaftszeiten: wer jetzt nicht schwelgt, dem ist nicht zu helfen.
(Marcus Willfroth, www.motor.de, 16.02.2012)
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#7b: Tindersticks: "San Sebastian 2012" (City Slang/Lucky Dog, Nov. 2012) |
Das komplette Album "The Something Rain",
aufgenommen am 23. März diesen Jahres in Spanien. Klingt richtig
gut und gibt es nur als Einzel-Vinyl oder als Bonus-CD zusammen mit
einer Neuauflage der Studioversion. Pech also, wenn man sich bislang
die schnöde CD gekauft hatte!
(23.12.2012) |
#8: Patti Smith: "Banga" (Columbia, Juni 2012) |
Ein neues Patti Smith-Album hatte ich gar nicht auf dem Zettel,
also war ich sehr angenehm überrascht, als ich vom neuen Album
erfahren habe. Zwar habe ich mich bei Neuerscheinungen in letzter
Zeit meistens für die Vinylausgabe entschieden, aber bei Banga
gibt es eine Special Edition der CD für eine
minimale Zusatzinvestition von einem Oiro als Hardcoverbuch, gebunden
in Leinen und mit Schutzumschlag, zusätzlichen Photos und Texten.
Aber das Wichtigste: Die Musik auf Banga ist wirklich
gut. Vielleicht kein neues "Horses",
aber auf jeden Fall besser als die neue Platte von Neil Young,
die ich gar nicht erst beabsichtige, in meine Plattensammlung einzureihen.
Dafür waren seine letzten Werke zu wenig nach meinem Geschmack.
Schau´n wir doch mal, ob ich diesen Verzicht durchhalten kann.
Ach ja - Patti covert hier zum Abschluß Neils "After
The Goldrush".
(26.06.2012)
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Ein musikalisch großteils eher versöhnliches/aggressionsloses, recht oft überraschend melodiebetontes Album. Und ausgezeichnete Melodien gibt es einige (z.B. der wunderbare Opener Amerigo)! Diverse tolle leicht slidende oder filigran verwehte/klangmalende Gitarren (Lenny Kaye, Tom Verlaine, Jack Petruzelli) auch. Ansonsten viel Piano, hier und da Streicher, Akkordeon, Mandoline, Orgel. Mal eher Pop, mal eher Rock, Fuji-San könnte mit den typischen vokalen Eigenheiten (im Übrigen: Richtig guter Gesang, incl. Spoken Word-Parts!) von Easter stammen, anderes erinnert entfernt an John Cale/Iggy Pop in den 70ern (scharf, manisch), an die Doors (post-psychedelischer Düstersound), atmosphärische Psychedelia, Velvet U. (suggestiv-einsaugend), sogar rootsiger Rock, 2 ruhige entspannte old-fashioned Walzer-Pop-Balladen incl. 50s-Touch und ein entzückendes dunkles zartes folkiges Gespinst kommen vor. Und Neil Youngs After The Gold Rush, das sie singt wie ein eigenes Stück, als anrührende wunderschöne naturbelassene Ballade, ist klasse! (dvd)
(Glitterhouse)
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#9a: Chris Robinson Brotherhood: "Big Moon Ritual" (Silver Arrow, Juni 2012) |
Schwer nach den Grateful Dead, ca. "Europe
72" bzw. "Wake Of
The Flood", klingen der Ex-Black Crowes-Sänger
und sein fleissiger Assistent Neal Casal, beide inzwischen
genauso wie Bob Weir mit Jerry Garcia-Gedächtnis-Vollbart,
auf ihrem neuen Doppelalbum, das bei deutlich über einer Stunde
Laufzeit gerade mal 7 Lieder hat. Was mich natürlich nicht wirklich
stört, wie Ihr Euch vielleicht denken könnt. Der Küchenchef
empfiehlt die Vinylausgabe, garniert mit MP3-Gutschein.
(29.06.2012)
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Chris Robinson und seine Band "Brotherhood" planen das Erscheinen ihres Debut-Albums im Juni 2012. Die CD wird heißen Big Moon Ritual, und erscheint auf Silver Arrow / Megaforce Records. Vier Monate später soll bereits das Nachfolge-Album „The Magic Door“ auf den Markt kommen.
Die Band des „Black Crowes“-Sängers Chris Robinson besteht weiterhin aus Neal Casal (Gitarre), Adam MacDougall (Keyboards und Vocals), George Sluppick (Drums) und Mark Dutton (Bass und Vocals).
Chris Robinson über die Music der neuen Band: "This music is unashamedly what we're into. It's not a psych band because you have a Prince Valiant haircut and wear Beatle boots. It's psych because that's where our heads are. We want to make music that blossoms. We want to make music that sounds cosmic."
Nachdem die Black Crowes im vergangenen Jahr ihr vorläufiges Ende verkündet haben, blieb es nicht lange ruhig um die Gebrüder Robinson, Rich veröffentlichte bereits vor wenigen Monaten sein Soloalbum, Bruder Chris formierte bereits parallel zu den Black Crowes zusammen mit Neal Casal (guitar, vocals), Adam MacDougall (keys, vocals), George Sluppick (drums) and Mark Dutton (bass, vocals) die Band CHRIS ROBINSON BROTHERHOOD.
Weit mehr als 100 Shows hat die Band bereits zusammen gespielt und diverse Liveshows sind bereits als offizielle Bootlegs zu bekommen.
Das Debüt „Big Moon Ritual“ erscheint nun am 01.06. und bereits für September kündigt die Band mit „The Magic Door“, den Nachfolger bzw. vielmehr ein Ergänzungsalbum zu „Big Moon Ritual“ an. Produziert wurden beide Alben von Thom Monahan (Vetiver, Devendra Banhart, Papercuts)
Robinson selbst zeigt sich bereits jetzt mehr als zufrieden über seine neue Band:
"We really feel these records set the stage for another full year, where we'll see how far we can go with it. We already feel successful because we have the freedom to do what we want. And it's always cosmic. The times demand it"
Musikalisch wagt sich die Band noch weiter als die Black Crowes in Sachen Songfreiheit und Spielfreude vor, nicht selten fühlt man sich an Grateful Dead erinnert. Aus Sicht der Musiker spiegeln die kommenden Alben vor allem die aktuellen Hörgewohnheiten im Tourvan wider, in dem vor allem Neu!, Melanie, Flatt & Scruggs, Mel Tillis und Morton Subotnick in Dauerrotation laufen.
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#9b: Chris Robinson Brotherhood: "The Magic Door" (Silver Arrow, Sept. 2012) |
Ich grüble gerade, ob die "Magische Tür" denn
jetzt sogar noch besser ist als das "Großer
Mond Ritual", der im Juni erschienene und in den gleichen
Sessions aufgenommene vorzügliche Vorgänger.
(21.10.2012)
Nicht unbedingt besser, aber gleich gut! Beide zusammen schaffen
in 2012 auf jeden Fall den Jahressieg im Mannschaftszeitfahren oder
im Staffellauf! Einziger Konkurrent war ja Neil Young mit
"Americana" und "Psychedelic Pill".
(25.11.2012)
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Die Wartezeit ist vorbei, drei Monate nach dem Debüt „Big Moon Ritual“ legen Chris Robinson Brotherhood mit „The Magic Door“ Album Nr. 2 nach.
Bereits parallel zu den Black Crowes gründete Chris Robinson zusammen mit Neal Casal (guitar, vocals), Adam MacDougall (keys, vocals), George Sluppick (drums) und Mark Dutton (bass, vocals) die Band CHRIS ROBINSON BROTHERHOOD.
Weit mehr als 100 Shows hat die Band bereits zusammen gespielt und diverse Liveshows sind bereits als offizielle Bootlegs zu bekommen.
Nach „Big Moon Ritual“ legt die Band mit „The Magic Door“, den Nachfolger bzw. vielmehr ein Ergänzungsalbum zu „Big Moon Ritual“ nach. Produziert wurden beide Alben von Thom Monahan (Vetiver, Devendra Banhart, Papercuts).
Neben sechs CRB-Originalen gibt es auch ein Cover, “Let’s Go, Let’s Go, Let’s Go” von Hank Ballard.
Robinson selbst zeigt sich bereits jetzt mehr als zufrieden über seine neue Band:
"We really feel these records set the stage for another full year, where we'll see how far we can go with it. We already feel successful because we have the freedom to do what we want. And it's always cosmic. The times demand it".
Musikalisch wagt sich die Band noch weiter als die Black Crowes in Sachen Songfreiheit und Spielfreude vor, nicht selten fühlt man sich an Grateful Dead erinnert. Aus Sicht der Musiker spiegeln die kommenden Alben vor allem die aktuellen Hörgewohnheiten im Tourvan wider, in dem vor allem Neu!, Melanie, Flatt & Scruggs, Mel Tillis und Morton Subotnick in Dauerrotation laufen.
Direkt auf Big Moon Ritual folgendes Album, das war so gewollt, denn bei der 6 Tage Session im Januar 2012 spielte die Band 27 Songs und 97 Takes (also Mehrfachversio-nen) ein. Gestählt von einem Jahr on the road mit 118 Gigs floss die Musik quasi live im Studio aus ihnen heraus. Der Black Crowes Sänger wollte eine eingeschworene Truppe haben (nicht umsonst hat er sie Brotherhood getauft) und offensichtlich ist die mit Neal Casal (guitar, vocals), Adam MacDougall (keys, vocals), George Sluppick (drums) und Mark Dutton (bass, vocals) auch tatsächlich wie eine Familie zusammengewachsen. Das hat seine Wurzeln auf den Meilen zwischen Fillmore West und Topanga Canyon, ist durch und durch vintage und kommt offenbar bei den US Fans mordsmässig gut an. Denn 4 Abende in San Francisco’s Great American Music Hall muss man erstmal ohne Veröffentlichung ausverkaufen, auch wenn man mal bei den Black Crowes war.
Das erinnert tatsächlich stark an die Grateful Dead, gerockt wird schluffig und recht laidback, die Balladen kommen dreamy und kosmisch-psychedelisch, die Akkordfolgen und Soli scheinen auch schwer inspiriert von der Garcia/Weir Schule. Das eröffnet mit der goodtimey Hank Ballard Nummer Let’s Go, Let’s Go, Let’s Go (in der Tradition Good Lovin’ oder Promised Land), dicht gefolgt von Someday Past The Sunset, das klingt wie ein spätes Dylan-Stück im Dead-Gewand. Ab da wird es etwas kontemplativer, bei der 14-minütigen Vibration And Light Suite im Zentrum des Albums sehr spacig, teilweise jazzig, mit vielen Dynamikwechseln zwischen langsam pulsierenden Synthies und schnellem Gefrickel – sicher das Lieblingsstück des Keyboarders Adam MacDougall, der hier seine alten Gerätschaften zur Genüge von der Leine lassen kann. Das abschließende Wheel Don’t Roll kommt dann wie eine softe Version von Tulsa Yesterday, dem Opener von Big Moon Ritual, und ist Beweis dafür, dass beide Alben hintereinander gehört werden sollten, was in etwas auch der Länge eines durchschnittlichen CRB-Sets entspricht. So mancher hier wird mit der CRB seine neue Lieblings-band gefunden haben. Wie sagt Chris Robinson: “It’s psych because that’s where our heads are. We want to make music that blossoms. We want to make music that sounds cosmic.”
(rh, Glitterhouse)
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#10: Heidi Happy: "Hiding With Wolves" (Silent Mode, März 2012) |
Die junge Dame aus der Schweiz wurde mir von meinem Kumpel Wulf
während unseres gemeinsamen Trips durch die Weiten von Kalifornien
nähergebracht. Während Heidi vor allem durch Stimme, Gitarrenspiel
und Songwriting beindrucken kann, wird die Platte letztendlich durch
die Orchestrierung aus der Spielklasse von Robert Kirbys
Beiträgen zu den ersten beiden Nick
Drake-Alben zu einem echten Genuss. Wenn ich jetzt angestrengt
doch noch einen Makel finden soll: der Künstlername Heidi
Happy hätte mich im Plattenladen trotz des gelungenen
Covers wohl vom Reinhören in die Platte abgehalten.
(07.07.2012)
Wäre ich eine Frau, wirklich talentiert und hätte das
nötige Geld, um ein Orchester zu bezahlen, dann würde
meine Musik vielleicht so klingen, wie die von Heidi!
(29.11.2012)
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In ihrem dritten Album nimmt uns Heidi Happy mit auf einen fantastischen Traumflug. Neben der Band ist diesmal ein ganzes Orchester mit dabei, außerdem wilde Tiere und sehr viel Herz. Die Schweizer Künstlerin fliegt mit «Hiding With The Wolves» konsequent auf ihrer eigenen Bahn weiter. Die Schweizer Songwriterin überrascht mit einem mutigen Epos. «Hiding With The Wolves» ist weit mehr als eine Reihe mit Streichern untermalte Popsongs, sondern ein originelles musikalisches Kunstwerk für Band und Orchester, ein klassischer Soundtrack zu einem Kino der Gefühle. In Heidi Happys zauberhaften Welten fühlt man sich zuhause und wird von den Stimmungen überwältigt. Das Herzenserlebnis erinnert an den Meister Ennio Morricone, Joni Mitchell oder an den Sound von Frank Sinatra.
Das Coverfoto vermittelt optisch einen treffenden Eindruck davon, was uns musikalisch erwartet. Die darauf abgebildete Szenerie legt eine traumähnliche, poetische Klangwelt nahe - und Heidi Happy bestätigt diese Annahme auf ihrem dritten Album aufs Schönste.
(Stereo, Mai 2012)
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#11: Aimee Mann: "Charmer" (V2/SuperEgo, Sept. 2012) |
Aimee Mann gehört für mich zu den Künstlern,
von denen man/frau sich eine neues Album ungehört kaufen kann:
es gibt definitiv keine schlechte Aimee Mann-Platte - und auch "Charmer"
mach da keine Ausnahme. Beim ersten Hördurchgang fehlte mir zwar
der erhoffte sehr gute Ohrwurm, aber beim zweiten Durchlauf
war ich doch wieder zufrieden: Vielleicht ist kein neues "Save
Me" dabei, aber wirklich alle 10 Titel sind gut.
Kein einziger Ausfall. Wer kann sowas schon bieten, heutzutage? Ok,
das Cover ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig - aber
doch auch nicht so daneben, dass es auf die Seite "Ugly
Covers" gehört.
(23.09.2012)
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Vier Jahre nach „@#%&*! Smilers“ erscheint am 21.09.2012 endlich ein neues Album von Aimee Mann. „Charmer“, das achte Studioalbum, laut Mann von dem „Super Pop“ der 70er und 80er beeinflusst, wurde vom langjährigen Bandmitglied Paul Bryan produziert und zusammen mit Ryan Freeland (Ray LaMontagne, Bonnie Raitt) im Stampede Origin Recording Studio in Los Angeles aufgenommen. Neben Bryan unterstützten diverse Freunde und Kollaborateure (wie J. J. Johnson, Jebin Bruni und Jamie Edwards) Aimee Mann bei den Aufnahmen. Außerdem gibt es mit „Living A Lie“ ein herrliches Duett mit dem Shins-Frontmann James Mercer.
The long awaited new album from Aimee Mann, Charmer, will be released on Superego Records. Influenced by what Mann calls the “super pop” of the 70s and 80s, the album is her first release since 2008’s celebrated @#%&*! Smilers, which the BBC called “undeniably beautiful.” Of Charmer, her eighth studio album, Mann comments, “I’m fascinated by charming people and the whole idea of charm. It's hard to remember sometimes that there is usually an agenda behind the act of being charming, and that is what I'm most interested in. Is someone’s charm being utilized just to try and entertain people, make them feel special and interesting, or is there a more sinister purpose behind it? Sometimes I think ‘charm’ can just be another word for ‘manipulation.’” The album also includes a duet with James Mercer of The Shins on “Living a Lie.” Mann will support the new album with tour dates this fall. See reverse for tracklist.
Charmer was produced by longtime friend and band member Paul Bryan and recorded with Ryan Freeland (Ray LaMontagne, Bonnie Raitt) at Stampede Origin in Los Angeles. Bryan joins Mann on the album, among many other friends and collaborators including J. J. Johnson, Jebin Bruni and Jamie Edwards. Mann wrote all of songs on the album, though two, “Living a Lie” and “Soon Enough,” are collaborations with Paul Bryan and Tim Heidecker, respectively.
Mann began her solo career in 1993 with the album Whatever and made a name for herself through her independent success and the founding of her record label, SuperEgo. In addition to her solo work, she has appeared on many film soundtracks and composed the soundtrack for Paul Thomas Anderson’s much-lauded Magnolia. Since @#%&*! Smilers, Mann has performed for the President Obama and the First Lady at the White House, appeared as herself on the hit indie TV series Portlandia and fast become an internet darling. Named one of The Huffington Post’s “13 Funny Musicians You Should Be Following On Twitter,” Mann has gained a diehard social media following for her quick wit and stinging observation, much of which is reflected on the new album.
(aimeemann. com)
"Lange vier Jahre hat sich Aimee Mann Zeit gelassen für ihr neues Album. Doch die Wartezeit war es wert, mit Charmer bestätigt sie eindrucksvoll ihren Ruf als ungekrönte Königin des süffigen Pop mit anspruchsvollen Texten."
(Good Times, Oktober / November 2012)
Unbekümmert, ja unberührt von etwelchen Zeit-, Stil- und Geschmacks-Strömungen zelebriert die Singer-Songwriterin mit der einprägsam weich-warmen Stimme ihre Schönklang-Kunst, und so ist auch das erste Treffen mit dem 2012er Album für den Hörer & Verehrer wieder wie eine Art Heimkommen. Fast nichts hat sich geändert, die Gitarren – elektrische wie akustische – prägen weiterhin lässig das zurückgelehnte Klangbild, ein Hauch mehr Elektronik und Keyboard-Klang erweitert den klingenden Raum, Folk, Country, Beatles-Pop und dezenter Roots-Rock markieren die stilistischen Eckpunkte. Aber was zählt, sind die schon bei erstem Hören unvergesslichen Songs, die wieder ganz in den Höhen von Cigarettes & Red Vine schweben, und unwiderstehlich die Sinne des liebenden Lauschers erobern. Weich legt sich Aimee’s Stimme, oft in mehrstimmigen Harmonielagen, über das natürlich fließende Instrumentallager, und erschafft nahezu nebenbei Ohrwürmer von verführerischster Wirkung. Und wenn dann Shins-Frontmann James Mercer im Living A Lie-Duett stimmlich den George Harrison gibt, dann ist Mann’s Beatles-verwandte Schönklang-Vision wirklich perfekt.
(cpa, Glitterhouse)
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#12: Brokof: "Side By Side" (Goldrausch, Okt. 2012) |
Das neue Album meiner allerneuesten Entdeckung aus Berlin. Man kann
sofort hören, daß sich die Band in den letzten beiden
Jahren nach der Debüt-EP "a/b"
und der CD "Softly, Softly, Catchee Monkey"
in großen Schritten weiterentwickelt hat. Auch hier mehr Details
in den nächsten Tagen ...
(04.11.2012)
Ich erfahre gerade von meinem STTS-Kollegen
Mathias, dass Brokof am 18. Januar des neuen Jahres
im Weseler JZ Karo zu Gast sein werden. Da bin ich natürlich
dabei.
(06.11.2012)
Auch wenn ich mich eigentlich auf 10 Platten für meine Highlights
des Jahres beschränken wollte, so möchte ich doch diese
tolle Platte diese noch realativ neuen Band mit dazu nehmen. Statt
Detailanalysen zur Platte (kauft Euch die Platte gefälligst
selber und hört sie Euch an!) möchte ich lieber ein Loblied
auf den Mut und Ehrgeiz der Band anstimmen: die vier Musiker haben
nicht nur zusammen tolle Platten produziert, sondern auch ein eigenes
Tonstudio und ein eigenes Plattenlabel aufgebaut. Ich wünsche
ihnen dafür allen nur erdenklichen Erfolg!
(07.01.2013)
Konzerthighlight #1: JZ Karo, Wesel, 18.01.2013:
Sänger/Gitarrist Fabian Brokof und Gitarrist/Keyboarder
Arne Bergner waren bereits zum zweiten mal im Karo zu Gast,
dieses Mal allerdinx ohne Rhythmusgruppe und ohne Keyboard. Es wurde
aber auch so ein schöner Auftritt, denn gute Songs müssen
auch alleine zu Gitarrenbegleitung funktionieren - was die Brokof-Lieder
natürlich tun. Witzigerweise haben die beiden mich
nach dem Gig angesprochen statt umgekehrt, wie es sich eigentlich
gehört, denn sie hatten tatsächlich meine kleinen Bemerkungen
auf diesen Seiten über ihre schönen Platten gelesen und
sich sehr darüber gefreut! Fabian wollte sogar eine W4L-CD
haben, die ich ihm natürlich zugeschickt habe, wenn auch ohne
eigene Ambitinen "entdeckt" zu werden. Aus dem Alter bin
ich doch eher raus ...
(20.01.2013)
Konzerthighlight #2: Kulturhaus, Nürnberg,
10.04.2013: Beruflich hat es mich die Woche über mal wieder
nach Nürnberg verschlagen. Da schaue ich natürlich, ob
es abends eine Alternative zum Abhängen im Hotel gibt. Für
den 10. April war Andrea Schroeder
angekündigt, deren Glitterhouse-Debüt mir zwar gefallen,
wenn auch nicht aus dem Sessel gehauen hat. Beim Betreten des schönen
Gebäudes in der Nürnberger Altstadt lese ich auf dem Plakat:
"Support Fabian Brokof", mit dem ich ja
schon im Januar in Wesel ein Schwätzchen halten konnte. Dieses
mal habe ich Fabian angesprochen, der sich an unser
Treffen erinnern konnte (und Mathias schön grüßen
läßt!) und sich freute, in Nürnberg ein bekanntes,
wenn auch überraschendes Gesicht zu sehen. Ansonsten haben
die Brokof-Lieder auch mit nur einer Gitarre
sehr gut funktioniert. Zur W4L CD habe ich, schüchtern wie
ich nun mal bin, nicht weiter nachgefragt, obwohl mich seine Meinung
natürlich interessiert hätte.
(16.04.2013)
Mehr ...
"I was sitting out on my balcony." So lautet die erste Textzeile des zweiten Albums der Berliner Band Brokof. Das räumliche halb draußen, halb drinnen ist die passende Verortung dieser Band, bewegt sich ihre Musik doch zwischen Selbstreflexion und Weltbeobachtung. Teilnahme und Rückzug. Mitmachen und draufschauen. Hier sprechen Zeitgenossen, die hin und hergerissen sind zwischen den urbanen Aktivitäten und Versuchungen, und dem gleichzeitigen Nachdenken und Nachfühlen von Lebenskonzepten und Befindlichkeiten.
Brokof liefern den Soundtrack für eine Generation der Bedenkenträger zwischen Ratlosigkeit und Aufbruch. Der intime, authentische Ton kann die dreizehn neuen Songs zu guten Freunden werden lassen. Ein freundlicher, mal rockender, mal munter trabender Beat liefert den lebensbejahenden Grundrhythmus, und unaufgeregt thematisiert Songwriter und Namensgeber der Band Fabian Brokof Themen, die ihn stellvertretend für viele umtreiben.
Zwischen klassischer Singer / Songwriter-Tradition und Avantgarde scheint hier alles möglich, Brokof bleiben dabei immer ganz bei ihren Songs und zugänglich für den Hörer. Was bei Radio Eins, 917XFM und FluxFM (Heavy Rotation mit "Smile") schon sehr gut funktioniert, will jetzt raus in die Welt!
Das stimmt mich doch sehr zufrieden, dass es Bands gibt, die Folk, Americana und klassisches Singer/Songwritertum in völlig zeitloser Klasse vereinen können und dazu noch aus Berlin kommen. Dem Quartett Brokof hört man seine bundesdeutsche Herkunft jedenfalls nicht an, dies klingt klassisch und international, hat die richtigen Vorbilder (von Beatles bis No Depression) und vor allem ganz wunderbare Chorgesänge und mehrstimmige Harmony Vocals zu bieten. Schon der Opener ist ein gänsehautgenerierendes Folk-Pop-Wunder mit E-Piano zu akustischen Gitarren, vor allem aber diesem wirklich betörenden Satzgesang. Derartig hinreißende Nummern finden sich dann zwar erst wieder am Ende des dennoch gelungenen Albums (dem zweiten der Band) - „Oh Love“ könnte auch von den vorzüglichen Turin Brakes stammen. Und auch das Finale „When All Was Gone“ atmet den unsterblich sonnigen Psychedelia- Vibe von Crosby, Stills And Nash zu besten Zeiten. Aber auch die anderen Songs des Albums klingen nach mild-melancholischem Gitarren-Sound im herbstlichen Sommerlicht auf der Veranda. Erstaunlich reife Klasse für eine doch eher jüngere Band.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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auch gut ...
Laura Gibson: "La Grande" (City Slang, Jan. 2012) |
Vor etwas mehr als zwei Jahren hatte "Beasts
Of Seasons", das zweite Album dieser wunderbaren Sängerin
aus Portland/Oregon (woher sonst?), mein musikalisches Herz erwärmt,
nachdem ich sie im Duisburger Steinbruch im Vorprogramm von
Alela Diane kennengelernt hatte. Jetzt liegt der Nachfolger
auf meinem Plattenteller, wie immer bei City Slang mit MP3-Gutschein.
Beim ersten Hören bin ich aber trotz all der postiven Besprechungen
noch nicht so richtig begeistert, denn Laura hat die karge Instrumentierung
des Vorgängers gegen eine recht experimentelle Begleitung ausgetauscht,
die einen fast an Tom Waits denken lässt. Grundsätzlich
mag ich solche Rumpelklänge ja sehr, aber bei Mrs. Gibson stören
sie mich doch ein wenig. Warten wir mal ab ...
(21.01.2012)
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Mit der eigensinnigen Singer-Songwriterin hat eine weitere Perle Portlands ihren Weg in den City Slang-Schatz gefunden und sie dankt es dem neuen Heimathafen mit einem 10-Song-Reigen, der für ihre düsteren Verhältnisse vor Optimismus nur so strahlt. Wer aber die ersten beiden beeindruckenden Alternative-Folk-Alben des Tucker Martine-Schützlings kennt, der wird sich an die tiefe, fast schmerzliche Melancholie erinnern, die dunkel aus ihren wehen Weisen schimmerte, und so ist das 2012er La Grande für die Künstlerin wie für ihre treue Gefolgschaft ein mitreissender Sprung ins Licht. Zwar bleiben die Arrangements bei aller instrumental-abwechslungsreicher Vielschichtigkeit, ja flirrenden Farbigkeit stets dezent und durchscheinend, lugt leise Tragik auch in den fröhlichsten Momenten durch die Zeilen, ist die fragile, feine Feen-Stimme der bezaubernden Sängerin weiterhin der bestimmende Mittelpunkt der Filigran-Folk-Kunst, dennoch überwiegen die optimistischen Töne, das beschwingte Schweben, sogar luftig-leichtfüßiges Tanzen ist erlaubt. Dabei versteht es die begnadete Folk-Song-Schreiberin in ihrer Kunst vielerlei Wurzelwerk zu vereinen, Southern Gospel, Bluegrass, Roots-Rock, Desert-, Gothic und Alternative Country bilden die Basis, Elemente aus artifiziellem Folk-Pop und aus dem Barock werden kunstvoll mit eingewirkt, und so entsteht ein federleicht vielfarbig gewobenes Netz aus vielerlei akustischem und elektrischem Saitengespinst, Geigen und Kontrabass, bunt-polterndem Schlagwerk, Piano, Glockenspiel und Holz-Gebläse, welches kaum noch mit schmalen Worten zu fassen ist. Zur nachhaltigen Wirkung des Werkes trugen unter anderem gute Bekannte wie Adam Selzer (M. Ward), Joey Burns, Meric Long und Logan Kroeber (Dodos), Nate Query und Jenny Conlee (Decemberists) bei, aber es ist die faszinierende Frau im Fokus des Albums, die die Vielschichtigkeit des Albums prägt. Die kühl-kunstvolle Eleganz einer Leslie Feist, die wurzelnahe Natürlichkeit einer Gillian Welch, die spröde Schönheit einer Cat Power, gepaart mit 16 Horsepower-Intensität, knarzender Calexico-Bodenhaftung, Leonard-Cohen-Tristesse und Sufjan Stevens-Arrangement-Raffinesse – all das findet das offene Ohr in La Grande. Aber das tieferschürfende Hörer-Herz findet noch viel mehr.
(cpa, Glitterhouse)
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Penelope Houston: "On Market Street" (Glitterhouse, Jan. 2012) |
Die Ankündigung einer neuen Platte von Penelope Houston, meiner
"Folk-Queen" aus den frühen 90ern, war schon eine schöne
überraschung. Sofort wurde das für den 5. Januar des kommenden
Jahres angekündigte Album - natürlich als Vinylausgabe -
in Beverungen geordert - und kam sogar schon heute mit der Post! Grosse
Freude!!!
(29.12.2011)
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Die Folk Queen kehrt zurück! Nach sehr erfolgreichen Jahren auf Normal Records und bei den Brüdern Warner, einer kreativen Pause, persönlichen Rückschlägen und der Avengers-Reunion fokussiert die Songschreiberin aus San Francisco nun ihre Kraft auf ihre Solokarriere.
Der erste Song entstand bereits im Jahre 2004 – If You’re Willing – geschrieben in einem Hotel in Hamburg, wo sie gerade im Knust ihr Pale Green Girl Album promotete. Ihre Ehe ging zu der Zeit in die Brüche und die Jahre danach waren ein einziger Tumult - Scheidung, Unabhängigkeit, einen bemerkenswerten Gerichtsprozess um ihre Punk Band The Avengers, Rückkehr auf die Universität und stattliche neun Tourneen mit den Avengers, der Kultband aus SF. Intensive Erfahrungen, die als Inspiration für weitere Songs dienten.
So buchte sie während einer Sommerpause Zeit in den angesehenen Fantasy Studios in San Francisco (Berkeley, um genau zu sein), wo bereits so unterschiedliche Künstler wie Sonny Rollins, Green Day und Joanna Newsom ihre Platten aufnahmen. Hier versammelte sie eine Gruppe von Studio-veteranen um sich, die ihre Vision umsetzen konnten und On Market Street war geboren.
In Zusammenarbeit mit Co-Produzent Jeffrey Wood (Housemartins, Luka Bloom, Giant Sand) und Gitarrist und Langzeit-Kollaborateur Pat Johnson formte sie diese Songs zu epischen musikalischen Geschichten. Mit Hilfe der soliden Basis von Schlagzeuger Dawn Richardson (4 Non-Blondes, Tracy Chapman) und den gleitenden Tönen von Danny Eisenberg’s (Tiff Merritt, Ryan Adams, Jonathan Richman) Hammond B3-Orgel kreierten sie beeindruckende Kulissen für Songs wie "If You're Willing," "You Reel Me In," "Missouri Lounge" und Johnson's Hymne an die Vergebung "Come Back to the Fountain." Diese Tracks bilden das Folkrock-Rückgrat von On Market Street, mit Einflüssen von The Band, den Stones zirka Let It Bleed und dem Americana Sound einer Lucinda Williams mit Umweg über Memphis.
(Glitterhouse)
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Me And Cassity: "Appearances" (Tapete, Jan. 2012) |
Nach vielen Jahren hatte Dirk Darmstaedter bereits zu Begin
des Jahres mal wieder ein Album unter dem Pseudonym Me And Cassity
herausgebracht - aber irgendwie ist mir das zum Jahresstart wohl entgangen.
Jetzt gab es bei den Glitterhäuslern als Sonderaktion
einen großen Teil des Katalogs vom famosen Tapete-Label, zu
dessen Chefs Dirk gehört, für kleines Geld zu erwerben und
ich hab da mal kräftig zugeschlagen: neben der mir bislang unbekannten
Band Pollens, die ich hier bald vielleicht auch noch vorstellen
werde, und der Vinylausgabe von Niels Freverts vorletztem Album
"Du Kannst Mich An Der Ecke
Rauslassen" von 2008 war das eben auch dieses Album. Ich
kann soviel sagen: da hatte ich bisher ein ganz wunderbares Album
übersehen! Details zu den Beteiligten Musikern entnehmt Ihr bitte
den zusammengestellten Rezensionen vom Info-Link weiter oben. übrigenz:
Die LP gab es für einen Supersparpreis zusammen mit der CD. So
mag ich das inzwischen sehr.
(28.10.2012)
Mehr ...
Viertes Studioalbum dieser Inkarnation des in Hamburg beheimaten Singer-Songwriters, Bernd Begemann-Freundes und früherem Jeremy Days-Kopfes. In dem ersten Me & Cassity-Werk seit 7 Jahren lässt der Mann mit der angenehmen Stimme seine musikalische Sozialisation von US-Brass-Bands und kalifornischem Country-Rock über Burt Bacharach und Todd Rundgren bis hin zu Straßenmusik und Doo Wop in neuen, eigenen Songs Revue passieren und darf dabei auf namhafte musikalische Unterstützung von u.a. Anne De Wolff (Calexico), Martin Wenk (Wilco, Arcade Fire), Ben Schadow, Lars Plogschties und Nikko Weidemann bauen, das Gesangsmikrophon teilte er sich u.a. mit Therese Johannson und Kristofer Aström.
(Glitterhouse)
Dirk Darmstaedters fluffige Songs haben auch eine dunkle Seite. (Rolling Stone, Januar 2012)
Nach Ausflügen ins Singer / Songwriter-Genre ist Darmstaedter nun wieder eher in Sachen (Underground-) Pop unterwegs: melodienreich, poetisch, eindringlich – unterstützt u. a. von Könnern wie Anne de Wolf (Bap, Rosenstolz), Martin Wenk (Calexico).
(Good Times, Februar / März 2012)
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Nada Surf: "The Stars Are Indifferent To Astronomy" (City Slang, Jan. 2012) |
Kann man in diesen Tagen noch altmodischen "Alternative Rock"
oder "Power Pop" hören? Klar - wenn die Band und die
Songs gut sind. Zwar gibt es beim New Yorker Trio Nada Surf
keine überraschungen zu hören, aber gute, laute und trotzdem
entspannte Rockmusik.
Besonders gut haben mir die Bonustracks gefallen, die beim MP3-Download
der Platte zusätzlich dabei waren (Ihr wisst ja inzwischen: bei
City Slang gibt's das Vinyl immer mit MP3-Download-Gutschein!):
fünf erstaunlich gut produzierte Akustikdemos, die fast besser
sind als die "offiziellen" Versionen mit E-Gitarre. Da wünsche
ich mir, Nada Surf wären etwas bekannter und MTV wäre noch
relevant und hätte noch die Unplugged-Sendereihe im Programm!
(17.02.2012)
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Vor optimistischer Energie und kreativer Kraft aus allen Nähten platzendes sechstes Album des Trios aus New York, das sich zur Beschleunigung in Richtung Rock durch einen zweiten Gitarristen (Doug Gillard/Guided By Voices) verstärkt hat. Unter der Produktion von Chris Shaw (Wilco, Brendan Benson, Super Furry Animals) gelang es, die deutlich rauhere Kante der Live-Shows ins Studio zu retten, und so stellt das mitreissend eröffnende Clear Eye Clouded Mind die Weichen für ein pracht- und druckvolles 10-Song-Album. Dabei infiziert das vierköpfige Trio auch herzhaft schleppende Mid-Tempo-Breitwand-Rocker oder folkige Filigranarbeiten, Momente ergötzlichster Beach Boys-Vokal- Harmonie, silbrigster Byrds-Reminiszenzen oder wunderweicher Czars-Schönheit mit dieser optimistischen Wucht, und der ungemein belebende Einfluß der in gleißender Gitarrenmacht badenden mehrstimmigen Gesangssätze ist von nachhaltigster Wirkung. Die finale Schönheit des prächtigen Pernice Brothers-Pop in vielfältig strahlenden Alternative-Rock gegossen – herrlich.
(cpa, Glitterhouse)
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The Soft Hills: "The Bird Is Coming To Earth" (Tapete, Jan. 2012) |
Eine neue Band aus Seattle mit ihrem Debütalbum beim geschmackssicheren
Hamburger Tapete-Label. Folkrock i.w.S. mit mehrstimmigem
Gesang gibt es darauf zu hören, der wegen des eingesetzten Halls
leider um den Vergleich mit den Fleet
Foxes nicht drum herumkommt. Da ich diese aber mag und sie auch
weder den Chorgesang noch Hallgeräte erfunden oder patentiert
haben und auch die Songs von The Soft Hill wirklich gut sind,
soll uns das mal egal sein. Ein kleiner Geheimtipp: bei die Vinyl-Ausgabe
gibt es die CD gleich mit dazu.
(17.02.2012)
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Platten dieser Art und Güte waren es, die mich (neben den Unmengen Geldes, ist klar) vor 15 Jahren ins Glitterhouse lockten. Herzhaft und herrlich im weiten Wurzel-Wüstenfeld zwischen Neil Young und Neal Casal gelegen, durch kunstvoll-kreativen Roots-Umgang à la Hobotalk, Czars oder Timesbold feingeschliffen, mit höchst filigranen Folk-Verständnis final verschönert bietet sich uns hier rein ein Americana-Goldstück dar, das so recht angetan ist, uns den Glauben an das Genre dauerhaft zu stärken. Dabei handelt es sich um das Debut-Album dieses prächtigen Quartetts aus Seattle, aber nichts deutet auch nur annähernd darauf hin, dass es sich um Ersttäter handelt, zu gelassen gehen Garrett Hoba, Brittan Drake, Randall Skrasek und Brett Massa mit den Werkzeugen aus der Wurzelkiste um, zu reif klingt das fertige Werk- und Meisterstück. Matt Brown (Lucinda Williams) produzierte das dezent hallende, bei aller Macht mystisch schwebende Album, das sich ebenso mit vehement verzerrten E-Gitarren in lustvoll ausgespielten Rausch-Orgien ergeht wie es die leise, leicht verschrobene, edel-elegante Folk-Kunst von Vorbildern wie Kings Of Convenience, Sigur Ros oder The Beauty Room in die tiefste Seele des Hörers zu senden versteht. Neben der mitreissenden Saitenkunst, egal ob elektrisch saftig oder akustisch-fragil, der druckvollen Bass-Schlagwerk-Basis und den Streif- und Glanzlichtern auf Harmonika, Orgel oder analogem Synthesizer sind es aber die himmlisch harmonischen Duett- und Terzett-Gesänge, die dem gelungenen 10-Song-Schmuckstück seinen finalen Schliff verleihen und selbst den orgiastischsten Neil Young-Rock-Wogen noch die selig sanfte Schaumkrone aufsetzen. Dem Liebhaber des dunkel-druckvollen, Gitarren-lastigen, ebenso herzhaften wie gefühlvollen Americana/Roots- und Folk-Rock mit Macht und Wucht ans Herz gelegt.
(cpa, Glitterhouse)
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Einar Stray: "Chiaroscuro" (Sinnbus, Jan. 2012) |
Vor ein paar Tagen hab ich auf ARTE einen Konzert des jungen Norwegers
mit seiner Band gesehen, das mich so überzeugt hat, dass ich
sofort die Platte heranschaffen musste. Der Infotext beim Onlineversand
schwafelt was von Songwriterpop mit Progrock-Elementen und führt
als Referenzen u.a. Kate Bush, Bright
Eyes und Godspeed You! Black Emperor an.
Käte Busch kann ich nicht heraushören (vor allem,
weil ich mich mit der Dame kaum auskenne), Conor Oberst klingt
für mich zwar anders, hat aber teilweise ähnlich komplexe
Lieder. Der Hinweis auf meine allerliebsten progressiven
Kanadier beruht wohl darauf, dass eine Cellistin und eine Geigerin
jeweils fest zur Besetzung gehören. Da aber bei "Chiaroscuro"
der Gesang und das Klavier von Einar im Mittelpunkt stehen
würde ich als Referenz eher Silver
Mt. Zion anführen, was ja im Prinzip nichts anderes ist als
Godspeed mit Gesang. Insgesamt
ist die Musik von Einar Stray aber doch nicht ganz so extravagant
wie die meiner Lieblinxkanadier. Eine gute Referenz wäre deshalb
wohl eher Konstantin Gropper mit seiner Band Get
Well Soon.
Das Vinyl kommt natürlich mit MP3-Gutschein daher. Ach ja - Hanna
Furuseth, die Lady mit der Geige, hat mich in dem Konzert nicht
nur durch ihr Spiel beeindruckt, aber das führt hier jetzt zu
weit.
(07.07.2012)
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Das Berliner Label Sinnbus hat mit Hundreds und Bodi Bill bereits ein äußerst glückliches Händchen gehabt. Nun betritt mit dem äußerst talentierten Norweger Einar Stray das nächste Super-Signing von Sinnbus die Bühne.
"Chiaroscuro" ist das erste Album des jungen Norwegers Einar Stray, eine Tür zu einer wunderbaren Zukunft und vielen möglichen Musikwelten. Einar Stray ist Mitglied, Mitgestalter und Kind des norwegischen Alles-mit-Musik-und-Freundschaft-Konglomerats Spoontrain, und er legt mit "Chiaroscuro" sicherlich auch ein Dokument der Kraft dieser Gemeinschaft vor. Kunstvoll ergänzen Streicher, Gitarren, Rhythmik und Chorgesang Strays perlendes Klavier und seinen sacht driftenden Gesang, kombinieren sich die vielen Einzelteile zu einer eindringlichen Musik. Und doch lassen sie Einar Stray ganz freundschaftlich den Vortritt wie die Illinoisemakers Sufjan Stevens, die vielen Klimperer und Klonkerer dem Sigur-Rós-Solisten Jónsi, ganz Saddle Creek ihrem Bright Eyes. Sieben Stücke, fünfzig Minuten: "Chiaroscuro" ist eine weit ausholende Geste, ein Versuch, die ganze große Welt in ein kleines Modell zu fassen. Für Fans von Sigur Rós, Kate Bush, Radiohead, Sufjan Stevens oder Godspeed You! Black Emperor.
Okay, wir sind ein paar Tage zu spät, denn das Debütalbum des jungen Norwegers Einar Stray ist bereits seit vergangenem Freitag zu haben. »» Aber die letzte Zeit war auch ziemlich aufregend, was nicht zuletzt daran lag, dass Einar Stray gerade mit den neuen Lieblingsberlinern Me And My Drummer durch Deutschland tourt, um „Chiaroscuro“ live vorzustellen.
Auch wenn der Künstler selbst da einem anderen Vorschlag hat (kommt weiter unten), vielleicht ist es die allerbeste Zugangsmethode, sich die Songs zunächst live vorspielen zu lassen. Denn ein kleines bisschen Beschäftigungszeit fordert dieses Album schon, um zu seiner vollen Größe zu wachsen. Da muss man erst mal reinkommen, in die meistens um die acht Minuten langen Songepen, bei denen im einen Moment noch ein einsames Klavier die zurückhaltende Melodie gibt, um schon im nächsten von der Wucht des streicherdominierten Ensembles begraben zu werden.
Am leichtesten macht es da der Überhit „Yr Heart isn’t a Heart“, bei dem der Duettgesang an die Stars erinnert und der auch beim Staaten-Projekt von Sufjan Stevens eine gute Figur gemacht hätte. Und wer eher über Gitarren einen Zugang findet, steigt vielleicht mit „We were the core Seeds“ ein, das sich mit seiner Dramaturgie und der Wall Of Sound vor Mogwai verneigt.
Einar Stray ist Mitglied des Osloer Künstlerkollektivs Spoontrain. Moddi lernte er einst über MySpace kennen, er startete mit ihm diverse Schlafzimmerprojekte und begleitete ihn als Pianist zuletzt auch auf Tour. Und Querverbindungen gibt es auch zu Team Me, deren großartiges Debüt „To the Treetops“ bei uns Ende Februar erscheint und von dem bei Postartcore auch noch ausführlich die Rede sein wird.
PAC: Einar, stell dir vor, du müsstest für dein Album einen Aufkleber entwerfen, auf dem du schreibst, in welcher Situation man dein Album idealerweise zum allerersten Mal hören sollte. Was würde da stehen?
Einar Stray: Ich habe meine Platte das erste Mal beim Frühstück gehört. Es ist das perfekte Album, um sich den ersten Kaffee des Tages zu kochen. Natürlich kann man „Chiaroscuro“ zu jeder Tages- und Nachtstunde hören. Aber am allerbesten dann, wenn nach dem Aufstehen zum ersten Mal Energie den Körper durchströmt.
PAC: Du stellst die Platte auf Tour mit einer fünfköpfigen Band vor. Betrachtest du „Chiaroscuro“ als eine Bandplatte oder ist es ein Soloalbum, das du mit Hilfe von ein paar Freunden aufgenommen hast?
Einar Stray: Früher war es bei mir ein Kommen und Gehen. Ich glaube, ich habe mit 20 verschiedenen Musikern gearbeitet. Aber inzwischen hat sich eine feste Bandkonstellation herauskristallisiert, und das war auch schon so, als wir die Platte eingespielt haben. Ich schreibe die Songs, aber ich hätte das alles nicht zustande gebracht, wenn die anderen nicht ihre Ideen beigesteuert hätten. Das ist schon so, aber ich bin auch ganz froh, dass gerade niemand aus der Band in der Nähe ist. Die würden nämlich jetzt bestimmt verraten, dass ich manchmal auch ein kleiner Diktator sein kann.
PAC: Kann man bei dir überhaupt von Songs sprechen?
Einar Stray: Na klar, ich mache Popmusik. Okay, ein durchschnittlicher Popsong ist etwa drei Minuten lang, und ich mache es selten unter neun. Vielleicht muss ich mir den Vorwurf gefallen lassen, ich würde drei Stücke zu einem Popsong zusammenziehen. Aber das ist mir genauso recht wie als verschrullter Popmusiker bezeichnet zu werden.
(www.postartcore.org)
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Kettcar: "Zwischen Den Runden" (Grand Hotel van Cleef, Feb. 2012) |
Rock in Deutsch von einer Band, der man immer gerne ihr Normalsein
(vielleicht sogar ihre Langweiligkeit?) vorgeworfen
hat, die aber klar zu den Besten dieser Sparte in diesem unseren Lande
gehört. Das Unspektakuläre steht der Band
sogar ganz ausgezeichnet. Mit Texten (wie immer) vom Feinsten und
einer Musik, die immer besser und ausgefeilter wird, ohne in's Muckertum
oder das Westernhagen'sche abzudriften.
(17.02.2012)
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Musikalisch hat die Akustiktour Spuren hinterlassen; die Gitarren sind selten laut, dafür bieten Kettcar jede Menge Bläser und Streicher, die Keyboards rücken ins Zentrum, hinzu kommen Elemente aus Northern Soul, Soundtracks und Jazz.
(Glitterhouse)
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Lambchop: "Mr. M" (City Slang, Feb. 2012) |
Nach Laura Gibson, Nada
Surf und den Tindersticks ist das
bereits die vierte gute Platte vom Berliner City Slang-Label
im neuen Jahr. Und im Prinzip könnte ich an dieser Stelle meinen
Text zur neuen Tindersticks-Platte einfach
wiederholen.
Das Doppelalbum kommt mit MP3-Code für das komplette Album und
5 weiteren Liedern und einer DVD vom Konzert zum City Slang-Jubiläum
von 2010. Absolut lohnenswert.
(24.02.2012)
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Lambchop have made a number of outstanding albums as they've evolved from "Nashville's most f--ked-up country band" to a singular chamber pop ensemble during a career that lasted nearly two decades, but one of their finest works is not really a Lambchop album at all. Vic Chesnutt recruited Lambchop to serve as his backing band on the 1998 album The Salesman and Bernadette, and the results were a marvelous fusion of the group's broad but emotionally intimate approach and Chesnutt's witty, skewed, and perceptive gifts as a songwriter. Chesnutt and Lambchop's Kurt Wagner seemed like kindred spirits, fellow Southerners who married oblique yet telling poetry to melodies that were strong yet fluidly graceful, and it should surprise no one that Wagner was hit hard by Chesnutt's death in late 2009. Lambchop's first studio project since Chesnutt's passing, 2012's Mr. M, is dedicated to Wagner's friend and collaborator, and though the songs don't deal explicitly with Chesnutt, there's a sense of sorrow in these songs that's deeper than what we've come to expect from Lambchop, infused with an air of reflection and regret that's impossible to miss. As usual, Wagner's lyrics are blankly poetic and don't much concern themselves with linear storytelling, but his gently abstract sketches of people coming to terms with loss and unkind fate make themselves felt even when they're not literally understood, and the lines "Friends make you sensitive/Loss makes us idiots/Fear makes us critical/Knowledge is difficult" from the song "Mr. Met" sums up the tone and the themes of this album remarkably well. But if Mr. M is music informed by tragedy, the sense of gravity makes this some of the most beautiful and powerful music Lambchop have created to date. Wagner's gorgeous, artful melodies give the musicians plenty of opportunity to demonstrate their remarkable command of dynamics and interpersonal interaction, and most of the songs have been gussied up with fine, tasteful string arrangements that weave their way in and out of the band's performances rather than simply being draped over the top. Mr. M is an album that concerns itself with loss, but the beauty and gentle force of these songs speak to the joys and responsibilities of being alive, and the album is more than simply a fitting tribute to a fallen comrade, it's one of the most affecting works to date from a brilliant, one-of-a-kind band.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Mark Lanegan Band: "Blues Funeral" (4AD, Feb. 2012) |
Nach vielen, vielen Jahren endlich wieder eine Platte meines Lieblingsgrantlers,
der mich schon durch seine einzigartige Stimme bei den Screaming
Trees und den Gutter Twins
begeistern konnte. Selbst die gelegentlichen Trommeln aus dem Computer,
am schlimmsten bei der "Ode To Sad Disco", die genauso furchtbar
klingt wie sie heißt, können mich nicht abhalten, das Album
zu geniessen. Diese Stimme! Ganz gegen meine Gewohnheiten hier mal
ein provokanten "Namechecking": Mark Lanegan klingt hier
wie eine Kreuzung aus John Lee Hooker und Depeche Mode.
Kommt im wunderschönen Vinyldoppelalbum zum Aufklappen (!) und
natürlich mit MP3-Gutschein daher!
(05.02.2012)
Konzerthighlight: Stollwerck, Köln,
14.03.2012: Wenn ich ganz ehrlich bin: ein echtes Highlight war
das Konzert, das wegen des anscheinend unterschätzten Publikumandrangs
vom winzigen Luxor in das Bürgerhaus Stollwerck verlegt wurde,
nicht. Dafür hat die Band zu sehr mit Mittelmaß dahergerockt.
Mr. Lanegan war - wie immer - recht wortkarg zwischen den Liedern.
Vielleicht war ich auch nur schlecht drauf. Oder einfach nur zu
müde.
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Mark Lanegan zählt zu den aufregendsten und umtriebigsten Künstlern der amerikanischen Rockmusik-Szene. Von der Zeit als Kopf der Grunge-Ikonen The Screaming Trees über seine Jahre bei den Stoner-Rock-Stars Queens of the Stone Age bis hin zu seiner aktuellen Teilzeit-Band The Gutter Twins: Wenn der 47-jährige Sänger und Gitarrist aus Seattle an einem Projekt mitwirkt, entsteht dabei Herausragendes. Im Februar 2012 erscheint nun endlich sein neues, siebtes Soloalbum „Blues Funeral“, das erste seit sieben Jahren. Es gibt heutzutage nur wenig Künstler, deren Qualitäten derart signifikant sind wie die von Mark Lanegan. Ob Stil, Songwriting, Stimme, seine aufwühlenden Texte oder seine gesamte Aura: Lanegan verströmt etwas Mystisches und Dunkles, das seinesgleichen sucht. Neben seiner Stimme begeistert vor allem die besondere Fähigkeit, sein Wirken in die unterschiedlichsten stilistischen Kontexte zu stellen. Ob Psychedelic-, Grunge- und Stoner-Rock, ob Folk-Balladen, schwermütiger Blues oder pumpende Elektronik-Musik, immer findet Mark Lanegan den passenden, dunkel-mysteriösen Ton. Deshalb haben sich in den vergangenen drei Jahrzehnten zahlreiche internationale Musiker darum gerissen, mit ihm zusammen zu arbeiten.
Seine Sporen verdiente sich Lanegan als Kopf der Seattler Formation The Screaming Trees. Mit ihnen veröffentlichte er zwischen 1986 und 2000 sieben Alben, von denen einige zu den besonderen Perlen der Grunge-Ära zählen. Parallel begann er, ab 1990 eine Karriere als Solokünstler voran zu treiben und veröffentlichte bis heute sechs Alben, auf denen er stets von einigen der bedeutendsten Musikern der Zeit unterstützt wurde; darunter Kurt Cobain (Nirvana), Dave Grohl (Foo Fighters) oder Josh Homme von den Queens of the Stone Age. Nach dem Ende der Screaming Trees dockte er deshalb für zwei Alben als festes Mitglied bei den Queens an, womit er endgültig international bekannt wurde. Das vergangene Jahrzehnt nutzte er für die Expandierung seiner Erfahrungen. Er schrieb und produzierte drei getragene Folk-Alben gemeinsam mit Isobel Campbell (Belle & Sebastian), lieh seine Stimme britischen Elektronik-Acts wie UNKLE, Bomb the Bass oder Soulsavers und ging unter dem Namen The Gutter Twins eine Kollaboration mit seinem Langzeit-Freund Greg Dulli (The Twilight Singers) ein. Ihr 2008 veröffentlichtes Debüt „Saturnalia“ gilt als eines der besten Rock-Alben dieses Jahres. Schon lange konnte man ihn deshalb nicht mehr als Solo-Künstler vernehmen – die spannenden Angebote waren schlicht zu zahlreich. „Bubblegum“, sein letztes Solo-Album, das trotz seines düster-schleppenden Electro-Blues weltweit in die Top 40 der Charts einstieg, stammt bereits von 2004. Im Februar 2012 hat das Warten ein Ende, dann erscheint sein neues Solo-Album „Blues Funeral“. Auch jetzt wurde er wieder von zahlreichen prominenten Musikern unterstützt, darunter Josh Homme, Greg Dulli, Jack Irons (Red Hot Chili Peppers, Pearl Jam) und Alain Johannes (Queens of the Stone Age, Eagles of Death Metal), der „Blues Funeral“ in seinem Studio in Los Angeles produzierte.
Der Zusatz „Band“ hätte mir gleich auffallen sollen, denn statt eines downtempo countrifizierten Openers legt der Mann mit der ins Mark gehenden Baritonstimme gleich recht heftig los. Es sollen tatsächlich 8 Jahre vergangen sein seit seinem letzten Solowerk Bubblegum, aber Lanegan war trotzdem immer da – drei tolle Kooperationen mit Isobel Campbell, die Gutter Twins und diverse Gastauftritte (Soulsavers, Twilight Singers…) sprechen von Betriebsamkeit. Hier steckt wenig drin vom grungigen Hardrock der Screaming Trees oder den Country-Folk-Roots seiner Soloplatten. Treibende, düstere Rhythmen bestimmen das Album, Lanegan’s Grummeln wirkt tröstlich und angsteinflößend zugleich – so ganz war ihm nie zu trauen (obwohl Lanegan vor 25 Jahren Sub Pop Artist war, habe ich mit den Sub Pop Honchos Bruce und Jonathan in Seattle die Strassenseite gewechselt, als er uns entgegen kam). Hier regieren harte Gitarren und Soundwälle, manchmal nach vorne gedrückt von elektronisch anmutenden Beat, manchmal fast in guter alter News Wave oder gar Dark Wave Nähe. Das verstört die Erwartungshaltung, aber Mark Lanegan hat eben eine einzigartige Stimme und genug Charisma, um das alles überzeugend rüberzubringen. Yes.
(rh, Glitterhouse)
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Rich Robinson: "Through A Crooked Sun" (Circle Sound, Okt. 2011 * Thirty Tigers, Feb. 2012) |
Zufällig habe ich dieses Soloalbum des Ex(?)-Black Crowes-Gitarristen
entdeckt. Er hat zwar keine so herausragende Stimme wie sein Bruder
Chris Robinson, ist aber natürlich
ein richtig guter Gitarrist, der hier fröhlich den Gitarrenrock
der frühen 70er aufleben lässt, nicht unähnlich dem,
was sein Bruder oder Jonathan Wilson
tun. Zum Kern seiner Begleitband (Drummer Joe Magistro und
Keyboarder Steve Molitz) kommen ein paar interessante Gäste
mit schönen Einlagen: Multisaiten-Ass Larry Campbell zaubert
an der Pedal Steel und Warren Haynes liefert ein paar weitere,
schöne Gitarrenspuren ab. Etwas überraschend, aber sich
wunderbar einfügend, ist der Auftritt des legendären deutschen
Jazz-Vibraphonisten und Pianisten Karl Berger.
(22.03.2014) |
Die Türen: "ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ" (Staatsakt, Feb. 2012) |
Vor ein paar Tagen wollte ich mir kränkelnd die Wartezeit bei
meinem Hausarzt etwas verkürzen und habe mir - in Ermangelung
von Alternativen - in der Friedrichsfelder Lottobude seit längerer
Zeit mal wieder den Musikexpress gekauft. Die beiliegenden
CDs in den Musikzeitschriften, so muß ich gestehen, höre
ich mir wegen der für meine Ohren teilweise nicht sehr verträglichen
Liedzusammenstellungen oft gar nicht mehr an. Diesesmal gab es aber
etwas Ungewöhnliches: mehr oder weniger bekannte deutsche Künstler
und Bands covern digital-exklusiv (bedeutet: im Handel
gibt es von dem Sampler nur die Vinylausgabe) zum 10jährigen
Bestehen der Berliner Band Die Türen deren aktuelles Album
"ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ", natürlich von A bis Z
(dieses Wortspiel kann ich mir natürlich nicht
verkneifen!). Weder von der Band, deren Mitglieder angeblich aus Borken
(!) in Westfalen stammen sollen, noch von "ABC..." hatte
ich zuvor je etwas gehört. Dieser Tributsampler hat mir dann
trotz der unterschiedlichsten musikalischen Ansätze der beteiligten
Bands so gut gefallen, vor allem wegen der fantastischen deutschen
Texte, dass ich mir sofort auch die Vorlage kaufen mußte. Das
frisch bei mir eingetroffene Original ist sogar noch besser als die
schon gelungenen Coverversionen (vor allem, weil jetzt auch musikalisch
alles aus einem Guss ist!), sodass ich jetzt dankbar sein muß
für meinen kleinen gesundheitlichen Ausfall an jenem Morgen,
ohne den ich diese tolle Band vielleicht nie kennengelernt hätte.
(14.10.2012)
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Fast fünf Jahre sind vergangen, seit dem letzten Pop(o)-Album der Türen aus Berlin. Was haben die denn die ganze Zeit gemacht? So einiges: Auf dem eigenen Band-Label (staatsakt) von Bonaparte über Ja, Panik bis Zwanie Jonson unfassbar viele tolle Alben herausgebracht, grenzenlos viel Musik produziert, Papyrusrollen mit Text vollgeschrieben, sich beim Nachbarn Salz ausgeliehen, den Transfer von Özil nach Real Madrid verfolgt, Pizzaessen durch Crowdfunding finanziert, einen Stepptanzkursus in der Volkshochschule belegt und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Nun kehren Sie endlich zurück mit der Buchstaben-Platte: Eine Hitsammlung von "Rentner und Studenten" über "Pop ist tot" bis "Don't google yourself" Mit der neuen unschlagbaren wie aufgepimpten Bandformation Ramin Bijan, Chris Imler, Michael Mühlhaus, Andreas Spechtl und Maurice Summen hat man in nur 1000 Tagen in den Chez' Cherie Studios in Berlin (dort wo Moses Schneider ab und zu Bier trinkt!) ein Album aufgenommen, das, wie schon die drei Alben zuvor, mal wieder das wirklich Beste aller Türenplatten geworden ist.
Wer Trio, die Talking Heads, Televison oder die Temptations, also andere gute Bands mit dem Anfangsbuchstaben T mag, steht hier unter Garantie an der richtigen Bushaltestelle des Lebens. Uneingeschränkte Kaufempfehlung für mindestens die nächsten fünf Jahre.
Viel zu viel Dada: die Berliner Diskurs-Pop-Streber Die Türen legen eine ausgefeilte Meta-Pop-Platte vor. Kulturelle und gesellschaftspolitische Absurditäten werden aufgedeckt und angeprangert. Kurz: "Ich will keinen Mindestlohn, ich will Mindestliebe!" (Foto: Knut Claßen) 2012 ist digital – und wird stetig digitaler. Während das Angebot an zu konsumierenden Kulturprodukten stetig wächst, wird die vorhandene Zeit immer knapper. Wie soll man in solchen Zeiten noch Bezüge verstehen? Zitate erkennen? Das Zeitalter des Mash-Ups ist viel zu schnell geworden für die Kulturgüter, die es eigentlich auszeichnen: Remix, Mash-Up, Intertextualität. Wie soll man Musik verstehen, wenn man keine Zeit zum Zuhören hat? Manch einer nennt diese prekären Zeiten das Zeitalter der digitalen Bohème. In diese Schublade würde man Die Türen samt Staatsakt-Gefolgschaft wohl als erstes stecken – wenn sie sich denn in eine dieser Schubladen stecken lassen würden. Für eine eindeutige Zuordnung steckt in den Türen allerdings viel zu viel Dada: Sie nehmen sich Zeit für Wortspiele, Zitate und fordern ihre Hörerinnen und Hörer zum Partizipieren auf – geistig wie haptisch: Mit "ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ" legen sie eine selbstreferentielle Meta-Pop-Platte vor, der Konventionen völlig egal sind und die so voller Punk-Poesie und Verweise steckt, dass es ein Handbuch dazu braucht. So liegt der Vinylversion des Albums eine Anleitung bei. Ob man die Band auf diese Weise besser versteht, sei dahingestellt. Fest steht: Die Türen sind Überhumor. Die LP kommt als ein weiteres Gesamtkunstwerk aus der selbst gegründeten und mittlerweile stark angewachsenen Staatsakt-Sippe. Zur Finanzierung des Albums haben sie – ganz in Crowdfundig-Manier – Buchstaben-Patenschaften über ihre Website verkauft. Die Türen – "Albumteaser" Die Platte ist als White-Album zum Selbstausbau konzipiert: Ihr liegen drei Bögen Aufkleber bei, die Referenzen zu verschiedensten Genres und Bands – von Velvet Underground über die Rolling Stones und Justice bis hin zum Staatsakt-Siging Ja, Panik – anbieten. Hat das jetzt was mit der Platte zu tun? Bestimmt. Andreas Spechtl ist jedenfalls einer der beiden Türen-Neuzugänge. Mit ihm hat die Band einen weiteren Feuilleton-Liebling in ihren Reihen. Zusätzlich verstärkt Chris Imler am Schlagzeug das musikalische Po(p)pourri dieser vierten Türen-Platte. Die Türen-Songs bleiben zwar albern, haben sich musikalisch aber gemausert. Die neue Platte hält einige Gassenhauer bereit, die meist im klassischen Pop-Format beginnen und irgendwo in einer Jam-Session enden. Dabei wird stets auf fließende Übergänge geachtet. Ein gefälliger Pop-Song reiht sich hier reibungslos an den anderen. Okay, aber eher uninteressant. Bei dieser Platte sowieso irrelevant. Was es in sich hat, sind nämlich die Texte. Der Versuch einer Interpretation ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Schließlich ist all das so sehr meta, dass kein Feuilletton-Fuzzie es jemals erfassen könnte. Schließlich wird auf ihn ja ebenfalls referiert. Je mehr er sich anstrengt, desto weniger gelingt es und umso mehr scheint sich die Band darüber totzulachen. Und genau davon lebt auch die vierte Türen-Platte: Kulturelle, gesellschaftliche und politische Absurditäten werden hier in einer derartig ironischen Art und Weise aufgedeckt und angeprangert, das einem die Ohren pfeifen – und das Hirn! Die Türen – "Leben oder Streben" "Schwarz-Gelbes Unterseeboot" scheint demnach nicht nur ein Verweis auf die Beatles zu sein. Unsere Regierung wird hier in feinstem Kulturphilosophen-Duktus veralbert, in "Pop Ist Tot" werden Angela Merkel und Guido Westerwelle mit Tarzan und Jane gleichgesetzt. Schuld am Ende des Pop ist übrigens die Generation Download: "Pop ist tot. Böse Menschen haben keine Lieder, sie laden nur darnieder." "Aus der Mitte entspringt ein Hit" wirkt indes wie eine Parodie auf das Spießbürgertum und auch in "Rentner & Studenten" nimmt man Menschen auf die Schippe, deren Hobbies Yoga und Systemkritik sind. Die Türen spielen sich fröhlich durch ihr Diskurs-Programm, bauen an allen erdenklichen Stellen Wortwitze und Verweise ein und lassen immer wieder Dada winken: Die Worte "Druck, nicht Bar" in "Schwarz-gelbes Unterseeboot" schaukeln sich nach mehrmaliger Wiederholung zur Parole "Druckt Bargeld!" hoch und "Dieses Lied" ist gegen alles, will aber geliebt werden und scheint so auf die Abstrusität einiger ehemaliger Subkulturen und deren Überbleibsel zu referieren. Die Türen – "Rentner & Studenten" Inmitten all dieser Sprach-Jonglage streuen Die Türen ein paar schlechte Reime ein. Wo Rille auf Wille folgt, fühlt man sich an das gute alte Dilettanten-Konzept der frühen Türen erinnert. Die Lyrics lassen durchblicken, dass auch die kritische Haltung der Türen gegenüber Kapitalismus und Lohn-Arbeit weiterhin besteht: "Ich will keinen Mindestlohn, ich will Mindestliebe!" Es hat sich also nicht viel geändert bei den Türen, man ist musikalisch ein wenig ausgefeilter geworden, textlich weiterhin selbstreferentiell, schlau bis dadaistisch und vor allem eins: wortwitzschwanger. Die Türen sind eine Parodie auf das digitale Zeitalter, auf den Kapitalismus, auf Rock'n'Roll und Popmusik – vor allem aber auf sich selbst. "Don't google yourself" ist eine der einschlägigen Parolen des neuen Albums – und wer steht auf Seite 1, wenn man 'Diskurspop' in die Suchmaske einschlägiger Suchmaschinen eingibt? Genau, Die Türen!
Tracklist: 01. Rentner & Studenten 02. Leben Oder Streben 03. Schwarz-Gelbes Unterseeboot 04. Was Passiert 05. Aus Der Mitte Entspringt Ein Hit 06. Pop Ist Tot 07. Dieses Lied 08. Don't Google Yourself 09. Alles Nicht So schlimm 10. Über Den Tellerwäscherrand Zum Millionär
(Lydia Meyer, www.motor.de)
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Bowerbirds: "The Clearing" (Dead Oceans, März 2012) |
Das dritte Album dieser wunderbaren kleinen Folkband. Direkt der erste
Höreindruck war sehr angenehm - demnächst mehr dazu.
(12.03.2012)
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12er der Carolina-Band. Wie schon zuvor Musik voller Originalität, sowie reichlich Variation, auch innerhalb der Songs. Erwarte das Unerwartete! Songwriter-Folk und –Pop, Modern Folk Pop, 1,2 x Folktronics-Anleihen – klingt konventionell, ist es aber nicht. Schon die Melodien: Einfallsreich, ungewöhnlich lange Bögen. Die Arrangements: Reich und ausdifferenziert (Ak.- wie E-Gitarre; Piano/Orgel/Keyboards/Harmonium; immer wieder Streicher, pointierte bis schwelgerische/einhüllende oder dramatisierende; ab und zu Vibraphon, Marimba, tiefe Bläser). Sogar einige Rhythmen kommen reizvoll-unorthodox. Sporadisch ein Hauch Klassik, rockige (gar schroffe) Momente wie leise, zudem gebrochene, melancholische, Crescendi. Finesse, Intelligenz, Gefühl, Anspruch in hohen Dosen. Wie gewohnt wechseln die beiden Hauptprotagonisten beim Leadgesang (und steuern feine Harmonies bei). Empfehlung!
(Glitterhouse)
The Clearing, North Carolina's Bowerbirds' third album, moves the band one broad step away from the rough-edged gothic ruralisms that characterized their first two full-lengths. The band and mood of the arrangements are the same -- an acoustic-leaning trio, strings -- but there is a far glossier edge to the proceedings. Once associated with the vague edge of the freak folk revival of the early- to mid-2000s, The Clearing places Bowerbirds squarely in a more considered place. On "Stich the Hem," hard hand percussion tapes and snare hits propel singer Philip Moore to a full-on indie rock explosion that blossoms into a bed of Beth Tacular's layered vocals while string swells gather in silvery pools beneath it all. For the most part -- as per usual -- there are few standard drum kits, but newfound drama and modern propulsion are everywhere. It's not quite a rock & roll backbeat, but the muted thump and minor chords that pulse behind the first verses of "In the Yard" and "Stitch the Hem" owe far more to Radiohead than Dock Boggs. And, for the most part, Bowerbirds are a better band for it, their sometimes winding songs seeming more taut than ever. The lyrics and general textures of the work remain as earthy as ever, swarming natural forces flowing in and out of their metaphors (and potential descriptors for the music) like rivers. But these are no campfire songs, if ever Bowerbirds even aspired to that. Rather, they are well-considered and emotional slabs of art-folk that owe Van Dyke Parks, the Weavers, and anybody else who sang lines like the title lyric of "Walk the Furrows," to audiences who wouldn't necessarily recognize a furrow if they tripped on one and fell in. Nearly all the tracks build to rousing, rock-like finales. But it is a far-away and lustrous America that Bowerbirds invite their listeners to, one where pyres burn in the yard ("This Year") and people elegantly consider their life problems as weighted branches ("Sweet Moment") -- one as far away as the crow flies.
(by Jesse Jarnow, All Music Guide)
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"Simone Felice" (V2, März 2012) |
Als Trommler der Felice Brothers
ist Simone Felice ganz offensichtlich noch nicht ausgelastet
und deshalb ein ganz ausgezeichnetes Beispiel für
singende & komponierende Schlagzeuger. Die Vinylausgabe gibt
es im übrigen zu einem erschwinglichen Kurs inklusive CD.
(27.06.2012)
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Der führende Felice-Bruder und auch bei The Duke & The King prägend Aktive hat anscheinend in seinen Band-Projekten nicht genügend kreativen Auslauf, den er jetzt in seinem selbstbetitelten Solo-Album ausleben kann. Allein zur Akustik-Gitarre, zum verträumten Piano oder zur schummrigen Orgel, aber auch – unterstützt von der Felice-Familie und den geistesverwandten Mumford-Söhnen – in voller Band-Stärke gelingt ihm eine tief berührende Melange aus rudimentärem Folk, rauhem Americana, akustischem Soul und vokalharmonie-seligem Gospel, erinnert an Lanegan’sche Seelen-Tiefen, Neil Young’s großartigen Country-Folk-Tage und Paul Weller’s Soul-Seitensprünge, und bewegt mit einer Stimme, die sandpapier-angerauht, dezent brüchig und verletzlich wirkend unter die Haut schmeichelt und schneidet. Bemerkenswertes Singer-Songwriter-Solo-Debut (mit beeindruckender Band-Geschichte dahinter), zwischen himmelhoch jauchzender Mumford-Rumpelei, nackt-rauhem Folk und tiefgehender Country-Gospel-Herrlichkeit.
(cpa, Glitterhouse)
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Michael Kiwanuka: "Home Again " (Polydor, März 2012) |
Ausnahmsweise mal wieder eine Platte, die sowohl mir
gefällt als auch vielen anderen Leuten. Singer-Songwriter-Musik
zwischen Jazz und Folk, also gar nicht mal so weit weg von Terry
Callier oder von mir aus auch von Bill Withers. Gute
Stimme, gute Songs.
(08.05.2012)
Den Titelsong gibt es auch schon auf einer wunderschönen
Zehn-Zoll-EP vom Januar!
(20.05.2012)
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Michael Kiwanuka kann nicht von dieser Welt sein. Dazu klingt sein Debütalbum viel zu sehr nach einem Lebensgefühl, das sich spätestens vor 35 Jahren verabschiedet hat. Ein warmer Analogklang durchzieht die Songs, und die Stimme des 24-Jährigen will nichts beweisen, sie ist ganz bei sich und gerade deshalb so außergewöhnlich. Seit den EPs "Tell Me A Tale" und "I’m Getting Ready" gilt Michael Kiwanuka nicht nur der BBC als wichtigster Newcomer für 2012. Der Sänger und Gitarrist weckt Erinnerungen an den jazzigen Soul der frühen Siebziger – mit herausragenden, selbstgeschriebenen Songs: Bill Withers, Terry Callier und Al Green klingen an, aber auch Gospel und eine entspannte Folk-Attitüde.
Paul Butler, Kopf der wunderbaren Band The Bees, hat nach den EPs auch "Home Again" produziert, und man möchte dieses Werk sofort als Beweis dafür anführen, dass das Album-Format keinesfalls tot ist. Die zehn Songs scheinen alle miteinander zu korrespondieren. Sie sind spirituell, ohne aufdringlich zu werden, predigen Zufriedenheit und den Frieden in einem selbst. Der im Londoner Stadtteil Muswell Hill aufgewachsene Sohn ugandischer Einwanderer besuchte die gleiche Schule wie viele Jahre vor ihm die Brüder Ray und Dave Davies. Das bürgerliche, kulturinteressierte Klima dort habe ihn mehr geprägt als die Soul-Sammlung seiner Eltern, sagt Kiwanuka. In Songs wie "Tell Me A Tale" hört man dennoch ein profundes Musikwissen: Querflöte und raffinierte Bläser-Arrangements bilden ein dichtes Geflecht, der Gesang ist angenehm zurückgelehnt, der Beat entspricht einem gesunden Ruhepuls.
Alles hier sagt: guter, nein, erlesener Geschmack! Doch wenn dann ein Stück wie "Always Waiting" läuft, möchte man in Tränen ausbrechen, so ergreifend, so tief empfunden ist diese Musik. Auch "I Won’t Lie" und "Worry Walks Beside Me" besitzen eine ungeheuere Kraft, die man Soul, Blues oder Gospel nennen kann, oder eben wie Kiwanuka: Spirtualität. Dieser Mann möchte einfach nur Sänger, Musiker und Songwriter sein – kein Popstar. Doch wahrscheinlich wird er sich schon bald damit auseinandersetzen müssen.
(Jürgen Ziemer, www.rollingstone.de, 07.03.2012 )
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Lee Ranaldo: "Between The Times And The Tides" (Matador, März 2012) |
Sonic Youth fand ich in den späten 80ern und 90ern mal
richtig toll, besonders auf dem Meisterwerk "Daydream
Nation", habe sie dann aber Ende des letzten Jahrtausends
ein wenig aus den Augen & Ohren verloren, obwohl die Band qualitativ
eigentlich nie nachgelassen hat. Vielleicht wurde es mir einfach zuviel,
was da an Musik auf mich zugekommen ist? Egal. Auf jeden Fall wurde
ich jetzt wieder aufmerksam, als das erste Soloalbum des Gitarristen
dieser Band angekündigt wurde, das nur "konventionelle Rockmusik"
enthalten soll. Bitte jetzt nicht falsch verstehen: ich mag guten
Krach und habe keine Scheu vor Experimenten, aber es ist mir immer
wieder ein Vergnügen, wenn ich Künstlern zuhören kann,
die zwar knietief in der Avantgarde stecken, aber trotzdem eine Ader
für wunderschöne (Pop-) Songs haben. Letztendlich kommt
man aber doch zur Gretchenfrage: sind die (einfachen) Lieder von Lee
Ranaldo gut? Sehr sogar!
Und dann vielleicht noch ein wenig Namedropping: Wilcos
Gitarrengott Nels Cline ist dabei, ebenso Sonic
Youth-Trommler Steve Shelley und Jazz-Keyboarder John
Medeski.
(15.04.2011)
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Bei dem aktuellen Soloalbum des legendären Gründungsmitgliedes von Sonic Youth liegt der Fokus erstmals deutlich auf klassischem Songwriting liegt: „Between The Times And The Tides“ ist ein wundervolles Geflecht melodisch-schillernder Rocksounds. Seit dem Frühling 2010 komponierte Ranaldo eine zunächst lose Reihe von Akustiksongs. Als es an der Zeit schien, diese Stücke aufzunehmen, ging er mit Produzent John Agnello, dem langjährigen Begleiter seiner Hauptband ins Studio. Erst dort entwickelten sich die Stücke – auch dank des Besuchs einiger befreundeter Musiker – zu ihrer jetzigen Form. Die für Ranaldo typischen, individuell gestimmten Gitarren, bestimmen das Klangbild, werden aber bei jedem Song von Nels Cline’s (Wilco) brillanter Arbeit an der Leadgitarre verstärkt. Ergänzt wird das All-Star-Lineup von Steve Shelley (Sonic Youth) an den Drums, dem Gitarristen und Komponisten Alan Licht und der Jazz-Ikone John Medeski an den Keyboards. Gastauftritte gibt es unter anderem vom früheren Sonic-Youth-Drummer Bob Bert und Jim O’Rourke.
„Between The Times And The Tides“ ist komplex, souverän und entspannt zugleich. Das beschwört bisweilen den Geist einiger großer Acts der alternativen Rockgeschichte herauf, klingt andererseits aber so frisch und entschieden nach vorn, dass man nur darüber staunen kann, was für eine fantastische, neue Band sich da im Verborgenen zusammengefunden hat. Die Lyrics drehen sich vornehmlich um Ranaldos Kindheit und Jugend und machen „Between The Times And The Tides“ auch textlich zu einer eingängigen und faszinierenden Song-Sammlung eines der prägendsten Rockgitarristen unserer Zeit.
With the dreamy, brooding quality to songs like "Mote," "Hey Joni," and "Wish Fulfillment," Lee Ranaldo could be seen as the George Harrison of Sonic Youth, offering a more lyrical contrast to the blunter and more abstract approaches of Thurston Moore and Kim Gordon. On his solo album Between the Times and the Tides, he expands on those qualities in his music and reveals new ones, inviting friends including Alan Licht, Steve Shelley, Jim O'Rourke, and Nels Cline along to help. Some of these songs could have been fine additions to a Sonic Youth album, particularly "Xtina as I Knew Her" which, with its expansive swath and dark, dissonant solos swirling around the plainspoken clarity of his vocals, comes the closest to Ranaldo's work with the band. Meanwhile, his unabashed romanticism continues with "Stranded," where he sighs over pedal steel, "I long for your lips" -- something that Kim Gordon or Thurston Moore probably wouldn't pull off or even attempt. Like any good solo album, this one shows off Ranaldo's different aspects, but he arguably goes even farther afield of his prescribed role in Sonic Youth than his bandmates do in many of their extracurricular projects. Between the Times and the Tides displays a strong and surprising classic rock streak: "Waiting on a Dream" begins the album with a darkly trippy raga complete with backward guitars and tablas that evokes the Stones' "Paint it Black," while "Tomorrow Never Comes"' tumbling rhythm and eloquent solos feel akin to the Beatles' "Tomorrow Never Knows." Ranaldo gets downright hippie-ish, in a good way, on the psychedelic "Angles" and "Shouts," which pairs violent words with a hypnotic melody and a spoken word description of a riot that feels like '60s, '90s, and 2010s protests layered atop each other. Between the Times and the Tides also reveals that he can write a straightforward pop song just as well, if not better, than songwriters who aren't from his avant/experimental background. "Off the Wall" is one such gorgeous standout, with carefully crafted lyrics that don't detract from its endearing melody; "Lost" is another, and another example of the poetic empathy that sets his songwriting apart. Ranaldo ventures even farther on the folksy "Hammer Blows" and "Fire Island (Phases)" a suite of psych-rock, country-rock, and swooning soft rock miniatures, and sounds just as comfortable on both tracks as he does on the album's more expected territory. Though a question mark hung over Sonic Youth's future at the the time of its release, Between the Times and the Tides cements Ranaldo's role as a dreamer and poet who can remain true to himself and reveal new things at the same time.
(by Heather Phares, All Music Guide)
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Rue Royale: "Guide To An Escape" (Eigenproduktion, Feb. 2011 * Sinnbus, März 2012) |
Vor einiger hatte ich das amerikanisch/englische Lebens- und Künstlerpaar
Brooklyn und Ruth Dekker bereits im Weseler JZ Karo
gesehen und mir auch ihre vorzügliche, in Eigenregie produzierte
Debüt-CD von 2008 besorgt.
Ihre erste richtige Langspielplatte hätte ich aber
fast verpasst. Zwar konnte man "Guide To An Escape" wohl
schon ab Februar 2011 digital über die Bandwebseite beziehen,
aber erst im Frühjahr 2012 hatte das kleine, aber feine Berliner
Label Sinnbus, das uns schon den Norweger Einar
Stray nähergebracht hat, eine richtige Schallplatte
veröffentlicht. Natürlich wieder voll mit wunderbarer Musik.
Und natürlich mit MP3-Gutschein.
(11.11.2012)
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Das Duo Rue Royale schafft es, dank dem wunderbar einfachem Singer/Songwriter-Folk des neuen Albums "Guide To An Escape", mindestens einen Genre-Gegner zu missionieren. (Foto: Roland Kok) Eigentlich sollte der Anspruch an einen Musik-Redakteur jener sein, dass er absolut neutral an jedwede Art von Musik geht und sich nicht vom eigenen Geschmack abhängig macht. Aber trotzdem ist ein Mensch immer auch ein Mensch und der hat Geschmäcker und Vorlieben. Und dann gibt es diese Momente, in denen man sich durch einen Wust von Neuerscheinungen arbeitet und auf dem Tisch landet eine CD, wo bereits das Artwork mit Begriffen wie Folk und 'Singer/Songwriter' wispert – schon erwartet man klebrig-süße und verschreckend schöne Balladen, die vor sinisterer Melancholie kaum noch geradeaus gehen können: Phlegmatik mit Anspruch eben. Rue Royale - "Guide To An Escape" Jedoch erscheint Rue Royales Zweitwerk "Guide To An Escape" beim geschmackssicheren Label Sinnbus aus Berlin, wo der Zweier auch auf Hundreds traf und mit "Fighter" einen Platz auf dessen Rework-Album "Variations" fand. Ein Indiz, dem Album eine Chance zu geben, und elf wunderbare Tracks später kommt die Erkenntnis: sollte die Annahme über Folk und Singer/Songwriter in all den Jahren falsch gewesen sein? Denn Ruth und Brookln Dekker, die auf der Bühne wie im Leben ein Paar bilden, haben eine lebendige, atmende und wache Platte geschaffen, die sich nicht hinter Vorurteilen verkriecht. Denn nach nunmehr sechs Jahren, in dem das Duo nicht nur heiratete, sondern auch den Lebensmittelpunkt von Chicago nach Großbritannien verlegte und das selbstbetitelte Debüt in relativer Heimarbeit entstand, kamen zudem abertausende Kilometer auf der Straße zusammen. Tournee an Tournee, und das nicht nur durch die Metropolen Europas. Davon handeln denn auch die Songs, welche die Dekkers im unwiderstehlichen Duett einsangen. Begleitet von der Akustik-Gitarre und wunderbar dezenten Synthi-Flächen sowie dem treibenden, aber unaufdringlichen Schlagzeug. Das Reisen, das Unterwegssein und interessante Menschen treffen, aber auch der ständige Blick nach vorn und Rastlosigkeit sind die Themen der LP. Die Wurzel soll gar nicht erst schlagen – die Welt ist zu schön, um sie nur von einem Punkt zu beobachten. So singen die Beiden in "We'll Go On Alright": "When nostalgia gets the better part of me / we'll go on alright we'll go on alright […] there's an awful lot of history between us / we'll go on alright". Dazu der lokomotorische Beat der Drums – Erlösung liegt in der Bewegung. Trotzdem, ein Verlangen nach dem Fremden geht nicht ohne Heimweh. So besingen sie in "Foreign Night" auch die Sehnsucht nach der Heimat, auch wenn das nur das eigene Bett ist. Rue Royale - "Guide To An Escape" (Albumstream) So bleibt nach gut 45 Minuten die Erkenntnis, dass es sich lohnt, ab und an zu irren, denn das Album "Guide To An Escape" ist nichts weniger als eine Klangperle. Ruth und Brookln Dekker lösen eben keine Beklemmungen aus mit ihren überschönen Gitarrenstücken, wie es der ein oder andere Singer/Songwriter gerne fabriziert. Vielleicht weil es nur eine Platte ist, die von sechs Jahren auf der Straße erzählt. Kein Märchen, keine Liebesschnulzen, sondern der harte Tour-Alltag in all seiner Schönheit in Noten gefasst. Und vielleicht genug wenigstens einen Genre-Gegner eines besseren zu belehren.
(Heiko Saul, www.motor.de)
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Céu: "Caravana Sereia Bloom" (Six Degrees/Urban Jungle, Apr. 2012) |
[Brazil!]
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Caetano Veloso sah in ihr die "Zukunft der brasilianischen Musik", und auch hierzulande liegen ihr Kritiker und Publikum nach den Alben "Céu" und "Vagarosa" zu Füßen. Nun krönt die Sängerin aus São Paulo ihr bisheriges Schaffen mit "Caravana Sereia Bloom". Als Thema hat sich Céu die Mythologie des Reisens auserkoren, inspiriert durch mehrere Trips in den wilden Nordosten Brasiliens. Ihre 13 Kompositionen knüpfen direkt an der gewagten Klangwelt der Tropikalisten an und ziehen zugleich den Hut vor den Low-Fi-Sound-Rebellen des Nordostens wie Nação Zumbi, Otto oder DJ Dolores. "Caravana Sereia Bloom" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die sich um einen fahrenden Zirkus ranken: Trösterin eines traurigen Clowns, Schutzengel einer einsamen alten Dame, Sängerin in einer Karaokebar - Céu schlüpft hier in viele Rollen. Stilistisch gibt sich das Werk wild wie das Zirkusleben: Psychedelic-Rock, Cumbia, Ska, Lambada und melancholische Balladen. Das bislang aufregendste und gewagteste Album der Brasilianerin.
Caravana Sereia Bloom, the third album in seven years from Brazilian singer and songwriter Maria do Céu Whitaker Poças (aka Céu), sounds dramatically different than the breezy, electronically washed 21st century bossa and samba of her previous offerings. Both earlier efforts were influenced by the electronic music of Thievery Corporation, Kruder & Dorfmeister, and even Röyksopp, as well as jazzy bossa, samba and classic MPB. Working with producer Gui Amabis, Caravana Sereia Bloom is a much more expansive recording. Born from ideas incurred during an extended road trip through her native country from São Paulo to the nation's northeastern region, and the inspiration of the road movie Bye Bye Brazil, it reflects -- musically -- much of what she heard during those travels; this music also has much in common with the ambitious, experimental spirit of the tropicalia era without being self-conscious. While Caravana Sereia Bloom is easily the most stripped-down record she's cut, it is also her most contemporary. Céu and Amabis employ programming and electronic sounds throughout; the emphasis here is on guitars, basses, drums, keyboards from synths to Wurlitzer, reeds, winds, and brass. No two tracks seem to come from the same root universe, but all reflect the fleeting sensations of life on the road. The funky carnivalesque jazz samba in opener "Falta de Ar" contrasts mightily with the neo-psychedelic surf guitar chicha of "Amor de Antigos." The ska-inflected cumbia of "Asfalto e Sal," with its bass drums, flutes, and hypnotic bassline, is an album highlight. "Contravento" is a rhythm collision of samba, lambada, and cumbia. It's among the most driving tracks here and colored beautifully by a multi-tracked tenor sax, B-3, percussion loops, drums, a taut bassline, and pulsing guitars. "You Won't Regret It," one of three English-language tracks here, is a cover of a vintage rocksteady tune featuring gorgeously layered vocals, trumpet, flügelhorn, sampled tuba, and grand rhythmic interplay. "Baile de Ilusão" melds 21st century brega and cumbia in a heady, sensual mix with a lovely melodic frame. "Fffree" is an abstract, completely solo tune, on which Céu plays organ, guitar, and bass and sings a brief, airy poem about the liberating quality of rootlessness. The 13 tracks on Caravana Sereia Bloom reveal an artist who is pushing the envelope of MPB, and is taking no prisoners in the process.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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Father John Misty: "Fear Fun" (Bella Union, April 2012) |
Hinter dem väterlichen Pseudonym verbirgt sich Josh Tillman,
der Insidern vielleicht als (inzwischen Ex-) Trommler der Fleet
Foxes bekannt ist. Vor seiner Zeit bei den Füchsen hatte
er aber bereits eine ganze Reihe von Solo-Alben unter seinem eigenen
Namen veröffentlicht (z.B. das wunderbare folkige "Year
In The Kingdom"), aber "Fear Fun" ist wesentlich
rockiger und deutlich aufwändiger produziert. Es wirkt eher wie
eine Bandplatte, obwohl die meisten Instrumente von Josh und Produzent
Jonathan Wilson gespielt wurden.
Die Vinylausgabe hat als Bonus die komplette CD dabei.
(30.07.2012)
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Als Hippie macht man sich keine Sorgen wegen der Miete. So lässt sich vielleicht erklären, warum Josh Tillman seinen lukrativen Job als Schlagzeuger der Fleet Foxes im letzten Jahr gekündigt hat. Nach einer künstlerischen Sinnkrise hat er sich sogar gleich komplett neu erfunden: Statt wie bisher seine Soloalben als J. Tillman zu veröffentlichen, nennt er sich jetzt Father John Misty. Gesanglich orientiert sich Tillman plötzlich an Roy Orbison, und weil er nicht mehr in bester Songwritermanier die eigenen Wehwehchen thematisieren will, sucht er in komplett bekifften Weltbetrachtungen nach Wahrheiten. "Jesus Christ, girl, what are people gonna think, when I show up to one of several funerals I've attended for Grandpa this week", heißt es etwa in "Hollywood forever Cemetery sings", einem der besten und mutigsten Songs, der sich mit Hall und verrauschter Gitarre vom oft leider doch nur durchschnittlichen 70er-Countryfolk absetzt. Hätte er musikalisch häufiger so viel gewagt wie mit seinen Texten, wäre die Rundumerneuerung auch wirklich rundum gelungen.
(cs, kulturnews.de)
... schon das 6. Album des (schon lange, u.a. mit Damian Jurado aktiven) ex-Fleet Foxes. An die erinnern nur wenige Stücke (er klingt hier „schwerer“, weniger unbeschwert), wohl aber die vielen Harmony-Stimmen und süßen kleinen Chöre, generell die Harmonienseligkeit. Sehr schön die wehmütige Stimme (oft resultierend in ebensolchen Songs), zum Wegträumen, Versinken! Reiner Pop wie Folk-Pop, hier und da einige Country-Einflüsse (1x vereint mit Proto-Rock´n´Roll-Anleihen), Westcoast, sporadisch ein Hauch Psychedelia, diverse Rückgriffe auf die 60er oder gar 50er werden zeitlos bis zeitgenössisch aufbereitet, wirken aber auch 1,2 mal wunderbar old-fashioned! Von äußerst atmosphärisch bis leicht groovend. Selbst Doug Sahm oder die Beatles werden beliehen, außerdem wurde er mit Nilsson verglichen. Schönes Album.
(dvd, Glitterhouse)
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Great Lake Swimmers: "New Wild Everywhere" (Nettwerk, April 2012) |
Diese kanadische Folkband um den Singer/Songwriter Tom Dekker
hatte ich bereits mit dem Vorgänger "Lost
Channels" von 2009 schätzen gelernt. Das limitierte
Doppelvinyl kommt zwar ohne MP3-Gutschein, aber mit Bonustracks gegenüber
der schnöden CD. Wie sich doch die Zeiten ändern - das war
mal umgekehrt!
(15.04.2011)
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Das erste Album der kanadischen Hohepriester des traditionsverbundenen, melodiesatten Alternative Country, das in einem echten Studio aufgenommen wurde (nach all den Scheunen, Kirchen und dergleichen), klingt aus allen Ecken nach dem neu gewonnenen Voll- und Schön-Klang. Die stets wurzel- und traditionsverbundenen Songs zwischen Fein-Folk und Fiddle-getriebenen Americana-Country, zwischen Byrds-Gitarrengleißen, Neil Young-Country-Rock und fast schon Lambchop-elegischem Breitwand kommen – bei aller akustischen Feinarbeit – auf dem 2012er mit fast schon Phil Spector’scher Klang-Macht daher, schmeichelnde Streicher tragen das ihre zur üppigen, köstlichen Fülle bei. Dazwischen aber sorgen akustische Gitarren, Banjo, Fiddle, Akkordeon und Klavier für die Folk-Bodenhaftung, Orgel und deftige E-Gitarren für den erdigen Country-Rock-Druck und der wunderbar harmonierende Gesang von Hauptschwimmer Tony Dekker und Julie Fadeer für den zweistimmigen Einklang der seelenvollen, erinnernswerten Melodien, die die von natürlicher Eingängigkeit geprägten Dekker-Kompositionen wie ein roter Faden durchziehen. Eine beseelende Sternstunde des gepflegten Americana, eine Verneigung vor dem reinen, wahren Song, ein Album wie ein sonniges Lächeln.
Die Erstauflage der 12-Songvollwerk-CD kommt im Deluxe-Digipak und bietet einen zusätzlichen 7-Track-Tonträger, der neben 4 Alternativ-Fassungen zu Album-Songs noch drei exklusive Stücke aus den Albumsessions enthält.
(Glitterhouse)
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Horse Feathers: "Cynic´s New Year" (Kill Rock Stars, April 2012) |
Das dritte Album von Justin Ringle ist zwar schon vor ein paar
Monaten herausgekommen, aber irgendwie bin ich erst jetzt darüber
gestolpert. Es ist gelungen, so wie schon der Vorgänger "Thistled
Spring" von 2010. Und ebenfalls wieder als Vinyl mit dem
dazugehörigen MP3s weiter zu empfehlen!
(10.09.2012)
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12er der Band von Songwriter Justin Ringle, dessen sanfter eindringlicher klassisch schöner Gesang sehr einnimmt. Genau wie die durchweg akustischen ausgesprochen vielschichtigen ideenreichen Arrangements, variabel wie die teils sehr interessanten und markanten ja kurzzeitig zwingenden Rhythmen: Häufige differenzierte Streicher (flächig, melodisch wie als rhythmisches Element eingesetzt), Gitarre, abwechselnd Banjo, Bläser, Harmonium und v.a. Piano. Genauso reizvoll: Die ungewöhnlichen Melodiebögen und die offene und dynamisch abgestufte Form, in der sie ihren schmuckreichen Songwriter-Folk (Americana) präsentieren. Daneben zarter z.T. ziemlich nackter Folk, sporadisch ein Anflug von Folk Rock eigener Art. Manchmal ist das Iron & Wine nicht unähnlich, Will Oldham taugt diesmal nur selten als Vergleich.
(Glitterhouse)
On the fourth Horse Feathers album, ringleader Justin Ringle expands his art-folk vision into something simultaneously ambitious and methodically crafted, creating a kind of chamber Americana sound in the process. Ringle's aesthetic home base is an acoustic-oriented singer/songwriter approach that combines lyrical erudition with organic accompaniment, à la Iron & Wine or Will Oldham, with his clear, gentle vocals often coming off like a close cousin of Iron & Wine main man Sam Beam. But while the core of the sound on Cynic's New Year is the interaction between Ringle and violinist Nathan Crockett, the singer/songwriter drafted in a wide array of players to contribute to these tracks, ending up with a kind of revolving-door cast of characters that adds up to an 11-strong ensemble. But despite the number of tonal colors employed over the course of the album, things never get out of hand. Whether you want to credit this to producer Skyler Norwood (Talkdemonic, Loch Lomond) or to Ringle's own tight reins on the proceedings, each cut glides gracefully along without getting bogged down in over-production. French horn, banjo, strings -- you name it, it pops up at some point on Cynic's New Year, but an airy acoustic feel is maintained throughout, and the arrangements never impinge on Ringle's relaxed reign. With the low-key, unassuming quality of his vocal delivery, Ringle becomes the calm at the center of an emotional storm that the music obscures but the lyrics ultimately betray. But if even you don't delve deeply enough into these tracks to unearth all the layers of psychological discomfiture lurking beneath the softly inviting surface, there's more than enough to be gained simply by absorbing the artful unfolding of the tunes at face value.
(by James Allen, All Music Guide)
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Rolf & Joachim Kühn Quartet: "Lifeline" (Universal/Impulse!, April 2012) |
Insider wissen natürlich, dass die Kühn-Brüder bereits
1967 als erste (?) deutsche Künstler
auf dem legendären Jazzlabel Impulse
eine Platte herausgebracht hatten. Jetzt gibt es den überraschenden
Nachfolger - überraschend vor allem, weil hier nicht altersgerecht
"vor sich hin geswingt wird", wie etwa dann,
wenn Altersgenossen wie Max Greger heutzutage noch musizieren,
sondern weil Klarinettist Rolf Kühn (über 80!), sein
etwas jüngerer Bruder Joachim Kühn am Piano zusammen
mit einer Rhythmusgruppe auf Weltniveau (Trommler Brian Blade
und Bassist John Patitucci) ein wirklich gutes, herrlich unkommerzielles
Jazzalbum aufgenommen haben.
(01.06.2012)
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Ein Gipfeltreffen zweier deutscher und zweier amerikanischer Jazz-Legenden! Die Brüder Rolf und Joachim Kühn nach langer Zeit wieder gemeinsam auf CD - erstmals zusammen mit den US-Stars John Patitucci und Brian Blade. Das Comeback-Album der beiden Gewinner des Echo Jazz 2011 in der Kategorie "Lebenswerk" Joachim Kühn gilt international als einer der ganz Großen des modernen Jazz-Piano, seine Solo-CDs und Zusammenarbeiten mit Legenden wie Ornette Coleman haben ihn weit über die deutschen Grenzen bekannt gemacht. Sein Bruder Rolf gilt als einer der letzten Meister der Jazz-Klarinette und spielte mit Benny Goodman, Ella Fitzgerald und zahllosen anderen. Jetzt kommen beide mit einem packenden Modern Jazz-Album zurück, das wirkliche Fans dieser Musik zu Beifallsstürmen hinreißen wird. Dies ist kein Lounge-Jazz, sondern endlich wieder fordernder, intensiver, improvisierter Jazz von vier absoluten Meistern ihrer Instrumente. "Lifeline" schlägt auch einen Bogen zum legendären 1967er Album der beiden, "Impressions Of New York", das damals sensationellerweise auf dem US-Label Impulse erschien - so wie ihr großartiges neues Album ebenfalls.
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Bonnie Raitt: "Slipstream" (Proper, April 2012) |
Seit über 40 jahren macht Bonnie Raitt Platten. Meistens sind die sogar recht gut - so wie diese hier.
(08.05.2012)
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Zurück im Studio nach 7 Jahren Pause. Ihre Stimme hat über die Jahre gewonnen, ist genau im richtigen Maße angerauht und gereift. Exzellentes Songmaterial, jeweils mehrere (Co-) Kompositionen von Joe Henry, Randall Bramlett, Dylan, NRBQs Al Anderson, plus u.a. Paul Brady (letztere beiden gastieren auch). Einige davon exklusiv. Mit 2 Bands in 2 Studios aufgenommen, die eine (ein Drittel) musikalisch überraschend, von Joe Henry produziert, nur Top-Leute, u.a. Greg Leisz, Patrick Warren, Jay Bellerose; wunderschön balladesk bzw. herrlich lose und entspannt, ungeheuer feinfühlig und voller filigraner Delikatesse gespielt, incl. herrlicher sachte vibrierender Gitarren. Der größere Rest oft erdig, kraftvoll, saftig (aber auch leise zarte resp. licht-rund-organische Tracks), meist incl. superber konzentrierter Slide-Soli, ausgesprochen feiner Hammond Orgel (Mike Finnigan, u.a. Hendrix Electric Ladyland, CSN-Dauergast, John Hiatt). Stilistisch bewegt sie sich oft zwischen den Stühlen, Multi-Roots-Sounds mit deutlichem Blues/R´n´B-Überhang (gern rockiger Art), je 1x Anklänge an John Hiatt, Little Feat, beste (Mick Taylor-) Stones. Klare Empfehlung.
(Glitterhouse)
Mit einem Satz: Bonnie Raitt ist wieder ein starkes, wahrhaft abwechslungsreiches Album gelungen, dessen Songs stellenweise für Gänsehaut-Feeling sorgen.
(Good Times, April / Mai 2012)
Bonnie Raitts brandneues Album "Slipstream" ist ein Neuanfang für diese großartige Gitarristin und Songwriterin. Die Songs sind gewagt, bluesig und durchtränkt mit ihrem unnachahmlichen Slide-Gitarresound und ihrer souliger Stimme.
"Slipstream" markiert ihr erstes neues Album seit der Veröffentlichung von "Souls Alike" vor sieben Jahren. Das neue Album hat Raitt zusammen mit Ryan Freeland (Ray LaMontagne, Ramblin' Jack Elliot) produziert und in Zusammenarbeit mit ihrer langjährigen Tour-Band eingespielt. Vier der zwölf Songs wurden von Joe Henry produziert, zu den hochkarätigen Gästen zählen Bill Frisell, Al Anderson (ex-NRBQ), Paul Brady und Maia Sharp. Das Album bietet Raitts großartige Versionen von Songs von Bob Dylan, Joe Henry und Loudon Wainwright III. Alle Fans von Bonnie Raitt und The Allman Brothers Band, Ry Cooder, Melissa Etheridge, Elton John oder Shelby Lynne kommen hier definitiv auf ihre Kosten.
(Produktinfo)
With the release of her nineteenth album, Slipstream, Bonnie Raitt is starting a new. The album marks her return to studio recording after seven years; it's coming out as the launch of her own label, Redwing Records; and it delivers some of the most surprising and rewarding music of her remarkable career, thanks in part to some experimental sessions with celebrated producer Joe Henry.
The years before and after Raitt's last album, 2005's acclaimed Souls Alike, weren't an easy time for her, with the passing of parents, her brother, and a best friend. So after following that album with her usual long run of touring—winding up with the "dream come true" of the "BonTaj Roulet" revue with Taj Mahal in 2009 and a triumphant appearance at the all-star Rock and Roll Hall of Fame 25th anniversary concerts the same year— she decided to step back and recharge for a while.
"I took a hiatus from touring and recording to get back in touch with the other part of my life," she says. "On the road, under stress, it's hard to stay in balance and move forward." Excited to have time at home and with her family and friends, she could go to the symphony, check out live jazz and Cuban shows, and so much else. She continued her ongoing political work, helping to organize NukeFree. org in 2007 and supporting her favorite non-profit organizations. "I didn't have to be the professional version of myself for a long time," she says. "It wasn't so much a vacation as a chance to take care of a lot of neglected areas of my life, a lot of processing after all that loss and activity."
When she started thinking about making music again, Bonnie knew she needed to try something out of the ordinary. "I was really interested in working with different people, and someone I had always been drawn to was Joe Henry," she says. "I'm a big fan of his writing and albums and love the work he's done producing Allen Toussaint, Solomon Burke, and others. I thought it would be really intriguing to see what we could come up with. Coincidentally, he had been wanting to call me as well. Our first phone call lasted over two hours."
They found a brief window when Henry's usual crew of musicians was available, augmented by a new friend of Bonnie's, the magnificent guitarist Bill Frisell. "I didn't have to produce or get the band together, I could just show up and sing," she says. "I came to Joe's with, to use a Zen expression, 'beginner's mind.'" The experiment yielded eight songs in 48 hours, and Raitt was inspired to get back to work full force. "I loved singing these songs and playing with these guys so much," she says, "This was just the jumpstart I needed to get me back in the saddle and wanting to work on a new album."
She plans to release the full results of the Joe Henry sessions down the line, but for now she chose to include four of these tracks on Slipstream —the Henry originals "You Can't Fail Me Now" (co-written with Loudon Wainwright III) and "God Only Knows," and two songs from Bob Dylan's Time Out of Mind album, "Million Miles" and "Standing in the Doorway."
A few months later, Raitt gathered her long-time touring bandmates—George Marinelli on guitar, James "Hutch" Hutchinson on bass, and Ricky Fataar on drums—along with a new addition and an old friend on keys, Mike Finnigan (Taj Mahal; Joe Cocker; Crosby, Stills and Nash) in a Los Angeles studio. Bonnie was also pleased to have Maia Sharp, one of her favorite artists and a collaborator on Souls Alike, joining her team once again, adding back-up vocals to several songs.
Raitt retained Henry's engineer, Ryan Freeland (Ray LaMontagne, Ramblin' Jack Elliot, Aimee Mann), whom she loved working with, as a way to unify the project's sound. The band went straight to work and quickly recorded a slew of songs Raitt had been collecting over the last few years.
Where Raitt's last several albums concentrated on material from lesser-known and younger songwriters, Slipstream draws from more of her contemporaries, including Paul Brady and Michael O'Keefe's "Marriage Made in Hollywood" and a reggae-fied version of Gerry Rafferty's "Right Down the Line." Her longtime friend Al Anderson, formerly of NRBQ, contributes three songs and plays on four; his hard-bopping guitar work adds to the general sense of six-string gunslinging throughout the album. "One of the new things about this record is that we let the guitar jams go on for a while," says Raitt. George and I got into some rockin' back and forth like we do live, and I had a ball going head-to-head with Al Anderson, one of my all-time favorite guitarists, on his 'Split Decision.'
The album's title is very significant for Bonnie —Slipstream isn't just a beautiful sounding word, but an indication of her place in the music community. "I'm in the slipstream of all these styles of music," she says. "I'm so inspired and so proud to continue these traditions, whether it's reggae or soul or blues. I'm in the slipstream of those who came before me, and I'm leaving one for those behind me. I'm holding up the traditions of the music that I love."
(bonnieraitt. com)
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Mariee Sioux: "Gift For The End" (Almost Musique, April 2012) |
Mariee Sioux Sobonya stammt wie Alela
Diane Menig aus der kleinen kalifornischen Städtchen Nevada
City, tritt wie diese unter ihrem doppelten Vornamen auf (also
von Spiessern wie mir im Plattenregal unter "M" und nicht
unter "S" einzusortieren!) und war mir bisher nur als Gastsängerin
auf deren Platten aufgefallen. Zu geniessen gibt es auf ihrem Debütalbum
hauptsächlich akustischen Singer/Songwriter-Stoff mit viel "Hippie-Gefühl"
und sogar indianischen Elementen. Somit hätte die Platte auch
1972 veröffentlicht werden können
und ist natürlich genau nach meinem Geschmack. Alela
tritt zwar nicht selber als musikalischer Gast in Erscheinung, dafür
aber ihr Papa Tom Menig und Mariees Papa Gary Sobonya.
Generationsübergreifendes Musizieren in der Familie - vielleicht
doch ein kleiner Unterschied zwischen 1972 und 2012?
(29.04.2011)
Konzerthighlight: Steinbruch, Duisburg,
17.05.2012: Wegen der tollen Platte hatte ich mir von dem Konzert
wohl doch zu viel versprochen. Ich fand's zwar irgendwie "ganz
gut", war aber nicht so begeistert wie ich erhofft
hatte. Kein Vergleich zu den Auftritten von Alela
und Laura Gibson an gleicher Stelle.
Von Platte und Konzert begeistert waren dagegen einige
andere Leute, wie mir ein Bekannter berichtete, den ich wenige Tage
später im Plattenladen traf. So bleibe ich also mit meinem
etwas unzufriedenen Gefühl wohl ganz alleine zurück. Gut
für die anderen und gut für Mariee, die auf jeden Fall
eine tolle Platte gemacht hat. Da waren sich schließlich alle
einig.
(20.05.2012)
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Die Mittzwanzigerin aus Nevada legt hier schon ihr fünftes Album vor, möglicherweise erleben wir sie hier kurz vor größerem Ruhm, denn gerade erscheinen ja auch ihre Duette mit Will Oldham. Hier macht sie aber noch fast alles selbst, singt mit hoher, etwas ätherischer Stimme einen leicht somnambulen und esoterisch anmutenden Folkrock, der deutlich vom 70er Jahre-Laurel Canyon-Vibe geprägt ist. Man darf also gerne an die junge Joni Mitchell denken, oder an Judy Henske und Mary McCaslin. Oft ist ihre Stimme gedoppelt, d.h. sie singt die zweite Stimme selbst, dazu erklingt ihre sanft perlende Folkgitarre in spartanischen Arrangements ohne Drums, dafür aber mit Pedal Steel, Hippie-Flöten, etwas Wurlitzer und Mandoline. „Gift For The End“ ist ein eher unaufdringliches Vergnügen – ein sanft-psychedelischer Trip ins folky Hippie-Wunderland vergangener Dekaden.
(Glitterhouse)
Außergewöhnlicher New-Folk aus Nevada City. Die amerikanische Singer-Songwriterin sorgt mit zarter Stimme und psychedelisch infizierten Folk- / Americana-Klängen für pure Magie und hypnotische Spannung. 'Gift For The End' erscheint als CD im Digifile-Format inklusive 12-seitigem Booklet. Bereits mit ihren beiden Alben 'A Bundled Bundle Of Bundles' (2006) und 'Faces In The Rocks' (2007) stellte die aus dem kalifornischen Nevada City stammende MARIEE SIOUX ihr außergewöhnliches kompositorisches Talent unter Beweis. Seitdem tourte die Musikerin ausgiebig durch die USA und absolvierte (gemeinsam mit HOPE SANDOVAL / MAZZY STAR) gefeierte Auftritte in England und Frankreich. Zudem ist sie auf dem Album 'The Pirate s Gospel' ihrer Kollegin ALELA DIANE zu hören, steuerte zwei Songs zu den Tribute-Alben an THE CURE ('Perfect As Cat') und GRAHAM NASH ('Be Yourself') bei und veröffentlichte diesjährig gemeinsam mit BONNIE PRINCE BILLY die EP 'Bonnie & Mariee'. Damit nicht genug, wartet die charismatische Künstlerin nun mit einem brandneuen Longplayer auf. 'Gift For The End' ist ein Meisterwerk des zeitgenössischen Singer- / Songwriter-Genres, auf dem die über eine exzellente Fingerpicking-Technik verfügende Musikerin mit zarter, betörender Stimme und psychedelisch infizierten Akustikklängen zwischen Folk und Americana für magische Entrücktheit und hypnotische Spannung sorgt. Unterstützt wurde sie dabei u.a. von Multiinstrumentalist SEAN KAE, der die Songs zudem produktionstechnisch veredelte und mit subtilen Arrangements ausstattete, sowie TOM MENIG (Bass, Lap Steel), JAY TAUSIG (Synthesizer, Flöte, Cello) und JEFF MANSON (Piano, Orgel). Eine faszinierendes Bekenntnis zur Schönheit der unaufgeregten Klänge und eine Empfehlung für alle Fans von JOANNA NEWSOM und LINDA PERHACS.
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Loudon Wainwright III: "Older Than My Old Man Now" (Proper, April 2012) |
Papa Loudon und Sohn Rufus bringen fast zeitgleich neue
Alben heraus. Die Musikpresse interessiert sich natürlich mehr
für den Sohnemann, den ich zwar auch ganz gerne höre (ausser
wenn er gerade Opernmusik macht oder aus dem Piaf-Songbook singt),
aber ich bin doch mehr mit der Musik vom Vater vertraut und fühle
mich da mehr zu hause - auch auf die Gefahr hin, dadurch weniger "cool"
zu sein bzw. zu wirken.
Loudons neues Werk ist tatsächlich eines seiner besten und wieder
einmal ist die ganze Familie und der Freundeskreis dabei: Ex-Frau
Suzzy Roche, die Kinder (Rufus Wainwright, Martha
Wainwright, Lucy Wainwright Roche und Lexie Kelly Wainwright),
alte Freunde wie Chaim Tannenbaum und viele andere. Sogar John
Scofield lässt bei einem Lied seine Gitarre erklingen. Am
bizarrsten ist ein Gesangsduett über Sex (bzw. dessen Fehlen)
im Alter mit Barry Humphries, den der eine oder andere vielleicht
auch als Dame Edna kennt.
(08.05.2012)
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Ein extreme persönliches/autobiografisches Werk. Drückt sich auch personell aus: Es gibt bezaubernde Duette mit seinen Töchtern Martha und Lucy sowie Sohn Rufus, ex-Frau Suzzy Roche (1x kommen alle zusammen); und mit Chris Smither (eins der Highlights!), Legende Ramblin Jack Elliott, Chaim Tannenbaum (Kate & Anna McGarrigle). Von großem Kaliber sind auch die Musiker, z.B. Rob Moose (Sufjan Stevens, Arcade Fire), Jazz-Koryphäen wie Erik Friedlander, Steve Elson, Marcus Rojas, John Scofield (ausnahmsweise E-Gitarre); sonst ist alles akustisch, meist schlicht gehalten, sparsam arrangiert, aber bunt (von Gitarren, Bouzouki über Piano, Akkordeon, Harmonica bis Sax, Tuba, Cello) und musikalisch enorm facettenreich. Klassisch-zeitlose bzw. old-fashioned Pop-Balladen, traditioneller Folk (oder Talking) Blues, melancholische (Songwriter-) Folk-Balladen, dazwischen eleganter Multi-Roots-Pop mit einer kleinen Prise Jazz, auch mal ein schneller Ragtime. Oft hohes songwriterisches Niveau, wunderbar melodisch. Und seine Stimme ist eh wie keine andere.
(Glitterhouse)
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Gravenhurst: "The Ghost In Daylight" (Warp, Mai 2012) |
Vor ein paaren Jahren hatte ich mich schon mal an dieser Stelle lobend
über das Gravenhurst-Album "Western
Lands" geäußert, auf dem der Engländer Nick
Talbot äussert geschmackvoll folkige Klänge in der Nick
Drake-Tradition mit maßvoll rockigeren Klängen aus
den 80ern (Talbot ist Fan von The Smiths) und modernen Klängen
(Warp ist eigentlich ein Label für elektronische Musik
- soweit ich das weiß) zusammenbrachte. Danach hatte ich ihn
etwas aus den Augen und Ohren verloren und bin erst jetzt durch die
Zehn-Zoll EP "The Prize"
wieder aufmerksam geworden. Auch "The Ghost ..." ist voll
von zeitlos schöner Singer/Songwriter-Musik (nennen wir es ruhig
so), wobei die rockigen E-Gitarren im Unterschied zu den Akustikgitarren
kaum noch stattfinden. Stattdessen klingt es manchmal bei den elektronisch
angereicherten Liedern ein wenig nach Krautrock á la Neu.
Oder eher nach Kraftwerk? Auf jeden Fall nach Düsseldorf
(kleiner Witz!)
(12.07.2012)
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Einer der schönsten Acts auf Warp Records und stilistisch so untypisch für die einstigen britischen Elektropioniere. Gravenhurst ist seit zehn Jahren das Projekt von Nick Talbot aus Bristol, der hier so gut wie alles macht, vor allem einen ganz besonderen, sanft fließenden und sehr organisch klingenenden Gesamtsound zaubert, der in jeder Hinsicht so ziemlich das Gegenteil von kalter, elektronischer Musik ist. Hier gibt es Gitarren und verhallte Stimmen zu gemächlich tropfenden Beats, das Ganze teils warm und schläfrig, teils drogenverhangen. Die Wurzeln auch von diesem neuen, bereits vierten Gravenhurst-Album für Warp liegen bei Brit-Folk und Shoegaze, wobei Talbot eine ganz eigentümliche neu Stilsynthese gelingt, die Laidback-Psychedeliker wie Mojave 3, Galaxie 500 oder The Clientele mit den mittleren Talk Talk verbindet. Dabei nehmen sich die Songs reichlich Zeit und Raum (deshalb klingt vieles wohl auch so schön verhallt) und mäandern auf stoischen Krautrock-Beats a la Can durch anschwellende Drone-Soundscapes, mit pulsierenden Orgeln im impressionistischen Spacemen 3-Modus, dazu kommt diese sehr sanfte und verträumte Stimme. Der Typ schert sich nicht um Genres, sondern macht ganz eigene und wunderschöne Musik der Marke British Psychedelia, die übrigens auch ganz hervorragend ins Glitterhouse-Universum passt.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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Mickey Hart Band: "Mysterium Tremendum " (360° Promotion, Mai 2012) |
Mickey Hart war einer der beiden Trommler der Grateful Dead.
Auf vielen Soloalben hat er sich kompetent mit Weltmusik und vielem
Obskuren beschäftigt und dafür sogar zwei Grammies gewonnen.
Das neue Album rockt dagegen erstaunlich "normal" und wurde
sogar mit einer kompletten Band eingespielt, zu der als einzige bekannte
Gesichter Widespread Panic-Bassist Dave Schools und
der afrikanische Perkussionist und Mickeys Langzeitpartner Sikiru
Adepoju gehören. Die meisten Lieder sind sogar mit Gesang
und die meisten Texte stammen sogar vom Cheflyriker der Dead, Robert
Hunter. Das klingt alles richtig gut und trotzdem nicht nach den
alten Dead-Platten. OK - das Cover ist Geschmackssache.
(10.05.2012) |
Here We Go Magic: "A Different Ship" (Secretly Canadian, Mai 2012) |
Ein weiteres musikalisches Highlight (neben Heidi
Happy) vom Soundtrack zu unserem Kalifornientrip vom letzten
Monat. Mein Reisegefährte Wulf legt sich jetzt schon
auf "Platte des Jahres" fest und auch ich denke zumindest
darüber nach! Jedes der Lieder ist gut, die stilistische
Spannbreite (innerhalb der Koordinaten des "Gitarrenrocks")
dabei enorm. Darüber muss auf jeden Fall nochmal ausführlicher
philosophiert werden, spätestens zum Jahresende, wenn es wirklich
um die Wurst und die Plätze geht ...
(12.07.2012)
Gerade läuft Track #9, "Miracle Of Mary", und lässt
mich vor allem wegen der Stimme und der Gitarre von Bandchef Luke
Temple sehr sentimental an die Verlaines
zurückdenken, jene neuseeländische Band aus den 80ern,
die mich einmal sehr begeistert hatte. Beim ersten Blind-Date-Hören
im Auto, unterwegs auf einem kalifornischen Highway, hatte mich
seine Stimme auf Track #2, "Hard To Be Close", noch an
Nick Lowe erinnert.
(13.07.2012)
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12er der New Yorker. Sie klingen nach wie vor außergewöhnlich, die Gitarren im Wechsel filigran oder knochentrocken, die Keyboards wunderbar flirrend, fluoreszierend. Häufige repetitive Elemente sowie reizvoll hypnotische Noten, dezent futuristisches Flair hier und da, ein mal dezenter mal ziemlich massiver modern-psychedelischer Touch. Eingebettet in ein zeitgenössisches Pop-Verständnis, das zwischen Indie, träumerisch und Electronic Art changiert, resultierend phasenweise in so etwas wie „Future Pop“, mit Anleihen v.a. bei Grizzly Bear, aber auch Animal Collective-Anklängen, sogar Neu!-Einflüssen, Spuren von Radiohead (wie bei denen produzierte Nigel Godrich!), Talking Heads, sporadisch ein Hauch Space, Ambient-Psychedelia. In den besten Momenten aufregend, fast euphorisierend.
(DVD, Glitterhouse)
Vom Schlafzimmer-Projekt zum Kritikerdarling und nun auf dem Weg zur breiten Anerkennung: Here We Go Magic kommen ihrem ganz eigenen Sound mit "A Different Ship" immer näher – selbstbewusst, smart, sympathisch und ziemlich tanzbar. (Foto: Christiaan Feelber) Die Vorgeschichte zur Produktion des neuen Here We Go Magic-Albums wird mittlerweile leidlich bekannt sein – sie ist aber auch einfach zu gut, um sie einfach beiseite zu lassen. Ihre Vergegenwärtigung ergibt auch insofern Sinn, als das "A Different Ship" um Kreativzentrum Luke Temple die Spuren einer prominent fremden Handschrift erkennen lässt: das feingeistige und stets etwas vom Kopf her gedachte Pop-Verständnis des Radiohead-Hausproduzenten Nigel Godrich schimmert in diesen zehn Songs immer wieder durch, ohne jedoch die Kompositionen zu vereinnahmen. So bleibt in allen Stücken die Sozialisation Temples im New Yorker Freak Folk-Mikrokosmos um die Moldy Peaches wahrnehmbar, während sich sein experimenteller Horizont stetig erweitert und er sich mit diebischer Freude aus der umfangreichen Spielzeugkiste des Godrich-Studio-Equipments bedienen darf. Here We Go Magic - "How Do I Know" Doch lässt man die großen Namen zunächst beiseite und konzentriert sich kontextunabhängig auf die Musik, was bleibt dann vom "Pigeons"-Nachfolger? So viel steht fest: als Freunde des dezent psychedelisierten Indie-Pops darf man Temple und seine Formation noch immer identifizieren. Ein ätherischer, schwebender Sound bildet den konsensuellen Rahmen, in dem viel Platz bleibt, auch für Ideen der treibenderen Art. Wenn The Whitest Boy Alive einen Trip in die Wüste planten, man würde ihnen neben Klassikern von den Talking Heads bis Paul Simon wohl auch "A Different Ship" als Soundtrack mit an die Hand geben. Immer wieder poppen Assoziationen zur Laid-Back-Folktronica der Norweger um Erlend Øye hoch, zündet das Tanzpotenzial doch auf einer ähnlich nerdigen Ebene sein Animationsprogramm. Und ja, den unvergessenen "Lotus Flower"-Ganzkörpereinsatz eines Thom Yorke kann man sich hierzu ähnlich gut vorstellen. Die Eröffnung übernimmt "Hard To Be Close" in überraschend knarzigem Country-Gewand, dem aber umgehend mit fescher Polyrhythmik Feuer unter seinem anachronistischen Hintern gemacht wird – "It's just a touch too much" meint Temple dazu und swingt sich langsam für das anstehende "Make Up Your Mind" mit seinen eiernden Funk-Gitarren und flirrenden Synthies in Form. In der Bipolarität von Pop-Basis und verträumter Jam-Ästhetik im Überbau spiegelt sich auch der inhaltliche Schwerpunkt des Albums: die Dissonanz aus Bindungsängsten auf der einen und Einsamkeit auf der anderen Seite. Da das musikalisch geschickt ausformuliert daherkommt, wirkt das Ergebnis aber nicht zerrissen oder klischiert, sondern angenehm geschlossen und stimmig. Vielleicht zum ersten Mal klingt ein Here We Go Magic-Album wie aus einem Guss: warm, geheimnisvoll, beschwingt; sogar verdammt eingängig und stellenweise angenehm leicht zu entschlüsseln. Die zehn Stücke fordern nur so viel vom Hörer, wie er gewillt ist zu geben. Here We Go Magic - "Make Up Your Mind" Mehr Videos von Here We Go Magic findet ihr auf tape.tv! Manch einer mag den Mut früherer Releases zum ausgiebigen psychedelischen Feuerwerk vermissen, derlei Eskapaden werden auf "A Different Ship" meist hübsch angeleint und dem Ganzen untergeordnet. Ob genau dies die Handschrift Godrichs ist, darf man vermuten, scheint aber letztlich unerheblich. Den New Yorkern ist hiermit ein kleiner aber fein geschliffener Edelstein aus der Tasche gefallen. Pop-Historisch geschulter Indie-Rock der smarten Sorte mit Hang zum Freaktum; locker-flockig aber nie beliebig – also mit diesem Soundtrack darf die Festivalsaison ruhig kommen. Wer weiß, wer dann so in der ersten Reihe steht.
(Henning Grabow, www.motor.de)
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K.: "History Grows" (Eigenproduktion, Mai 2012) |
Karla Schickele ist die Bassistin von Ida,
seit einigen Jahren eine meiner Lieblingsbands, von denen es seit
etwa vier Jahren leider nichts Neues zu hören gibt. Deshalb habe
ich mich natürlich sehr über die bereits dritte CD ihres
"Nebenprojekts" gefreut, bei dem Karla von Ida-Schlagzeugerin
Ruth Keating und dem gelegentlich ebenfalls in den Besetzungslisten
von Ida auftauchenden Gitarristen
Matt Sutton unterstützt wird. Neben guten eigenen Liedern
von Karla gibt es am Ende der CD auch vier interessante Coverversionen
zu hören: "Passionate Kisses" von Lucinda Williams,
"Jump, Baby, Jump" von der mir bisher leider unbekannten
Bluessängerin Jessie Mae Hemphill (also nicht die Mungo
Jerry-Nummer!), "For Me" von Julie Doiron (mir
ebenfalls unbekannt) und sogar "Baker Street" von Gerry
Rafferty als spröde Soloversion am Klavier, das so ungewöhnlich
"unpoppig" darherkommt, dass man die blöde Saxofonmelodie
vom Original garnicht mehr dazu singen kann, wodurch
dieses im Grunde doch schöne Lied wieder "befreit"
und hörbar gemacht wird.
P.S.: ist das jetzt schön oder schade, dass Karla bei der CD
ganz ohne Plattenlabel auskommt bzw. auskommen muß?
(18.08.2012)
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On moments and the music of Karla Schickele
I am passionate about moments. Moments add a fresh, stimulating, stake-raising dynamic to my life. The sensation of living life, and all of a sudden having my ‘here and now’ rocked by a moment is pretty sweet in itself. Yet, it is ‘the moment afterglow’ that surges my love for moments up the charts, skyrocketing high above my love for cream soda. Moments have this unique ability to enliven and electrify my soul and foster and nourish my ability to love. I become a sharper, more complete, richer version of myself by indulging in my own historical vault of moments. I love floating around in my own personal “lake of moments”, in its inviting, lively waters. Swimming in the “lake of moments” is the “bee’s knees”, and the cream of the “worthwhile activities to engage in” crop.
An immensely positive energy is created by swimming in the “lake of moments” as there are no lines or limitations on how far, how long , and how deep I choose to immerse myself in a particular past moment. While swimming in this “lake of moments”, the meaning of a particular moment can be stretched, shrunk, tweaked and refined to my heart’s content. It’s like having the freedom to hold a magnifying glass up to a moment, and experience it in double the size and feeling, or on the opposite end of the spectrum, split that moment into two and only choose to proceed on a thinking level with one half.
In the best of times, the “lake of moments” is warm, and swimmable; the moments themselves are wthin grasp. However, during the winter months, swimming just isn’t an option and the moments are that much harder to reach and experience poignantly. The “lake” is frozen. Thoughts of backup plans for how to access these moments start to occupy the mind. Even the best ice fishing rods can’t grip the moments you want to explore with the desirable degree of depth.
Now what? When things get complicated, I typically turn to music for understanding, and soul awakening. . Keeping with this theme, I found a bridge to my moments and the capacity to feel and experience the feelings associated with these moments at a greater level of depth and intimacy. I found this bridge by diving deep into the songs of New York-based bassist/pianist/singer/songwriter Karla Schickele.
One of the greatest misconceptions about New York-based indie rock band Ida is that it is, at its core, a duo. In the the fall of 1996, Daniel Littleton and Elizabeth Mitchell quietly added Karla Schickele to the Ida lineup. Over the course of her now 16 years as a member of Ida, in addition to her bass duties with the band, Schickele has revealed herself to be a masterful songwriter, and an affecting pianist. That her singing is probably her greatest asset to Ida is a revelation. …a testament to her immense value and influence on the band’s sound and culture. Vocally, Schickele fuses her tender, oft-heart wrenching alto voice, with an ardent, impassioned vocal delivery, noticeable in even the most melancholic of tunes. Schickele’s intriguing voice-delivery contrast, and her recurring aesthetic of employing subtle dissonance and sonic experimentation in her songwriting often provides Schickele penned Ida songs a certain distinctiveness and even traces of otherness, when compared with the compositions of her bandmates Littleton and Mitchell. Yet, there is an affirming, warm language present both musically and lyrically that creates ties between her work and that of her bandmates, subsequently situating Schickele’s songs as unmistakably Ida songs.
During a temporary lull in activity for Ida in the early 2000s, Karla Schickele formed her own group, called k. - Along with Ruth Keating and Matt Sutton. k. acts as a much needed vehicle for Schickele’s transcendent songwriting, especially as Ida albums are often dominated by Littleton and Mitchell originals. k. released two albums in the early 2000s, "New Problems" (2001), "Goldfish" (2002). Schickele has just released her third k. album, "History Grows", which is her first k. album in 10 years.
In her career that has so far spanned two decades, Schickele has had at least three outlets for her songwriting. She has penned and released tunes in Ida, Beekeper, and also the moniker of k. She is one of those unparalleled songwriters that has a formidable, hard-to-define, strikingly consistent aesthetic that binds her compositions together, yet each song offers a fresh new interpretation and/or spin on this mysterious , unclassifiable aesthetic.
The mysterious nature of her formula is very alluring and engaging and has great potential to keep the listener guessing. Her multi-instrumentalist status gives her flexibility and versatility to customize and shape the way in which a particular song sounds. That her husky, provocative, and oft-grounded voice may be the most affecting instrument in her repertoire, speaks volumes about her potential for diversity and her ability to make a musical impression. Schickele has a daring approach to her songwriting: she frequently explores different sounds, textures, and moods, and the intonation and expression in her voice often varies from vulnerable to passionate to –self-assured in the confines of a three minute tune. She has raw, sparse bass fronted offerings such as “Always So Good”, frantic, spunky, and quirky upbeat numbers like “Poor Dumb Bird”, rockier, playful and groovy songs that call for a little swaying like “Knoxville”, and delicate, fragile, emotional piano-based tearjearkers (ie- “Play by the Book” and “Complete” ).
With repeated listens, there is a certain commitment in Schickele’s songs to putting emphasis on and even celebrating the act of feeling, regardless of what the feeling is that is being felt. The focus is on feeling itself, and how a life that is filled with feeling and emotion is a life that is rich, and rewarding. If we listen closely, Karla’s songs can provide us with weight and depth to moments in our lives, and allow us to fully feel all that these moments represent and/or mean to us.
There is a transfiguration of sorts that occurs while listening to Karla Schickele’s music. Our perception of these moments changes from fact-of-the matter, passive historical memories, to active feelings that are ever-evolving, that resonate with you on a deeper, more intimate, and meaningful level. “Not Here” (k.- New Problems- 2001) introduces Schickele’s ongoing attempt to maximize the feeling in our lives, through the unique combination of her soothing instrumentation, and expressive, emotional, heartfelt lyrical revelations. Lyrically speaking, Schickele initially may come across as one in favour of drama and the use of dramatics. For example, in “Not Here”, she lets it be known that she’ll “make tomorrow a liar, and we’ll have day after day after day, and all of our lives” (Karla Schickele- k.- Not Here). Just before that, in the same time, she posed the question “What could I steal or beg or borrow, that would lift this place above and away?” (Karla Schickele- k.- Not Here). Yet, with recurring listens, it becomes more apparent that she uses her knack for dramatic lyricism to allow her honest, blunt words to resonate a little deeper and hit a little closer to home with the listener. I think she recognizes that honesty is fine and dandy, but to really maximize the response to the honesty, Karla knows the formula: Just add in little extra weight and emotional hook behind the assertions, and watch the deepening of the musician-listener connection!
By drawing out her assertions and making them a bit larger than life, Karla Schickele increases the likelihood of being able to reach listeners on a more profound, and affecting level. In the latter lyrical expression that I cited, her though process is very revealing because it demonstrates how she is thinking about doing a particular action as a way to put herself in a position to overcome, reconcile or move past a particular state of mind/feeling. One could extrapolate from this ideology that an action or event can also act as a launching pad to begin a journey towards achieving a moment with another person. Events, activities and actions stir up feelings in us, and can create emotional intimacy between people. I think it is extremely important to look to events, activities and actions as the journey, not the sole destination.
The destination for me is the moments (the smiles, the sharing of laughter, the discussions, the feelings, and the development of emotional intimacy). Schickele’s songs challenge our default event-centric methodology of living life. Her songs redirect our minds away from the idea of events and occurrences as the driving forces in our lives. Instead, Schickele emphasizes the value in life of moments and feelings over events. To me, Her songs show us the value of living life in such a way where an event is a means to an end, and that end is a series of moments that we experience before, during and after the event.
In Schickele’s song “Room”, she passionately makes the plea “Could I change your mind?/Could I ever change your mind?” (Karla Schickele- k.- Room). This plea comes after more of her refreshingly honest and direct lyrics, where she poses the question “Will there be room for me?” (Karla Schickele- k.-Room). When I consider the initial plea, what is striking it that it’s not the setting of the plea, or even the circumstances surrounding the plea that I’m invested in. What intrigues me here is Schickele’s use of everyday language to initiate a key moment of communication. Furthermore, she subsequently reveals how positive, freeing and revitalizing to the soul it can be to utilize directness and ask the tough questions that people are quite often too scared or uncomfortable to ask.
"Will there be room for me?” is the type of question that we all want to know the answer to, and we have all played out in our own heads ( Yet, actually asking the question is much more difficult. However, the rewards for asking such a question are plentiful. (Karla Schickele- k.-Room). Asking questions like “Could I change your mind?” and “Will there be room for me?” endorse a way of life where one refuses to allow fear to be in the driver’s seat. (Karla Schickele- k. Room) Instead, although the answers to these questions might be heartbreaking and devastating, there is something freeing about hearing the truth, and putting yourself in a position to move forward accordingly.
With her third k. album now complete, currently available through bandcamp: http://vivakmusic.bandcamp.com and awaiting an official release next month (May 2012), Karla Schickele has truly made her magnum opus. “History Grows” (the new k. record) is her best, most affecting collection of songs yet. The new disc simply puts a cherry on top of a body of work that has been compelling, magnificent, and breathtakingly beautiful.
(Written by Nat Bourgon, natbourgon.blogspot.de, 15.04.2012)
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Smoke Fairies: "Blood Speaks" (V2, Mai/August 2012) |
Jessica Davies und Katherine Blamire, zwei noch recht
junge englische Ladies, die singen, Gitarre spielen und Songs schreiben,
mit ihrem zweiten Album, das dem bisher von ihnen gebotenen Folk (diese
Stimmen!) und Blues (diese Slidegitarren!) jetzt ein rockigeres Fundament
mit E-Gitarren, Keyboards, Bass und Schlagzeug gönnt. Die CD
kam zwar schon im Mai heraus, aber auf die Vinylausgabe mit Bonus-CD
musste man und frau bis zum August warten.
(18.08.2012)
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Zwei Jahre dem Debütalbum Through Low Light And Trees und einer ausgedehnten Tour durch Europa sowie Amerika sind die beiden Engländerinnen Jessica Davies und Katherine Blamiere aka Smoke Fairies nun zurück. Dabei stellt das zweite Album eine deutliche Weiterentwicklung des Duos dar. Der Sound aus Folk, Blues und klassischem Singer/Songwriting wirkt noch gefestigter und die beiden sind als Band gereift:
“We’ve become more confident in what we’re doing, and so we’ve pushed things a bit more. We’ve gotten bolder with the dynamics, and our influences have broadened”, so Katherine.
Wurde das Erstlingswerk noch in Cornwall aufgenommen, zog es das Duo für die neuen Aufnahmen in die urbanen Umgebungen des im Westen Londons gelegenen Ladbroke Grove. Produzent des neuen Albums war abermals Head, der auch schon beim Debütwerk Through Low Light And Trees unterstützend mitwirkte. Die im Dezember letzten Jahres entstandenen zehn neuen Songs zeigen vor allem den Bruch mit gängigen musikalischen Gewohnheiten der Band: v “We tried to break out of the different forms which you can get restricted by in folk and blues”, sagt Katherine. “It was very liberating to do that, as well as a very uplifting, independent song for us.” Jessica fügt hinzu: “It’s about the sense you get from stopping, thinking and just focusing on your surroundings. To listen to what your blood is telling you, to experience life and to celebrate the freedom of being able to move around.” Ein wunderbares Album, musikalisch eine deutliche Weiterentwicklung, das auch einen gewissen Wagemut im Songwriting an den Tag legt, ohne dabei dem typischen Smoke Fairies-Stil untreu zu werden.
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Spain: "The Soul Of Spain" (Glitterhouse, Mai 2012) |
Josh Haden hat seine alte Band nach einer langen Pause mit
neuen Musikern reaktiviert und fröhnt wieder der erhabenen Langsamkeit.
Zwar gibt es mit dem dritten Lied sogar einen mittelschnellen Rocker
mit einer leider ziemlich doofen Akkordfolge und einem ziemlich platten
Text ("I want to feel your love, because
your love is for everyone"), aber danach wird es mit "All
I Can Give" zum Glück wieder richtig gut. Natürlich
sind auch Joshs liebreizende Drillingsschwestern (!) Petra,
Rachel und Tanya als singende und fiedelnde Gäste
dabei. Und wie immer bei Spain gibt es auch ein liebreizendes
Covergirl zu bewundern.
(08.05.2012)
Konzerthighlight: 16. Orange Blossom Special,
Beverungen, 27.05.2012: Eigentlich ein sehr schönes Konzert
- wenn nicht als letzte Zugabe dann doch noch der oben erwähnte
Rocker gekommen wäre. Aber es sei den Junx verziehen.
(31.05.2012)
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Mit drei Alben und einigen wenigen Tourneen erspielten sich Spain zwischen 1995 und 2001 eine treue, ihrer speziellen Faszination erlegene Fangemeinde. Sie waren eigen, verfügten über einen berauschenden Klang, der melancholisch-intime Wahrheiten mit intensiv ausgearbeiteten, warmen, umarmenden Sounds verknüpfte: "Slowcore" nannte man so etwas damals, aber es war viel mehr. Uncut schrieb treffend: "Of all the melancholy slowcore bands of the mid-'90s, Spain were one of the more imaginative: a debonair, blues-tinged group from LA led by Josh Haden (son of jazz bassist Charlie Haden) that frequently sounded like Spiritualized crossed with a cool jazz quartet. Haden's calm dissection of his own doubt and guilt is unnerving, like eavesdropping on an intimate conversation.... a woefully underappreciated band." Wie wahr. "Vegas" schreibt: "This is outstanding, emotionally resonant, indie-rock that will appeal to fans of Modest Mouse, yet spoken in Spain’s unique vernacular". Als Spain vor über 10 Jahren auseinanderbrachen, nahm niemand Notiz davon. So unscheinbar hatten sie sich in die Musikgeschichte gespielt, dass sie nicht einmal in Vergessenheit gerieten. Das Slowcore-Genre hat viele zeitlose Bands hervorgebracht. Sie nehmen sich ihre Auszeiten. Ihre Musik jedoch bleibt.
„Einige der Songs“, sagt Haden „unterscheiden sich sehr von den frühen Spain-Songs. Sie entfernen sich von Slow Core, Down Tempo. Sie sind weniger in sich gekehrt. Ein Freund warnte mich: Mach das Spain-Konzept nicht kaputt. Doch ich antwortete nur: Vielleicht sind die Songs ein wenig schneller, aber es sind immer noch Spain-Songs“. Wenn Haden von der Veränderung erzählt, mag man ihm kaum glauben. Und auch wenn Spain auf Because Your Love sowie Miracle Man wirklich einmal Tempo aufnehmen, so bleiben sie Spain.
Es wäre vermessen zu behaupten, dass sich etwas ändern wird. Nicht mit diesem Album, nicht in Deinem Leben. Aber bedarf es immer der großen Veränderung? Manchmal reicht die innere Ruhe, manchmal reicht der Seelenfrieden. Lass Deinen Kopf hängen, erhebe Deinen Geist. Das kann Dich befreien. The Soul of Spain versöhnt Dich für den kurzen Moment einer Platte mit Dir. Mehr muss und kann Musik nicht leisten.
(Glitterhouse)
Spain are a Los Angeles-based alternative rock band founded in 1993 by Josh Haden (son of jazz bass legend Charlie Haden). Initially connected to the 1990s “slowcore” movement, the original line-up included Haden on bass and vocals, Ken Boudakian on lead guitar, Merlo Podlewski on rhythm guitar, and Evan Hartzell on drums. After recording a well-received demo and 7” single, and playing frequently at legendary Silver Lake venue Spaceland (née Pan, currently called The Satellite), Spain signed with Restless Records in 1994. The band travelled to San Francisco in early 1995 and spent a month recording their debut album at the now extant Brilliant Studios, with Norm Kerner (American Music Club) at the producing helm.
The debut 1995 album, The Blue Moods Of Spain, garnered the band a devoted cult following and enabled them to tour the U.S., Europe, and Australia. The album was included on many music magazine “best of” lists for the year. In 1996, Spain performed on the landmark French television talk show Nulle Part Ailleurs. During this time they also toured as the opening band for Cocteau Twins during the legendary UK band’s final U.S. tour. In the mid-late 1990s, several songs from Blue Moods were featured in different films and TV shows (Phoenix, In God’s Hands, Winterschläfer, Garage Days, Popular). A huge Blue Moods poster appeared in an episode of Beverly Hills, 90210. The Red Hot Chili Peppers covered their song “Spiritual” in concert. In addition, “Spiritual” was recorded by Johnny Cash (on his Grammy-winning, Rick Rubin-produced Unchained), and by Charlie Haden and Pat Metheny on their Grammy-winning Beyond The Missouri Sky. In 1997, film director Wim Wenders commissioned Spain to write and perform a song for his film End Of Violence. The result, “Every Time I Try”, is an audience favorite.
In 1999, Spain travelled to the Swedish island of Vaxholm to record their sophomore CD, She Haunts My Dreams. Participating in the recording were the late Swedish jazz pianist Esbjörn Svensson (who contributed keyboard and piano performances along with string arrangements), former Soundtrack of our Lives guitarist Björn Olsson, and sometime R.E.M. and Beck drummer Joey Waronker. With new guitarist/keyboardist Shon “Goldenboy” Sullivan (replacing Ken Boudakian), drummer Will Hughes (Evan Hartzell had parted ways with the band in 1996), acoustic guitarist Podlewski, and new lead guitarist Olsson in tow, Spain toured extensively for the album, headlining large venues across Europe. A song from the album, “Our Love Is Gonna Live Forever”, was featured prominently in an episode of the HBO series Six Feet Under.
In 2000, the band, minus Olsson, stayed in Los Angeles to record their third album, I Believe. Shortly before the album was released, Sullivan left the group to concentrate on his solo work, and Podlewski accepted an invitation to play bass for surfing superstar Jack Johnson’s fledgling acoustic rock band. Rather than immediately put together a new group from scratch, Haden took an extended break from the band, recording a solo CD for Dreamworks Records (later released on his own Diamond Soul Recordings). A Spain best of compilation, Spirituals: The Best Of Spain, was released in 2003.
Haden reformed Spain in 2007 with all-new members and began playing gigs again in their native L.A. Since then they’ve shared the stage with Tindersticks and the Clientele, and have played at two important music festivals - Tanned Tin 2007 in Spain, and Filter Magazine’s Culture Collide 2011 in Los Angeles. A CD/digital single entitled “I’m Still Free” was released in January 2010.
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Adele & Glenn: "Carrington Street" (Glitterhouse, Juni 2012) |
Bassistin Adele Pickvance und Trommler Glenn Thompson,
die ehemalige Rhythmusgruppe der Go-Betweens
und von Robert Forster, mit
ihrem Debütalbum als Duo (von Glenn Thompson gab es
bereits vor fünf Jahren ein Soloalbum unter dem Bandpseudonym
Beachfield). Geboten wird
wunderschöner, altmodischer (besser gesagt: zeitloser) Gitarrenpop.
Für mich als Go-Be-Fan war
das natürlich ein Pflichtkauf. Die Vinylausgabe inkl. CD gab's
für einen Aufpreis von einem schlappen Oiro zur vinylfreien
CD-Ausgabe.
(12.08.2012)
Ein Lied von Adele Pickvance hat mich sogar zu Tränen
gerührt: "Auntie Nelly" erzählt
von einer haschrauchenden, exzentrischen alten Dame, die von ihrer
Verwandschaft weggesperrt wird und dann eingeht. Wunderbar todtraurig
im wahrsten Sinne des Wortes!
(17.09.2012)
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Wer von den Go-Betweens spricht, hat in erster Linie Robert Forster und Grant McLennan im Kopf, aber es gibt noch mehr: Adele & Glenn, in der Inkarnation der Band zwischen 1996 und 2006 unverzichtbarer Bestandteil als Rhythmus-Sektion und Harmony/Duet-Vokalisten und bis heute die feste Band in Robert Forster’s Solokarriere, sei es auf der Bühne, oder im Studio. Dass sie es auch selber können, beweisen die beiden ex-Brisbanites auf ihrem Debut aufs Eindrucksvollste. Zehn herrlich-luftige, sommerlich-leichte Indie-Pop-Hymnen beinhaltet “Carrington Street”, Indie-Pop der zeitlosen Art, mit typisch australischer/neuseeländischer Note, grandiose Melodien, die so unverkrampft und locker daher kommen, wie man sie von zeitgenössischen Europäern oder Amerikanern nicht zu hören bekommt.
Zwölf Monate haben die beiden in ihrem kleinen Studio Studio in Marrickville, einem Stadtteil Sydney’s geschrieben, gefrickelt, nach Sounds und Melodien gesucht und auch gefunden. Mit einer überwältigenden Sammlung an obskuren akustischen und elektrischen Instrumenten, Röhrenverstärkern und der Kreativität einer seit 20 Jahren auf ihre Erlösung wartenden songschreiberischen Muse feilten Adele & Glenn während klirrend-kalter Wintertage und schwülheißer Sommernächte geduldig an ihren glasklaren Melodien und Texten, die das australische Stadtleben reflektieren. Eingebettet wurden Lyrics und Musik mal in sehr üppige Arrangements, dann wieder recht sparsam instrumentiert. Das Ergebnis dieser Arbeit ist ein schlafender Gigant namens Carrington Street. Mehr als zwei Jahrzehnte spielten Adele & Glenn in den Bands verschiedenster australischer Musikgrößen, von Dave Graney über die Custards bis zu den Go-Betweens und Robert Forster. Hört man sich nun ihr Debut als eigenständige Band an, so fragt man sich, warum Adele & Glenn diesen Schritt nicht schon viel früher gewagt haben. Aus dem Stand heraus gelingt ihnen mit “Carrington Street” ein funkelnder Sommerpop-Edelstein, von zwei verwandten Seelen in zwölf Monaten akribischer Arbeit feingeschliffen.
Adele & Glenn, ex-Brisbanites and former Go-Betweens members, are true pop stars. They play original pop music effortlessly and are a joy to watch. They have spent the last 12 months locked away in a small studio in deepest Marrickville. With carefully collected instruments old and new, and a specially modified microphone plugged into a box with valves in it, they have pieced together a new Australian album of depth and beauty.
Throughout the windy winter days and dark nights on the outskirts of inner-western Sydney, Australia in 2011, Adele & Glenn patiently knitted pure-as-glass melodies to keenly observed lyrics from a modern Australian city life. Add to that, the sometimes rich and royal, other times factory-empty instrumentation and harmonies, and we are left with a sleeping giant of an album, called Carrington Street.
Adele & Glenn united to perform their own material after a history of playing with some of Australia’s most well loved and iconic musicians. They first met in a practice room in Brisbane to accompany Robert Forster of the Go-Betweens during his enigmatic solo career. And in each other, they found a good friend, and an inspiring stage and studio accomplice. Later Adele joined The Dave Graney Show. Glenn was a member of Australian idiosyncratic popsters Custard. And European music fans will mostly remember them for being the backbone of the reformed Go-Betweens from 2000 til 2006.
Today, Carrington Street shines like a full moon in a city park. It is Adele & Glenn’s debut album, and it sets a new path in their career.
(Glitterhouse)
When you see the names Adele & Glenn you almost expect them to be cordially inviting you somewhere. And it could just be that these two are welcoming you into “their house” on Carrington Street. Adele Pickvance and Glenn Thompson – once the rhythm section of The Go-Betweens while the latter was also the drummer for Custard – have graduated from being in two of Australia’s most-loved bands to making their own sweet music together. Their debut album, Carrington Street is full of an easygoing, homespun charm and plays out like chicken soup for the inner west soul.
The ten tracks were recorded at Thompson’s own Horses Of Australia Studio in Marrickville. It’s an idea the pair had had for years and one that finally came together after Adele moved to Sydney. Without the constraints of management, a label or any specific time deadline, the duo had the freedom to pore over every note and nuance. This means that this labour of love saw the pair become the sole guardians during the writing, recording and mixing processes, and it’s fair to say that this little baby is gonna make its parents very proud.
The first single, “I Dreamt I Was A Sparrow” has some smooth basslines and is filled with shadows and whimsy. It also sounds like a Crowded House number as Pickvance imagines herself as a bird following her old man around. In “Tomorrow Today” however, the tone changes for the first of many occasions on this LP. This one is full of skipping chords, sunshine and rainbows, meaning it sounds like the perfect compliment to the Thompson-penned, Custard classic “Music Is Crap”.
The buoyant pop continues with “Grey Suits”. Although more ballad-like and tender, in reality it is about labouring over the old grindstone. Then suddenly the topic turns from work to family and specifically to “Auntie Nelly”. The latter is a folk tale about an eccentric aunt, a weed-smoking woman who was born before her time.
In “Rescue” the pair change clothes and wear their best cowboy hats. It could also be renamed “50 Ways to Save Your Lover” because it boasts some of the country-fuelled heartbreak typically synonymous with The Audreys’ work. If that sounds heavy then rest assured it’s not, because this is actually some light and fluffy music. It’s a feel that extends into “Remembering Names” were some riffs that sound like they’ve been lifted from a fifties record are used to describe the moment where you trawl through the alphabet trying to remember an acquaintance’s name.
This well-crafted set of nostalgic tunes is completed by “City Of Sound,” a rocking ditty where we hurdle down the highway at a punk-like speed. Despite a harder edge, it also made me think of Tina Turner’s version of “Proud Mary”. And that’s before the listener leaves this punchy place for one that’s favoured by the songwriter of the latter track. On “Happiness” you could be sitting with John Fogerty as looks out his back door. If you do so, then you’ll discover that Thompson and Pickvance are doing a sweet boy-girl duet with some stark harmonica and a feel that is not unlike a number by John and June Carter Cash.
Carrington Street is a warm and crisp collection of songs and one for fans of Paul Kelly and Oh Mercy. There are pop, folk, rock and country moments and despite this, the feel is very cohesive. It’s a testament to the songwriting chops of these two very talented and creative minds.
Adele & Glenn make life on Carrington Street sound and seem so effortless that it could’ve been renamed “Easy Street”. Their experience in the biz has helped them make something that is very rich and also documents contemporary, Australian life with pure grace and charm. Ultimately, this is an easy, homespun record that has Aussie classic stitched into its every fibre i.e. into all of those carefully considered beats and flourishes. So really, the whole lot curls and comforts just like the wool straight off a sheep’s back…
Review score: 8.4 out of 10.
(Natalie Salvo, June 30, 2012, www.theaureview.com)
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The Beach Boys: "That's Why God Made The Radio" (Capitol/Brother, Juni 2012) |
Ein hässliches Cover und weitestgehend schlechte Kritiken - keine
guten Voraussetzungen, um hier das neues Beach Boys-Album zum 50.
Bandjubiläum anzupreisen, aber ich will es trotzdem tun. Vor
allem mag ich natürlich die Stimmen von Brian Wilson,
Mike Love, Al Jardine und Bruce Johnston, unterstützt
durchgängig von Jeffrey Foskett aus der aktuellen Brian
Wilson Band, besonders im textlosen Eröffnungslied. Die darauf
folgenden Lieder sind größtenteils zwar nur durchschnittlich
und reichen nicht an meine Favoriten von "Pet
Sounds", "Surf's Up"
und "Holland" heran,
aber dann am Ende, bei den Titel 10 bis 12, wird es doch noch richtig
gut: vor allem "Pacific Coast Highway" ist wunderschön.
Ausserdem weiß ich inzwischen, wovon die Junx reden bzw. singen,
denn "Drivin' down Pacific Coast Highway out on Highway
One" war ich höchstpersönlich noch vor wenigen
Tagen mit meinem Kumpel Wulf, von der Moro Bay über Big
Sur bis nach Monterey. Nach so einer Fahrt muß
man die Beach Boys einfach mögen.
(29.06.2012) |
Christian Scott: "Christian aTunde Adjuah" (Concord, Juni 2012) |
Vor zwei Jahren hatte mich sein Album "Yesterday
You Said Tomorrow" schwer begeistert - jetzt gibt es mit
(fast) gleicher Quintettbesetzung sogar ein Doppelalbum von ihm. Auch
hier ist die Musik auf allerhöchstem Niveau, wenn auch der überraschungseffekt
fehlt. Beim ersten Hören von CD 1 dachte ich noch: "Na ja
- vielleicht ein wenig überambitioniert und unfokussiert",
aber dann kommt CD 2 - und alles ist wieder gut.
(18.08.2012) |
Punch Brothers: "Who's Feeling Young Now?" (Nonesuch, Juli 2012) |
Die Besetzung der Band ist mit Gitarre, Mandoline, Standbass, Geige
und Banjo zwar streng nach Bluegrass-Vorschriften, aber nicht die
Musik. Ich nenne es mangels besserer Ideen mal salopp und etwas ungelenk
Acoustic-Singer/Songwriter-Prog-Rock (Ihr dürft
jetzt lachen!). Oder ich mache es mir durch Namechecking etwas einfacher:
eine Mischung aus dem legendären David
Grisman Quintet (natürlich wegen der Bluegrass-Besetzung,
aber vor allem wegen der musikalischen Qualität), den Beatles
(wegen der großen Gewichtung von Songs und mehrstimmigem Gesang)
und Radiohead (Eingeweihte wissen, warum). Chef der Truppe
ist der Mandolinen-Virtuose Chris Thile, der schon mit 13 Jahren
sein erstes, gelungenes Soloalbun herausgebracht hat und danach in
der vorzüglichen Band Nickel
Creek (nicht Nickelback, Ihr Deppen!) gespielt hat.
Normalerweise langweilt mich Virtuosenmusik, aber das hier ist so
gut und trotzdem so entspannt gemacht, dass ich nur begeistert bin.
(14.10.2012)
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The third outing from the Punch Brothers picks up right where 2010's Antifogmatic left off, offering up another quality set of offbeat sophisti-grass that blends the whirlwind musicianship of Béla Fleck & the Flecktones, the spirited delivery of the Louvin Brothers, and the cinematic urban melancholy of Jeff Buckley into a sometimes impenetrable but always fascinating (check out the detailed cover of the instrumental title cut from Radiohead's Kid A) new take on new acoustic. On the delightfully weird Who's Feeling Young Now?, the truest moments are provided by virtuoso mandolinist/vocalist Chris Thile's expressive, measured voice and deeply personal lyrics. In anyone else's hands, densely layered, ultra-mercurial songs like "Movement and Location," "No Concern of Yours," "Clara," and "Don’t Get Married Without Me" would fly right out the window and disappear into the night sky, but for every acrobatic run, music-nerd time signature, or dissonant key change, there's a moment of unbridled, emotional connection to remind us that there is a very thin line between showboating and heartache.
(by James Christopher Monger, All Music Guide)
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Dead Can Dance: "Anastasis" (Play It Again Sam, Aug. 2012) |
Gothic mit Irish Folk- und Balkan Folk-Elementen, dazu vor allem Keyboards
und Drum-Combjuder als Instrumente: in der Regel ist das nichts für
mich und ein wichtiger Grund, einer Band bzw. einer Platte erst gar
nicht zuzuhören. Dead Can Dance, ein australisches Duo,
bestehend aus Lisa Gerrard und Brendan Perry, die ich
bisher nur von ihren Beiträgen zum ersten This Mortal Coil-Album
"It'll End In Tears"
kannte, bilden da aber eine Ausnahme, denn Stimmen, Songs und Sounds
sind einfach nur wunderbar.
Nach etwa 15 Jahren haben die beiden sich also wieder zusammengetan
und dieses "Comeback"-Album aufgenommen. Zwar lausche ich
gerade nur einer CD-Kopie, die mir ein Freund gebrannt hat, aber mir
gefällt's so gut, dass ich mir die richtige Schallplatte
noch schnell selber bestellt habe. Das ist vielleicht Quatsch, aber
so mag ich's eben.
(13.01.2013)
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Die Rückkehr einer Legende! 16 Jahre nach der Veröffentlichung ihres letzten Studio Albums kehren Dead Can Dance mit einem neuen Meisterwerk zurück!
"Anastasis" ist ein klassisches Dead Can Dance-Album, das aber nicht in die Nostalgiefalle tappt, sondern modern und zeitlos klingt, als hätte sich die Band gerade erst formiert. Epische Soundscapes, der unverkennbare Gesang von Lisa Gerard and Brendan Perry ergeben große Songs mit einer Soundfarbe, wie sie nur Dead Can Dance hinbekommen und alle Vergleiche zu anderen Bands obsolet machen.
Dead Can Dance gehören seit ihrer Gründung Anfang der 80er Jahre zu den Bands, die den Begriff Kult Band quasi definiert haben. Mit ihrem Mix aus Gothic, Worldmusic und Pop gelang es ihnen Millionen Platten weltweit zu verkaufen, und insbesondere in Deutschland hat die Band eine treue und loyale Fanbase, was die innerhalb von 14 Tagen ausverkaufte Deutschland Tour beweist.
In English, the Greek word "anastasis" is literally translated as "resurrection." The definition is apt as the title to Dead Can Dance's reunion offering, their first recording of new studio material since 1996's Spiritchaser. Lisa Gerrard and Brendan Perry established a well-deserved global reputation for pushing boundaries in popular music. Coming from the fringes of the gothic music world on the iconic 4AD label, they brought a sense of near classical discipline (and pretension) into their sound. They incorporated cutting-edge production techniques and also folded in -- mostly accurately -- several international musical traditions; combined, they created a deeply atmospheric, lushly textured, dramatic brand of post-gothic pop. Self-produced and released by PIAS, Anastasis features eight songs, and clocks in at just under an hour. The trace elements will be very familiar to DCD fans. In fact, Anastasis can be called, for the most apart, an album of tropes; it is much more a tour through much of the band's previous history than an exercise in delivering anything new. This is surprising given Gerrard's vast soundtrack experience and Perry's solo albums, various collaborative contributions, and film work. The musical tenets here derive from near-Eastern Mediterranean sources (mainly Greek and Turkish folk forms), and some from the various nations of North Africa. Immediately noticeable is Perry's voice (which holds forth on the fine meta-mystical opener "Children of the Sun" and the hollowed-out bliss of "Opium"); it is deeper, richer, more restrained in its delivery, but more powerful because of it. He and Gerrard rarely sing on the same tune. For Gerrard, her instantly recognizable instrument shines forth on "Agape" and "Kiko," with their Arab-scaled strings, dumbeks, ouds, and cymbaloms. The set's finest moment is "Return of the She-King," whose drones, and the processional multi-tracked vocals by Gerrard, are matched by strings, deep tom-toms, swooping ethereal guitars, ouds, and numerous instruments. Perry joins in at the end, and their twin voices meet in a gauzy dexterity and contrast amid a swirl of neo-classical strings. While Anastasis doesn't have any problems per se, it does feel all of a piece, and given the track lengths, they can seem to bleed together. With the exception of the surprising snare cadences on "Children of the Sun," the rhythmic palettes are surprisingly uniform, making the album feel as if it is devoid of a clear center. Anastasis will more than likely please longtime fans -- and to be fair that is who it seems geared to -- rather than win many new ones.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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Bill Fay: "Life Is People" (Dead Oceans, Aug. 2012) |
Sein letztes reguläres Album "Time
Of The Last Persecution" erschien 1971. Da der englische
Sänger und Pianist aber ein paar einflussreiche Fans hat, u.a.
Jeff Tweedy von Wilco, gibt
es nun doch tatsächlich eine neue Platte von ihm. Zur Abwechselung
war die CD mal wieder deutlich günstiger als die
Vinylausgabe, sodass ich mich mit dem faden Silberling zufrieden gegeben
habe. Aber wie schon der berühmte Komponist Sepp Herberger
sagte: "Wichtig ist auf dem Platz", besser
gesagt: wichtig ist die Musik. Dazu mehr in Kürze.
(26.08.2012)
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Breathtakingly beautiful…full of a quiet awe and wonder….
(NPR)
Life Is People is proof enough that Fay has always stood tall; we just may have been too short to notice him. It seems like time has finally caught up with Fay, or rather, that time is ready to start regretting its negligence. He’s in our sight lines now, and hopefully he’ll stay there a while longer.
(Consequence of Sound)
Bill Fay’s first album in 41 years is astonishing.
(MOJO 5 stars, Album of the Month)
Beautiful, patient and poignant, Life Is People is an expert singer-songwriter album…the work of a lifetime…
(Pitchfork)
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James Yorkston: "I Was A Cat From A Book" (Domino, Aug. 2012) |
Als niedliches Zehn-Zoll-Doppelalbum kommt das neue Werk des schottischen
Singer/Songwriters daher, in wenigen Tagen weitestgehend live eingespielt
mit einer akustischen Begleitband, irgendwo zwischen Folk und Jazz.
Das geht durchaus in Richtung "Astral
Weeks" oder "Five
Leaves Left", ohne dass man gleich von einem Meisterwerk
sprechen muß. Ist aber trotzdem sehr schön.
(10.09.2012)
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Auch schon seit zehn Jahren around: James Yorkston aus Schottland, seit Jahr und Tag bei Domino Records zuhause und dort der wohl filigranste Songschmied im Haus. Gestartet als Protegé von John Peel, John Martyn und Bert Jansch, fand Yorkston einen ganz eigenen Stil zwischen Kammer-Pop und Folk, der auf spielerischer Basis Elemente von Pentangle (das Stiloffen-Luftige), aber auch von Tim Buckley (die flirrende Leichtigkeit) eingemeindet. Im Zentrum steht Yorkstons weiche, warme und eher leise Stimme, begleitet von sanfter Akustikgitarre, Upright Bass, einigen Piano-Tupfern und den extrem sparsam eingesetzten Drums des vorzüglichen Luke Flowers (Cinematic Orchestra). Dazu kommen eine verlorene Klarinette (selten) und einige (zu seltene) Harmony Vocals von Jill O’Sullivan und Sarah Scutt. Auch wenn einzelne Songs tatsächlich auch mal etwas lauter werden, dominiert hier doch weiterhin die melancholische und kontemplative Ruhe, die man von Yorkston gewohnt ist, und die ihn zu einer britischen Komplementärkraft zu Künstlern wie Will Oldham und Sufjan Stevens macht.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
Dominos Lieblings-Singer/Songwriter James Yorkston ist mit seinem bisher stärksten Album zurück!
"I Was A Cat From A Book" ist James Yorkstons erstes Album seit "When The Haar Rolls In". Sein neuestes Schaffenswerk ist voller Energie und absolut großartiger Musikalität - und außerdem voll mit Yorkstons bisher stärksten und gleichzeitig überraschendsten Songs. Die Band, mit der das Album eingespielt wurde, besteht unter anderen aus alten Weggefährten, aber auch aus Mitgliedern von so illustren Gesellen wie Lamb und The Cinematic Orchestra. Produziert wurde es von Yorkston und Dave Wrench, nachdem es an fünf Wintertagen in den Bryn Derwen Studios in Nord Wales aufgenommen wurde. Seit der Veröffentlichung von "When The Haar Rolls In" war
der Songwriter fleißig. So publizierte er unter anderem ein Buch ("It's Lovely To Be Here"), kollaborierte mit The Big Eyes Family Players auf dem Album "Folk Songs" und veröffentlichte eine Jubiläums-Edition seines Meilenstein-Debüts "Movin Up Country".
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Dinosaur Jr.: "I Bet On Sky" (Play It Again Sam, Sept. 2012) |
Von J Mascis, Lou Barlow und Murph kann und will
man nichts Neues erwarten: mitten in den 80ern haben die drei mal
den Grunge erfunden bzw. vorweggenommen (bzw. Popsongs mit Krachsound
kombiniert) und das Gitarrensolo rehabilitiert. Jetzt, beim zweiten
Album der wiedervereinigten Urbesetzung, wird der eigene Stil gepflegt.
(02.01.2013)
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12er in der Originalbesetzung mit J Mascis und Lou Barlow. Der Opener klingt fast elegisch, schon durch das Mellotron (!). Und ausgesprochen melodisch (auch das bestechend schöne Gitarrensolo) – wie mehr oder weniger die weitaus meisten Stücke! Ansonsten: Klassisch Dinosaur. Kontrollierte wie pure Power, gemäßigt krachend oder mächtig fett und vollmundig, mal ein verzerrter up-tempo-Rocker mit 60s-Pop-Einfluß, mal eingängig und beinahe episch (klasse Song!), manchmal ein bischen heavy, in den Extremen Punk-Furor bzw. kantig/roh-funky auf der einen, leicht balladesk auf der anderen Seite. Auffällig, nicht nur zu Beginn: Die vielen (sehr) melodischen Gitarrensoli, oft gegen Ende der Tracks, einige davon glänzend!
(dvd, Glitterhouse)
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Bob Dylan: "Tempest" (Columbia, Sept. 2012) |
Was kann man zu Bob Dylan noch großartig Neues sagen?
Schon am Veröffentlichungstag gab es bei Amazon bereits mehr
als 10 Lobpreisungen von Dylanologen zu lesen, denen zugehörig
zu sein ich mich bislang nicht verdächtig gemacht habe und deren
feinen Analysen ich auch nichts hinzufügen kann und möchte.
Zum Kauf hat mich schließlich nicht der in der Presse angekündigte
Hinweis auf das beste Dylan-Album seit Jahrzehnten überredet
(O.K. - vielleicht ein bisschen), sondern ganz schnöde der erschwingliche
Preis für das Veröffentlichungsformat Doppelvinyl inklusive
CD.
Und wie ist "Tempest" denn nun? Ziemlich gut! Deutlich abwechslungsreicher
als die letzten, sehr "altmodisch blueslastigen" Alben (die
auch nicht schlecht waren, aber eben doch sehr blueslastig und manchmal
musikalisch etwas langweilig!), denn endlich gibt es wieder interessante
Melodien zu den wie immer interessanten Texten.
Der Titelsong kommt sogar auf satte 14 Minuten und hat gefühlte
40 Strophen zum Thema "Titanic" zu bieten, was zugegebenermaßen
nicht gerade mein Lieblinxthema ist (ich habe es bisher sogar vermeiden
können, mir den Spielfilm anzuschauen!), und kommt natürlich
nicht an die Klasse von "Sad Eyed Lady Of The Lowlands"
von Blonde On Blonde heran (wie
soll das auch gehen?), aber insgesamt ist das schon eine wirklich
gute Platte - und um Klassen besser als die aktuellen Alben einiger
Altersgenossen aus der gleichen Liga, zum Bleistift besser als die
neue Platte von Neil Young.
(10.09.2012)
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Drei Jahre nach TOGETHER THROUGH LIFE, mit dem Bob Dylan erstmals Platz eins in den US- und UK-Charts erreichte, erscheint am 7. September mit TEMPEST sein mit Spannung erwartetes neues Studioalbum. Der Longplayer mit zehn neuen Songs aus der Feder des Musikers erscheint genau fünfzig Jahre nach seinem selbst betitelten Debütalbum, das 1962 beim Columbia-Label veröffentlicht wurde. TEMPEST, das 35. Studiowerk der Musiklegende, wird als CD, Deluxe CD, Doppel-Vinyl und Download erhältlich sein.
Bob Dylans letzte vier Studioalben wurden weltweit als einige der besten seiner Karriere gefeiert - von den Kritikern hochgelobt, zählen sie überdies zu seinen kommerziell erfolgreichsten Veröffentlichunge. TIME OUT OF MIND aus dem Jahre 1997 erreichte in den USA für über eine Million verkaufte Exemplare Platinstatus und bescherte Dylan mehrere Grammy-Awards, darunter die wichtige Auszeichnung als Album des Jahres . Mit dem Nachfolger LOVE AND THEFT (2001) setzte er die Grammy-Serie mit mehreren Nominierungen und einer Auszeichnung als Best Contemporary Folk Album fort. Mit MODERN TIMES folgte 2006 eines der populärsten Dylan-Alben, das sich weltweit mehr als 2,5 Millionen Mal verkaufte und die Grammys-Sammlung des Künstlers um zwei weitere Trophäen erweiterte. TOGETHER THROUGH LIFE erreichte 2009 Platz eins in den britischen und US-amerikanischen Charts und überschritt die Marke von einer Million verkaufter Exemplare. In Deutschland peakte der Longplayer wie schon MODERN TIMES davor auf Position zwei.
Während der vergangenen zwölf Jahre schuf Bob Dylan mit Things Have Changed aus dem Soundtrack des Films Wonder Boys (2001) einen Song, der sowohl mit einem Oscar als auch mit einem Golden Globe ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus veröffentlichte er 2004 mit Chronicles Vol. 1 den ersten Teil seiner Memoiren, - ein Buch, das weltweit zum Bestseller wurde und neunzehn Wochen in der Bestseller-Liste der New York Times rangierte. 2005 kam mit No Direction Home eine vielfach preisgekrönte Dokumentation über Bob Dylan in die Kinos, die unter der Regie von Martin Scorsese entstanden war. Vier Jahre später veröffentlichte er mit CHRISTMAS IN THE HEART das erste Weihnachtsalbum seiner Karriere. Dylan spendete sämtliche Lizenzeinnahmen des Albums an Wohltätigkeitsorganisationen im Kampf gegen den Hunger überall auf der Welt.
In diesem Jahr wurde Bob Dylan mit der Freiheitsmedaille des US-Präsidenten Obama die höchste Auszeichnung zu Teil, die einem Zivilisten in den Vereinigten Staaten verliehen werden kann. 2008 hatte Dylan einen Pulitzer-Preis für seine nachhaltige Bedeutung für die Pop Musik und die amerikanische Kultur, die er durch lyrischen Kompositionen von außergewöhnlicher poetischer Kraft erlangte erhalten. Seit 1990 ist er Commandeur des Arts et des Lettres , und im Jahr 2000 erhielt er den schwedischen Polar Music Award. Diverse Universitäten verliehen ihm über die Jahre die Ehrendoktorwürde, darunter die St. Andrews und die Princeton University.
(Glitterhouse)
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Get Well Soon: "The Scarlet Beast O'Seven Heads" (City Slang, Sept. 2012) |
Das dritte Album von Konstantin Gropper kommt genauso so opulent
daher wie es schon die beiden Vorgänger taten. Die angekündigte
Inspiration durch italienische Horror-B-Movies hat aber zum Glück
nicht dazu geführt, dass wir hier Morricone für Arme
geboten bekommen. Manchmal fehlt mir bei all den komplexen Zutaten
aber die eine oder andere wirklich schöne und tragende Melodie.
Aber vielleicht muß ich da nur genauer und öfter hinhören.
Insgesamt überwiegt aber schon beim ersten Hören der positive
Eindruck.
(10.09.2012)
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Bei einem Werk von Konstantin Gropper von einem Opus Magnus zu sprechen, wäre ebenso vermessen wie vergebens – alle Get Well Soon-Alben sind groß. Aber allein schon die Art, wie uns der berückende Barde des barocken Breitwand hier Lauten-begleitet und Chor-umsäumt an seinem dritten akustischen Altar willkommen heißt, ist einmalig. Da hilft selbst zwanzig-faches, intensivstes Abtauchen nicht, um sämtlicher verbindender Verweise und filigraner Fingerzeige habhaft zu werden, derart überreicht ausgestattet kommen die 13 Song-Epen daher, die der Vielinstrumentalist und Gebieter der ausladenden Opulenz mit dem Mut zum wahren Sentiment und dem herzhaften Hang zur düsteren Romantik in monatelanger Feinarbeit und unterstützt von zehn Mitmusikern erschaffen hat. In einem luxuriösen Klang-Lager, das jeglicher einengender Beschreibung spottet und fast füllhornartig überläuft, liegen die von einer lakonisch-larmoyanten Stimme zwischen dem jungen Bowie, Scott Matthew und Morrissey dargereichten Melodien gebettet, immer wieder umgarnt von vielschichtigem Chorgesang. Drumherum erhebt sich ein machtvolles, mystisch-magisches Monument aus ungewöhnlichen, unglaublichen, immer wieder überraschenden Klang-Konstellationen, die mit leichter Hand und großer Geste Pop-Köstlichkeiten, Chanson-Charme und barocke Eleganz mit stilsicheren Filmmusik-Farben aus 60 Jahren Kinogeschichte aufs Kunstvollste verflechten, ob Morricone oder Elfman, Edgar Wallace-Zittern der 60er oder amerikanisches Autokino der 50er, vor allem immer wieder die hohe Prager Märchenfilmschule tragen zur Füllung des phantasiesprühenden Klangraums bei und lassen im Kopf des Hörers Visionen von schillernderer Vielfalt entstehen. Drama und Tragik, Melancholie und Romantik, Gefühlsfülle in köstlichstem Überschwang – der Soundtrack für unzählige Filme, die keine Bilder mehr brauchen. Und fast nebenbei gelingen Get Well Soon dabei großartige Melodien, deren Ohrgängigkeit in einer besseren Welt die Charts auf Dauer okkupieren würde. Aber wahrscheinlich bleiben wir Gutgeschmack-Menschen weiterhin unter uns. Die limitierte Edition kommt im dicken Digipak und bietet einen knapp 20-minütigen Gropper-Exkurs in das Reich des Meditativ-Tranzendenten, gefüllt mit farbenreichen, zumeist traumgleich schwebenden, fein-verzahnten, von sonorer Stimme begleiteten kunstvollen Spielereien auf einem elektronischem Equipment, das den frühen Klaus Schulze neidisch machen würde. Das Doppel-Vinyl bietet via Download-Code sowohl Album als auch Bonusmaterial zum Herunterladen.
(Glitterhouse)
Es erscheint das mondänste und anspruchsvollste Pop-Album des Jahres: The Scarlet Beast O‘Seven Heads - La Bestia Scarlatta Con Sette Teste, das inzwischen dritte Album der national und international sehr erfolgreichen Band aus Mannheim: Get Well Soon. Die neue Platte von Mastermind Konstantin Gropper und seiner Mannschaft ist ganz der Illusion vom Weltuntergang gewidmet und zieht den Hut vor der großen Kunst der Cinematographie, bzw. der italienischen Variante davon.
Gropper hat in den letzten Jahren ein gefühltes Dutzend Filme vertont und eine komplette TV Serie in Frankreich mit Musik ausgestattet. Dass er nun sein filmischstes Album ever aufgenommen hat, ist also nur konsequent. The Scarlet Beast O'Seven Heads fügt sich wunderbar in den melancholischen Pop Kanon der Band und begeistert aber mit einer Verspieltheit die man so seit dem gefeierten Debutalbum der nicht mehr gehört hat. Mit Songs wie "You Cannot Cast Out The Demons (...)", "A Gallows" und vor allem mit „Roland, I Feel You“ beweist Gropper auch wieder, was für Hits er schreiben kann, wenn man ihn denn lässt.
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Honig: "Empty Orchestra" (Haldern Pop, Sept. 2012) |
Das zweite Album von Stefan Honig aus Düsseldorf mit schöner
Singer/Songwriter-Mucke in in englischer Zunge und einer Instrumentierung,
so wie ich es mag - nämlich eine gute Mischung aus akustischen
(viel Gitarre, aber auch Mandoline, Banjo, etc) und analog-elektrischen
Instrumenten (da darf die E-Gitarre auch mal rocken!). Zufällig
bei Juch-Hu-Tjub gefunden und gleich die Platte (mit CD!) geordert.
Da wäre mir fast ein Highlight des Jahres 2012 entgangen!
(13.01.2013) |
Catherine Irwin: "Little Heater" (Thrill Jockey, Sept. 2012) |
10 Jahre hat Catherine Irwin bis zu ihrem zweiten Soloalbum
vergehen lassen, aber man kann das ihrer archaisch klingenden Musik
nicht anhören, die immer schon im besten Sinne alt
- besser gesagt zeitlos - war. Das war auch schon so,
als sie noch mit Janet Bean
in der Band Freakwater gespielt
hat.
Produziert wurde "Little Heater" von Tara
Jane O'Neil, einer von mir ebenfalls hochgeschätzten Musikerin.
Unterstützt wurde sie von drei Mitgliedern der von mir sogar
sehr hoch geschätzten Band Ida
(Dan Littleton, Liz Mitchell und Geigerin Jean Cook),
sowie Will Oldham. Trotzdem ist
das hier ganz alleine Catherines Party.
(26.09.2012)
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Sie ist es, Catherine Ann Irwin von Freakwater, mit ihrem zweiten Soloalbum nach "Cut Yourself a Switch“ von 2002. Eine lange Pause also, auch nach dem späten 2005er Album „Thinking Of You“ zusammen mit Janet Beveridge Bean (Eleventh Dream Day). Und umso schöner, dass sie wieder da ist – auch ohne die vorzügliche Janet und den legendär ketterauchenden Bassisten Dave Gay. In den frühen 90ern erweckten Freakwater meine Liebe zum traditionellen Country-Folk, heruntergestrippt auf das Wesentliche, gesungen von den wunderbarsten Stimmen in ewiger Harmonie. Lieblingsband für alle Zeiten, keine Frage und weit weniger Alt. Country als man gemeinhin zu wissen glaubt. Und Catherine Irwin geht auch heute unbeirrt ihren Weg, schreibt Songs, die wie steinalte Traditionals aus den Appalachen klingen, singt so leidenschaftlich, wehmütig und steinerweichend wie immer. Ihre dunkle, warme und ein wenig herbe Stimme lässt sie von höchst kompetentem Janet-Ersatz begleiten, u.a. singen Will Oldham und Tara Jane O’Neill ganz betörende Harmonies. O’Neill hat das Album auch produziert, und zwar ganz vorzüglich, fast nur mit Banjo, akustischen Gitarren und Pedal Steel (Marc Orleans) – ganz ohne Bass und Drums. Mit dabei sind Elizabeth Mitchell, Daniel Littleton und Jean Cooke von Ida. „Little Heater” klingt wie eine entspannte Frontporch Session von in sich ruhenden Musikern mit traditioneller Foundation, aber gänzlich unakademisch. Und was klingt schon ergreifender als zwei wunderbare Frauenstimmen zur Pedal Steel?
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
Some things take time if you want them to be good -- sourdough bread, bourbon, wine, and music from Catherine Irwin. Irwin's second solo album, Little Heater, arrives a decade after her solo debut (2002's Cut Yourself a Switch), and seven years after she last recorded with Janet Beveridge Bean in Freakwater (2005's Thinking of You), but if Little Heater sounds modest on the surface, it's emotionally powerful and deeply moving music that shows her deliberate pace as a songwriter reaps impressive rewards. Little Heater was produced and recorded by Tara Jane O'Neil, with members of the band Ida providing accompaniment, and the collaboration is an inspired one -- while the music is more artful and adventurous than the stark acoustic backings of Freakwater's best-known work, there's a spare, gentle approach that suits these songs perfectly, and O'Neil strikes a lovely balance between the painterly approach of the musicians and the rough-hewn beauty of Irwin's voice. Sounding like a long lost member of the Carter Family, Irwin sings like a whiskey-addled red dirt angel on Little Heater, and the sweet, unaffected twang of her instrument gently winds itself around the fragile emotional purity of her phrasing, and it brings the spiritual undertow of songs like "Sinner Saves a Saint," "Piss to Gin," and "The Whole of the Law" to life. (Irwin also includes her own interpretation of "Dusty Groove," which she wrote for Kelly Hogan's superb album I Like to Keep Myself in Pain, and it's instructive to compare how two gifted vocalists can find so many different and equally apt things in one great song.) No one else in contemporary music writes and sings with the spectral beauty that comes as second nature to Catherine Irwin, and Little Heater is a lovely, evocative album that touches the heart, the soul, and the intellect with equal force; this is the work of a singular artist working at the top of her game and it demands to be heard.
(by Mark Deming, All Music Guide)
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Rickie Lee Jones: "The Devil You Know" (Universal/Concord, Sept. 2012) |
Die bereis dritte CD ausschließlich mit Coverversionen einer
der wichtigsten amerikanischen Singer/Songwriter-Ladies. Karg instrumentiert,
aber trotzdem sehr gut. Andere hätten sich mit solch einer Liedauswahl
(z.B. das oft gecoverte "The Weight" von The
Band oder dem Stones-Klassiker "Sympathy For The Devil"
sicherlich viel schwerer getan. Oder sogar blamiert.
(14.10.2012)
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Obwohl sie eine der größten Sängerinnen/Songschreiberinnen unserer Zeit ist, hat sie sich auch schon immer hervorragend als Interpretin fremden Materials profilieren können. Für ihre mit Dr. John aufgenommene verschmitzte Duett-Version des anzüglichen Standards "Makin' Whoopee" erhielt sie 1989 einen Grammy.
Auf The Devil You Know hat Jones den Fokus nun aber auf den Rock'n'Roll-Kanon gerichtet, der ihre Generation geprägt hat. Denn diesmal wagt sie ich an Werke von Giganten wie Neil Young ("Only Love Can Break Your Heart"), The Band ("The Weight"), den Rolling Stones ("Sympathy For The Devil" und "Play With Fire") und Van Morrison ("Comfort You").
Ihre Version von "Sympathy For The Devil", die sie im März 2012 erstmals bei einem Rolling-Stones-Tribute-Konzert in der Carnegie Hall vorgestellt hatte, führt diesen Ansatz vielleicht am besten vor Augen.
Jones nahm das Album mit der unschätzbar wertvollen Hilfe eines anderen Grammy-Preisträgers auf: der gefeierte Folk-Soul-Rocker Ben Harper produzierte nicht nur sämtliche Tracks, sondern spielte auch auf allen Nummern mit und steuerte darüber hinaus mit "Masterpiece" den einzigen neuen Song des Albums zum Repertoire bei.
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Brad Mehldau Trio: "Where Do You Start" (Nonesuch, Sept. 2012) |
Mit
"Time Has Told Me" gibt es hier bereits die nach meinem
Wissensstand dritte Coverversion eines Liedes von Nick Drake
von einem der angesagtesten Piano-Trios im Jazz. Da musste ich natürlich
zuschlagen - und bin sehr angetan von der ganzen CD, die fast ganz
auf Coversongs setzt: neben Nick Drake gibt es noch "Hey
Joe" von Billy Roberts (ja, das ist selbstverständlich
das Hendrix-Stück, stammt aber von jenem Mr. Roberts!), ein paar
Jazz-Klassiker (z.B. "Airegin" von Sonny Rollins),
zweimal Brasilien (Chico Buarque, Toninho Horta), etwas
von Elvis Costello ("My Baby Play Around" vom Album
"Spike"), Sufjan Stevens,
ja sogar was von den eher blöden Hardrockern Alice In Chains,
die vielleicht doch gar nicht so blöd sind bzw. waren, wenn ich
mir die vertrackte Nummer im 7/8-Takt jetzt so anhöre. Eine verwegene
These: das Mehldau-Trio - eines der besten Piano-Trios im zeitgenössischen
Jazz neben Jarrett/DeJohnette/Peacock und E.S.T.?
(21.10.2012) |
Beth Orton: "Sugaring Season" (Anti, Sept. 2012) |
Die englische Sängerin und Songschreiberin war zu Gast in Portland,
Oregon, bei Tucker Martine, einem Geheimtipp für gute
Produktionen, und hat dort ihr neues Album aufgenommen. Die Begleitband
ist große Klasse (Drummer Brian Blade, Bassist Sebastian
Steinberg und Keyboarder Rob Burger, dazu so exquisite
Gäste wie Marc Ribot und Laura
Veirs). Zwar gefällt mir "Sugaring Season" nicht
ganz so gut wie das, was Tucker Martine in schöner Regelmäßigkeit
mit seiner Frau Laura Veirs zaubert,
aber ist doch sehr schön geworden.
(14.10.2012)
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Auf ihrem Debüt für das Label Anti beeindruckt die Singer / Songwriterin nicht nur mit dem für sie typischen, immer leicht hypnotisch wirkenden Sound, sondern auch mit einer gereiften Stimme, die mit einer regelrechten Seelentiefe und einem intimen Sinn für Details brilliert.
Produziert von Tucker Martine (R. E.M., My Morning Jacket u. v. a.) ist "Sugaring Season" bis dato das musikalisch sowohl anspruchsvollste als auch gelungenste Album der Engländerin. Reiche orchestrale Texturen werden von einer meisterhaft jazzigen Rhythmussektion, modalen Folkgitarren und einem Music-Hall-Klavier begleitet, daneben erklingen herzzerreißende R&B-Balladen. Ein Track wie "Magpie" wiederum, mit seinem massigen, groovenden Loop, mag Ortons Fans daran erinnern, dass sie früher mal für die Chemical Brothers gesungen hat.
So fasst "Sugaring Season" in mehrerlei Hinsicht Ortons Kunst zusammen, Widersprüchliches zu vereinen, und schlägt den Bogen vom ersten John-Martyn-Cover, das sie seinerzeit mit William Orbit aufnahm, bis hin zur heutigen Grandezza aus Wort und Sound, Wohlklang und Rhythmus.
Beth Orton will release 'Sugaring Season,' her first album in six years and her Anti- Records debut. Recorded in Portland, Oregon, with producer Tucker Martine (My Morning Jacket, The Decemberists), the album bears the fruits of a period of introspection & renewal: deeply lyrical songwriting, a newfound expressivity of voice, and, more than ever before, a daring synthesis of her broad musical influences into a powerfully individual artistic vision. "I stretched myself as a singer on this record and used voices I never have before as a writer," she explains. "A lot of the writing on this record happened in the dead of night, when spiders mend their webs, with an infant asleep in the next room... as a result, my writing became a secret again: illicit and my own."
For 'Sugaring Season," Orton and Martine have brought together a dream band of new and old friends: keyboardist Rob Burger, bassist Sebastian Steinberg, and legendary jazz drummer Brian Blade, along with guitarists Marc Ribot and Ted Barnes and folksinger Sam Amidon. The album was recorded predominantly live on the floor as the band reflected and internalized Beth's disparate inspirations, from Roberta Flack's 'First Take' album to Pentangle's folk-jazz collisions. The songs range across styles from deeply soulful to effortless and breezy, with open-tuned guitars, pensive pianos, and modal grooves underpinning her emotional weathervane of a voice.
While Orton has shifted away from the electronic textures that dominated her early work, her music is still built upon an implicit groove, even if it emanates from her acoustic guitar rather than from a sequencer. "It may not be a 'dance' beat," she says, "but it's definitely there and it's earthed and primal and insistent."
Beth Orton is a BRIT Award-winner and two-time Mercury Prize nominee who has collaborated with Bert Jansch, Emmylou Harris, Beck, Jim O'Rourke, Terry Callier, and Ryan Adams among others. Her last album, 2006's 'Comfort of Strangers,' was called "unerringly lovely" by SPIN and "her most accomplished record to date" by Uncut.
(anti. com)
Die Sängerin aus dem britischen Norfolk betört mit folk-informierter Singer / Songwriter-Kunst von hohen Gnaden.
(musikexpress, Oktober 2012)
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Andrea Schröder: "Blackbird" (Glitterhouse, Sept. 2012) |
Vor gerade mal knapp 3 Monaten veröffentlicht und bereits jetzt
zum Schnäppchenpreis von 11,75€ zu beziehen ist das Debütalbum
(die Vinylausgabe sogar inkl. CD!) der Berliner Sängerin. Das
ist zwar schön für mich, hat aber irgendwie auch einen
komischen Beigeschmack von Räumungsverkauf. Gleiches gilt unter
anderm auch für die neuen Glitterhouse-Alben von Spain,
Caroline Keating und Adele & Glenn.
Penelope Houstons LP bekommt man sogar für
unterirdisch niedrige 8,75€. Na ja - vielleicht ist das ja
auch nur Weihnachtsmildtätigkeit!
Noch was zur Platte von Andrea Schröder, die ich mir
ohne den Sonderpreis wahrscheinlich gar nicht gekauft hätte:
produziert von Chris Eckman und deshalb den Walkabouts,
vor allem dann, wenn der Gesang von Carla Torgeson kommt,
auch gar nicht so unähnlich. Etwas düsterer Folkpop, aber
eigentlich doch sehr schön.
(23.12.2012)
Ich habe lange überlegt, an welche Künstlerin aus deutschen
Landen mich das auch noch erinnert. Dann fiel es mir wieder ein:
Barbara Gosza!
(25.12.2012
Konzerthighlight: Kulturhaus, Nürnberg,
10.04.2013: Berufich hat es mich die Woche über mal wieder
nach Nürnberg verschlagen. Da schaue ich natürlich, ob
es abends eine Alternative zum Abhängen im Hotel gibt. Für
den 10. April war Andrea Schroeder angekündigt,unterstützt
von dem von mir sehr geschätzten Fabian Brokof.
Zwei Arbeitskollegen, die ich eigentlich zum Mitkommen überreden
wollte, war Andreas Musik allerdinx zu "depressiv".
Da ich "depressive Musik" der "optimistischen
Musik" aus künstlerischen Gründen zumeist
vorziehe, bin ich also allein hingegangen. Das Konzert war ganz
schön, keinesfalls "depressiv", eher melancholisch,
vielleicht ein wenig düster. Außerdem hätte ich
mir etwas mehr Kommunikation aus Richtung Künstlerin hin zum
Publikum gewünscht, aber Andrea Schroeder machte keinen arroganten,
sondern eher einen leicht schüchternen Eindruck. Nicht unsympathisch
also.
(16.04.2013)
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Kein anderer Tagesvogel singt in unseren Breiten so schön wie die Amsel. Ein Album, das den Titel „Blackbird“ trägt, kann nur eine Hommage an die Schönheit des Lebens sein.
Wenn der brütende amerikanische Südwesten mit dem borealen europäischen Nordosten zu einer einzigen Landschaft verschmilzt, gerät die Erde in Bewegung. Schweißtreibender Frost und eine Hitze, für die man sich warm anziehen sollte. Nichts ist, wie man es kennt und erwartet, die Koordinaten der Gewohnheit verschieben sich, und am Ende bleibt nichts als Worte und Sounds. Willkommen im Reich der Klangpoesie!
Mitten im Berliner Wedding, wo der Gesang der Amsel sich mit dem Duft frischer Mandelhörnchen mischt, befindet sich eine Oase, in der die Songpoetin Andrea Schroeder ihre Lieder schreibt. Sie werden ihr von den Sehnsüchten ihres Alltags in die Feder diktiert, und dennoch tragen sie den Hörer weit weg über den S-Bahnring hinaus über Gebirge und Ozeane in eine Welt, in der alles Europäische hinter uns bleibt und sich unserem Ohr weite Canyons, Wüsten und Steppen erschließen. Unweigerlich gerät in Vergessenheit, dass diese Musik nicht in Santa Fe oder Tucson entstanden ist, sondern mitten in Deutschland.
Eine raue, verhauchte Stimme, von dezenten Gitarren, Streichern und Orgelklängen unterlegt, die wie ein sanfter Wind vom Horizont herüberwehen, die Worte ergreifen und im Klang davontragen. „Viele Songs gehen aus Gedichten hervor“, erzählt Andrea Schroeder. „Die Melodien ergeben sich aus den Worten. Dann kommen Gitarrenlinien und Strukturen hinzu, und die Songs bauen sich immer mehr auf. Aber manchmal hat Jesper auch eine wunderschöne Melodie auf der Gitarre und ich habe das Gefühl, dazu die passenden Worte finden zu müssen.“
Auch ihr engster Mitarbeiter Jesper Lehmkuhl ist nicht etwa ein Amerikaner, der in der Tradition des Südwestens aufgewachsen wäre, sondern ein kühler Däne. Er spielt auf dem Album nicht nur Gitarre und Bass, sondern findet für die Melodien der Sängerin stets die richtigen Riffs und Klangumgebungen. Mal schmiegt sich die Gesangsmelodie um einen Riff, dann ist es wieder genau umgekehrt und die Gitarre tanzt um den Gesang. Lehmkuhl ist eine wandelnde Enzyklopädie der Genres und Stile. „Wir sind uns dieser amerikanischen Einflüsse beim Schreiben gar nicht bewusst“, so Lehmkuhl. „Aber es stimmt schon, dass ich in den letzten zehn Jahren mehr Musik aus Amerika als aus Europa gehört habe. Vieles davon hat einfach eine längere Gültigkeit. Die Platten von Neil Young aus den siebziger Jahren wirken heute viel lebendiger als die meisten Sachen, die in den achtziger Jahren in England entstanden sind, denn diese haben sich längst überholt. Trotzdem hatte ich das Gefühl, bei dieser Platte eher an einem nordischen Sound zu arbeiten.“
An der amerikanischen Grundstimmung der Platte hatte sicher auch Produzent Chris Eckman maßgeblichen Einfluss. In Bands und Projekten wie den Walkabouts, Chris & Carla, Dirt Music oder Long hat er über Jahrzehnte immer wieder ganz unterschiedliche Wege gefunden, traditionelle amerikanische Sounds in neue zeitliche und geografische Umgebungen zu stellen. Für „Blackbird“ saß er nicht nur als Produzent im Studio, er schrieb auch die String Arrangements und legte an Gitarre und Hammond-Orgel Hand an. Eckmans musikalischer Spirit ist hörbar, aber er drückt den Songs nicht seine Philosophie auf.
Andrea Schroeder und Jesper Lehmkuhl widerstehen auf ihre Weise sehr souverän allen Verlockungen des Zeitgeistes, seien sie nun vom Mainstream oder vom Underground getragen. Bei aller Lebendigkeit ist der Musik auch eine sehr archaische Note eigen. „Die Texte sind in Landschaften beschriebene Gefühle, die viele Menschen so vielleicht gar nicht zulassen würden“, meint die Song-Poetin. „Diese Songs entstehen ohne Planung.“ Das verhaltene Timbre ihrer Stimme verleiht den Texten und Melodien dann noch eine weitere Komponente, deren Verführungskraft man sich nur schwer entziehen kann. Andrea Schroeder ist eine Großstadtschamanin, die den ewigen Sand der Wüste zwischen die Gleise der Tram bläst. Doch Sand ist gemahlene Erinnerung. Ihre Songs mögen wie Landschaften angelegt sein, doch oft wirken sie auch wie Fossilien, die seit Jahrmillionen darauf warten, aufgelesen zu werden. Die Berlinerin findet das Offensichtliche, das sich allen anderen Blicken entzieht, und macht es uns zugänglich. Ihre Songs waren als Ideen und Sehnsüchte schon immer da, doch erst hier und jetzt machen sie Sinn.
Andrea Schroeder grübelt nicht lange über ihre Songs. „Die besten Lieder sind immer die, die einfach nur so runtergeschrieben sind“, gesteht sie freimütig. „Sicher ändere ich manchmal noch den Song oder ziehe das Gedicht mit der Struktur zusammen. Aber in der Grundidee des Songs ist nichts erzwungen. Mit der Melodie verhält es sich genauso. Es ist nicht komponiert, sondern eher zugelassen. Wir folgen den Worten.“
Diese innere Gelassenheit gibt Schroeder und Lehmkuhl die Freiheit, etwas zu tun, was nur in den wenigsten Fällen musikalisch funktioniert. Sie haben keine Angst vor Klischees, sondern eignen sich diese beherzt an und sagen: Voilà!. Wo andere Songwriter ihr unvermeidliches Spiel mit dem Klischee zu bemänteln suchen, holen sie den Hörer dort ab, wo dieser ohnehin längst ist. „Es wäre doch ein Trugschluss zu vermuten, dass wir etwas völlig Neues in unseren Songs ausdrücken können“, bekennt Lehmkuhl. „Warum also nicht auf das zurückgreifen, von dem wir alle wissen, dass es funktioniert? Wir stehlen ja nichts, sondern es ergibt sich aus dem, was uns gefällt, und wir verarbeiten diese Dinge auf unsere eigene, sehr persönliche Weise. Aber wir müssen auch nicht verbergen, auf welche Traditionen wir uns berufen und woher diese kommen. Es ist wie beim Schreiben eines Krimis. Ein Krimi funktioniert nur als Krimi. Warum also so tun, als wäre es kein Krimi?“
Die introvertierte Postmoderne in den Songs von Andrea Schroeder ist keine Partymusik. Sie bedient weder einen Trend, noch eignet sie sich zum coolen Abhängen. Aber sie ist von einer erschütternden Allgemeingültigkeit und emotionalen Tiefe, die jeden, der sich auf sie einlässt, berührt.
(Glitterhouse)
„Ein Mix aus Folk und Chanson, Blues, Rock und Kunstlied vereint sich zu einem sensationellen Debüt.“ (Musikexpress)
„Die unglaubliche Musik von Andrea Schroeder. Ein Ausnahmetalent“ (Bay Area Papers, Kalifornien)
"Eine ebenso verträumte wie bedrohliche Musik mit einer fast traurigen Grundhaltung. Melancholische, an Nick Cave und Patti Smith erinnernde Lieder." (Süddeutsche Zeitung)
"Eine grandiose Stimme, hypnotische Klänge von extremer Schönheit." (In Viaggio, Italien)
"Beschwörende und einfühlsame Musik mit charismatischer Stimme." (Berliner Abendblatt)
"Manchmal erinnern die Lieder an Velvet Underground, dann wieder an Patti Smith." (Münchner Tageszeitung TZ)
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The Sea And Cake: "Runner" (Thrill Jockey, Sept. 2012) |
Eigentlich müßte ich bei dieser Band aus Chicago nur meine
Worte zu "The Moonlight Butterfly",
der letzten Platte vom vergangenen Jahr, wiederholen. Zuverlässlichkeit
kann auch was Schönes sein. Vor allem auf so hohem Niveau!
(26.09.2012)
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Neues Studioalbum der beliebten Veteranen um Sam Prekop auf dem Chicagoer Kultlabel Thrill Jockey!
Seit fast 20 Jahren sind Sam Prekop, Archer Prewitt, John McEntire und Eric Claridge zusammen unterwegs und gehören zu den beliebtesten Acts auf Thrill Jockey. The Sea And Cake liefern hier ein Album mit der Frische und Energie einer neuen und der Leichtigkeit und dem musikalischen Können einer erfahrenen Band. "Runner" begann als Pendant zum "Moonlight Butterfly" Mini-Album und nahm dessen klangliche Experimente als Startpunkt für den neuen Prozess des Songschreibens und der Aufnahmen. Songs, die zunächst mit dem Synthesizer in Sam Prekops Heimstudio entstanden, wurden weitergereicht und von anderen Bandmitgliedern neu interpretiert und weiterentwickelt, bis sie schliesslich in John McEntires Soma Studio in Chicago aufgenommen und gemischt wurden.
The Sea and Cake are an ebb-and-flow group, often releasing albums in spurts and then going their separate ways -- which, considering their array of side projects, is many different ways. After a multi-year rest following the late-2000s burst of Everybody and Car Alarm, the quartet returned to the studio again to produce a mini-LP, 2011's The Moonlight Butterfly, and then its full-album companion, 2012's Runner. Extending the aims and themes of the group's late renaissance, Runner is less a guitar album and more an electronics album, with songs that rest on fewer chord changes and more synth wash. The process used to write and record was also different, resulting in a (slightly) different album -- although still unerringly The Sea and Cake. Vocalist and songwriter Sam Prekop wrote songs on synthesizer, then sent them around to other members for some reimagination before the usual process of recording and mixing began at drummer John McEntire's Soma Studios. The results are elegant and beautiful, as all Sea and Cake albums are, but also slightly experimental. There are fewer full-band moments here, and more space, easily seen in the way "A Mere" fades out in slow motion, gradually and sensuously.
(by John Bush, All Music Guide)
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Mark Eitzel: "Don't Be A Stranger" (Decor, Okt. 2012) |
Wie schön! Nach vielen Jahen mal wieder ein Album vom Chef des
American Music Club! Wenn ich richtig
informiert bin, so ging es Mark Eitzel in den letzten Jahren
gesundheitlich nicht gut, aber jetzt scheint er wieder auf dem richtigen
Weg zu sein. Ausserdem soll die für Eitzel-Verhältnisse
recht "fette" Produktion von einem Fan bzw. Freund bezahlt
worden sein, der unerwartet zu Geld gekommen war. Eine schöne
Geschichte, aber eigentlich nicht wichtig, denn was zählt ist
folgendes: die Platte ist wirklich schön geworden. Die gute Produktion
bietet dem begnadeten Sänger und Songschreiber endlich mal wieder
einen angemessenen Rahmen, um sein Talent zu zeigen. Bloß wird
das Ergebnis (wie immer) nicht genug Leute interessieren, um damit
groß rauszukommen. Was Mark Eitzel vermutlich auch gar nicht
besonders wichtig ist. Ich höre und genieße.
(14.10.2012)
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Nach Herzinfarkt zurück: Der US-Songwriter beeindruckt mit sechstem Soloalbum.
Nach langer Pause und Krankheit meldet sich der Sänger des American Music Club (AMC) mit seinem sechsten Solowerk zurück. Seit dem selbst aufgenommenen Album "Klamath" (2009) geriet das Leben des Singer/Songwriters aus San Francisco in ernste Turbulenzen. Während der Arbeit an Demos zu einem AMC-Album erlitt Mark Eitzel einen Herzinfarkt, der ihn für einige Monate außer Gefecht setzte. Zeit, in der er über sein Leben nachdachte. Er entschied, dass die Demos sich besser für ein Soloalbum eignen und sagte die Aufnahmen ab. Dann hatte er Glück: Ein Finanzier, der zudem gerade im Lotto gewonnen hatte, bot ihm an, für die Kosten eines neuen Albums aufzukommen - inklusive eines richtigen Studios, richtigen Streichern, eines richtigen Produzenten. Eitzel entschied sich für Sheldon Gomberg (Rickie Lee Jones, Ron Sexsmith). Eine gute Wahl, denn zusammen mit dem Attractions-Schlagzeuger Pete Thomas und AMC-Vudi an der Gitarre und den besagten Streichern gelingt dem Amerikaner sein bestes Album seit Langem.
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Fink: "Wheels Turn Beneath My Feet" (Ninja Tunes, Okt. 2012) |
Neues Livealbum des vom Elektronik-Tüftler zum Singer/Songwriter
mit Akustikgitarre gewandelten Fin Greenall. Ein Livealbum
der besseren Art, weil es nicht einfach die "Hits" zusammenfasst,
sondern eine schöne, eigene Stimmung kreiert. Ich empfehle Euch
wärmstens die CD-Sonderausgabe in Buchform mit tollen Fotos und
interessanten Begleittexten.
(14.10.2012)
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Nachdem Fink sich erfolgreich vom weltklasse Club-DJ und Elektro-Produzent zum hochgeschätzten Singer / Songwriter gewandelt hat und mit seinem letztjährigen Meilenstein "Perfect Darkness" eines der besten Singer / Songwriter-Alben der vergangenen Jahre veröffentlicht hat, steht jetzt sein erstes und von Fans schon lange ersehntes Live-Album an.
Aufgenommen auf der ausverkauften und europaweit gefeierten "Perfect Darkness" Tour gibt es auf "Wheels Turn Beneath My Feet" dreizehn unveröffentlichte Live-Aufnahmen in fantastischer Qualität, aufgenommen in unterschiedlichsten Venues u. a. in London, Amsterdam, Wien und Paris.
Mit seinen Bandkollegen Guy Whittaker am Bass und Tim Thornton am Schlagzeug wird die Wheels 2012 Tour mit Sicherheit eine der atemberaubendsten Touren des Jahres werden. In Zusammenarbeit mit den preisgekrönten 59 Productions wird das Publikum erneut mit einer Lichtshow der besonderen Art durch die Installation von unzähligen Bildschirmen und unabhängig voneinander steuerbaren Lichtern gefesselt werden. Die Band wird sich dazu aus dem weiten Arsenal von vier Alben bedienen und zusammen mit ausgewählten Gastmusikern Finks düster-emotionale Live Show perfekt umsetzen.
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Godspeed You! Black Emperor: "'Allelujah! Don't Bend! Ascend!" (Constellation, Okt. 2012) |
Völlig überraschend kommt nach 10 Jahren Pause das neue
Album von Kanadas bester Instrumentalrockband heraus - obwohl man
eigentlich nicht von einer Pause sprechen kann, denn
der Kern der Band, Gitarrist Ephrim Menuck, Bassist Thierry
Amar, Geigerin Sophie Trudeau und Drummer Aidan Girt,
haben in dieser Zeit ja einige tolle Alben mit ihrer "Zweitband"
Silver Mount Zion herausgebracht
- und über dieses "Nebenprojekt" habe ich Godspeed
ja schließlich auch vor ein paar Jahren erst kennengelernt.
Was bekommen wir hier nun vom Original zu hören?
Zwei beeindruckende, jeweils 20minütige Tracks auf einer LP,
dazu zwei jeweils 6minütige Tracks auf einer Single. Das Ganze
noch ergänzt durch Downloadcodes für MP3s.
Der erste der beiden Zwanzigminüter erinnert mich doch tatsächlich
- ich trau mich kaum, es zu sagen - an Hawkwind, und zwar an
das geniale "You Shouldn't Do That" vom legendären
Album "In Search Of Space",
was mich sehr gefreut hat. Während ich das hier schreibe läuft
im Fernsehen gerade die Ford-Reklame mit der tollen Nummer "Master
Of The Universe" vom gleichen Hawkwind-Album.
Was soll uns die Koinzidenz sagen? Ich habe keine Ahnung!
(24.11.2012)
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Ersehnte 2012er Wiederkehr dieses Mutterschiffs des kanadischen Progressive-Post-Rock, das mit seinen akustischen Rausch-Reisen prägend für ein ganzes Genre wirkte und relativ bald als Vergleichs-Muster für zahllose Nachfolger herhalten musste. Aus den Reihen des kreativen Kollektivs erblickten zahlreiche weitere Neben- und Hauptprojekte das Licht der immer wieder bass erstaunten Welt, aber dennoch sehnte sich der treue Jünger nach einem Lebenszeichen des Originals. Eine ausführliche Huldigung des neuen Wogen-Werkes folgt umgehend, zur Vinyl-CD-Unterscheidung sei nur angemerkt, dass 2 Drone-Dämmerungen, bei der CD in den Albumverlauf integriert, bei der LP ausgegliedert wurden, um das Ohr via zusätzlicher 7“ zu betören.
(Glitterhouse)
When Godspeed You! Black Emperor reassembled to tour in 2011 after nearly a decade off, fans were simultaneously excited and filled with trepidation. Despite the fact that there was precious little new material in the show, the rearrangements of particular tunes from their repertoire proved that they were still well invested in expanding on what they'd built. A few short weeks before its release, GY!BE announced 'Allelujah! Don't Bend Ascend, their first new album in a decade. Now expanded to a nine-piece, the album features four tracks. There are two longer ones clocking in at 20 minutes each, and a pair at around six-and-a-half. Fans will be familiar with the longer tunes, "Mladic" and "We Drift Like Worried Fire" have been in the band's live set since 2002. That said, they have been thoroughly re-imagined and expanded for this larger ensemble. "Mladic" commences with the now-trademark sampled, obscure vocal tracks. It opens in a simulated Middle Eastern mode played by a treated violin, sounding like a ney. The distorted guitars and bass commence as a drone, as a detuned slide carries dissonance into it that gradually gives way to a wall of churning guitars in alternate tunings, wailing strings, and deep thudding drums. Its orchestral changes in the last third are GY!BE at their most aggressive. By contrast, the other long work, "We Drift Like Worried Fire," is almost a suite. Low bass drones, plucked guitars, and strings that suggest an Eastern European folk melody introduce it, answered by guitars; some playing distorted, restrained sonics, while others offer plucked, repetitive lines. The result is a languid, yet lovely, melodic series of repetitions. The strings enter to create a second, minimalist lyric line. Drums, feedback, and bass gradually quicken the pace until it gels into an intense, gorgeously melodic, and thunderous epic that soars. It disintegrates midway to assert another part of the journey, more minimal and tense. The musical dialogue is by turns contrapuntal, sinister, and elegiac before rising once more to a dramatic peak before feedbacking to close. "Their Helicopters Sing" and "Strung Like Lights Thee Pretemps Erable" are the shorter new works. (On the LP version, they're on a separate 7" single.) They act as pauses, different tonal meditations between the extended works. Both are based on slow drones, and explore more dissonant, cacophonous, electronic elements in GY!BE's sound. They offer rich, spacious entries into different, far more experimental aspects of the group's soundworld. It would be inaccurate to call 'Allelujah! Don't Bend Ascend a major work on the scale of Lift Your Skinny Fists Like Antenna To Heaven. That said, given the discipline and experimentation in the short pieces, and in the creative imagination displayed in rearranging the longer ones to accommodate a larger band, 'Allelujah! Don't Bend Ascend proves, that GY!BE still has plenty of captivating things to say.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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The Grateful Dead: "Spring 1990: So Glad You Made It" (Rhino/Grateful Dead, Okt. 2012) |
Ich bin ein großer Fan der Band, würde mich aber nicht
als "Deadhead" bezeichnen. Dafür mag ich viel zu viel
andere Musik, die nichts mit Batikhemden und extralangen Jams zu tun
hat. Trotzdem habe ich mir zur Abwechselung mal wieder eine der inzwischen
zahllosen Live-CDs gekauft. "Spring 1990"
stammt aus der Zeit des letzten, noch zu Lebzeiten von Jerry Garcia
erschienenen Livealbums "Without A Net", bietet eine
schöne Liedauswahl und hat mir beim Hören mal wieder viel
Freude bereitet.
Wenn's dann doch was zu Meckern geben soll: das war zwar sicherlich
die letzte richtig gute Tournee der Band, geschuldet dem sich danach
rapide verschlechternden Gesundheitszustand von Jerry Garcia,
aber bereits hier sind seine Gesangsbeiträge (im Unterschied
zu seiner Gitarrenarbeit!!!) nicht immer gelungen, um es mal vorsichtig
zu formulieren. Ein anderer Musiker bekommt hier dagegen mehr Aufmerksamkeit
als sonst: Keyboarder Brent Mydland war zum letzten mal dabei,
denn wenig später verstarb er (ein Schicksal, das vor ihm bereits
zwei Dead-Keyboarder ereilte!). Seine Beiträge als Sänger
sind für mich immer ein wenig zwiespältig: zwar ist er sicherlich
der technisch beste der Band, aber als Leadsänger
habe ich mich nie an seine zwar kräftige, aber auch sehr hohe
Stimme gewöhnen können. Sein Keyboardspiel ist ebenfalls
virtuos, aber leider klingt sein Instrument viel zu sehr nach den
bösen 80ern. Mehr Hammond-Orgel und richtiges Klavier
hätte ich mir gewünscht. Letzteres gab es dann wieder auf
der Herbsttournee 1990, auf der ich die Band dann sogar selber in
der Essener Grugahalle gesehen habe: für den verstorbenen Mydland
saß Bruce Hornsby am Konzertflügel, während
Ex-Tubes-Keyboarder Vince Welnick die "moderneren"
Tasteninstrumente bediente. Trotz all der Kritik eine schöne
Platte, sogar lohneswert für Nicht-Deadheads.
(14.10.2012)
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Passend zum 70. Geburtstag Jerry Garcias und betitelt nach einer Textzeile des Spencer Davis Group-Klassikers "Gimme Some Lovin'" (in einer tollen Version enthalten), dokumentiert das 2-CD-Set „So Glad You Made It" auch inhaltlich zutreffend einen der absoluten Höhepunkte in der Live-Historie von San Franciscos bedeutendster Rockband Grateful Dead.
Beginnend am 14. März 1990 im Capital Centre, Landover, Maryland und endend am 3. April im Omni, Atlanta, Georgia spielten die Dead anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens insgesamt 16 Shows verteilt auf sechs Städte - neben besagten Landover / Maryland und Atlanta / Georgia waren dies Hartford / Connecticut, Hamilton / Ontario / Canada, Albany / New York und Uniondale / New York. Die Band war - auch nach Aussagen der beteiligten Musiker - in einem körperlich und mentalen Topzustand. Sie waren heiss und überraschten einander auf der Bühne durch ungewohntes Engagement. Insbesondere die Jams strahlten Persönlichkeit, Ideenreichtum und Freiraum aus. Auch David Lemieux, Band-Archivar und Produzent dieser Zusammenstellung, der den ersten 10 Shows der Tour als junger 19-jähriger Deadhead beigewohnt hatte, erinnert sich, dass dies die letzte Dead-Tour gewesen war, die durchgehend (!) großartig verlief und von musikalischen Highlights geprägt war.
Die handverlesenen 20 Titel resp. Versionen sind per dato unveröffentlicht und spiegeln das kreative Schaffen der Band bis zu jenem Zeitpunkt repräsentativ wider, von „Morning Dew", enthalten auf ihrem 1967er Debut, bis hin zu „Blow Away" vom 1989er Album „Built To Last" - nicht zu vergessen das lang ersehnte „Loser", die von Brent Mydland gesungenen Titel „Easy To Love You" und „Gimme Some Lovin'" und die beiden Monster-Jams: „Scarlet Begonias">"Estimated Prophet" und „Playing In The Band">"Eyes Of The World".
Es ist erstaunlich und bemerkenswert zugleich, dass die Band in dieser, ihrer reifen Erwachsenenphase, den sie umgebenden positiven und negativen Druck (jedes Konzert ein Massenspektakel: 50 000 Besucher in und 50 000 Fans außerhalb der Stadien), ausgehalten - ja sogar in positive Energie umgewandelt hat. Mickey Hart (im Interview mit David Fricke / Rolling Stone): „That created an energy that we transferred into the music. We were energized by that hit - and reacting against it. The hard thing is, as Ken Kesey said, to stay within your own movie. We were able to do that on this tour."
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John Hiatt: "Mystic Pinball" (New West, Okt. 2012) |
Eigentlich einer meiner Helden aus den späten 70ern, den ich
aber erst als Begleiter von Ry Cooder (auf "The
Slide Area" von 1982) kennengelernt habe. Alle damals schon
existierenden oder noch kommenden Soloalben habe ich mir dann -teilweise
ungehört- gekauft und war eigentlich nie enttäuscht. Highlight
dabei sicherlich "Bring
The Family" von 1987, eine Platte für die Ewigkeit.
In den letzten Jahren hatte sich meine Liebe zu Hiatt aber ein wenig
abgekühlt: mir waren die fast im Jahrestakt erscheinenden Alben
irgendwie zu routiniert, fast schon langweilig. Aus keinen besonderen
Gründen habe ich dieses Mal aber doch wieder zugeschlagen (naja
- vielleicht weil die Vinylausgabe nicht teurer war als die CD und
ein schönes Cover hat?). Jetzt beim Hören bin ich durchaus
zufrieden: sicherlich kein neues "Bring
The Family", aber doch sehr gelungen. Das beste Hiatt Album
seit soundsovielen Jahren? Vielleicht. Irgendwie ist mir diese Frage
aber nicht wirklich wichtig, denn wirklich schlecht war auch keines
seiner vielen Alben in den vergangenen Jahrzehnten.
(14.10.2012)
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„Mystic Pinball“, das 21. Studioalbum von Hiatt, wurde wie der Vorgänger von Kevin “Caveman” Shirley (Aerosmith, Iron Maiden, Joe Bonamassa) produziert und mit seiner aktuellen Begleitband The Combo, mit Doug Lancio (electric guitar, mandolin, Dobro), Kenneth Blevins (drums and percussion) und Patrick O’Hearn (bass) eingespielt.
John Hiatt’s Karriere als Songwriter und Performer umfasst weit mehr als 30 Jahre und Größen wie Bob Dylan, Eric Clapton, BB King oder Iggy Pop haben seine Songs gecovert. Der ersten Ausflug als Solokünstler folgte 1974 mit „Hangin Around The Observatory“. Sein 87er Album „Bring The Family“, das dieses Jahr 25jähriges Jubiläum feiert, war sein erster Charterfolg in den USA.
2008 veröffentlichte Hiatt “Same Old Men” und wurde in die Nashville Songwriters Hall Of Fame eingeführt und von der Americana Music Association mit dem prestigeträchtigen “Lifetime Achievement in Songwriting Award“ ausgezeichnet.
Unter dem Strich ist allenfalls eine kleine Kursänderung erkennbar, nicht in den Songs selbst, aber in deren Verteilung auf die verschiedenen Stile: weniger Roots-Rock, mehr Americana, weniger ungestümes Vorwärtspreschen, mehr gelassenes Midtempo.
(Good Times, Oktober / November 2012)
Feinstes neues Stück ist das mit Kontrabass und Slide arrangierte (semi)akustische Finale "Blues Can't Even Find Me".
(Stereo, Oktober 2012)
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Caroline Keating: "Silver Heart" (Glitterhouse, Okt. 2012) |
Charmantes Debüt der kanadischen Sängerin, Songschreiberin
und Pianistin.
(02.01.2013)
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Selten genug hat man das Glück, eine solche Künstlerin zu sehen. Jan Wigger von Spiegel Online wohnte zufällig ihrem Auftritt beim „M for Montreal“-Festival bei und war gefangen von ihrer überragenden musikalischen Präsenz: "Die unwahrscheinlich hübsche Klavierspielerin Caroline Keating legt mit ihrer delikaten Musik Zeugnis eines unglaublichen Talents ab, das an aktuelle Indie-Heroinen wie Joanna Newsom, Regina Spektor oder auch Edie Brickel erinnert. Über Kate Bush habe sie dank zarten Alters höchstens einmal etwas gelesen, aber noch keinen Ton gehört. Und das, obwohl ihr Song ‚Ghosts’ so bestechend und unverfälscht klingt wie Kates Teenager-Geniestreich ‚The Man With The Child In His Eyes’. Falls die Plattenfirmenverantwortlichen noch Interesse an guter Musik haben, sollte dieser Studentin der Kunstgeschichte, die im Neo-Hippie Sufjan Stevens einen Engel der Neuzeit sieht und bereits Stücke über Joseph Beuys und seine Kaninchen schreibt, bald weltweiter Ruhm beschieden sein." Da wollen wir nicht widersprechen. Der poetische Piano-Indie-Pop der 24-jährigen Kanadierin ist an purer Schönheit kaum zu überbieten. Über all die Namen, die zur Erklärung ihrer Musik herangezogen werden, ließe sich trefflich diskutieren, aber unbestreitbar großartig ist die fantastische Musikalität, die Freude an der Improvisation, das rohe Stakkato-Klavierspiel, die fließenden Läufe, die hinreißenden Geschichten, die sie mit ihren Songs erzählt.
Noch vor wenigen Monaten bangte ein Journalist um sie: „Fast fürchtet man sich vor dem ersten Album: Was passiert hier, wenn dieses Talent auch noch so klingen darf, wie es klingen will? Explodiert dann nicht alles?“ Nein. Man darf ruhigen Gewissens widersprechen. Ihr Debüt „Silver Heart“ ist, ich wiederhole mich gerne, tatsächlich pure Schönheit.
Carolins vordergründig zarte Stimme ist doch selbstsicher und zielgerichtet. Sie umgarnt und flötet nicht, sie wirkt vielmehr durch naturgegebene, betörende Klarheit. Ob in Introspektive oder im Ausbruch – „Silver Heart“ ist nie gespreizt, nie mit majestätischem Bohei einherschreitend. Nein: es ist wunderhübsch. Es ist wahr und ergreifend. Es ist Caroline Keatings Debüt. „Silver Heart“. Unfassbar.
CBC recently named Caroline Keating one of Montreal's brightest up-and-coming singer-songwriters and described her as the “musical and philosophical nexus point of New York’s Regina Spektor and Canada’s own Feist.”
Originally from Quebec City, Caroline has been based in Montreal since 2004. There, she quickly caught the eyes and ears of POP Montreal and the music community by playing cafes and small venues around the city. Now a veteran of the POP Montreal International Music Festival, M for Montreal, SXSW, CMW, and NXNE, her poetic piano pop has also taken her on two highly successful tours in Europe. Caroline is ready to bring it back to her home country with this much-anticipated album.
She is backed live by Jeremy Gara (Arcade Fire) on drums, Sebastian Chow (Islands) on violin and Matthew Perrin on upright bass. Recorded with producer Drew Malamud (Metric, Stars) at Studio Plateau in Montreal, Silver Heart explores the subjects of vulnerability and reflection. The album's handcrafted pop seamlessly transforms from the sparse and breathy piano and voice on the title track to the driving drums and lyrical strings of “Ghosts.” Silver Heart was supported in part by the FACTOR Independent Sound Recording grant. Keating’s musical collaborators on the album read like a Montreal All-Star rolodex and include Miles Perkins (Lhasa de Sela) on upright bass, Robbie Kuster (Patrick Watson) on drums, Brad Barr (Barr Brothers) on guitar, Chris Seligman (Stars) on French horn, Sebastian Chow (Islands) on violin and Josh Dolgin (Socalled) on accordion.
(Glitterhouse)
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Van Morrison: "Born To Sing - No Plan B" (Blue Note/Exile, Okt. 2012) |
Auch Van The Man läßt sich inzwischen mehr
Zeit für neue Platten. "Born To Sing", Album Numero
35 laut Angaben bei allmusic.com,
folgt 4 1/2 Jahre auf "Keep It Simple"
und ist eher ein durchschnittliches Van-Morrison-Werk:
zwar deutlich besser als das Meiste in den letzten Jahren, aber eben
lange nicht so gut wie "Astral
Weeks" oder "Common
One". Aber das heißt bei einem so großartigen
Künstler wie Van Morrison natürlich trotzdem: die
Platte ist gut. Jeder Ton ist im Grunde wie erwartet,
aber eben auch sehr schön und angenehm zu hören. Das Cover
finde ich potthässlich (diese Brille!!!), wenn
auch nicht ganz so potthässlich wie "Pay
The Devil" vor ein paar Jahren.
Was kann man an Besonderheiten berichten? Vielleicht, dass Van mehrmals
selber Saxofon und Klavier, aber keine Mundharmonika und nur einmal
Gitarre spielt? Oder dass nur seine reguläre Tourband dabei ist
und dass auf Gastmusiker oder Chorsängerinnen ganz verzichtet
wird? Oder dass er vertriebstechnisch wieder bei Blue
Note (also Mutter EMI) gelandet ist? Alles nur Nebensächlichkeiten,
denn hier geht es natürlich in erster Linie um Van, seine Stimme
und seine Vorstellung von Celtic Soul.
(03.10.2012)
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Van Morrison kehrt für sein neues Studioalbum „Born To Sing: No Plan B“, das in Deutschland am 28. September erscheint, zu Blue Note zurück. Morrison hatte bereits 2003 auf dem renommierten EMI-Label sein Album „What's Wrong With This Picture?“ veröffentlicht.
Van Morrison: „Die meisten Plattenfirmen sind riesige Unternehmen, umso glücklicher bin ich, mit Don Was und seinem Blue-Note-Team zu arbeiten. Wenn man so einen kreativen Geist als Kopf eines Plattenlabels hat, garantiert mir das, dass all meine Anstrengungen, dieses Album zu schreiben und aufzunehmen, mit einem Fokus auf die Musik und einem entsprechenden Marketing-Ansatz belohnt werden.“
Don Was: „Innerhalb seiner Karriere, die mehrere Jahrzehnte umfasst, hat Van Morrison ein Gesamtwerk geschaffen, das in seiner steten Exzellenz geradezu unvergleichlich ist. Er ist einer der größten Sänger, Songwriter und Musiker aller Zeiten. Wir sind unglaublich stolz, dass er sich entschlossen hat, wieder für Blue Note aufzunehmen und blicken mit Freude auf eine fruchtbare Zusammenarbeit in den nächsten Jahren.“
Van Morrison ist sechsfacher Grammy-Gewinner und sowohl in der Rock'n'Roll Hall of Fame als auch in der Songwriters Hall of Fame aufgenommen worden. Er gilt als einer der einflussreichsten Musiker unserer Zeit. Seine poesievoll-impressionistischen Songtexte und seine einzigartigen Fusionen, die vom frühen Rock'n'Roll über Soul und Jazz bis hin zum Folk reichen, stoßen immer wieder auf ein gewaltiges Echo, sind hoch emotional und letzendlich universell. Seine transzendentalen Meisterwerke „Astral Weeks“ und „Moondance“ werden regelmäßig in den Best-Albums-Of-All-Time-Listen genannt. Seine letzten Alben, „Magic Time“ und „Keep It Simple“ konnten sich internationaler Top-Ten-Notierungen erfreuen.
Morrison hat mit seiner Band in Belfast eines seiner stärksten Alben seit langem eingespielt – und einen Plan B braucht er nicht! Er soll einfach nur so starke Songs schreiben und singen.
(Good Times, Oktober / November 2012)
Born to Sing: No Plan B marks Van Morrison's 35th album and his return to Blue Note Records. Morrison released What's Wrong with This Picture? for Blue Note back in 2003. He re-signed to legendary jazz label in large part because musician and producer Don Was signed on to head it. Featuring ten new songs, Morrison plays guitar, alto saxophone, and occasional keyboards. Employing his trademark Celtic soul, the album also showcases incursions into jazz and blues -- and sometimes all three within the same tune. Morrison recorded the sessions in Belfast, and produced them. He used his road band augmented by guest musicians.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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Sorry Gilberto: "Construction Work & Stormy Weather" (Goldrausch, Okt. 2012) |
Ein Duo aus Berlin, bestehend aus Sänger/Gitarrist Jakob Dobers
und der charmanten Anne von Keller, die ebenfalls singt und
ab und zu Bass oder ein paar andere niedliche Instrumente spielt,
mit ihrem dritten Album, erschienen auf dem Goldrausch-Label
der Brokof-Kapelle, die hier auch mitmischt
und woher ich Sorry Gilberto letztendlich auch kenne. Charmanten
Low-Fi-Pop auf Englisch gibt es zu hören, der mir sehr gut gefällt,
auch wenn das Englisch der beiden Protagonisten manchmal etwas holprig
daherkommt. Aber eigentlich ist das egal, denn die beiden sind dabei
immer sehr charmant und halten ihre Musik sehr luftig, ohne zu sehr
nach Homerecording zu klingen. Manchmal kommen sie mit einer Gitarre
und zwei Stimmen aus, manchmal gibt es Streicher oder es wird ein
prähistorischer Drum-Computer, ein Billig-Keyboard oder ein Glockenspiel
eingesetzt. Ganz selten ist sogar eine komplette Band mit Drums &
Bass zu hören.
(25.11.2012)
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"Construction Work & Stormy Weather" ist die dritte Platte des Berliner Duos Sorry Gilberto. Zwölf Singer / Songwriter-Stücke feiern das Leben als Baustelle.
Antike Beat-Maschinen, Streicher, Glockenspiel, Ukulelen und viele andere Instrumente geben sich die Ehre und machen dieses Album zu einem Meilenstein der Berliner Musik-Bohéme. So modern kann Folk Musik klingen!
Anne von Keller und Jakob Dobers bewegen sich zwischen zärtlichem Belle-&-Sebastian-Pop und andächtigen Jazz-Folk-Stücken mit traumwandlerischer Sicherheit.
(Rolling Stone, November 2012)
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Temple Of L.I.B.: "Second Flush" (September Gurls, Okt. 2012) |
Nach "My Name Is Magic"
von 2010 ist das bereits das zweite Album von Limo, bürgerlich
Stefan Lienemann, Ex-Shiny
Gnomes-Gitarrist, Ex Fit &
Limo-Duopartner, unter dem "Bandpsyeudonym" Temple
Of L.I.B. Wie schon beim Vorgänger spielt Limo fast alle
Instrumente selber. Dabei entstand wieder dieser wunderbare "Hippie-Folk",
wobei sogar eine passende Coverversion dabei ist: das eher selten
zu hörende "Mountains Of The Moon" vom dritten Grateful
Dead-Album "Aoxomoxoa".
Passt sehr gut.
(09.11.2014) |
Martha Wainwright: "Come Home To Mama" (V2, Okt. 2012) |
Das
ist nach meiner Schätzung ungefähr Album Nummer drei oder
vier der Tochter von Loudon Wainwright III
und Kate McGarrigle. Nach dem ersten Hördurchlauf kann
ich leider noch nichts Schlaues sagen. Da mir aber bisher alle ihre
Alben gut gefallen haben will ich mit meinen schlauen Bemerkungen
noch ein wenig warten ...
(04.11.2012)
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Martha Wainwright's neues Album "Come Home To Mama" wurde von der japanischen Multiinstrumentalistin Yuka C Honda produziert und in dem New Yorker Studio von Sean Lennon Anfang 2012 aufgenommen. Dabei stehen die zehn neuen Songs für eine emotionale Achterbahnfahrt und schlagen gekonnt die Brücke zwischen dem leidenschaftlichen Debüt von Martha Wainwright und dem mit reichlich Popelementen bestückten letzten Studioalbum "I Know You're Married But I've Got Feelings Too".
In der Vergangenheit arbeitete Wainwright vor allem mit Ehemann Brad Albetta zusammen, doch bei der Arbeit zum neuen Album fiel die Wahl auf Honda, um den Songs bewusst einen femininen Touch zu geben. Weitere Gastmusiker sind u. a. Nels Cline (Wilco), Jim White (Dirty Three) oder Sean Lennon.
With a hugely expressive voice and an arsenal of powerful songs, Martha is a beguiling entertainer and a refreshingly different, new force in music.
Martha is the daughter of folk legends Loudon Wainwright III and Kate McGarrigle and sister of acclaimed singer songwriter Rufus Wainwright. Born in New York City and raised in Montreal, she spent her childhood immersed in music and often performing with her parents. She took the first step in her own recording career in 1998 when she contributed her song “Year of the Dragon” to her mother and aunt’s album The McGarrigle Hour. The same year she started singing back-up for her brother both live and on record.
After leaving college, Martha moved to New York City and distinguished herself almost immediately.
Martha released a self-titled EP as well as a four-song EP called Factory in 2002. In February 2005 Wainwright released an EP called Bloody Motherfu*king As*hole, followed by the eponymous Martha Wainwright in April to great critical and commercial acclaim. In the January 2005 issue of Mojo Norah Jones listed her as one of the “best things she heard all year.” London’s Sunday Times included “Bloody Mother Fu*king As*hole” in their songs of the year and Rolling Stone called BMFA “a blistering prelude to her debut album.” Throughout her career, Martha has also contributed to albums by Dan Bern, Kate & Anna McGarrigle. Rufus Wainwright, Snow Patrol and Teddy Thompson among others.
A dynamic performer, Martha was a part of the acclaimed Leonard Cohen tribute concert in May 2004 at Brighton’s Dome Concert Hall. Martha also took a turn performing on film in Martin Scorsese’s “The Aviator” starring Leonardo DiCaprio and contributed two songs to the soundtrack of American independent film P. S. starring Laura Linney and directed by Dylan Kidd. Martha joined her brother on his fall 2004 UK dates to rapt audiences and has also supported artists such as Cyndi Lauper and Van Morrison, Neko Case, Snow Patrol, Pete Townshend and Sean Lennon among others over the last few years. Undoubtedly her own person, with her own sense of style, Martha creates her own music with an extraordinary versatile and compelling voice.
Martha is set to return with her third studio album, Come Home To Mama. The album is her first collection of original music in four years and was produced by Yuka C. Honda of Cibo Matto. Recorded earlier this year, mostly at Sean Lennon’s home studio in New York City, Come Home To Mama displays the passionate angst of her 2005 eponymous debut coupled with the twisted pop of 2008’s I Know Your Married But I’ve Got Feelings Too. Yuka and Martha have created an edgy, multi-instrumental soundscape that showcases Martha’s raw, confessional poetry with undeniable style and grace. The captivating 10-song set features performances from Yuka Honda, Nels Cline (Wilco), Sean Lennon, Jim White (Dirty Three), Brad Albetta and Thomas Bartlett (Doveman).
During the winter of 2009 and 2010, Martha gave birth to her first child and her mother passed away. Confronted with both joy and anger, the songs on Come Home To Mama are, at times, aggressive and forceful, but also the most reflective of Martha’s songs to date. She stated, “This record is a culmination of my life experiences so far. Everything changed for me a couple of years ago and this record is a representation of that and a return to the reason I started writing songs.” Martha continued, “I’ve made this record as a motherless child and as a mother. Two things I had never been before. For me, it is a new beginning.”
Regarding Yuka C. Honda’s production, Martha stated, “Making this record was a totally different experience. Yuka’s approach was very open. Sometimes I would just demo the song, singing in the closet, which served as the vocal booth, then she would build the track around that. In other instances we would jam with a few musicians and try and get a live take. I don’t think I’ve ever sung this hard, played this hard, or tried this hard.”
(marthawainwright. com)
"Ihre Stimme ist toll, wirkt nie überdreht oder exentrisch."
(musikexpress, November 2012)
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"Till Brönner" (Universal/Verve, Nov. 2012) |
Deutschlands erfolgreichster Jazzmusiker und Castingshow-Juror mit
einem neuen Album - eigentlich ist diese Nachricht eher was für
das Feuilleton als für diese Seite mit meinen Lieblinxplatten.
Allerdinx weiß der vereinzelte Leser meiner schlauen Bemerkungen,
dass ich gelegentlich durchaus Gefallen an seiner Musik gefunden habe,
etwa beim L.A.-Album "Oceana"
oder beim Brasilien-Album "Rio".
Jetzt war zu lesen, dass Till Brönner, ganz ohne Gesangseinlagen
und Gaststars, ein "reines Jazzalbum" herausgebracht hat,
das eine Hommage an den scheinbar kitschigen Sound der späten
60er und frühen 70er vom legendären CTI-Label sein
soll, besonders an sein Idol Freddie Hubbard. Da ich diesen
sanften "Kommerz-Jazz" mit viel Fender-Rhodes-E-Piano
und den gelegentlichen Streicherhintergründen inzwischen durchaus
zu schätzen weiß, habe ich mal wieder reingehört -
und bin total begeistert! Ganz klar das beste (mir bekannte) Till
Brönner-Album bislang! Tolle Flügelhornsoli ohne Kraftmeierei
von Chef persönlich, dazu ein Wahnsinns-Rhodes von Roberto
di Goia und, meine persönliche Entdeckung, tolle Soli und
Klänge vom dänischen (?) Bläser Magnus Lindgren
an Tenorsaxofon, Flöte und Bassklarinette. Da sei auch die Weihnachtsplatte
vom letzten Jahr (?) verziehen.
(02.12.2012)
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Dieses Album wird auf fruchtbaren Boden bei denjenigen fallen, die für diese Musik offen sind. Der Erfolg lässt sich nicht alleine an Verkaufszahlen festmachen. Dieses Album war einfach auf meiner Agenda, und jetzt ist es da“, sagt Till Brönner selbst über sein neues Album. Er ist, kein Zweifel, Deutschlands prominentester und erfolgreichster Jazz-Musiker, sein Gesicht kennen auch viele, die noch nie einen Ton aus seiner Trompete gehört haben. Und doch polarisiert Till Brönner wie kaum ein zweiter seiner Zunft in Deutschland. Alle begeisterten Verehrungen und kategorischen Ablehnungen... kurz: alle felsenfesten Vorurteile werden jetzt von niemand anderem als Brönner selbst erschüttert.
Er bringt ein Album heraus, das er einfach nur „Till Brönner“ nennt. Der Titel sagt bereits, dass es hier um viel mehr geht als ein einfaches „Weiter so!“. Mit diesem Werk konfrontiert er Fans wie Kritiker mit einer persönlichen Neuaufstellung. Brönner macht den Weg für sich selbst frei und startet spielerisch durch. Voller Demut betritt er eine Klangwelt, die dem Hörer neu erscheinen mag, für ihn selbst aber schon seit vielen Jahren präsent ist. „Die Besetzung ist kein Novum. In den späten sechziger und frühen siebziger Jahren sind zahlreiche Alben genau in dieser Besetzung bestritten worden.“ Mit dieser Anspielung beruft sich der Berliner auf das legendäre Jazz-Label CTI, auf dem unter anderem sein Vorbild Freddie Hubbard verschiedene Alben gemacht hat.
Das klingt nach einer Heimkehr zu seinen Ursprüngen, doch Brönner betont, dass er schon immer dort war. Auch er bleibt sich selbst treu. Für Brönner ist es in aller erster Linie ein ganz unverstelltes Bekenntnis zum Jazz. „Bei den Recordings hatte die Musik eine mächtigere Funktion als mein eigenes Bild von mir. Ich habe die Musik grösstenteils zwar selber geschrieben, aber im Studio haben wir alle zusammen einfach nur unser Bestes gegeben.“
(www.tillbroenner.de)
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Neil Halstead: "Palindrome Hunches" (Sonic Cathedral, Nov. 2011) |
Neil Halstead war mal Sänger und Gitarrist der englischen
Gitarrenpopband Slowdive und deren countrylastigem Nachfolger
Mojave 3 und hat mit "Palindrome Hunches" bereits
sein zweites (oder sogar drittes?) Soloalbum veröffentlicht,
das eher in die Folkecke gehört und mir sehr gut gefällt.
Da hab ich in den letzten Jahren wohl nicht mehr richtig aufgepasst,
denn als letztes Halstead-Album kam mir von Mojave 3 das Album
"Spoon & Rafter"
in die Finger, was ja auch schon wieder fast 10 Jahre her ist.
(15.12.2012)
Mehr ...
Ex-Slowdive-, Mojave 3-Leader, der sich schon vor längerem quasi neu erfunden hat. Im Grunde 2 Sorten Songs: Wunderbar sanfte bestechend schöne folkige, und Americana-artige, obwohl etwas schneller ebenfalls sehr einfühlsam, poetisch; bzw. irgendwo in der Mitte. Einmal schleicht sich so etwas wie (dezentes) Pop-Feeling ein, in hellerer Atmosphäre. Ein ungewöhnlich homogenes Album, introvertiert oft, intim, (ganz sachte z.T. zärtliche) Stimme und akustische Begleitung (Piano neben Gitarre und Bass, meist auch Geige) bilden ein perfektes harmonisches Gleichgewicht, ungemein warm klingend. An Nick Drake, mit dem er gerne verglichen wird (neben Townes, Jeff Tweedy - ??) erinnert er eher entfernt, manchmal. Kurz dachte ich an Red House Painters, die ruhigsten Sachen von Will Oldham, 1x auch Christy Moore. Optimal geeignet für einsame melancholische Stunden, zum Versinken einladend.
(dvd, Glitterhouse)
On his third solo album, Palindrome Hunches, Neil Halstead strips another layer off his already quiet and subtle sound. Sleeping On Roads featured a sound not too far from that of his band Mojave 3, though it was more Nick Drake-influenced and hushed; Oh! Mighty Engine cut the instrumentation pretty much in half, and on much of Palindrome, he's mainly down to his beautifully rich vocals and acoustic guitar, backed by double bass and sometimes piano. There are regular appearances by violins too, but thanks to the dry production and the recorded live feel, the album has an immediacy that gives the impression that Neil and his friends are playing in your living room. Call it his Pink Moon, only with less desperation. He probably didn't drop off the album unannounced at his label, more likely he off-handedly passed the tapes over to his boss (Jack Johnson) after a late afternoon surfing outing. Like the rest of his solo work, Palindrome has an easygoing charm and Halstead hasn't lost any of his ability to write catchy choruses (especially on "Bad Drug and Minor Chords" and the unusually upbeat "Hey Daydreamer"), to break a heart with a harmony, or to create a perfect mood of resigned melancholy. The sparse arrangements this time out mean that the songs and Halstead's voice are the focus and he delivers a predictably strong batch that never skimps on melody and often reaches beyond the late-night campfire strum to something darker and more foreboding (like minor-chord "Tied to You," which features the fullest sound on the album and uses it to great, spooky effect). Mostly, though, the album sits in the sweet spot between pleasing to the ear and warming to the heart, with only the slightly-too-cute title track letting down the side a touch. As he drifts further from his shoegaze roots with Slowdive and his country-pop explorations with Mojave 3, Halstead gets closer to creating music that transmits his bare soul to the listener without much sonic trickery to get in the way. In the wrong hands, such a Spartan approach could end up boring, but in Halstead's case, it's completely transfixing and true.
(by Tim Sendra, All Music Guide)
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The Staves: "Dead & Born & Grown" (Atlantic, Nov. 2012) |
Leider erst vor kurzem von mir entdeckt und deshalb zu spät für
die Jahresliste 2012 ist das aktuelle
Album der drei englischen Schwestern Camilia, Emily
und Jessica Staveley-Taylor, die mich in ihrem Harmoniegesang
manchmal an die von mir heißgeliebten Roches
- Schwestern erinnern, allerdinx ohne deren Tendenzen zu schaurig
schönen Tönen.
Sparsam und luftig produziert wurde "Dead & Born & Grown"
vom legendären Glyn Johns und dessen Sohn Ethan.
Und auch hier bleibt eine kleine Frage von mir: wie kommt man bei
Atlantic Records eigentlich auf so eine Band? Etwa wegen der
Fleet Foxes? Oder wegen Mumford
& Sons? Ich habe keine Ahnung.
(02.03.2013)
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Die schönste Versuchung, seit es weiblichen Trio-Gesang gibt. Oder: So perfekt harmonisieren nur Schwestern. Oder: Reinhard hatte mal wieder Recht. Sehr wohl wissend, dass es meine musikalischen Vorlieben aufs genaueste trifft, legte er mir das Debut-Vollwerk der drei britischen Staveley-Taylor-Schwestern ans Herz, wo es sich im CD-Umdrehen einen Ehrenplatz erspielte. Bzw. ersang, denn diese strahlend reine Perle des akustischen Folk ist ganz und gar auf den Gesang von Emily, Jessica und Camilla zugeschnitten, der auch ohne Begleitung oder in sparsamsten Arrangements aufs Herrlichste leuchtet. Auch wenn die drei Verwandtschaften zu britischen Folk-Feen früherer und aktueller Zeiten von Sandy Denny bis Laura Marling erkennen lassen, so sind es doch eher die wehenden Weisen des Laurel Canyon-Americana, die einem beim Lauschen der 12 Staves-Songs, vom kristallklaren a capella-Beginn bis hin zum Folk-Blues-Kleinod im versteckten CD-Endbereich, in den Sinn kommen. Unter der bewährten Produktion von Glyn und Ethan Johns zelebrieren die drei Schwestern eine köstliche Folk-Kunst, zart und zurückhaltend in ein vorwiegend akustisches, seltener roots-rockendes Instrumental-Lager gebettet, dass die drei mithilfe ausgewählter Musiker mit vielerlei Gitarren, Bass, Mandoline, Mandocello, Ukulele, Wurlitzer, Orgel und dezentem Schlagwerk wirken. Aber selbst in voller Band-Begleitung ist es der perfekte Zusammenklang der drei sich köstlich ergänzenden Stimmen, der jeden einzelnen Song zum Harmonie-Himmel macht, der selbst den Kennern ins Schwärmen treibt. Bluegrass-reif im perfekten Dreistimmgesang, ohne jemals wirklich Bluegrass zu sein, näher am Boden der Traditionen als die Pierces, irdener und weniger gelackt als die Dixie Chicks, Bangles-blumig, ohne in Pop-Untiefen zu verkommen, Larkin Poe-lieblich, ohne deren Hang zum ausufernden Jamgrass – all das nur lose Verweise, um Euch auf den verführerischen Folk-Pfad zu locken. Als Dank widmen die Schwestern das Album ihren Eltern „for teaching us harmonies“. Diesem Dank möchte ich mich vollen Herzens anschließen.
(cpa, Glitterhouse)
Es ist ein fein austariertes und auf Transparenz ausgerichtetes Klangbild ohne Schmand und Tand, ... die vornehmlich im Romantischen wildernden Songs sind voller poetischer Wendungen und nicht ohne Widerhaken ...
(Rolling Stone, Februar 2013)
Die Finessen der meisterlichen Produktion etwa beim Folkrock-Intermezzo "Winter Trees" oder bei "Snow" (die Staves-"Antwort" auf "I Never Will Marry") machen die Platte zu einem exquisiten, elitären Vergnügen.
(Stereo, Juni 2013)
Drei britische Folk-Schwestern schwelgen Richtung Amerika.
(Rolling Stone, Juni 2013)
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Buddy Miller and Jim Lauderdale: "Buddy and Jim" (New West, Dez. 2012) |
Fast schon ein Gigantentreffen! Buddy
Miller, der aktuell beste Produzent, Gitarrist und (mit gewissen
Abstrichen) Sänger aus Nashville, zusammen mit Jim
Lauderdale, einem der besten Songschreiber und (wegen der großen
Konkurrenz mit Abstrichen) besten Sänger aus Nashville, aufgenommen
an drei Tagen im vergangenen August. Das Ergebnis ist durchaus als
gelungen zu bezeichnen, auch wenn überhaupt nicht versucht wird,
hier etwas Gigantisches zu erschaffen. Für meinen
Geschmack vielleicht etwas zu viel Twang, Rockabilly und 50er-Jahre
im Klangspektrum, aber trotzdem doch ganz schön, vor allem wenn
es doch mal eher nach Folk klingt.
(23.12.2012)
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Da twangts aus jeder Rille, da dampft der Sumpf, gründelt der Groove und das Roots-Rocker-Herz lacht – selten erlebte ich eine Sternstunde, deren bleibende Bedeutung derart gelassen zelebriert wird. Weder Miller noch Lauderdale müssen sich oder der Welt noch irgendetwas beweisen, zurückgelehnt und begleitet von der ebenso beweglichen wie meisterlichen Mannschaft aus Stuart Duncan (Fiddle, Mandoline), Dennis Crouch (Bass), Russ Pahl (Steel, Banjo), Marco Giovino (Drums) und Patterson Barrett (Keyboards) rühren die beiden hör- und spürbar höchst lebendigen Altmeister in allen Roots-Töpfen, lassen die Saiten glühen und vereinen ihre erfahrungsreichen Stimmen zu mitreissendem Duett-Gesang. Egal ob typisch satt-schleppender Buddy Miller-Groove, gleißender Honky Tonk, deftiger Roots-Rock, rasanter Rockabilly, herzgreifend-hymnische Ballade, gefühlvoller Country-Folk oder finaler Rock’n’Roll-Feger – gekonnt-gelassen spielen die 20 Finger mit den Saiten und lassen sie in allen Stil-Spielarten strahlen. Eine reine, durch nichts getrübte Freude breitet sich im Herz des Freundes des Wahren, Guten und Ehrlichen aus und lässt das selige Lächeln gar nicht mehr verschwinden, derart wohl fühlen sich Buddy und Jim in der gekonnten Song-Auswahl aus Gemeinschafts-Werken, Traditionals, Standards, Solo-Stücken und Julie-Miller-Kollaborationen. Und während man in Deutschland noch bis 2013 auf ein Erscheinen warten muss, gibt’s dieses Rund- und Reif-Werk jetzt schon, pünktlich zum Fest als New West-Import. Die Krönung für den Christbaum!
(cpa, Glitterhouse)
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Nettle River: "Persolizer" (Nettle River, Dez. 2012 * März 2013) |
Dieses exklusive Vinyl-Doppelalbum der 6köpfigen Band aus Dortmund
und Waltrop gibt es seit Weihnachten '12 bei der Band, in ausgesuchten
lokalen Läden, sowie seit März '13 im Glitterhaus zu erwerben.
Als ich in deren Katalog was von Waltrop las, da fielen
mir natürlich Namen wie Ferryboat
Bill, Well Well Well und die Sons
Of Jim Wayne ein. Von den beteiligten Musikern (2 Ladies, 4 Typen)
hat zwar keiner bei diesen Bands gespielt, aber zwei der Junx sollen
schon beim Jim Wayne Swingtett, den Vorläufern von Jims
Söhnen, mitgemischt haben, allerdinx kenne ich mich da nicht
wirklich aus und kann das auch nicht bestätigen. Geboten werden
auf den 4 Plattenseiten von "Persolizer" satte 27 Lieder
in knapp 90 Minuten, wobei alle Bandmitglieder als Sänger, Songschreiber
und Multiinstrumentalisten fleissig waren. Stilistisch kann man das
weitestgehend als "Country" bzw. Country-Rock bezeichnen,
aber es hat zum Glück nichts mit Cowboyhüten und Truckern
zu tun - na ja: mit dem "Chicka-Boom", das
Johnny Cash vor seiner Zeit mit Rick Rubin zelebrierte, wird für
meinen Geschmack etwas zu oft eingesetzt. Das sollten Nettle River
vielleicht besser den heimischen Cowboyhut-Kapellen überlassen.
Den Rest finde ich aber ziemlich gut.
(17.03.2013)
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Rundum erfreuliches, auf steinschwerem Vinyl (je ca. 200g) im griffigen Klappcover kredenztes Country-Groß-Od (bei 1-CD-sprengenden 27 Songs in knapp 90 Minuten verbietet sich der Begriff Kleinod von allein), geprägt von Songschreiber-Kunst in all ihrer Fülle (ein Sextett von sechs Singer-Songwritern verspricht die Vielfalt schon beim Lesen),Lliebe zu den unverfälschten Wurzeln und einem herrlich hand- wie hausgemachten Charme. 27 mal widmen sich die zwei weiblichen und vier männlichen Instrumentalisten den Country-Wurzeln in aller blühenden Vielfalt, die englischen Texte in ungemein ohrgängige Tonfolgen kleidend und mit Gitarren, Harmonium, Mandoline, Banjo, Kontrabass und vielfarbigem Schlagwerk in vorwiegend akustische Klang-Kleider webend. Es twangt und schrammelt, es schwebt und schunkelt, Fink-Vergleiche hängen dezent rumpelnd in der Luft, näher liegen die Verweise zum Jim Wayne Swingtet, deren Wohnzimmer-Western-Wärme man auch durch die Nettle River-Weisen wehen spürt. Kein Zufall, sind doch mit Michael und Typ gleich zwei der Waltroper Roots-Recken mit an Bord, doch Nettler River sind weit mehr, als die zweite Jim Wayne-Fortsetzung mit gemischt-geschlechtlichen Mitteln – hier spürt man neben der Liebe zur und dem tiefen Gefühl für die Country-Traditionen die sich gegenseitig bereichernde Energie von sechs Sängern und Instrumentalisten, die sich gleichzeitig als Song-Schmiede einbringen können. Da reicht das Stil-Spektrum vom Lagerfeuer-Folk über filigrane Balladen, twangende Roots-Roller, Cave & Waits-Brummeleien und Cash’s Boom-Chicka-Boom bis hin zu ausufernden Verzerr-Orgien Crazy Horse’scher Prägung, all dies aber geeint durch wohlgefälligen sechsfachen Stimm-Einsatz, der herrlich gekonnt und viellagig dem Kenner-Ohr schmeichelt. Eine vielfarbig schillernder Country-Schatz, der bei jedem neuen Hören an Tiefe und Leuchtkraft gewinnt. Nur auf Vinyl, derzeit nur bei der Band und bei uns zu haben.
(cpa, Glitterhouse)
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Die Höchste Eisenbahn: "Unzufrieden" (Tapete, 2012) |
[Zehn Zoll |
Schau In Den Lauf Hase |
Gisbert zu Knyphausen |
Moritz Krämer]
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2022 kann man nicht mehr so genau sagen, wann, aber 2010 müsste es gewesen sein, als sich Moritz Krämer und Francesco Wilking zum ersten Mal in Berlin Prenzlauer Berg über den Weg gelaufen sind, nachdem sie einen (weiten) Steinwurf voneinander aufgewachsen waren und ein paar Jahre in Freiburg nebeneinander hergelebt hatten.
Wahrscheinlich machte es sowas wie ZOOM, KLICK oder KLONK, denn es genügte ein sanfter Schubs von ihren Konzertagenturen und die beiden standen gemeinsam auf der Bühne, begleiteten sich gegenseitig und sangen zweistimmig. Das war 2011 im Societaetstheater Dresden und Francesco und Moritz fassten auf der Rückfahrt von dort schon viele zukünftige Auftritte und eine dystopische Rockoper ins Auge. Die Konzerte wollten sie mit Freunden spielen, das erste mit Gisbert zu Knyphausen in Halle, das zweite mit Judith Holofernes in Berlin. Danach ließen sie die Gastsänger weg, spielten aber weitere Shows mit den anderen Livemusikern der ersten Shows: Max Schröder am Schlagzeug, der damals noch mit einem Bein bei Tomte war und Felix Weigt am Bass, der für Spaceman Spiff alle Instrumente spielte und bei den tollen Kid Kopphausen mitmachte.
Wir wissen nicht mehr, wann die Frage fiel: »Sind wir jetzt eine Band?«, aber es muss irgendwann im Prozess der Aufnahmen zur EP »Unzufrieden« gewesen sein. Dort hört man zwar noch den Feature-Ansatz - Gisbert und Judith singen auf »Vergangenheit« - aber vor allem hört man zum ersten Mal den Sound der Höchsten Eisenbahn: Ein-Finger-Casio, Chorus Gitarren, Pluckerbass, Rasseln und Handtuch auf der Snare. Dazu Geschichten von Losern namens Jan und anderen Leuten die zwischen jung und alt und Nacht und Tag ihre Anschlusszüge verpassten. Es ist 10 Jahre her, aber ein paar Sachen vergisst man nicht. Wie, dass sie eine ganze Nacht Chöre aufgenommen haben für »Die Uhren am Hauptbahnhof«, nur um sie morgens aus Versehen zu löschen. Oder dass Felix einige signature Keyboard-Lines im Liegen eingespielt hat. Das Schreiben der Songs und Aufnehmen ging ziemlich schnell, wie das Coverfoto mit dem Handy im Hof vom Proberaum. Die vier wussten, dass sie auf jeden Fall mehr Platten machen und Konzerte spielen wollten. Es folgten drei bunte Alben mit großen kleinen Songs und award winning live-Shows, aber so leicht ging ihnen nie wieder etwas von der Hand wie diese erste EP.
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The Jazz Butcher: "Last Of The Gentleman Adventurers" (Fire, 2012) |
Hach
wie schön - das Spätwerk einer meiner liebsten Gitarrenbands
der 80er, erschienen auf limitierter CD vor vier Jahren mehr oder
weniger unter Ausschluß der öffentlichkeit und auch von
mir nicht wahrgenommen, ist jetzt auf Vinyl neu herausgekommen. Pat
Fish und sein Gitarrist Max Eider haben es immer noch drauf,
aber interessieren wird es auch dieses mal wohl kaum jemanden.
(20.03.2016)
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Led by Oxford philosophy graduate Pat Fish (the Jazz Butcher himself) and featuring a dazzling array of co-conspirators (including David Jay of Love And Rockets fame), The Jazz Butcher is one of the longest running and most cult pop bands in Britain, having recorded some 15 albums since its founding in 1982.
February 2016 sees the re-release of »Last Of The Gentlemen Adventurers«, a record initially self-released as a result of a successful Pledge Music campaign to mark the 30th anniversary of The Jazz Butcher Conspiracy. Originally limited to just 1000 copies which quickly sold out, Fire Records will be releasing the album worldwide for the first time to coincide with a run of tour dates to be announced.
»Last of the Gentleman Adventurers is a delightfully ill-humoured reassessment of contemporary culture.«
(Alan Moore)
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