Ganz im Vertrauen: Vic Chesnutt hielt ich ja immer für etwas überschätzt, mir schien der Mann aus Jacksonville irgendwie dann doch ein wenig von seinen prominenten Freunden (von Giant Sand über Michael Stipe bis Bob Mould) zu profitieren. Und dann kommt er nach zwei Jahren Pause mit diesem umwerfenden Album zurück. Mit neuem Label im Rücken (Constellation) und neuen Mitspieler an der Seite (die kompletten Silver Mt. Zion plus Leute von Godspeed You! Black Emperor und Fugazi) – und diese konzeptionelle Neuerfindung hat Vic Chesnutt mehr als gut getan, die frische Montrealer Luft hat wohl auch nicht geschadet. Die Stimme gereift, die Songs erhaben (und wie!), das Ganze zwischen extrem karg und einfach nur gewaltig („Everything I Say“!) instrumentiert und trotzdem aus einem Guss. „Rustic City Fathers“ erinnert deutlich an Jason Molina, wie überhaupt die meisten Songs dieses dunkle Glühen haben, das sich trotz konsequenten Downtempo-Molls so wohltuend von traurigen Depri-Songs unterscheidet. Und die unkonventionellen, dezent avantgardistischen, aber nie aufdringlichen Soundscapes seiner kanadischen Mitspieler lassen Chesnutts Musik in ganz neuem Licht erstrahlen. Ganz klar: „North Star Deserter“ ist ein großer Wurf geworden, mit extrem fesselnden und außerordentlich stimmungsvollen Songs für die Ewigkeit („Marathon“, „You Are Never Alone“).
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)