Soft Rock: Wir denken an die 1970er Jahre. Soft Rock: Wir hören Fleetwood Mac, ELO, Wings, 10cc. Soft Rock: Wir sehen befremdliche Frisuren und ebensolche Kleidungsstücke, in denen extrem gut gelaunte Menschen stecken. Soft Rock: Lange verpönt, längst rehabilitiert, nach wie vor verführerisch wie ein frisch gemachtes Bett aus Zuckerwatte. Soft Rock: Das neue Album von Loretta.
Keine Missverständnisse: Der Titel bedeutet weder bescheidwisserische Ironie noch modische Anbiederung. Schließlich sind oben genannte Künstler erklärte Idole der Band. Und schließlich beackert man dieses Feld bereits seit einem guten Jahrzehnt. Nur recht und billig also, dieses schöne Genre vom Popfeuilleton zurückzufordern. Und es mit Songs zu bereichern, die McCartney & Co. irgendwie vergessen haben, selbst zu schreiben. Vom Aufbruch-Pop von “God’s Happy Man“ bis zum Endzeit-Folk von “The Harbour“, von der Roxy-Music-Verbeugung “Crash“ zur Springsteen-Fantasie “Driving Into The Night“: Stimmig unterteilt in eine beschwingtere und eine entspanntere Hälfte – hart und weich, maskulin und feminin, Rock und Soft –, bestätigt das Album eine alte Wahrheit: Die neue Loretta ist die beste Loretta. Willkommen im Soft-Rock-Himmel.
Schwelgerisch statt seicht: So schön kann Softrock sein
Wie die Truffauts lassen sich auch die Stuttgarter von Loretta von den Widrigkeiten des Lebens nicht abhalten, hin nd wieder herrliche Musik zu machen. Ihr „Soft Rock“ beginnt mit Bryan Ferrys „All I Want Is You“ und erinnert immer mal wieder an Big Star, manchmal aber auch an Lloyd Cole - ohne dessen bittere Seite. Da wird bei „God's Happy Man“ in Zweckoptimismus geschwelgt, während „You Make It Worthwhile“ fast wie Liebe taumelt. Selten klang Resignation so erstrebenswert wie in „Looks Like I Lost Again“, und dann entdeckt Sänger/Songschreiber Andreas Sauer auch noch seinen inneren Springsteen („Drive Into The Night“), bleibt dabei aber doch ganz bei sich selbst. Schön, dass es solche Bands noch gibt. Kein Image, keine Show, nur traumhafte Songs.
(Birgit Fuss, ROLLING STONE, 4/2015)