Auch 1997 steht er mit beiden Beinen fest auf rockigem
Boden, steckt bis zu den Hüften in erdigem Blues und scheint über
beide Ohren verliebt in Melodien von kantigem Charme. Stets dringt John
Hiatts leicht angekratzte Stimme durchs Arrangement, dominiert mal verspielte,
dann wieder kraftvolle Songs mit unglaublicher Leichtigkeit, und beweist
einmal mehr Hiatts weithin unterschätztes Songwriter-Format. Weiteren
Glanz erhalten die angenehm ungeschliffen wirkenden Stücke durch
die kompakt begleitende Band, die Firlefanz nicht nötig hat.
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Hits hat er für andere geschieben, für Bonnie Raitt ("Thing
Called Love") und Jeff Healey ("Angel Eyes") zum Beispiel.
Als Interpret in eigener Sache blieb John Hiatt bisher allerdings eher
ein Geheimtip. Daran wird vermutlich auch sein 14. Soloalbum nichts ändern.
Dabei ist der Mann auch nach wie vor einer von Amerikas brillantesten
Textern und Melodienschreibern, wie die zehn Songs der neuen Platte mühelos
belegen. Im Unterschied zu "Walk On" (1995) spielte Hiatt diesmal
ein unprätentiöses Rock-Album ein, mit kleiner Besetzung, deren
Kern Hiatts langjährige Begleiter Davey Faragher (der neben Hiatt
auch als Co-Produzent fungiert) am Baß und David Immerglück
an diversen Saiteninstrumenten sowie der Schlagzeuger Gary Ferguson bilden.
Um Themen nie velegen, geht es Hiatt im rhythm-and-bluesigen Titelsong
um den keinen Freund des Mannes, in der Rockballade "Graduated"
dagegen um eine gereifte Liebesbeziehung, und der skurrile Gegenstand
des superb groovenden "Woman Sawed In Half" erklärt sich
von selbst. Bei aller Originalität, wie sie sich in dem Rocker "Pirate
Radio" oder den Balladen "Runaway" und "Far As We
Go" äußert, hat Hiatt aber auch einmal (gemessen an der
Qualität des resultierenden Songs unbedingt entschuldbar) geklaut:
nämlich für das fetzige "Sure Pinocchio" die Akkordfolge
von Warren Zevons "Werewolves Of London".
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