Beruhigend, besinnlich, aufwühlend, mireißend: Die Timmins-Geschwister ziehen – streicherumflort – Zwischenbilanz, halten Rückschau, blicken nach vorn. Die 11 neuen Cowboy Junkies-Originale des 2007er Albums verbinden die Essenz des bisherigen Schaffens mit einer reichhaltigeren, in Weisheit und Wut gewachsenen Ebene, die überwältigt. Bereichert um Streicher-Arrangements des kanadischen Komponisten Henry Kucharzyk erhalten die Lieder eine klassisch-amerikanische Weite, gebettet in eine ebenso wohldurchdachte wie tief empfundene, verführerische Album-Dramaturgie. Einer Ouvertüre gleich eröffnet Song 1, Brand New World, das große Werk mit wohlvertrauten Klängen, Gitarre und Bass reizen sanft harmonische Spannungen aus, Margo’s Stimme weht vor Sehnsucht. Dezent eingeführt, aber großartig episch arrangiert stoßen die Streicher hinzu, Band und Orchester nehmen Fahrt auf, steigern sich dem gemeinsamen Rausch entgegen, verklingen in leiser Harmonie. In Still Lost wird dann das Album-Thema At The End Of Pates Taken - Rückblick, Ausschau, Verlust vorgestellt, von orchestraler Weite getragen betritt ein weiterer tragender Instrumental-Protagonist, das Piano, die Bildfläche. Eine wütend-verzerrte E-Gitarre eröffnet energisch den Cutting Board Blues, das Schlagzeug lässt Wucht und Blech sprechen, und mit Vehemenz und Verzweiflung reißt uns Margo mit in den betäubenden Strudel. Aber der besänftigende Trost folgt auf dem Fuß, Spiral Down, eine die Sinne heilende Gitarre-Stimme-Ballade, von beruhigenden Violinen-Figuren in den Himmel gehoben. Immer weiter verfolgt die Album-Choreographie dieses mitreißende Wechselbad aus erlebten und erfahrenen Emotionen, von Michael Timmins in perfekte Songs verwandelt, in beeindruckende Form gegossen. Die sechsminütige finale Balladenschönheit Follower 2 umwebt die Zeile The Rain Comes Down mit einer solch geballten musikalischen Gefühlswelle, Saiteninstrumente, Streicher und Stimme bilden eine bewegende Einheit, wühlen auf, bis nach vier Minuten das Auftauchen des machtvollen Schlagzeugs einem Befreiungsschlag gleicht. Im vorletzten Song Mountain reißt die Band mit in einen 7-minütigen rauschartigen, wüstenhaft fiebernden, psychedelischen Fluss, in den das Orchester wütend und vehement mit eintaucht. My Only Guarantee schließlich lässt den Gospel-Segen, der einem guten Geist gleich auch in den düster-dräuendsten Momenten des Albums stets spürbar ist, auch spürbar Gestalt annehmen: Margo’s einzigartig bewegende Stimme steht strahlend im Mittelpunkt, zurückhaltend gefördert von Piano und Gitarre, von einem Kinderchor engelsgleich begleitet, spendet Trost, salbt die Seele, schenkt Hoffnung.
Bei einem Schaffen wie dem der Cowboy Junkies von einem besten Album zu sprechen ist – wie stets – vermessen. Aber At The End Of Paths Taken ist ein ganz großartiges, von großen Songs getragenes Reif-Werk einer großen amerikanischen Band.
(Glitterhouse)
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