Vom Londoner Kunstmuseum nach Asien
Nach mehr als fünf Jahren Pause meldet sich PJ Harvey 2016 mit einem neuen Album zurück. »The Hope Six Demolition Project« heißt die Platte, die im Vergleich zu ihren bisherigen Studioalben etwas aus der Reihe tanzt.
Statt ihre Lieder wie gewöhnlich im Studio aufzunehmen, entschied sich die britische Alternative-Sängerin und Songwriterin wie schon bei ihrem Vorgänger »Let England Shake« (2011) dazu, dies an öffentlichen Orten zu tun. Satt in eine Kirche ging es dieses Mal unter anderem ins Londoner Kunstmuseum Somerset House.
Besucher der Ausstellung bekamen die Möglichkeit, der Band bei den Aufnahmen zuzusehen, mussten allerdings ihre Handys abgeben, um nicht vorab etwas davon im Internet zu veröffentlichen. Die Produzenten saßen unterdessen in einem extra angefertigten Tonstudio hinter speziellem Einwegglas.
Die übrigen Aufnahmen für »The Hope Six Demolition Project« fanden in Washington, D. C. und an weiteren unbekannten Orten in Afghanistan und im Kosovo statt.
So sind insgesamt elf Songs entstanden, darunter auch »The Wheel«, die erste Single des neuen Albums – folkiger Indierock, in dem sich Harvey von Händeklatschen, Bläsern und einem Männerchor begleiten lässt.
Der Name »The Hope Six Demolition Project« ist übrigens nach einem Plan des US-amerikanischen Ministeriums für Wohnungsbau und Stadtentwicklung zur Wiederbelebung sozialer Wohnprojekte benannt.
Ein weltoffenes neues Album: Für »The Hope Six Demolition Project« machte PJ Harvey die große weite Welt zu ihrer Gesangskabine. Das Ergebnis kann sich hören lassen.
In diesem Album steckt viel kluge Detailarbeit, aber noch mehr Bauchgefühl
und Lust zum Kreativen. Schön.
(Audio, Mai 2016)
Auf ihrem wilden, erschütternden neuen Album beobachtet Polly Harvey die Schauplätze des Endes der Zivilisation.
(Rolling Stone, April 2016)
›The Hope Six Demolition Project‹ ist das bislang stärkste Album auf einer Kammwanderung, das mehr als alle früheren Arbeiten von PJ Harvey allein künstlerischen und musikalischen Anforderungen gehorcht.
(stereoplay, Juni 2016)
Eigentlich eine Protestplatte, eine Platte über den Krieg, die Verwüstung, die Versehrung der Städte und der Seelen. In fast eingängigen Songs, zu tief tönendem Saxofon singt Polly Harvey über die Ministerien für Verteidigung und soziale Angelegenheiten und die „Community Of Hope“, sie singt über die Denkmäler für Lincoln und die toten Soldaten des Vietnamkriegs. Es ist ein Album über Paradoxien und die Illusion von Zivilisation, durch die sich das Vegetative seinen Raum schafft. Auf einem Foto verschwindet Harvey zwischen Stahltrümmern vor schneebedeckten Bergen, Teil der schroffen Natur. Bester Song: "The Ministry Of Defence"
(www.rollingstone.de, 31.12.2016)