Archiveintrag #7075 (440793) | |||||||||||||||||||
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12er der New Yorker. Sie klingen nach wie vor außergewöhnlich, die Gitarren im Wechsel filigran oder knochentrocken, die Keyboards wunderbar flirrend, fluoreszierend. Häufige repetitive Elemente sowie reizvoll hypnotische Noten, dezent futuristisches Flair hier und da, ein mal dezenter mal ziemlich massiver modern-psychedelischer Touch. Eingebettet in ein zeitgenössisches Pop-Verständnis, das zwischen Indie, träumerisch und Electronic Art changiert, resultierend phasenweise in so etwas wie „Future Pop“, mit Anleihen v.a. bei Grizzly Bear, aber auch Animal Collective-Anklängen, sogar Neu!-Einflüssen, Spuren von Radiohead (wie bei denen produzierte Nigel Godrich!), Talking Heads, sporadisch ein Hauch Space, Ambient-Psychedelia. In den besten Momenten aufregend, fast euphorisierend.
(DVD, Glitterhouse)
Vom Schlafzimmer-Projekt zum Kritikerdarling und nun auf dem Weg zur breiten Anerkennung: Here We Go Magic kommen ihrem ganz eigenen Sound mit "A Different Ship" immer näher – selbstbewusst, smart, sympathisch und ziemlich tanzbar. (Foto: Christiaan Feelber) Die Vorgeschichte zur Produktion des neuen Here We Go Magic-Albums wird mittlerweile leidlich bekannt sein – sie ist aber auch einfach zu gut, um sie einfach beiseite zu lassen. Ihre Vergegenwärtigung ergibt auch insofern Sinn, als das "A Different Ship" um Kreativzentrum Luke Temple die Spuren einer prominent fremden Handschrift erkennen lässt: das feingeistige und stets etwas vom Kopf her gedachte Pop-Verständnis des Radiohead-Hausproduzenten Nigel Godrich schimmert in diesen zehn Songs immer wieder durch, ohne jedoch die Kompositionen zu vereinnahmen. So bleibt in allen Stücken die Sozialisation Temples im New Yorker Freak Folk-Mikrokosmos um die Moldy Peaches wahrnehmbar, während sich sein experimenteller Horizont stetig erweitert und er sich mit diebischer Freude aus der umfangreichen Spielzeugkiste des Godrich-Studio-Equipments bedienen darf. Here We Go Magic - "How Do I Know" Doch lässt man die großen Namen zunächst beiseite und konzentriert sich kontextunabhängig auf die Musik, was bleibt dann vom "Pigeons"-Nachfolger? So viel steht fest: als Freunde des dezent psychedelisierten Indie-Pops darf man Temple und seine Formation noch immer identifizieren. Ein ätherischer, schwebender Sound bildet den konsensuellen Rahmen, in dem viel Platz bleibt, auch für Ideen der treibenderen Art. Wenn The Whitest Boy Alive einen Trip in die Wüste planten, man würde ihnen neben Klassikern von den Talking Heads bis Paul Simon wohl auch "A Different Ship" als Soundtrack mit an die Hand geben. Immer wieder poppen Assoziationen zur Laid-Back-Folktronica der Norweger um Erlend Øye hoch, zündet das Tanzpotenzial doch auf einer ähnlich nerdigen Ebene sein Animationsprogramm. Und ja, den unvergessenen "Lotus Flower"-Ganzkörpereinsatz eines Thom Yorke kann man sich hierzu ähnlich gut vorstellen. Die Eröffnung übernimmt "Hard To Be Close" in überraschend knarzigem Country-Gewand, dem aber umgehend mit fescher Polyrhythmik Feuer unter seinem anachronistischen Hintern gemacht wird – "It's just a touch too much" meint Temple dazu und swingt sich langsam für das anstehende "Make Up Your Mind" mit seinen eiernden Funk-Gitarren und flirrenden Synthies in Form. In der Bipolarität von Pop-Basis und verträumter Jam-Ästhetik im Überbau spiegelt sich auch der inhaltliche Schwerpunkt des Albums: die Dissonanz aus Bindungsängsten auf der einen und Einsamkeit auf der anderen Seite. Da das musikalisch geschickt ausformuliert daherkommt, wirkt das Ergebnis aber nicht zerrissen oder klischiert, sondern angenehm geschlossen und stimmig. Vielleicht zum ersten Mal klingt ein Here We Go Magic-Album wie aus einem Guss: warm, geheimnisvoll, beschwingt; sogar verdammt eingängig und stellenweise angenehm leicht zu entschlüsseln. Die zehn Stücke fordern nur so viel vom Hörer, wie er gewillt ist zu geben. Here We Go Magic - "Make Up Your Mind" Mehr Videos von Here We Go Magic findet ihr auf tape.tv! Manch einer mag den Mut früherer Releases zum ausgiebigen psychedelischen Feuerwerk vermissen, derlei Eskapaden werden auf "A Different Ship" meist hübsch angeleint und dem Ganzen untergeordnet. Ob genau dies die Handschrift Godrichs ist, darf man vermuten, scheint aber letztlich unerheblich. Den New Yorkern ist hiermit ein kleiner aber fein geschliffener Edelstein aus der Tasche gefallen. Pop-Historisch geschulter Indie-Rock der smarten Sorte mit Hang zum Freaktum; locker-flockig aber nie beliebig – also mit diesem Soundtrack darf die Festivalsaison ruhig kommen. Wer weiß, wer dann so in der ersten Reihe steht.
(Henning Grabow, www.motor.de)
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Erstellt: 07.2003 | Letzte Aktualisierung: 19.09.2021 17:44 | 74094 Besucher seit dem 12.09.2021 |
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