Lügen und Legenden waren schon immer ein Teil der Geschichte.
Das geht in Ordnung, denn nicht selten sind sie spannender als die nackte
Wahrheit. Die Legende erzählt, dass Nicolai beim Singen und Gitarrenspielen
auf seinem Balkon im schwedischen Pitea entdeckt wurde, und dass er sich
zwischen einem Leben als Fußballprofi oder Musiker entscheiden musste.
Wahr ist wahrscheinlich, dass sich seine ersten, oft experimentellen Platten
lausig verkauften und Dunger seinen Lebensunterhalt als Gärtner in
Stockholm verdienen musste. Er arbeitete mit Soundtrack Of Our Lives, ging
mit dem Streicherquartett Tämmelkvartetten ins Studio, ließ die
Jazzband Esbjörn Svensson Trio auf Soul Rush Rock spielen. Das blue-eyed
Soulalbum wurde mit Van Morrisons Meisterwerk Astral Weeks verglichen.
Mittlerweile hatte Will Oldham den jungen Schweden für sich entdeckt,
und wie sich das für einen Bruder im Geiste gehört, sein Interesse
auch öffentlich kundgetan. Nun schließt sich der Kreis, denn
Nicolai Dunger reiste nach Louisville/Kentucky zu dem rauschebärtigen
Singer-Songwriter-Schrat (aka Bonnie 'Prince' Billy) und dessen Bruder
Paul. Es muss gewesen sein, als hätten sich in einer bunten Farmwelt
Freunde zwischen Misthaufen und allerlei Getier wieder umarmt und gleich
die Gitarren und Mundharmonika rausgeholt, um entspannte, häufig
karg arrangierte Country-Songs anzustimmen. Der blonde Schwede, der schweigsame
Oldham sowie Peter Townsend (Schlagzeug) und Jessica Billey (Violine)
lassen die Gelassenheit, Ruhe und Harmonie dieser Zeit stark in die Musik
einfließen. Tranquil Isolation ist Albumtitel und Zustandsbeschreibung
zugleich. Der Schwede mit der Tim Buckley sehr ähnlichen Stimme hat
seine Heimat verlassen und eine neue gefunden. Manchmal führen eben
nur Abwege zum Ziel. --Sven Niechziol (amazon)
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Kulturnews
Dass Nicolai Dunger in Schweden geboren wurde, ist sicher ein Versehen.
Den Irrtum hat er jetzt ausgeglichen, indem er ins Land seiner Bestimmung
reiste, die USA. Immerhin stammte die Einladung nach Louisville von niemand
geringerem als Songschreiber-Eremit Will Oldham. Den hatte Dungers Visitenkarte
"Soul Rush" überzeugt. Ergebnis des Treffens sind 13 akustisch
eingespielte spartanische Songs. Was kompositorisch eigentlich recht unspektakulär
ist, wird veredelt durch das Zusammenspiel von Dungers Quengelstimme und
Oldhams fragilem Background-Gesang. Wer den Blues hat, wird für dieses
Album seine Seele verkaufen. Und ich werde bei meinen schwedischen Freunden
nachfragen, ob es sie da oben im Norden nicht vielleicht doch irgendwo gibt,
die unendlich weiten Baumwollplantagen. (cs)
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If Soul Rush brought Nicolai Dunger to America's attention (via Lakeshore's
domestic release), the Swedish singer/songwriter kicked things up a notch
with Tranquil Isolation. This time he actually recorded in the States
-- specifically the state of Kentucky -- with such quintessentially American
musicians as Will and Paul Oldham of the Palace Brothers. With all the
American influences in his music, like jazz, folk, blues, and gospel,
it's a decision that makes as much sense in theory as in practice (and
he's also collaborated with New York psych-rockers Mercury Rev on occasion).
If nothing on the album is quite as majestic as string-laden opening track
"Last Night I Dreamt of Mississippi" -- and even if Dunger's
the kind of scarf-wearing gent who can sing about "mamas" and
"lovers" without a lick of irony -- the relaxing spell Tranquil
Isolation casts remains unbroken throughout. And Dunger's flexible voice
couldn't be more distinctive; whether he's moaning, crooning, or humming,
he comes across like a bolder Nick Drake (see "Cello Song")
or Astral Weeks-era Van Morrison, which is to say that his record collection
must surely have a few British and Irish artists sprinkled in amongst
all the Tim Buckley, Miles Davis, and Mississippi John Hurt LPs. (by Kathleen
C. Fennessy, AMG)
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