Flora Purim: "If You Will" (Strut, April 2022) |
Mehr ...
Flora Purim, eine der ganz Großen des brasilianischen Jazz-Fusion, kehrt mit ihrem ersten Studioalbum seit über 15 Jahren zurück: »If You Will«, erschienen über Strut.
Das Album ist als Feier ihrer Musik und ihrer Zusammenarbeit konzipiert und enthält neben neuen Kompositionen auch neue Versionen von Floras persönlichen Lieblingssongs und positiven Texten aus ihrer abwechslungsreichen Karriere.
»If You Will« ist ein weiters Kapitel des Umbruchs in Floras langer, illustrer und abwechslungsreicher Karriere. Neben ihrer gefeierten Partnerschaft mit Airto und ihrer frühen Zeit mit dem Quarteto Novo hat Flora mit Stan Getz, Gil Evans, Miriam Makeba, George Duke, Chick Corea (als Gründungsmitglied von Return To Forever), Dizzy Gillespies United Nation Orchestra, der uruguayischen Band Opa und vielen anderen zusammengearbeitet. Ihre Soloalben bei Milestone sind echte Jazz-Fusion-Klassiker.
|
Kurt Vile: "(watch my moves)" (Verve, April 2022) |
Mehr ...
Herr über alle Bereiche
Kurt Vile veröffentlicht 2022 ein neues Album. »(Watch My Moves)« heißt der mittlerweile neunte Longplayer des US-amerikanischen Gitarristen, Sängers und Songwriters aus Philadelphia, der seine Musikerkarriere vor einigen Jahren bei der Band War On Drugs startete, und ist außerdem das erste Release bei seinem neuen Label Verve Records.
Zuletzt hatte Vile 2020 die EP »Speed, Sound, Lonely KV« veröffentlicht. Sein letztes Album erschien 2018 mit »Bottle It In« und erreichte Platz 24 der UK-Charts.
»(Watch My Moves)« nahm der Musiker und Sänger in seinem Heimstudio OKV Central auf und produzierte es selbst, mithilfe von Rob Schnapf: »Als Waylon Jennings ein Outlaw-Country-Künstler wurde, nahm er gerne im Hillbilly Central auf, dem Studio von Tompall Glaser. OKV Central ist meine Version davon in Mount Airy. Hier finde ich mich zurecht, und gleichzeitig kehre ich zu meinen Home-Recording-Wurzeln zurück«, so Vile in einem Statement. Eine Veränderung, die sich im Lo-Fi-Sound der neue Platte widerspiegelt. Vile erklärt: »Es geht um Songwriting. Es geht um Texte. Es geht darum, Herr über alle Bereiche der Musik zu sein.«
Wie das Ganze klingt, verriet er bereits mit der ersten Single »Like Exploding Stones«, in der auch James Stewart vom Sun Ra Arkestra zu hören ist. Außerdem ist auf »(Watch My Moves)« Viles Band The Violators mit von der Partie, Gastbeiträge gibt es von Cate Le Bon, Chastity Belt, Stella Mozgawa von Warpaint und der Perkussionistin Sarah Jones.
Gemeinsam haben sie 15 Songs für das Album eingespielt, darunter neben vielen Vile-Originalen auch eine Coverversion von Bruce Springsteens »Wages Of Sin«.
.​.​.​ ist er handwerklich so versiert, dass er tollen Akustik-Folk (›Cool Water‹), eine feine Country-Parodie (›Mount Ary Hill‹) oder einen richtigen Pop-Ohrwurm wie ›Like Exploding Stones‹ aufzutischen vermag.​ Ein charmantes Kleinod.​
(Audio, Mai 2022)
|
Jerry Leger: "Nothing Pressing" (Warner/Latent, CD: März 2022 * Vinyl: April 2022) |
[The Cowboy Junkies]
Mehr ...
Jerry Leger lässt seinem von der Kritik hochgelobten Album »Time Out For Tomorrow« das von Michael Timmins (Cowboy Junkies) produzierte »Nothing Pressing« folgen. Sein letztes selbstveröffentlichtes Album »Songs from the Apartment« war eine abgespeckte Lo-Fi-Angelegenheit, die Leger zu Hause mit einem billigen Kassetten-Rekorder und einem internen Mikrofon aufgenommen hatte.
Leger ist oft ratlos, wenn es darum geht, die Quelle seiner Songs zu erklären. Er hat das Gefühl, dass sein Songwriting, obwohl es eindeutig auf Erfahrungen basiert, die durch eine Vielzahl von Einflüssen gefiltert wurden, oft an eine übernatürliche Erfahrung grenzt. Im Laufe der elf Songs auf Nothing Pressing beschäftigt sich der Songwriter des Songwriters mit Fragen der Existenz, der Sterblichkeit, der Hoffnung, des Vertrauens und des Herzschmerzes, während er gleichzeitig Gefühle der Isolation, der Reflexion, der Sehnsucht und der Dankbarkeit hervorruft.
Gepaart mit solch aufrüttelnden Texten sind wunderbar ausgearbeitete Melodien, gefühlvoller Gesang und der Geist und die Energie eines reifen Songwriters, der sich in seiner Haut wohl fühlt und mit jeder Veröffentlichung als Künstler wächst. »Nothing Pressing« ist ein wunderbar erfrischendes Tonikum in unruhigen Zeiten.
|
The Jeremy Days: "Beauty In Broken" (Circushead, März 2022) |
[Me And Cassity]
Mehr ...
Das Comebackalbum nach 27 Jahren
Mit diesem Comeback hatte lange Zeit niemand mehr gerechnet: 2019 kamen The Jeremy Days wieder zusammen und gingen auf Tour. Die deutsche Popband aus Hamburg gründete sich im Jahr 1987 und veröffentlichte vier Alben, löste sich jedoch 1996 wieder auf.
Nach der Live-Reunion kommt 2022 auch noch ein neues Album: »Beauty In Broken« heißt Longplayer Nummer fünf. »Wow! Wir haben es geschafft! Wir haben tatsächlich ein neues Album aufgenommen. Es ist das erste seit 27 Jahren!«, schreiben The Jeremy Days dazu auf ihrer Website.
Die Arbeiten an der Platte fanden während des Lockdowns in den Heimstudios der Bandmitglieder statt. Man »traf« sich bei wöchentlichen »jdays monday on my mind«-Zoom-Sessions, einer Art digitaler Bandprobe/Kaffeeklatsch-Runde/Old Dudes Group Session, wie die Band in ihrem Blog schreibt. »Ursprünglich hatten wir geplant, uns irgendwo zu treffen, um gemeinsam Aufnahmen zu machen, aber eine seltsame weltweite Pandemie (Sie haben vielleicht schon davon gehört) hat all diesen hochfliegenden Ambitionen ein Ende gesetzt. Also taten wir, was getan werden musste.«
Für die Schlagzeug-Aufnahmen traf man sich schließlich tatsächlich in den Studios Hafenklang und Wilhelmsrock. Nach zwölf Monaten Songwriting und einem ersten Abmischen schickten sie elf Songs zum Mixing nach Los Angeles, wo sich Engineer und Producer Marc Daniel Nelson (Fleetwood Mac, Jason Mraz, Colbie Caillat, Eric Burdon) ihrer annahm.
»Beauty In Broken« ist das Resultat, das Comebackalbum, das die Band bereits mit dem Titelsong ankündigte. »Als wären sie nie weg gewesen« lautet ein Kommentar unter dem Video bei Youtube. Ja, genau so fühlt bzw. hört es sich an.
1987 gründete sich in Hamburg eine Formation namens The Jeremy Days, (.​.​.​) 1996 löste man sich auf.​ Umso überraschender, dass sich die Hanseaten jetzt in Originalbesetzung (.​.​.​) mit der sechsten Scheibe Beauty In Broken zurückmelden.​(.​.​.​) Herrliche Melodien, gerne in Wehmut- Watte verpackt, alles auf dem Punkt! Welcome back, my friends, to the show that never ends .​.​.​
(Good Times, April/Mai 2022)
|
North Mississippi Allstars: "Set Sail" (New West, April 2022) |
[The Black Crows |
Wood Brothers|
Tedeschi Trucks Band|
Hiss Golden Messengers]
Mehr ...
Segel setzen im Kampf für die Liebe
1996 riefen Luther (Gitarre, Lowebow, Gesang) und Cody Dickinson (Schlagzeug, Keyboards, elektrisches Waschbrett, Gesang) die North Mississippi Allstars ins Leben, ursprünglich als loses Kollektiv von gleichgesinnten Musikern, die ein lokales Repertoire und einen regionalen Stil teilten. Im Laufe der Jahre änderte sich die Besetzung, und jedes Album der Blues-Rock-Jamband aus Hernando, Mississippi bot eine andere Kombination von Mitwirkenden. So auch ihr neues, mittlerweile elftes Werk »Set Sail«, der Nachfolger von »Up & Rolling« aus dem Jahr 2019, das 2021 für einen Grammy in der Kategorie »Best Contemporary Blues Album« nominiert war.
Darauf sind neben den Brüdern nämlich erstmals Jesse Williams an Bass und Gesang sowie Sänger Lamar Williams Jr. zu hören. Außerdem sind auf dem Album Sängerin Sharisse Norman sowie einige weitere Musiker mit von der Partie. Luther Dickinson über das Line-up: »Die Chemie, die wir mit dieser Besetzung haben, ist stark. Wir sind alle Musiker der zweiten Generation und teilen eine telepathische, entspannte Leichtigkeit beim Schaffen und Auftreten. Ich glaube, dass Musik eine Form der Kommunikation mit unseren Liebsten ist, und diese Stimmung mit Mitgliedern einer musikalischen Familie zu beschwören, kann inspirierend sein. Lamar und ich sind Gleichgesinnte. Ich hatte noch nie das Vergnügen, mit einem Gesangspartner wie Lamar zu arbeiten. Er hat eine unverfälschte Qualität in seiner Musikalität, die dich in ihren Bann zieht und dein Herz bricht. Gleichzeitig ist Jesse mit der Musik seiner Brüder und seines Vaters aufgewachsen – so wie wir auch.«
Gemeinsam setzen die North Mississippi Allstars und ihre Gäste mit »Set Sail« die Tradition der Band fort, Roots-Musik mit einer bemerkenswerten Vielfalt von musikalischen Einflüssen zu kreieren. Sie verschmelzen traditionellen und futuristischen Sound, ausgearbeitete Texte und improvisierte Musik.
Das erste Hörbeispiel von »Set Sail« präsentierten sie mit dem Titeltrack des Albums, »Set Sail Part 1« featuring Lamar Williams Jr., den Luther wie folgt beschreibt: »›The water may rise but we shall set sail.‹ Obwohl das Bild der Flut verwendet wird, um das Durchhaltevermögen in schwierigen Zeiten zu illustrieren, geht es in ›Set Sail‹ wirklich um meinen Respekt für die erste Generation amerikanischer Freedom Rocker, die immer noch unter uns weilen und deren Leben und Musik für eine aufgeschlossene und offenherzige Freiheit steht. Cody und ich hatten das Glück, mit Mavis Staples, Phil Lesh, William Bell und den Blind Boys Of Alabama zu musizieren, und wir bemühen uns, ihrem Beispiel gerecht zu werden. Wir müssen den Älteren beweisen, dass ihr Kampf weitergeführt und an die nächsten Generationen weitergegeben wird. Es ist wichtig, dass die jüngere Generation weiß, dass man für die Liebe kämpfen muss und dass dieser Kampf niemals endet. Der Fortschritt kann sich wie ein Schritt vor und zwei Schritte zurück anfühlen, aber wir müssen weitermachen.«
|
The Weather Station: "How Is It That I Should Look At The Stars" (Fat Possum, März 2022) |
Mehr ...
»How Is It That I Should Look At The Stars« entstand im Lockdown 2020 und zeigt eine ruhigere Seite der Künstlerin.
Dieses Album ist eine introspektive Platte mit Songs, die parallel zu denen auf »Ignorance« entstanden sind. Es ist nicht als Nachfolgealbum gedacht, sondern als Begleitstück, als ein Stück der Reflexion und der Ruhe, das die Stille im Nachgang festhalten soll. Es wurde live aufgenommen, als eine Improvisation, mit einer Gruppe von Jazzmusikern aus Toronto.​
|
Aimee Mann: "Queens of the Summer Hotel" (SuperEgo, CD: Nov. 2021
* Vinyl: Feb. März Apr. 2022) |
Die Jahrescharts 2021: Platz41im Rolling Stone!
Mehr ...
Musik für ein Drama
2017 veröffentlichte Aimee Mann das Album »Mental Illness«, das bis dato traurigste, ruhigste und akustischste Werk in der Karriere der US-amerikanischen Singer-Songwriterin. Es gewann einen Grammy für das beste Folkalbum. 2022 folgt nun ihr neuer Longplayer »Queens Of The Summer Hotel«, der als der »unfreiwillige zweite Teil« des Vorgängers beschrieben wird.
Das wiederum könnte an der Entstehungsgeschichte des Albums liegen: Mann begann 2018 mit dem Schreiben neuer Musik, als sie sich bereit erklärte, Songs für eine Bühnenadaption des Psycho-Dramas »Girl, Interrupted« zu entwickeln, Susannah Kaysens Memoiren über ihren Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik in den späten 1960er-Jahren.
Die 61-jährige Sängerin sagte zur Idee und ihrer Motivation: »Ehrlich gesagt fühlte ich mich fast besessen, als ich diese Platte schrieb, denn ich habe noch nie so schnell und intensiv geschrieben. Ich fand das Material sehr interessant und offensichtlich sehr persönlich. Ich hatte bestimmte Vorstellungen davon, wie die Hintergrundgeschichte der Charaktere aussehen könnte, und habe viele gemeinsame Erfahrungen einfließen lassen, um bestimmte Charaktere, die in den Memoiren besprochen werden, mit Leben zu füllen.« Die daraus resultierende Musik kommt auf »Queens Of The Summer Hotel« zusammen.
Mit dem Song »Suicide Is Murder« erschien im August die erste Single des Albums, eine traurige Klavierballade, die sich mit dem Thema Selbstmord und den psychischen Folgen für die Angehörigen auseinandersetzt.
Insgesamt warten 15 Stücke auf der Platte, ein Songzyklus gesungen von Mann und orchestriert von ihrem langjährigen Mitarbeiter Paul Bryan, der in Anspielung auf die theatralischen Ursprünge des Projekts Streicher und Holzbläser verwendete. Das Mixing von »Queens Of The Summer Hotel« übernahm der Produzent und fünffache Grammy-Gewinner Ryan Freeland.
Klavier, Streicher und Holzbläser (.​.​.​) geben den 15 beschaulichen Stücken eine fast feierliche Atmosphäre.​ Vorzüglich.​
(stereoplay, Dezember 2021)
|
Midlake: "For The Sake Of Bethel Woods" (Bella Union, März 2022) |
[Antiphon]
Mehr ...
Zurück aus der Pause: Midlake mit Album Nummer 5
Neun Jahre haben Midlake-Fans auf ein neues Album der texanischen Alternative-Rocker gewartet. 2022 hat das Warten ein Ende: »For The Sake Of Bethel Woods« heißt der fünfte Longplayer der Band, der Nachfolger von »Antiphon« aus dem Jahr 2013.
Die Albumankündigung erfolgte im November 2021 mit der ersten Singleauskopplung: »Meanwhile«. Der Song thematisiere laut Sänger Eric Pulido die Zeit und Geschehnisse, die zur Bandpause 2014 führten und zu dem, was Midlake zur Reunion 2022 bewegte. »Ersteres war eine ungesunde und unhaltbare Situation, die nach einer Pause verlangte, und letzteres ein zufälliger Besuch von Jesses verstorbenem Vater in einem Traum, der ihn ermutigte, sich wieder mit der Band zusammenzutun«, so Pulido.
Jesses Vater, Dave Chandler, ist deshalb auch auf dem Albumcover zu sehen. Jesse dazu: »Im Alter von 16 Jahren trampten mein Vater und sein Freund 1969 von Ridgewood, NJ, zum Woodstock-Festival. Dieses Bild von ihm mit der Hand vor dem Gesicht erscheint in der Woodstock-Dokumentation von 1970, als die Kamera während des Auftritts von John Sebastian über die Menge schwenkt. Mein Vater zog 1981 nach Woodstock, NY – wo ich aufgewachsen bin – um. Für mich verkörpert das Bild dieses Kindes, meines Vaters, der für immer in der Zeit eingefroren ist, was es bedeutet, in den Wirren einer beeinflussbaren und flüchtigen Jugend zu sein, und was die Magie der Musik, des Friedens, der Liebe und der Gemeinschaft mit sich bringt, ob man es zu diesem Zeitpunkt weiß oder nicht. (Ich glaube, er wusste es).«
Mit dieser Inspiration haben Midlake für »For The Sake Of Bethel Woods« elf neue Songs aufgenommen. Zum ersten Mal überhaupt engagierten sie dafür einen externen Produzenten, und zwar Grammy-Preisträger John Congleton (St. Vincent, Explosions in the Sky, Sharon Van Etten). Mit ihm ging es ins Elmwood Recording Studio in Dallas.
Midlake wurde von ein paar Jazzstudenten von der University of North Texas gegründet. Anfangs unter dem Namen The Cornbread All-Stars unterwegs, spielten sie vor allem Funk- und Jazz-Improvisationen, bis sie sich schließlich dem Alternative Rock zuwandten. Ihr Debüt »Bamnan And Slivercork« erschien 2004. 2006 folgte »The Trials Of Van Occupanther«, 2010 »The Courage Of Others« und 2013 »Antiphon«. Ein Jahr später verabschiedeten sie sich in die Pause. Willkommen zurück.
|
Big Thief: "Dragon New Warm Mountain I Believe In You" (4AD, Feb. 2022) |
Mehr ...
Pure Magie: das neue Album von Big Thief
Ein Album, das die vielen verschiedenen Aspekte von Adrianne Lenkers Songwriting und der Band vereint – so in etwa kann man die Idee hinter dem neuen Album von Big Thief zusammenfassen. »Dragon New Warm Mountain I Believe In You« lautet der Titel ihres fünften Studioalbums, für das die US-amerikanische Indie-Rock-Band aus New York eine neue Herangehensweise wählte.
Denn, um all das zu erforschen, was die Musik von Adrianne Lenker, Max Oleartchik, Buck Meek und James Krivchenia ausmacht, entschied sich die Band im Jahr 2020 dazu, einen »weitläufigen Bericht über ihr Wachstum als Individuen, Musiker und Familie zu schreiben und aufzunehmen.«
Vier Aufnahmesessions waren dazu nötig, eine in Upstate New York, eine im Topanga Canyon, eine in den Rocky Mountains und eine in Tucson, Arizona. Zu den Aufnahmen sagte Lenker: »Eines der Dinge, die uns als Band zusammenhalten, ist pure Magie. Ich glaube, wir haben alle den gleichen Leitfaden, und keiner von uns hat je gesagt, was es ist, weil wir es nicht benennen konnten, aber irgendwie streben wir alle nach dem gleichen Ziel, und wenn wir es treffen … wissen wir alle, dass es das ist, aber keiner von uns wird bis heute, oder vielleicht nie, in der Lage sein, in Worte zu fassen, was das ›es‹ ist. Irgendetwas daran ist für mich magisch.«
Big Thief verbrachten fünf Monate mit der Produktion und hatten schließlich unglaubliche 45 fertige Songs im Kasten – zu viele für ein Album. Aber das sei genau das, was sich die Band von diesem großen Experiment erhoffte habe. Also wurde »Dragon New Warm Mountain I Believe In You« ein Doppelalbum, auf das es immerhin 20 der Stücke, die besten, geschafft haben.
Produziert wurde das Album von Schlagzeuger James Krivchenia. Als Singles erschienen bereits die Songs »Change«, »Certainty«, »Little Things« und »Sparrow«.
Mit seinem Mix aus Indie-Folk, Neo-Psychedelia und Folkrock ist Opus 5 das stilistisch vielseitigste Big-Thief-Album.
(Stereo, März 2022)
Following two acclaimed studio albums that broke the band onto the independent and folk charts, Big Thief returned in 2019 with two very different Billboard 200-charting full-lengths: the artfully cosmic U.F.O.F. and the raw and jagged Two Hands. Using nature as an inspiration for those dissimilarities, the former album was recorded in the wooded Northwest, while Two Hands was tracked in stifling desert conditions in Texas. With the resulting contrasts in mind, their fifth LP, Dragon New Warm Mountain I Believe in You, is a sprawling double album (with a title to match) recorded in four different regions of the U.S. -- Topanga Canyon, Tuscan, the Colorado Rockies, and the Catskills -- with a slate of accomplished engineers overseen by the band's drummer, James Krivchenia. (While this is his first outing as main producer for Big Thief, Krivchenia previously produced albums for himself and Mega Bog.) The results are even more mercurial than these conditions might suggest. Cut down from 45 to 20 songs and intended as a showcase for Adrianne Lenker's songwriting range as well as the band's continued growth as a unit, DNWMIBIY is paradoxically haphazard by design. That ultimately means it never sticks with a mood or even a sound palette for long, with sequencing seeming to play up contrasts and keep the ground moving under listeners' feet. It opens, for instance, with the top-notch, sparsely arranged "Change," a poignant meditation on life, death, and jealousy. That song is followed by the relatively chaotic, experimental "Time Escaping," whose more anxious melody is accompanied by prepared acoustic guitars, synths, and a kit that's played on and off drumheads. Elsewhere, the spacey, throbbing, deadpan diversion "Blurred View" leads straight into lively hoedown track "Red Moon" featuring Mat Davidson (Twain, the Low Anthem) on fiddle. Embracing conspicuous drum machine, the low-key tour anthem "Wake Me Up to Drive" is followed by the entirely solo "Promise Is a Pendulum," a song whose poetic, tender disposition is almost startling by contrast ("I could never build the shadow/Between your cheek and your eye…. The canopy of lashes/With the softness of ashes"). Along the way, further explorations include a trippy, reflective title track that has pedal steel, synth, and icicles among its instrumentation; singalong "No Reason," featuring Richard Hardy (Carole King) on flute; and if the odd meter of "Little Things" seems hard to pin down, it's because, per Krivchenia, it consists of an "evolving free time signature" that developed into a light groove that effectively left the band guessing at the location of downbeats. Like the vast majority of Dragon New Warm Mountain I Believe in You, it works -- taken individually. The album closes with the celebratory, countrified "Blue Lightning," which bookends the set with studio banter. It seems unfair to call DNWMIBIY a failed experiment, as it's loaded with gems -- including some of Big Thief's most free-spirited work to date -- however, it lands much more like a showreel than a plotted album.
(by Marcy Donelson, All Music Guide)
|
Erin Rae: "Lighten Up" (Thirty Tigers/Good Memory, Feb. 2022) |
[Jonathan Wilson |
Spencer Cullum]
Mehr ...
Erin Raes zweites Album „Lighten Up“, produziert von Jonathan Wilson, ist eine zeitlose Mischung aus klassischem Pop, kosmischem Country und Indie-Rock. Rae debütierte das Video zu ihrer ersten offiziellen Single aus dem Album „Modern Woman“ beim Rolling Stone. Ein temporeicher Indie-Folk-Rock-Bop, der die Weiblichkeit in all ihren Facetten feiert.
Das Video zeigt Musiker wie Brittany Howard und verschiedene aufstrebende Kreative und Geschäftsinhaber aus Nashville aus der ganzen Community, darunter die Fotografen Emerson Kyle und Curry, Direktor der Nashville Black Beauty School und Black Trans-Befürworter. Als Rae den Song mit dem Rolling Stone besprach, sagte sie, dass "Modern Woman" von Anfang an ein wenig frech sein soll, von mir, einer weißen Frau, die sich auch als Frau präsentiert, aber es entstand eines Tages in der Küche während der Pandemie.
Es war so unglaublich kraftvoll, die Diskussion und Entwicklung von Geschlechternormen durch meine Kollegen und Freunde mitzuerleben, sowie die Darstellung aller Körper, die immer mehr in die Mainstream-Medien eindrangen. Das Lied ist im Grunde eine Ansage an eine figurative Person, die sich unwohl fühlt mit der Auflösung einer müden Definition dessen, was es bedeutet, eine Frau zu sein.
|
The Jazz Butcher: "The Highest In The Land" (Tapete, Feb. 2022) |
Mehr ...
Ein Abschiedsgeschenk
Am 5. Oktober 2021 musste die Musikwelt Abschied von Pat Fish nehmen. Der englische Musiker war vor allem durch seine Arbeit als Mitglied der Band The Jazz Butcher bekannt und trug daher denselben Spitznamen.
Es erscheint wie eine Abschiedsgeschenk, dass er im Sommer noch ein letztes Album aufnahm, das nun im Februar 2022 posthum veröffentlicht wird: »The Highest In The Land«.
Dabei handelt es sich um das erste Jazz-Butcher-Album seit zehn Jahren, den Nachfolger von »Last Of The Gentleman Adventurers« aus dem Jahr 2012.
Fish nahm die neun Songs starke Platte gemeinsam mit dem Gitarristen und langjährigen Mitarbeiter Max Eider, dem Gitarristen Peter Crouch (der bereits an »Condition Blue« und »Waiting For The Love Bus« mitwirkte), dem Weather-Prophets-Schlagzeuger Dave Morgan (der an »Fishcotheque« mitwirkte) und dem Bassisten Tim Harries in Lee Russells Dulcitone-Studios im ländlichen Northamptonshire auf.
In Gedenken an The Jazz Butcher veröffentlichte das Hamburger Label Tapete Records, bei dem »The Highest In The Land« erscheint, vorab einen Song. In »Time« behandelt Fish das Thema Sterblichkeit. Dort heißt es: »My hair’s all wrong. My time ain’t long. Fishy go to heaven, get along, get along.«
Es kommt nicht oft vor, dass es einem Künstler gegeben wäre, nach Bowie-Art bewusst sein persönliches Nachwort in die Rillen einer letzten LP zu ritzen. The Highest in the Land ist eines jener seltenen Alben, und man könnte sich als seinen Autor keinen brillanteren, furchtloser sarkastischen Poeten wünschen als Pat Fish alias The Jazz Butcher. "My hair's all wrong / My time ain't long / Fishy go to Heaven, get along, get along", singt er zum eine tickende Uhr suggerierenden Beat von "Time" und reimt dabei den Titel trocken mit "a one-way ticket to a pit of Council lime" (ein Hinweg?Ticket zur Kalkgrube der Gemeindeverwaltung). Es ist nur einer von vielen existenziell aufgeladenen Momenten einer Platte, deren Lieder Pat Fish während seiner letzten sieben Jahre schrieb, ehe er im Oktober 2021 63-jährig allzu früh von uns ging. "Selbsterkenntnis, Dringlichkeit", waren die Worte, die er in privaten Randnotizen zu seinen Texten an Produzent Lee Russell schrieb: "Er hat seinen Weg um den Häuserblock hinter sich. Und jetzt ist er auf seiner letzten Runde." "Wir hatten unseren Abschied," erinnert sich Russell, "Drei Monate lang hatten wir zusammengearbeitet, und dann am letzten Tag fuhr ich ihn nach Hause. Zum ersten Mal umarmten wir uns, dann sagten wir Lebewohl. Und das war's."
(Glitterhouse)
Erstaunlich langlebige Band, wenngleich weit weniger beachtet als in ihren profilierten Anfängen in den 80ern, mittlerweile sind die Abstände ihrer Alben auch ziemlich groß geworden. Nun ist die Band Geschichte, ihr Leader kürzlich verstorben, dies ist quasi ihr Abschiedsalbum. Es pendelt zwischen luftig-relaxtem geradlinigem old-fashioned Indie Pop mit ein paar markanten bis atmosphärisch starken Gitarrenbreaks oder gänzlich alterslosem mit 70er-Rückgriffen und viel Drive, einem tiefenentspanntem Instrumental mit einem Hauch Jazz-Feeling, angefolktem melodieseligem dezent beschwingtem typischem 80er Indie Pop (auch in balladesk), Jazz-Folk-Pop in locker, leicht und melodisch mit sehr alten Bezugspunkten (was den Jazzanteil betrifft) sowie 2 ein klein bischen handfesteren Songs (mit 70er- wie 80er-Parallelen, ohne dort stehen zu bleiben), der eine mit einer kleinen Prise Blues versehen, der andere inklusive schärferen Gitarren-Features. Neben den Saiten erfreut die leise Grundierung einer samtweichen aparten Orgel, zwischendurch könnte man mal mit etwas Fantasie eine entfernte Ähnlichkeit zu abgespeckten relaxteren Prefab Sprout konstatieren (die Art der Melodik vor allem), oder zu ruhigen Felt, mittlere Phase.
(detlev von duhn, Glitterhouse)
|
(2022-05-01)