Der gute Rest ...
Ryan Adams: "29" (Lost Highway, Jan. 2006) |
Hier also das dritte Album vom Ryan Adams, das für 2005 angekündigt
wurde, nun aber doch erst im Januar 2006 erschien, aber bereits im August
2004 aufgenommen wurde, womit der Mythos des "kreativen Eruption"
mit 3 Alben in einem Jahre ein wenig relativiert wird.
Die Musik ist auch gar nicht so "kammermusikalisch" wie es
angekündigt wurde, denn es spielen zwar nicht die zu diesem Zeitpunkt
scheinbar noch nicht existierenden Cardinals, sondern nur deren
(zukünftiger und inzwischen bereits schon wieder ehemaliger) Gitarrist
J.P. Bowersock und Produzent und Multiinstrumentalist Ethan
Johns. Nach dem ersten Hören kann ich noch keine Songperlen
herauspicken, aber es ist auf jeden Fall ein ordentliches Album. Ob
es jetzt gut oder schlecht ist, dass das Titelstück als Eröffnungsnummer
"ein ganz klein wenig" nach "Truckin'" vom legendären
Grateful Dead-Album "American
Beauty" klingt, weiß ich noch nicht so genau. Hängt wohl
davon ab, ob man das als "Diebstahl" oder "Verbeugung"
betrachtet.
"29" hat nur ein kleines Problem, wie schon der Vorgänger
"Jacksonville City Nights",
bzw. ich habe dieses Problem: mir reicht das schöne "Cold
Roses"-Album eigentlich immer noch und ich brauch noch kein
neues Album in so kurzer Zeit, zumindest keins, das schlechter ist oder
wenigstens eine "künstlerische Weiterentwicklung" dokumentiert.
Vielleicht hätte ich dann auch "Cold Roses" in meiner
Jahresliste 2005 höher gesetzt, denn unterbewusst habe ich wohl
beide 2005er-Alben zusammen und nach dem Motto: "des guten zuviel"
abgehakt? Vielleicht hätte ich mich im "Ryan-Adams-losen"
Jahr 2004 über "29" mehr gefreut? Fragen über Fragen!
Vielleicht sich aber einfach freuen und feststellen, dass drei Ryan
Adams-Alben in jedem Fall besser sind, als drei von Bryan Adams oder
von was-weiß-ich-wem?
(08.01.2006)
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Immer schon einer, aus dem die Songs nur so raus zu fließen scheinen
und der so gar keinen Wert legt auf Marketing oder Manieren, beschenkt
uns der Alt.-Country-Star Nr. 1 mit seinem dritten Album dieses Jahr.
Ob das nun richtig oder falsch ist und wie viel Ryan ein Adams Fan nun
verträgt, darüber ließe sich sicher ein paar Stunden heiß
diskutieren. Man muß es ja nicht kaufen, wäre man nicht so
ein verdammter Komplettist. Und ist ein schlechtes Adams Album nicht noch
besser als die meißten der anderen aus diesem Genre? Das heißt
nicht, dass dieses Album schlecht ist, aber man misst es an seinen anderen
Werken und da ist es eher Mittelklasse.
Nach einem `billy-beeinflußten, 50´s-rockigen Opener nimmt
Adams im Verlauf das Tempo heraus und präsentiert sich als romatischer
late-night-Balladeer und nimmt sich bis zu 8 Minuten Zeit, um verlorenen
Lieben hinterher zu weinen. So wie beim sparsamst instrumentierten Strawberry
Wine, dass wegen der Intensität des Vortrags trotz allem nie langweilig
wird. The Sadness wird von einer Flamenco-Gitarre bereichert und das abschließende
Voices zeigt ihn als minimalistischen Storyteller, der Stimmungen und
Gefühle vermitteln kann wie kaum ein anderer. Jeder wird hier das
eine oder andere Juwel für sich entdecken, nur geht das Album nicht
wirklich als Einheit durch.
Letztendlich wird es mir mit Ryan Adams wie mit Neil Young gehen: ich
habe alle Platten, aber wenn mir da nach ist, höre ich immer nur
die gleichen drei.
(Glitterhouse)
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Heaven knows why Ryan Adams decided to release three albums in the calendar
year of 2005. He's always been prolific to a fault, boasting about completed
unreleased albums when his latest work was just seeing the light of day,
but he never saturated the market with new material the way he did in
2005, when it seemed he was trying to break Robert Pollard's record for
most music released within a year. Grinding out three album in a year
is a marathon, not just for Adams but for any of his listeners, and by
the time he got to the third album, 29, in the waning weeks of December,
he seemed like a winded long-distance runner struggling to cross the finish
line: completing the task was more important than doing it well. There's
little question that 29 is the weakest of the three records Adams released
in 2005, lacking not just the country-rock sprawl of Cold Roses but the
targeted neo-classicist country that made Jacksonville City Nights so
appealing. Which isn't to say that 29 doesn't have its own feel, since
it certainly does. After opening with the title track's straight-up rewrite
of the Grateful Dead's "Truckin'," it slides into a series of
quiet, languid late-night confessionals that all barely register above
a murmur. It's like Love Is Hell transported to a folk/country setting,
then stripped not only of its sonic texture but also its songwriting skeleton.
Apart from "29" and to a lesser extent "Carolina Rain"
and "The Sadness," these songs meander with no direction; they
have a ragged, nearly improvised feel, as if Adams spilled out the words
just as the tape started to roll. Now plenty of great songs have been
written exactly in that fashion, but they never feel as if they were made
that way -- or if they do, they get by on a sense of kinetic energy. With
the aforementioned exceptions, the songs on 29 never have energy and they
always feel incomplete, lacking either a center or a sense of momentum,
nor ever conjuring the alluringly weary melancholia that carried Love
Is Hell. Instead, it's the first time Adams has sounded completely worn
out and spent, bereaved of either the craft or hucksterism at the core
of his work. He would have been better off ending 2005 with just two albums
to his credit and letting 29 co-exist in the vaults alongside The Suicide
Handbook and his other completed, unreleased records, since having this
in circulation adds a sour finish to what was otherwise a good year for
him.
( Stephen Thomas Erlewin, All
Music Guide)
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Cat Power: "The Greatest" (Matador, Jan. 2006) |
Hier geht es genau umgekehrt wie bei Betty
LaVette zu: junge Sängerin mit eigenem Songmaterial holt sich
alte Soulband in's Studio: die bisher eher durch extrem sparsame Produktionen
bekannt gewordene Chan Marshall, die sich hinter dem (Projekt?)-Namen
Cat Power verbirgt, ist in das berühmte Ardent-Studio
in Memphis gegangen und hat mit dort heimischen und von Al Green-Platten
bekannten Musiken wie dem Gitarristen Teenie Hodges, seinem Bruder
und Bassisten Leroy Hodges und Trommler Steve Botts (der
inzwischen auch Nachfolger des verstorbenen Ziggy Modeliste bei
Booker T.& The MGs ist) aufgenommen. Einen Sieger in diesem
"Vergleichstest" kann man jetzt eigentlich nicht bestimmen,
da die Ergebnisse völlig unterschiedlich klingen. Sicherlich hat
Betty LaVette die bessere Stimme und die bekannteren Songs, gefällt
mir deshalb auch beim ersten Eindruck besser - aber man sollte Chan
Marshall und ihren neuen und eigenen Liedern unbedingt noch eine zweite
Chance geben!
(04.02.2006)
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Es gibt musikalische Wunderwerke, denen fügten dünne Rezensentenworte
nur Schaden zu. Und was hier so zurückhaltend mit sanften Klavierakkorden
und wohlig-warmen Streichern beginnt, entwickelt sich im Laufe von 12
Songs nicht nur zu einem der besten Alben Chan Marshalls, sondern zu einem
zurückgelehnt-reifem Songwerk, das die Zeiten unbeschadet überdauern
wird. Hier ist nichts aufgesetzt, keinerlei Effekte trüben das fühlbar
handgemachte, federleicht fließende, durchsichtig arrangierte, von
beschwingender Erfahrung geprägte Instrumentalgeflecht. In den legendären
Ardent Studios stand Chan mit Mabon Teenie Hodges und Leroy
Flick Hodges das Herzstück der Hi Rhythm Band zur Seite,
weitere Memphis-Groove-Größen sorgten für die unaufdringliche
und darum umso intensivere Soul-Färbung des Albums. Neben dem klaren
Klavier sind es der samtweichen pointierende Bass, die traumwandlerisch
sicher auf den Groove-Punkt gespielte Gitarre, luftig-leichtes Schlagwerk,
zurückhaltende Streicher und markant gesetzte Blechbläser (mal
auch eine Country-Fiddle), die das nie zu volle Klangbild erfüllen
und stets dem Zentrum der Songs dienen: Der rau-warmen, gehaucht-verletzlichen,
brüchig-bewegenden Stimme Chan Marshalls, die mitunter wie das weibliche
Gegenstück zu dem Gänsehaut-erzeugenden Gesang Kurt Wagners
wirkt. Und so atmet The Greatest auch den Hauch früher Lambchop-Americana-Melancholie;
aber Chans Country hat Soul, mal unterschwellig, mal bewegend klar
vermitteln der Groove-Aufstand erfahrener Recken ein ebenso erdiges wie
himmlisches Wohlgefühl. Egal ob Hi-typischer Soul, Minimal-Blues,
deutlich Rock-betonte Sonnenuntergangs-Momente oder Balladen von schmerzender
Schönheit: Mit The Greatest haben Marshalls Songs eine Größe
erreicht, die den Atem nimmt. Man lehnt sich zurück und lässt
sich überrollen, man weint und lächelt gleichzeitig und sieht
in der Welt wieder ein umarmenswertes Objekt. Noch ist es eigentlich zu
früh für Jahrescharts. Aber The Greatest setzt sich gerade auf
die vorderen Plätze.
(Glitterhouse)
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The Elected: "Sun, Sun, Sun" (Sub Pop, Jan. 2006) |
Die Beschäftigung mit Jenny Lewis hatte
noch einen überraschenden Nebeneffekt, denn ich bin beim Googeln
auch das ebenfalls im Januar erschienende Album der Zweitband von Blake
Sennett, hauptamtlichem Sangespartner von Jenny
bei Rilo Kiley, gestoßen. Dieses mal haben mich Begleittext und
Cover aber zu einem Spontankauf verführt und nach dem ersten Hören
muss ich sagen: richtig toller Gitarrenpop mit guten Songs, tollem Gesang
und vor allem einer schönen gespielten Lapsteel von Mike Bloom,
dem anderen Gitarristen der Band. Irgendwann nervt mal ein Saxofon,
aber ich will nicht schon wieder meckern. Schön ist es auch zu
wissen, dass es das Sub-Pop-Label aus Seattle immer noch (oder
wieder?) gibt, auch wenn The Elected nichts mit Grunge zu tun
haben!
(04.03.2006)
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Nachdem auch Rilo Kiley Sängerin Jenny Lewis jüngst ihr erstes Solo-Album unters Volk brachte, veröffentlicht nun Bandkopf und Hauptsongwriter Blake Sennett ein weiteres Rilo Kiley-unabhängiges Werk, das sich wie schon der hochgelobte Vorgänger „Me First“ aus dem Jahre 2004 gar nicht so weit vom Sound seines Tagesgeschäfts entfernt, wie man das von Solo-Alben vielleicht erwartet. Ausufernde Arrangements, Steel-Guitars und eine Horn-Section (aus Detroit? Chicago?) fanden sich auch schon auf meinem viertliebsten Album des letzen Jahres, „More Adventurous“, hier wird allerdings deutlich weniger gerockt und mehr gesoult und geswingt (Schellenkranz, anyone?) und damit ein Weg weitergegangen, den schon die drei Alben Rilo Kileys zu gehen schienen. Da passt dann auch die Information, dass der Großteil des Albums „on the road“, d.h. während der langen Touren zu „More Adventurous“ aufgenommen wurde – Herr Sennett kann einfach nicht aus seiner Haut. Ich wage mich jetzt mal soweit aus dem Fenster, zu behaupten, wenn Frau Lewis auf dem Album gesungen hätte, wäre „Sun, Sun, Sun“ ohne Beanstandung als neues Rilo Kiley Werk durchgegangen und hätte, wie letzten Januar passiert, bereits einen Platz auf meines Jahresbestenliste sicher (Ich liebe diese Frau). Blakes Gesangskünste überzeugen mich jetzt nicht ganz so spontan, treffen nicht ganz so tief ins Herz, lassen nicht so abgrundtief leiden, versonnen lächeln, rauben nicht stellenweise den Atem. Doch sein Songwriting ist auch hier über alle Zweifel erhaben, jedes Lied toll arrangiert, das Album mit Spannung und Liebe aufgebaut und die Texte genauso zum Nachdenken, Schwelgen und Mitwippen, wie der Rest seines Oeuvres. Toll! (Glitterhouse)
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The Go-Betweens: "Live At The Tivoli, Brisbane 06/08/05" (Tuition, Jan. 2006) |
Von
meinen Lieblingen gibt's jetzt endlich eine Live-DVD ("We are the
last band in the world without a dvd" - wie es Robert Forster
in seiner zurückhaltend charmanten Art so schön in der Ansage
formuliert), aufgenommen zu hause in Brisbane im vergangenen August.
Als Beilage gibt's dann noch mal das komplette Konzert als CD.
(04.02.2006) |
Julia Hülsmann Trio with Roger Cicero: "Good Morning Midnight" (Act, Jan.
2006) |
Toller Klavier-Trio Jazz mit vertonten Gedichten von Emily Dickinson.
Dazu "River Man"
von Nick Drake, das es wohl allmählich zum Jazzklassiker
bringt (Brad Mehldau, Andy Bey und bald auch Till
Brönner).
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Toller Sänger, tolles Trio: die deutsche Pianistin Julia Hülsmann
hat für ihr drittes Album bei ACT Music den Soulounge-Frontman Roger
Cicero engagiert. Er interpretiert ausgesuchte Lyrik von Emily Dickinson
(19.Jahrhundert), singt Hülsmanns schwierige Modern Jazz Themen mit
hinreißender Leichtigkeit. Ciceros weich fließendes Vibrato
ist ein Traum, sein warmes Timbre hat etwas Erotisierendes. Scatten kann
Cicero auch, und zwar recht ordentlich!
Bei Good Morning Midnight kommen gute Komposition und mitreißendes
Spiel zusammen: mit ihrer eingeschworenen Rhythmusgruppe Marc Muellbauer
(Bass) und Heinrich Köbberling (Schlagzeug) sowie einigen spezial
guests präsentiert Julia Hülsmann ein weiteres Beispiel ihres
ausgereiften, intelligenten Stils. Schon bei den letzten beiden CDs arbeitete
Hülsmann übrigens mit Vokalisten: Anna Lauvergnac sang auf Come
Closer Originaltitel von Randy Newman, bei Scattering Poems, für
das Hülsmann den German Jazz Award erhielt, vertonte die Pianistin
Avantgarde-Lyrik von E.E.Cummings Barg. Das ungewöhnliche Konzept
ist vielversprechend: Die Mischung aus lyrischer Moderne und Gesang ist
ungemein charmant und außerdem ein Areal, das noch nicht ausgetreten
ist.
(Katharina Lohmann, Amazon.de-Redaktion)
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Als Emily Dickinson 1886 starb, war an Jazz noch nicht zu denken. 119
Jahre später gedenkt eine Jazzmusikerin der Poetin und vertont zehn
Gedichte aus ihrem Nachlass. Immerhin hatte Julia Hülsmann vor drei
Jahren mit ihren Cummings-Vertonungen einen Coup gelandet. Das dürfte
diesmal schwerer werden. Denn erstens ist Dickinson unmoderner als Cummings,
zweitens ist Roger Cicero unspektakulärer, als Rebekka Bakken es
einst war. Der junge Vokalist erledigt seine Aufgabe ordentlich, und Hülsmanns
Band - mit Marc Muellbauer am Bass und Heinrich Köberling am Schlagzeug
- ist nach wie vor eines der besten deutschen Jazztrios. Wunderbar unaufgeregt,
in rhythmisch-harmonischer Vorwärtsbewegung erzeugt es einen wohltönenden
Sound, mitunter große Einfälle. Die entschädigen allemal
für flaue Kompositionen wie etwa My River".
(kulturnews.de)
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Jenny Lewis & The Watson Twins: "Rabbit Fur Coat" (Rough Trade, Jan. 2006) |
Seit einigen Wochen hatte ich schon mit dem Gedanken gespielt, mir das
"Solo-Debüt" der Sängerin von Rilo Kiley zu kaufen.
Die Kritiken waren viel versprechend, aber irgendwie gefiel mir das
Coverfoto nicht, was sich an einem im Grunde völlig unwichtigem
Detail festmacht: die hinter der komisch frisierten und komisch gekleideten
Jenny stehenden Watson-Zwillinge sind für meinen Geschmack völlig
übertrieben geschminkt. Hellblauer Lidschatten wie in der Steinzeit
!!! 50er? 60er? Vermutlich soll das gestellte Bild irgendeine Botschaft
vermitteln, die ich gar nicht oder zumindest falsch verstehe. Auf jeden
Fall hatte ich die CD im Laden erst mal wieder zurückgestellt.
Erst jetzt, mit einer gewissen Verzögerung, bin ich doch noch über
meinen Schatten gesprungen und habe die CD gekauft. Ergebnis: eine sehr
schöne Folk-Pop-Platte mit guten Songs und schöner Instrumentierung,
aber doch mit einem kleinen Schönheitsfehler. Ihr werdet es vielleicht
erraten, wer für diesen "Schönheitsfehler", zumindest
aus meiner Sicht, zuständig ist: es sind die Watson-Zwillinge mit
ihrem Chorgesang, der in einer Rezension als "gospelartig"
bezeichnet wurde und was mich hätte vorwarnen sollen. Schon irgendwie
"gut gesungen", aber doch zu sehr im Vordergrund, fast schon
penetrant, aber auf jeden Fall für mich zu dick aufgetragen und
keinesfalls songdienlich. Eine ähnliche Wirkung, ohne gleich zu
klingen, haben auf mich immer die Jordanaires aus Nashville,
die mir die meisten Elvis-Platten und viele Country-Platten verleidet
haben und auch auf "Grievous
Angel" von Gram Parsons für den einzigen Negativpunkt
sorgen. Aber jetzt Schluss mit Jammern, denn Jenny Lewis hat
eine insgesamt schöne Platte aufgenommen, auf der die beiden anderen
Mädelz ja auch nicht auf allen Liedern zu hören sind! Außerdem
spielt Conor Oberst von Bright
Eyes mit, der ja im Moment ziemlich angesagt ist.
(04.03.2006)
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2006er Country-Balladen-Reinheit und -Tiefe, die mich in ihrer natürlichen Klarheit, Schlichtheit und Süße ins Mark getroffen hat. Jenny’s weiche, gefühlvolle Stimme, ihr Talent für nachfühlbare Melodien, ihr Erzähllust und –kunst kannte und liebte ich seit dem ersten Rilo Kiley-Album, dass sie es aber vermag, ein Album mit (selbstgeschriebenen) Traditionals zu füllen, die in ihrer Reinheit und Güte den Vorbildern von Bobbie Gentry bis Laura Nyro in nichts nachstehen: Das ließ mich atemlos und respektvoll staunen. Nur wenige Zutaten sind es, mit denen sie das Grundgerüst aus Stimme und akustische Gitarre ausschmückt, eine Orgel, ein Harmonium, eine Pedal-Steel, ein Klavier, ein zurückhaltend gebestes Rumpf-Schlagzeug, die solitär für geschmackvolle Bereicherung sorgen. Mal basiert sie ihre erdig-ehrliche Gitarren-Einfachheit auf Desert-Fiebern, mal lässt sie einen Tränenzieher im Gitarre-Banjo-Gewand vor einer verzerrten E-Gitarre erzittern. Fast immer an ihrer Seite die aufs süsseste harmonierenden Stimmen der Watson-Schwestern, die den Folk-Country-Puritäten diesen verführerischen Hauch von Southern-Gospel und –Soul verleihen. Die zwei Pole, zwischen denen das Album spielt, sind das Titel-Stück, ein Musterbeispiel für die hohe Kunst der Ballade, die ebenso Seeger wie Dylan atmet und die Traveling Wilburys-Coverversion Handle With Care, bei der auch ihre musikalischen Begleiter stimmlich aus ihrem Versteck hervortreten: Während Jenny die Lead-Vocals übernimmt, gibt uns Ben Gibbard (Death Cab For Cutie) den Roy Orbison, M.Ward singt Jeff Lynne und Conor Oberst krächzt den Dylan. Lewis’s Solowerk lebt von einer natürlichen Süße, von ebenso zerbrechlichen wie erdnahen Songs, vom unverkrampften, unschuldigen und liebevollen Umgang mit den tradierten Wurzeln und von Melodien, wie sie schöner kaum sein könnten. (Glitterhouse)
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Tortoise & Bonnie 'Prince' Billy: "The Brave And The Bold" (Domino/Overcoat, Jan. 2006) |
Und wieder mal ein Coveralbum. Und wieder mal habe ich meine Freude
daran. Natürlich kann man von Will Oldham und den Fricklern
von Tortoise kein "Nachspielen" der Vorlagen erwarten,
sondern mehr oder weniger abwegige oder zumindest ungewöhnliche
Interpretationen. Die Bandbreite dieser "Lieblingssongs" der
Beteiligten ist extrem und es passt (trotzdem?) sehr gut zusammen: nur
wenige bekannte Lieder, wie Elton Johns "Daniel", das
ich immer gemocht habe und aus der Zeit stammt, als Elton noch einer
der Guten war, während Bruce Springsteens Hymne "Thunder
Road" einfach frech von Dur nach Moll umgebürstet wird und
dem "normalen" Springsteen-Fan wohl kaum gefallen wird. Aber
der wird diese Platte ja wohl auch nicht kaufen. Gefreut hab ich mich
über Richard Thompsons "Calvary Cross" vom Meisterwerk
"I Want To See The Bright
Lights Tonight". Eine Entdeckung ist der Countrysong "Pancho"
aus dem Repertoire von Don Gibson. Da muss ich wohl demnächst
mal wieder ein bisschen forschen. Lange schon nicht mehr gehört
habe ich den brasilianischen Klassiker "Cravo E Canela" von
Milton Nacimento. dann gibt's noch
was von den Minutemen, Devo und sogar Melanie,
sowie Bands, von denen ich noch nie was gehört habe (Lungfish
und Quix*o*tic).
(21.01.2006)
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Es ist schon aussergewöhlich, aber nicht unvorstellbar: TORTOISE
und WILL OLDHAM haben gemeinsam ein Album eingespielt! Dan Bitney, John
Herndon, Douglas McCombs, John McEntire, Jeff Parker sind mindestens genauso
wie der Mr. American Weirdo Will Oldham besessene Freigeister, sie besitzen
alle einen unglaublichen Drang zur absoluten künstlerischen Unabhängigkeit,
eine Eigenschaft, die nur ganz wenigen Pop-Künstlern vorbehalten
bleibt. Sowohl TORTOISE als auch WILL OLDHAM haben seit dem Jahr 1993
die Indie-Kultur maßgeblich beinflußt und obwohl sie schneinbar
in Paralleluniversen tätig sind, ihre Querdenkerei war sicherlich
die gemeinsame Platform für diese ungewöhliche Kooperation.
THE BRAVE AND THE BOLD ist konzeptuell ein reines Cover-Album, TORTOISE
und OLDHAM haben ihre Lieblingssongs gemeinsam neu interpretiert: Ob Springsteen,
Minutenmen, Elton John, Devo oder Richard Thompson, diese Musik macht
unheimlich viel Spaß und ist gleichzeitig bahnbrechend. THE BRAVE
AND THE BOLD unterstreicht die Genialität und Ausnahmestellung aller
beteiligten Künstler und ist für alle TORTOISE & WILL OLDHAM
Fans absolut unabdingbar.
(amazon)
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Will Oldham weiterhin gut im Release-Flow, nach dem aktuellen Live-Album
nun diese Kollaboration mit den zuletzt nicht mehr ganz so produktiven
Post-Rock-Helden Tortoise. Das Album bietet zehn Coverversionen, zum Teil
von eher obskuren Acts wie Quix*o*tic oder Lungfish, aber auch in diesem
Kontext ganz unerwarteten Namen wie Elton John (Daniel), Devo
oder auch Richard Thompson. Schon typischer: Springsteens Thunder
Road, eines der Album-Highlights mit dieser unschlagbar elegischen
Oldham-Stimmung, wunderbaren Gitarren und einem fast noch besseren Synthie,
was wirklich hervorragend zusammen geht. Der andere Hit für den klassischen
Oldham-Verehrer: Pancho von David Henner wäre mit schönem
E-Piano und female Harmony Vocals eine Zierde auch für jedes frühe
Palace Brothers-Album. Und was machen Tortoise? Bleiben zumeist relativ
zurückhaltend, sieht man mal vom heftigen Lungfish-Cover ab, das
mit reichlich Electro-Fuzz ziemlich genau wie Suicide mit Oldham als Gastsänger
klingt. Aus dem Rahmen fällt auch der brasilianische Opener mit Tropicalia-Sixties-Vibe
und portugiesischen Vocals. Der Rest ist aber deutlich bodenständiger,
wie das entschleunigt-psychedelische Minutemen-Cover Its Expected
Im Gone oder die Todesballade (Some Say) I Got Devil
aus der Feder von Melanie Safka, die aber durch und durch wie ein tiefschwarzes
Oldham-Original klingt. Wie es Will Oldham gelingt, seinen enormen Output
auf derart hohem Niveau zu halten, ist eines der Rätsel der Menschheit.
(glitterhouse)
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Sibylle Baier: "Colour Green" (Orange Twin, Feb. 2006) |
Also, hier mal etwas WIRKLICH Obskures, über das ich durch Zufall
beim Surfen im WWW gestolpert bin: Sibylle Baier ist/war eine
deutsche Schauspielerin, die diese Lieder in den Jahren 1970-73 komponiert
und zu Hause auf einem Tonband zur eigenen Gitarrenbegleitung festgehalten
hat. Wie diese Aufnahmen dann 35 Jahre später bei einem obskuren
US-Plattenlabel in Athens/Georgia (der Heimat der B52's und
von R.E.M.!), das scheinbar einer Hausbau-Kommune gehört,
landeten, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht wollte man den
späten Erfolg von Vashti Bunyan
noch toppen? O.K. - Scherz beiseite! Das, was Sibylle Baier
hier gemacht hat, ist wirklich wunderschön, erinnert manchmal
natürlich schon ein wenig an die oben genannte Kollegin, aber
eben auch an Nick Drake's Pink
Moon!
(25.4.2006)
Mit ein bischen Googeln kann man so einiges aufklären: die Liner
Notes der CD stammen von Robby Baier, von 1987 bis 1996 Sänger
der mir leider völlig unbekannten deutschen Band Pearls at
Swine war, die immerhin bei BMG veröffentlicht haben soll.
1997 zog Robby Baier zurück(?) in die USA und arbeitet dort seitdem
als Solokünstler und Sänger der Band Melodrome, die
ich aber auch nicht kenne. Und irgendwie hatte auch J. Mascis
(Dinosaur Jr.) was mit der Sache
zu tun.
(26.04.2006)
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Colour Green, the one and only release from German underground folk denizen
Sibylle Baier, has been around since the early '70s, albeit in her closet.
Recorded on reel-to-reel in her home between 1970-1973, the budding actress,
seamstress, writer, mother, and singer/songwriter chose family over fame,
and it wasn't until the tapes landed in the hands of Dinosaur Jr.'s J.
Mascis that they began their ascent into the world that they so eloquently
describe. A wistful rendering of Vashti Bunyan, Leonard Cohen, and Joni
Mitchell, Baier's conversational voice can be both tragic and comforting,
turning the simplest task ("Driving") into a sepia-toned snapshot
of longing. Each track is like a field recording of the highest quality,
with every whisper of the locale present, yet unintelligible. Like Anne
Briggs with a guitar or Nico without all of the junkie baggage, Baier,
who would silently haul out the tape machine and press record late at
night when her family was asleep, conveys the purest of intimacies with
the kind of confidence only secrecy can afford. From the opening cut,
when she sings "tonight when I came home from work/there he, unforeseen
sat in my kitchen," the listener can't help but be transported behind
the soft closed eyes that grace Colour Green's basement-scavenged, yellowing
cover.
(by James Christopher Monger , All
Music Guide)
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Sibylle Baier - An un-crowned queen of the 70's underground folk scene
Nico meets a female Jim Croche.
Sibylle's Music is simply amazing in its intimacy and closeness. Recorded
in the late 70's on her home reel to reel recording device, the songs
on "Colour Green" are intimate portraits of life's sad and fragile
beauty. Her music has appeared in Wim Wenders' Film "Alice in den
Städten"(Alice in the Cities) and in the film "Umarmungen
und andere Sachen" (Embraces), by Jochen Richter.
Sibylle started playing guitar and piano as a young girl, and through
the years enjoyed german folk songs, english and french ballads, George
Brassens, the Beatles, Bob Dylan, Joan Baez, as well as classical music,
especially Brahms and Bach.
In a particularly dark and moody period of her life, a friend of Sibylles
dragged her out from under the bed and took her on a road trip to Strasbourg
ending up across the Alps in Genoa. Upon the return of this trip Sibylle
felt her sprits renewed and set out to write the song Remember the
Day grateful for being alive. It was the first song she ever wrote.
In the late 60's and early 70's my mother Sibylle Baier slowly moved
away from her career as an actress and songwriter to raise a family. A
gifted musician, painter and seamstress, Sibylle is a fountain of expression,
a deep thinker, a philosopher and writer. Living in Stuttgart, Germany
with her two kids and husband, an accomplished screenwriter, their circle
of friends included a colorful mix of eccentrics, artist, philosophers,
dancers, royalty, musicians, neighbors and hobos. Sibylle, the talented
beauty, was at the heart of that circle.
A student of religions and philosophy, her songs search for life's meaning
as well as reflect the struggles of a mother, wife, lover and friend.
Her unusual harmonic changes and beautiful meandering melodies take you
on a special journey through the landscapes of her life, "through
the hills (marked by apple trees)", "to the top of the empire
state" and into his car, "a place where she's been happy".
It just occurred to me that she, a German, wrote all these songs in english
while living in Germany and it is interesting that our family ended up
living in the US, in the beautiful Berkshire hills, marked by apple
trees.
Colour Green is a gem of an album that will blow your mind. You will ask
yourself how it is possible you have never heard this before? Sibylle
is a star who chose to shine for her friends and family instead of the
whole world. With the release of this CD I hope to finally share the full
radiance of her power with all of you.
(Robby Baier, gefunden bei soultube.com)
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The Czars: "Sorry I Made You Cry" (Bella Union, Feb. 2006) |
Der Schwanengesang einer tollen, spät von mir entdeckten Band!
Die Aufnahmen entstanden in den Jahren 2000 bis 2004, als sich die Band
auflöste. Durchweg Coversongs, teilweise bereits veröffentlicht.
So kannte ich "Song To The Siren" bereits vom Album "Sing
A Song For You (Tribute To Tim Buckley)". Getragen wird die Platte
durch die tolle Stimme von Sänger John Grant, der auch als
einziger Musiker an allen Liedern beteiligt ist.
(11.03.2006)
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John Grant is blessed with the voice of a sad-eyed angel. Den Worten des Guardian ist kaum etwas hinzufügen, sagen sie doch alles über die Ausnahme-Position der Band aus Denver, die sie gewiß nicht zuletzt der weichsten, sanftesten, melancholischsten Stimme im weiten Americana-Bereich verdankt (Americana, was sag ich, Independent, und darüber hinaus). Immer wieder in der 3 Alben weilenden Band-Geschichte erlag Grant der unwiderstehlichen Versuchung, diese einzigartige Stimme auch Fremdkompositionen zu schenken, und so waren die Czars-EPs bald Fundort ungemein reizvoller Cover-Versionen. Leider aber waren diese EPs meist von niedriger Auflage, manche erblickten erst gar nicht das Licht der deutschen Veröffentlichung und gerieten bald zu beliebten Sammel- und Tauschobjekten. Mit der 2006er Compilation Sorry I Made You Cry beendet das Bella Union-Label die Zeit der Ungerechtigkeiten und legt eine Sammlung von 11 Czars-Coverversionen vor; 50 Minuten, in denen Grants Stimme schillernd im Mittelpunkt der knapp besetzten Arrangements steht, wechselweise begleitet nur von Keyboard, Trompete, Piano oder Gitarre (nur Buckleys Song To The Siren genießt eine 8-minütige Trio-Besetzung). Obwohl der stilistische Spagat, den die 11 Originale eigentlich erfordern, kaum größer sein könnte, gelingt Grant das Kunststück, Traditionals, Jazz-Standards, Singer-Songwriter-Juwelen und Pop-Songs zu reinem Czars-Genuß zu formen, indem er die Vorbilder alles unnützen Beiwerks entkleidet und den wunderschönen Kern mit seiner Stimme umschmeichelt. Und so wird mancher beim Erkennen von Black Is The Colour, Where The Boys Are (Sedaka), My Funny Valentine (durch Anhängen einer alternativen Val-Version auf 8:56 Minuten gebracht), For Emily (Simon), Strange (Tillis/Burch) oder Abbas Angel Eyes sein wohlklingendes Wunder erleben.
(cpa, Glitterhouse)
The Czars aus Denver sind die erste amerikanische Band, die bei Bella Union unterschrieb. Das war Ende der Neuziger. Nach 3 Alben und 4 EPs bei Bella Union erscheint Ende Juni das Coveralbum 'Sorry I Made You Cry' mit Songs namenhafter Kuenstler wie Tim Buckley, ABBA, Simon and Garfunkel... Die Presse in UK ueberschlug sich bereits, als das Album im Februar dort in die Laeden kam
(amazon.de)
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Donald Fagen: "Morph The Cat" (Reprise, März 2006) |
Das klingt jetzt vielleicht etwas spießig oder bieder, besonders weil
es ja um Musik geht, aber auf Steely Dan kann man sich verlassen!!!
Besser gesagt: auf die Spitzenqualität des neuen Albums des Steely
Dan-Sängers ohne seinen Partner Walter Becker kann man sich
blind verlassen. Es ist alles da, was mich spätestens seit "Aja",
"Gaucho" und "Nightfly"
musikalisch und klangtechnisch so in Verzückung setzen kann. Schon
beim den ersten Takten des Shuffle-Rhythmus bei der Eröffnungsnummer,
aber allerspätestens beim Einsatz des Fender-Rhodes-Pianos weiß
man: der Meister ist am Werk. Ich habe jetzt nur eine kleine Sorge:
was macht eigentlich Walter Becker? Gibt es Steely Dan noch? Die gesamte
Studiotruppe des letzten Albums "Everything
Must Go" von 2003 ist ja sowieso wieder dabei. Aber eigentlich
ist es auch egal, ob da jetzt Steely Dan oder Donald Fagen
auf dem Cover steht. Never mind, Walter!
(11.03.2006)
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Fagens Sound ist Inbegriff der Urbanität. Mit dem kompletten Instrumentarium
von Funk, Soul und Jazz beschwört er die moderate Erregung einer
Großstadtnacht herauf: das beschleunigte Schritttempo, welches man
nicht mit Eile verwechseln darf; die leichte Nervosität, die noch
fern ist von ungesunder Hektik. Dieser ebenso coole wie warme Schmelztiegelsound
ist einmalig, das ist Fagen, das kann kein anderer. Und doch lauert hinter
der Geschmeidigkeit seiner Sechsminüter, hinter den virtuos verhakten
Partikeln aus Perkussion, Bläsern und Gitarrenlicks jener feine Schmerz
fehlender Innovation. Mal ehrlich: Die ironische Story von der Riesenkatze,
die New York in den Krallen hat, interessiert uns nicht wirklich. Sondern
nur die Musik. Und die ist, bei aller Großartigkeit, weitgehend
bekannt. Ihre Stilmittel hat Fagen schon mit Steely Dan, spätestens
mit seinem Solodebüt Nightfly" (1981) erarbeitet und auf
Kamakiriad" (1993) perfektioniert. Was sich veränderte
im Lauf dieses Vierteljahrhunderts, ist die Aufnahmetechnik. Sie macht
das Album zum atemberaubenden Klanggenuss - und lässt die fehlende
kompositorische Kreativität schnell vergessen.
(kulturnews.de)
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There are no surprises in sound and style on Morph the Cat, Donald Fagen's long-awaited third solo album, nor should any be expected -- ever since Steely Dan's 1980 masterwork, Gaucho, his work, either on his own or with longtime collaborator Walter Becker, has been of a piece. Each record has been sleek, sophisticated, and immaculately produced, meticulously recorded and arranged, heavy on groove and mood, which tends to mask the sly wit of the songs. When it works well -- as it did on Fagen's peerless 1982 solo debut, The Nightfly, or on Steely Dan's 2001 comeback, Two Against Nature -- the results go down smoothly upon first listen and reveal their complexity with each spin; when it doesn't quite succeed -- both 1993's Kamakiriad and the Dan's 2003 effort Everything Must Go didn't quite gel -- the albums sound good but samey on the surface and don't quite resonate. Morph the Cat belongs in the first group: at first it sounds cozily familiar, almost too familiar, but it digs deep, both as music and song.
Sonically, at least superficially, it is very much a continuation of the two Steely Dan records of the new millennium -- not only does it share Fagen's aesthetic, but it was recorded with many of the same musicians who have shown up on the Dan projects. There are slight differences -- without Becker around, there's a greater emphasis on keyboards and the songs stretch on a bit longer than anything on Everything Must Go -- but this, at least on pure sonics, could have functioned as a sequel to Two Against Nature. But Morph the Cat is very much a solo affair, fitting comfortably next to his first two solo albums as a conclusion to what he calls a trilogy. If The Nightfly concerned the past and Kamakiriad was set in a hazy future, Morph the Cat is rooted in the present, teeming with the fears and insecurities of post-9/11 America. Fagen doesn't camouflage his intent with the gleefully enigmatic rhymes that have been his trademark: his words, while still knowingly sardonic, are direct, and in case you don't want to bother reading the lyrics or listening closely, he helpfully offers brief explanations of the songs (for instance, on "Mary Shut the Garden Door," he writes "Paranoia blooms when a thuggish cult gains control of the government," a statement that's not exactly veiled). On top of this unease, Fagen faces mortality throughout the album -- he talks with the ghost of Ray Charles, borrows W.C. Fields' phrase for death for "Brite Nitegown," writes about attempted suicides -- and every song seems to be about things drawing to a close.
It's a little disarming to hear Fagen talk so bluntly -- although he came close to doing so on the deliberately nostalgic The Nightfly, the fact that he was writing about the past kept him at a bit of a distance -- but despite the abundance of morbid themes, Morph the Cat never sounds dour or depressing. In large part this is due to Fagen's viewpoint -- he never succumbs to mawkishness, always preferring to keep things witty and sardonic, which helps keep things from getting too heavy -- but it's also due to his smooth jazz-rock, which always sounds nimble and light. This, of course, is how Fagen's music always sounds, but here, it not only functions as a counterpoint to the darkness creeping on the edges of the album, but it's executed expertly: as spotless as this production is, it never sounds sterile, and when the songs start stretching past the five-minute mark -- two cuts are over seven minutes -- it never gets boring, because there's a genuine warmth to the clean, easy groove. More so than on Kamakiriad, or on the tight Everything Must Go, there is a sense of genuine band interplay on this record, which helps give it both consistency and heart -- something appropriate for an album that is Fagen's most personal song cycle since The Nightfly, and quite possibly his best album since then.
(by Stephen Thomas Erlewine, All Music
Guide)
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Kris Kristofferson: "This Old Road" (Blue Rose/New West, März 2006) |
"Alte Männer im März" zum Dritten: Nach 10
Jahren gibt es erstmals neue Songs von einem meiner liebsten Nashville-Songschreiber
und Nicht-Sänger zu hören. Kris und sein Produzent Don
Was haben wohl beim Spätwerk von Johnny Cash und Rick
Rubin erkannt, dass spartanische akustische Arrangements für
ältere singende Herren sicherlich passender sind, als fette moderne
Produktionen. Es gibt also meist nur Kris mit Stimme, Gitarre und Mundharmonika
zu hören, ab und zu zupft sein langjähriger Weggenosse Stephen
Bruton ein Saiteninstrument, manchmal schnappt sich Don Was
selber die akustische Bassgitarre oder setzt sich an's Klavier und auf
ganz vereinzelten Liedern ist der unnachahmliche Jim Keltner
am Schlagzeug zu hören. Zwar höre ich beim ersten Durchlauf
kein Lied aus der "Me & Bobby McGee" Spielklasse, aber
das ganze Album hat eine schöne intime Atmosphäre, bei der
alles gut zusammenpasst, und gehört sicherlich zu seinen besseren
Arbeiten. Einziger Kritikpunkt: die besten Songs sind doch die wenigen,
wo Jim Keltner und Don Was für ein wenig "rhythmischen
Druck" sorgen. Das hätte sicherlich auch dem einen oder anderen
solo vorgetragenen Lied gut gestanden. Aber wahrscheinlich hatte der
viel beschäftigte Herr Keltner nicht mehr Zeit ...
(24.03.2006)
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This Old Road is the first recording of all new songs by Kris Kristofferson
in the 11 years since Moment of Forever was released by Justice. (Interestingly
enough, that album was originally recorded a few years earlier by producer
Don Was for his Karambolage label, which lost its distribution deal.)
Was is on-board here as a producer and as a musician, as are drummer Jim
Keltner and old friend Stephen Bruton on guitar. Most of these 11 songs,
however, are simply Kristofferson accompanying himself on guitar. The
years -- Kristofferson turns 70 in 2006 -- haven't softened the old poet's
social conscience -- "Pilgrim's Progress," "Wild American,"
"In the News," and "The Burden of Freedom" are every
bit as radical as those found on his last two Mercury records, Repossessed
and Third World Warrior in the mid-'80s. But Kristofferson is also wise
enough to believe in love and forgiveness -- "Thank You for a Life,"
"The Last Thing to Go," "Holy Creation," "Final
Attraction" -- and still remembers how to write a killer outlaw country
song (check out "Chase the Feeling"). The tunes with the band
are solid, but there is something utterly irresistible about the man with
only his guitar. His voice is no better and no worse than it was in all
those years form the 1970s on. But his phrasing as a singer has improved
considerably. Kristofferson is dead-on here, razor-sharp, economical in
his language, and to the bone in his insight. This is a welcome comeback
for Kristofferson; as an artist, he proves he still has plenty to offer
to anyone willing enough to listen.
(by Thom Jurek, All
Music Guide)
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Van Morrison: "Pay The Devil" (Polydor/Exile, März 2006) |
"Alte
Männer im März" zum Zweiten (denn auch Donald
Fagen ist schon 58 jahre alt!). Eigentlich wollte ich diese Platte
ja ignorieren - nicht weil Van The Man auf einmal Country-Songs
nachspielt, denn so was kann ich im Allgemeinen ganz gut verkraften,
sondern weil die letzten zwei, drei Alben einfach nur langweilig waren
und das Cover vom neuen Werk "Pay The Devil" in seiner "Farbenpracht"
meinen Augen weh tut. Trotz so toller Songs wie Rodney Crowells
oft gecovertem "Till I Gain Control Again" hat mich der erste
Hörversuch im Plattenladen auch nicht neugieriger gemacht. Aber
vielleicht hätte ich auch das Cover aus der Hand legen sollen?
Inzwischen habe ich mir das Album von unserem Herrn
Müller mal ausgeliehen - und finde es es gar nicht mehr ganz
sooo schlecht, wie zuvor. Und in schwarz-weiß ist auch das Cover viel
besser zu ertragen und stört nicht zwischen denen der anderen hier
vorgestellten älteren Herren!
Ach ja: Herr Morrison war angeblich noch nie in Nashville und hat die
Platte (natürlich) in Irland aufgenommen. So was find ich wiederum
sehr gut.
(24.03.2006) |
Motorpsycho: "Black Hole, Black Canvas" (Stickman, März 2006) |
Erstes Lebenszeichen meiner norwegischen Lieblinxband, die ich auch
weiterhin all den Norwegern von Glitterhouse vorziehe, nach
einer für die Band ungewöhnlich langen Pause (?), in der
sie leider ihren Trommler verloren haben. Statt einen Ersatzmann zu
suchen haben die beiden verbliebenen Musiker Bent Saether und
H.M.Ryan die Trommelstöcke aber selber in die Hand genommen
und dann sogar komplett auf weitere Gastmusiker verzichtet. Herausgekommen
ist dabei ein sehr heftiges, gitarrenlastiges Werk, das ganz auf die
Pop- und Countryelemente der letzten Alben verzichtet. Da ich das
aber nun mal sehr gemocht habe, muss ich mich an diesen wiederauferstandenen
rohen Klang der frühen Motorpsychos erst einmal wieder gewöhnen
...
(10.04.2006)
Als Hintergrundmusik beim Arbeiten zu hause verständlicherweise
weniger geeignet, entwickelt die Platte sich aber besonders gut als
Autofahrmusik!
(August 2006)
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Verlust muss nicht gleichbedeutend mit Stillstand, Absturz oder Lethargie
sein, wie Motorpsycho auf Black Hole / Blank Canvas eindrucksvoll beweisen.
Den Ausstieg ihres Schlagzeugers Hakon Gebhardt nutzte das verbliebene
Rest-Duo Bent Sæther und Hans Magnus Ryan für eine Rückkehr
zum Ursprung des kraftvollen Gitarren-Sounds. Dazu mussten die ungekrönten
Könige der skandinavischen Indie-Rock-Szene erst einmal die Arbeitsweise
ändern. Nicht wieder eingeladen wurde die Vielzahl an Gastmusikern,
die mit Pauken und Trompeten ins Studio kamen. Selbst die langjährigen
Gefährten Deathprod und Helge Sten, die für die Produktions-
und Aufnahmetechnik zuständig waren, tauchen nicht mehr auf. Dahinter
steckt allerdings weder böse Absicht noch kam es zu Zerwürfnissen.
Motorpsycho sind einfach mal ohne Konzept oder gar Songs zu ihrem Livemischer
Pieter Kloos in dessen Studio nach Eindhoven gefahren, um herauszufinden,
was noch zu zweit geht. Es ging überraschend viel. Sæther /
Ryan kamen wieder und fertigten gleich so viele Songs an, dass Black Hole
/ Blank Canvas zur Doppel-CD anwuchs. Alle Instrumente spielten die beiden
Norweger dabei im Alleingang ein, verzichteten auf technischen Schnickschnack,
ausgefeilte Arrangements und elektronische Spielereien.
Der Bauch triumphierte also über den Kopf. So entwickelte sich Black
Hole / Blank Canvas zu einem rauen, energiegeladenen Rock-Album mit Live-Charakter,
das musikalisch ohne Verschleißerscheinungen an das kraftstrotzende
Motorpsycho-Meisterwerk Trust Us anschließt. Death Cab For Cutie,
My Bloody Valentine oder Sonic Youth (deren Hymne Teenage Riot
hier Kill Devil Hills heißt) sind der Oktober 1989 gegründeten
Gruppe weitaus näher als die eigene, jüngere Vergangenheit mit
ihren opulenten Sounds, Westcoast-Zitaten und dem Pop-Appeal. Motorpsycho
sind wieder bei sich selber angekommen. Willkommen zu Hause!
(Sven Niechziol, amazon.de)
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Ja, es ist ein Doppelalbum! Nach drei Jahren melden sich
Motorpsycho 2006 als Duo und mit einem großen, epischen und dunklen
Meisterwerk zurück. "Black Hole/Blank Canvas" ist das erste
Album der Norweger ohne den langjährigen Drummer Håkon Gebhardt.
Auch Streicher und Bläser fehlen diesmal, die Arrangements sind vergleichsweise
schlicht, und alle Instrumente haben Bent Sæther und Hans Magnus "Snah"
Ryan selbst eingespielt. "Alles oder nichts?", hieß die
Frage, und die beiden entschlossen sich in bester Motorpsycho-delischen
Tradition für
kick out the jams! Denn dieses Doppelalbum rockt
wie keines ihrer anderen Werke. So klingen Motorpsycho, wenn sie nicht überlegen,
wie sie klingen sollen. Reduced to the max - ein organisches Kraftwerk,
das abwechselnd die Ohren zum Glühen und das Herz zum Tanzen bringt.
"Black Hole/Blank Canvas" ist erwachsene Empfindsamkeit gepaart
mit jugendlicher Kraft, ist Sonic Youth/My Bloody Valentine, ist reine Energie,
die sich ihren! Weg ins Bewusstsein bahnt, um für immer dort zu bleiben. |
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Josh Rouse: "Subtítulo" (Bedroom Classics, März 2006) |
Wirklich fleißig, dieser Bursche. Knapp ein Jahr ist seit der Veröffentlichung
des letzten - und grandiosen- Album "Nashville"
vergangen. In dieser Zeit war sein alter Plattenvertrag bei Rykodiscs
ausgelaufen, hat er die eigene Plattenfirma gegründet und ist nach
Spanien "ausgewandert" und hat dort im vergangenen Sommer
das neue Album auch schon wieder eingespielt. Im Prinzip bleibt alles
beim alten, wofür sicherlich die Unterstützung des langjährigen
Begleiters Marc Pisapia am Schlagzeug und von Produzent/Tonmeister
Brad Jones wichtig waren. Weil der Etat dieses mal wohl deutlich
kleiner ausfiel (immerhin mussten Flugtickets für die Musiker bezahlt
werden!), hat Brad Jones auch komplett alle Bass- und Pianoparts
und Josh Rouse alle Gitarren selber eingespielt. Gelegentlich gibt es
von Gastmusikern Farbtupfer mit Pedalsteel, Geige und den Gesang einer
(spanischen?) Dame. Diese "Sparversion" von "Nashville"
gelingt aber vor allem deshalb, weil Josh Rouse - wie immer - sehr gute
Songs geschrieben hat!
(19.04.2006)
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Nachdem er die letzten Jahre im Herzen von Tennessee gelebt hatte - dieser
Lebensabschnitt fand seinen Abschluss mit “Nashville”, seinem 2005er Album
und Abschiedsbrief an die Stadt, die ihm half sein Handwerk zu perfektionieren
- , kaufte sich Josh Rouse ein Flugticket und tauchte ein in den Lebensstil
und die Gewohnheiten der spanischen Kultur. Diesen Einfluss spurt man
deutlich hinter der Euphorie und der Romantik der Songs von “Subtitulo”.
Laut Josh Rouse war sein Umzug nach Spanien eher ein lockerer Wechsel
seiner Lebensumstände als ein quälender Entscheidungsprozess. “Ich wollte
mal woanders hin und dachte dabei an New York. Zu der Zeit habe ich mit
einem Mädchen angebandelt, das in Spanien lebte und auch nach New York
wollte. Stattdessen packte ich meine Gitarre und zwei große Koffer und
mietete mir eine Wohnung an der spanischen Mittelmeerküste. Seitdem bin
ich hier.” Die erste Single, „Quiet Town”, eine Hommage an den kleinen
spanische Ort, indem sich Rouse zuerst niederließ, nachdem er hier angekommen
war, fühlt sich so an, als wäre man selbst dort: entspannt hingelümmelt
auf dem Balkon eines kleinen, von der gleißenden Sonne ausgebleichten
Hauses, während “Summertime” Erinnerung längst vergangener Jugendtage
weckt. Andere Lieder, wie z.B. “Jersey Clowns” malen ein Bild von der
Untreue in den unteren Rängen der Mafia. “His Majesty Rides” reflektiert
über das Leben eines Musikers auf Tour. “The Man Who…”, ein Duet mit der
Sängerin Paz Suay, erzählt eine Geschichte von Vereinsamung und dem Verlangen
denen zu helfen, die wir lieben lernen. "Subtitulo" wurde im August 2005
in den Paco Loco Studios in Puerto de Santa Maria im Süden Spaniens aufgenommen.
Rouse dazu: “Die Aufnahmen in den Paco Loco Studios gehören zu den besten
Erfahrungen, die ich je gemacht habe. Wir hatten einen Pool und die Frau
des Besitzers kochte jeden Tag zwei reichhaltige Mahlzeiten. Wir haben
alle im Freien gegessen, was sehr entspannt und angenehm war.” In Nashville
hatte Rouse eine ganze Schar von befreundeten Musikern um sich, so dass
er problemlos auf die Schnelle Aufnahme-Sessions organisieren konnte.
Bei “Subtitulo” war die Anreise ein bisschen zu weit für Spontanaktionen,
daher war das Team wesentlich kleiner. “Bei diesem Album geht es mehr
um eine Gitarre mit Nylonsaiten und meine Stimme,” erklärt Rouse. “Marc
Pisapia war bei uns in Spanien, um Schlagzeug zu spielen, und Brad Jones
produzierte das Album und spielte Bass und Klavier.” Der plötzliche Landschaftswechsel
und die fremden Einflüsse von Altea erzeugten eine ideale Atmosphäre für
sein Songwriting. “ Ich schrieb das ganze Album in der ersten Woche nach
meiner Ankunft hier. Altea ist ein sehr inspirierender Ort. Es ist eine
sehr alte, kleine Stadt, in der es weder ein Kino noch Konzerte gibt,”
erklärt Rouse. Im Spätjahr 2005 gründete Rouse „Bedroom Classics”; der
Name stammt von einer EP, die er vor ein paar Jahren nur für Fans veröffentlicht
hatte. Die erste Veröffentlichung auf dem Label, die exklusiv bei iTunes
erhältliche EP „Bedroom Classics, vol. 2”, demonstriert Rouse’s Liebe
für das Kino. “Ich habe mit Bedroom Classics angefangen, nachdem mein
vorheriger Plattenvertrag beendet war. Ich hatte mit einigen Tonträgerfirmen
gesprochen, tatsächlich aber gibt es nicht viele Vorteile bei einer großen
Firma für einen Künstler wie mich.” erklärt Rouse. “Mit meinem eigenen
Label kann ich meine Fans öfter mit neuer Musik versorgen, sei es nun
über das Internet oder auf traditionellem Wege. So sollte es sein. Ich
möchte weiterhin Alben aufnehmen und damit genug verdienen, damit ich
weitermachen kann. In meinen Augen ist das Erfolg.” fügt Rouse hinzu.
In einer Zeit, in der die Charts angeführt werden von Mainstream Pop und
Hip Hop Veröffentlichungen mit riesigen Marketing Budgets, gibt es auch
eine ganze Reihe von Sängern und Songschreibern, die sich auf ihre Weise
und mit ihren musikalischen Mitteln den Respekt von Kritikern und Fans
verdienen. Künstler wie Ryan Adams oder Wilco haben aufgeräumt mit der
Mär, dass man einen Radiohit braucht, um erfolgreich zu sein. Langsam
und stetig kommt man am Ende ans Ziel und für Josh Rouse mit seiner leidenschaftlichen
Musik und Texten, die das Herz berühren, ist die Ziellinie in Sichtweite.
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Willard Grant Conspiracy: "Let It Roll" (Glitterhouse, März 2006) |
Nach dem tollen Konzert im Weseler Karo im letzten Jahr (oder
war das schon im vorletzten Jahr?) und dem spät entdeckten Vorgängeralbum
"Regard The End" von
2003 war ich bei der Vorankündigung sehr neugierig geworden und
hatte wohl allerhöchste Erwartungen, die zumindest beim ersten
Höreindruck nicht erfüllt werden. Also warte ich wohl mit
meiner Meinung besser noch ein wenig ab ...
(07.04.2006)
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Das Album, das sie im vergangenen Sommer in Ljubljana aufnahmen, wird denjenigen, die das Musikerkollektiv um Robert Fisher auf ihre finsteren Folk-Moritaten reduzieren, vor Erstaunen den Atem nehmen. Und allen anderen auch. Das ist – obwohl nie inszeniert wirkend – umfassendstes Emotionskino. Das hat kompositorische Klasse und begeisternde Darbietungswucht, gleißendes Crescendo, beeindruckendes Ensemble-Geschick und Songs, die weiter tragen und mehr bedeuten, als so einige museale Sammlungen für stehen gebliebene Kunst zusammen.
Große Kunst eben: Würdevoll, dringlich, getrieben, fordernd und majestätisch. Zeitlos, weil keiner Zeit geschuldet. Oh Mann!
Im Laufe von mittlerweile fünf Alben (Regard the End, Everything’s Fine, Mojave, Flying Low und 3am Sunday At Fortune Otto’s) sowie der Best-Of Compilation There But For the Grace of God, haben es Willard Grant Conspiracy zu einem der imposantesten Veröffentlichungs-Kataloge im Indie-/Post-Folk-Rock Genre (oder wie auch immer man das nennen mag...) gebracht.
„Let It Roll“ nun, ihr neues Werk, ist zugleich Kontinuität und Wandel, bezieht sich nicht lediglich auf sich selbst, sondern auf die stets im Wirken der Band prägenden Parameter: So sehr der Sound dieser Band jederzeit charakteristisch ist, so sehr die Stimme Fishers, seine intelligenten Geschichten, die Instrumentierung und Arrangements stets als Willard Grant Conspiracy erkennbar sind – so sehr vollführen sie hier einen überraschenden Spagat. Da rockt es unverhohlen und ausladend, um sich urplötzlich wieder in ruhiges Fahrwasser zu begeben – ohne kontemplative Nabelschau zu betreiben. Die Erweiterung um tosende Ausbrüche stellt eine recht eigentlich logische künstlerische Entwicklung Willard Grant Conspiracys dar. Und sie ist die nachvollziehbare Erweiterung ihrer Sicht auf die Welt.
Während die ruhigen Folk-Klänge des Openers „Distant Shore“ noch gut auf dem Vorgänger Regard the End Platz gefunden hätten, prescht das 9-minütige (!) Titelstück direkt im Anschluss so groß und gewaltig auf den Hörer zu, dass dieser reflexartig in Deckung gehen wird, wenn er nicht mir offenem Mund wie das Reh im Scheinwerferlicht einfach nur stehen bleibt und sich überrollen lässt. Zeugen des Willard Grant Conspiracy-Auftritts beim vergangenen Orange Blossom Special werden dies bestätigen: Ihr Set-Opener „Let It Roll“ machte in all seiner Brachialität und Entschlossenheit deutlich, dass hier ein neues Zeitalter begonnen hatte.
Selbst bei den ruhigeren Momenten auf diesem Album verfährt das illustre Musiker-Kollektiv um Fisher erdiger und mit mehr „Live-Feeling“ als auf ihrer letzten Studio-Veröffentlichung. Und das, obwohl die wenigsten Musiker beim Einspielen des Albums im gleichen Raum standen.
Die Band ist und war eigentlich schon immer eine lose und wechselhafte Konfiguration von Musikern, deren jeweils aktuelle Besetzung aus den Mitgliedern besteht, die gerade verfügbar sind, um ein Album aufzunehmen oder auf Tour zu gehen. Wie groß die jeweilige Zusammenstellung auch ist – immer formt sich eine vollwertige Band zur derzeitigen Verkörperung der Willard Grant Conspiracy. Dabei stellt das flexible Line-Up und die Lust am Improvisieren zugleich sicher, dass kein Album und kein Konzert sich gleichen, sondern jedes immer ein waschechtes „Einzelstück“ darstellt. Alles ist stets im Fluss. Und so ist auch die Entstehungsgeschichte von Let It Roll eine lange Geschichte der Kollaborateure und Stationen, die sich in Robert Fishers eigenen Worten folgendermaßen liest:
"The basic tracks for Let it Roll were recorded last May in Ljubljana at Metro Studio where we recorded the last record, Regard the End. It was recorded with Janez Krisaj at the engineering helm during a week long break in touring between dates in Italy and Glitterhouse Records annual Orange Blossom Festival celebration.
We recorded the record as live as we could make it, taking advantage of the months of live shows the band had done in the previous year and the dynamics that had developed as a result of the constant playing. It was important to me that we not only got the sound of the live band onto the record but that we managed to get some of the members of the band that had, as of yet, not been able to play on our previous recordings. So we got Erik Van Loo (acoustic and electric bass), Tom King (drums and percussion), and Jason Victor (electric and acoustic guitar), along with Josh Hillman (violin and viola), Yuko Murata (piano and synthesizer) and myself this time to do the basic recordings. Additionally, we were lucky to have Chris Eckman (Walkabouts) join in for some crazy analog synth and organ parts. It was a magical week of recording with everyone exceeding their own inspiration. The initial recordings were added to over the next few months and then we assembled the tracks in Holland at Enschede’s Studio Metro. We also took the opportunity to record a new song, “Lady of the Snowline”, while we were there to finish the record.
The songs on Let it Roll are a collection of tracks written over the last few years. The oldest song is “Mary of the Angel”, originally written for Regard the End. Some of the songs, like “Let It Roll” and “Crush”, feature a harder sound reminiscent of songs like “Go Jimmy Go” and “How to Get to Heaven” found on Mojave. The lead song is a humanist anti war song based on a famous document from the American Civil War called the Sullivan Ballou letter. This letter was written a few days before the writer’s demise at the Battle of Bull Run and its prescience was the inspiration for the song.
Continuing the tradition of collaboration started with “Rosalee” on Regard the End, using an internet modified version of the surrealist game Exquisite Corpse, I wrote the lyrics with Steve Wynn, who also provided back up vocals on the song together with Linda Pitmon (Miracle Three, Golden Smog) and Mary Lorson (Saint Low, Madder Rose). The song “Lady of the Snowline” also features vocals by Mary and by Esther Sprikkelman (Nightblooms, Safe Home) in a long distance non-collaboration that meshed perfectly when we brought them together in the studio.
Bringing the tracks back to California, I was really pleased to get Robert Lloyd (John Wesley Harding, Kingsize Maybe) to contribute to a few songs along with Blake Hazard (The Submarines) who worked with us on Regard the End as well. Dennis Cronin (Vitamin D, Lambchop) added his exquisite trumpet, playing from his home in Brooklyn, NY, and David Michael Curry (Thalia Zedek, Empty House Cooperative) retired to his lair in Cambridge, MA to record some remarkable guitar, saw and viola. Our longtime soundperson now turned recording and mastering engineer, Marzel Morsink, who also recorded the tracks “Lady of the Snowline” and the Dylan cover “Ballad of a Thin Man” at his studio in Holland, assembled all the parts. We finally mixed the tracks back in NYC with another long time band member Charles Calello at his Studio 303 just in time for me to race up to Boston with the finished results and get Jeff Lipton to provide his final mastering flourishes.
In the end, I find myself humbled by the amazing collection of talents that contributed to this record. Without the fairly well documented contributions of the musicians and engineers or the behind the scenes participation of record label personnel, interns, booking agents, and promoters these recordings could never happen. Furthermore it’s the people who listen to the music, imbue it with their own experience and pass it along to their friends that help grow our audience. Every time a new record is finished, I am left with a grateful understanding of the efforts and sacrifices that many people made to allow the songs to come to life."
(Glitterhouse)
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Cassandra Wilson: "Thunderbird" (Blue Note, März 2006) |
Eigentlich
hatte ich mich auf das Album sehr gefreut, als ganz kurzfristig die
Vorankündigung per Email kam, u. a. weil als Produzent T-Bone
Burnett erwähnt wird. Aber direkt bei der ersten Nummer gibt
es Computerbeats, die mir erstmal den Appetit verdorben haben. Außerdem
fehlt die ultimative Coverversion, für die ich Mrs. Wilson so
sehr liebe (ich denke da z.B. wehmütig an das grandiose, gegen
den Strich gebürstete "Harvest Moon" auf "New
Moon Daughter" von 1995 und "Tupelo Honey" auf
"Blue Light 'Til Dawn"
von 1993). Aber ich werde mich in den nächsten Tagen dazu noch
mal äußern ...
(09.04.2006)
Tja ... irgendwie werde ich mit dem Album wohl nicht mehr warm. Zuerst
hatte ich keine Lust, es noch mal aufzulegen. Dann hab ich es doch
noch mal gehört und es machte immer noch nicht "klick".
Schließlich ist die CD ganz aus meiner Aufmerksamkeit verschwunden...
(Weihnachten 2006)
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Blue Aeroplanes: "Altitude" (EMI/Harvest, April 2006) |
Alte
Helden ganz unverhofft! Ich habe zwar mitbekommen, dass englische Bands
im Moment sehr angesagt sind, aber die Blue Aeroplanes sind wohl
nach wie vor "uncool" und werden zwischen dem ganzen Libertines-Babyshamble-Kaiser
Chiefs-Bloc Party-Hype ziemlich totgeschwiegen, weshalb ich auch erst
vor kurzem von dieser ersten neuen Platte seit einigen Jahren erfahren
habe. Nachdem vor einiger Zeit aber das Meisterwerk "Swagger"
wiederveröffentlicht wurde, durfte und wollte man wohl was Neues
aufnehmen - und sogar auf dem wiederbelebten EMI-Kultlabel Harvest
herausbringen!
(13.07.2006) |
Eleventh Dream Day: "Zeroes And Ones" (Thrill Jockey, April 2006) |
meine alten Helden sind zurück! Vor fast 10 Jahren kam die letzte
Platte heraus, die ich mir gekauft habe, vor ca. 5 Jahren gab's zwar
noch mal ein Album, das aber komplett an mir vorbeigegangen ist, wie
ich gerade beim Googeln feststelle.
Eleventh Dream Day gibt es schon seit ungefähr 20 Jahren, bestehen
aus dem Ex-Ehepaar Rick Rizzo (Gesang&Gitarre) und Janet
Bean (Schlagzeug), Bassist Douglas McCombs und wechselnden
"Zweiten Gitarristen". Ursprünglich stammt die Band aus
dem ländlichen Kentucky, ist aber schon lange in Chicago beheimatet.
Während Bandleader (?) Rizzo es in den vergangenen Jahren anscheinend
ruhiger hat angehen lassen, haben Janet Bean als Sängerin/Gitarristin
der Countryband Freakwater und
McCombs als Mitglied von Tortoise mit ihren
"Zweitprojekten" inzwischen wesentlich mehr Erfolg als mit
der Stammkapelle. Trotzdem freue ich mich über jedes neue Album
der Band, die im "Grungeboom" Ende der 80er/Anfang der 90er
sogar drei Platten bei Atlantic herausbringen durfte ("Beet"
von 1989, "Lived To Tell"
von 1991 und "El Moodio" von 1993), dabei aber kommerziell
gescheitert war.
Wie klingt die neue Platte? Eigentlich wie immer. Was bedeutet, dass
hier die Neil-Young-Gitarrenschule gepflegt wird (stellt Euch Onkel
Neil mit einem etwas besseren Sound vor!), nur dass dieses mal als 4.
Bandmitglied kein Gitarrist, sondern Mark Greenberg (ansonsten
Bassist der Chicago-Band The Coctails)
als Keyboarder und Vibraphonspieler zu hören ist.
(15.05.2006)
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10. Album der sich rar machenden Chicago Instutition und Janet Beveridge-Bean
(Freakwater), Rick Rizzo (Gitarrenas der Neil Young Feedback-Schule),
Doug McCombs (Tortoise, Brokeback, Pullman) und Mark Greenberg (Coctails).
(Glitterhouse)
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"Feathers" (Gnomonsong, April 2006) |
Das titellose Debütalbum dieser Band aus Vermont, Neuengland, habe
ich beim Stöbern auf der Seite des Labels Gnomonsong entdeckt,
wo ja gerade auch das neue Album von Michael
Hurley, zusammen mit Ida, erschienen ist. Acht Hippiekinder
musizieren mit Gitarren, Bass, Schlagzeug, Harfe, Bongos, Sitar und
dergleichen, als wären wir immer noch in den späten 60ern:
auch das Cover erinnert wohl nicht zufällig an "Hangman's
Beautiful Daughter" von der Incredible String Band.
Nicht wirklich orginell, aber sehr charmant. Der Rezensent von All
Music Guide schreibt was von Elliott Smith als Frontmann
von Fairport Convention. Ich will das mal Toppen: eine Session
von Pentangle und Amon Düül I (natürlich
wegen der Bongos). Mit der musikalischen Qualität irgendwo in der
Mitte dazwischen.
(26.11.2009)
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After their debut EP, East Vermont freak folk and neo-hippie band Feathers have thankfully issued their full-length debut on CD — finally. Initially released on vinyl under their own steam, it is the second CD to come from Devendra Banhart and Andy "Vetiver" Cabic's Gnomesong imprint. The cover is the first thing to grab one's notice: it apes Current 93's Earth Covers Earth cover — and they did theirs as a faux tribute to the Incredible String Band's Hangman's Beautiful Daughter LP. (Come to think of it, Banhart's Cripple Crow did a similar things...hmmm). Ultimately, it's the music that counts and these eight musicians do create as a collective — song titles are credited only by first names and no instrument credits are given. Musically, one can hear everything form the original Tyrannosaurus Rex's cosmic flower power Brit folkiness to Donovan's dark gentleness to the more ambiguous stridency of ISB themselves, albeit in a far gentler manner. It's the heart of the matter itself: Feathers are the gentlest, most good-natured bunch to come out of the whole acid folk experience. While Banhart can reflect ecstatic experience, Jana Hunter under-the-skin tragedy, and Joanna Newsom the spiritual balancing of dark and light, Feathers puts it all on simmer; it's all quiet, poetic, dignified, and in its own way, moving. It's music that would have sounded dated 30 years ago and sounds like it's out of time and spatial dimensions now. There is a real kindness in this music that reflects something truly genuine. There are engagements with psychedelia here, such as on "Ibex Horn" with its big, deep hand drums, fuzzed-out electric guitar, chant-like chorus vocals (almost everything on Feathers is in a chorus-like vocal, though), and some unidentifiable high-pitched organ sound in the backdrop. There are also lullabies like "Past the Moon," which is childlike in its presentation, its lyric reflecting childhood as a sacred space. "Come Around," which ends the album, has a beautiful singalong chorus. It's difficult to discern if it's a love song or a child's rhyme. Anglo-Celtic tradition shows its face in many places here, most notably on "Silverleaves in the Air of Seedlings" (no kidding, that's the title!) with its magical chorus, but also in "Ulna," which seemingly begins as an interlude but becomes a beautiful Celtic-style ballad that sounds like it could have been done by Steeleye Span had they done a lot of LSD — and that's hardly a criticism. Ultimately, this isn't going to be for everybody; however, it takes discipline, a deeply lyrical sensibility, and patience to play music like this. Keeping oneself in balance with a group of people without showing off any one ego or gift is a difficulty — especially in Western culture. Feathers is a very enjoyable, kind, and loving recording that listeners with open minds will be able to appreciate whether or not it's their cup of tea. Neo-hippie image aside, the music presented with such care here is lovely, soothing, and seductively beguiling; taken in enough times, it becomes utterly magical.
(by Thom Jurek, All Music Guide)
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Mark Knopfler & Emmylou Harris: "All The Roadrunning" (Warner, April 2006) |
Unser Herr Müller war am vergangenen
Sonntag in Hamburg beim einzigen (?) Deutschland-Konzert der beiden.
Bei der Rückfahrt im Schattelbus zum Bahnhof war er plötzlich
umringt von enttäuschten Dire
Straits-Fans, die sich darüber beschwerten, dass Herr Knopfler
mit so einer "komischen Countrysängerin" spielen würde
und damals in den 80ern bei den Dire
Straits das doch alles doch viel besser war.
Ich dagegen höre mir die Platte an, OBWOHL Mark Knopfler da mitspielt
und mich sein Gitarrenspiel, das die alte Vergangenheit nicht ganz
leugnen kann, ein klein wenig nervt. Aber obige Anekdote macht mir
die Platte doch schon wieder viel sympathischer. Außerdem höre
ich Emmylou IMMER gerne singen, egal mit wem und was das auch ist.
Das könnte wohl auch etwas aus dem Telefonbuch oder einem Kochbuch
sein. Und außerdem ist es doch ganz nett, Mrs. Harris mal in den Top
10 der deutschen Albencharts zu finden. Auch wenn das wohl in heutigen
Download- und Schwarzbrennerzeiten wohl nicht mehr all zuviel bedeutet
...
(02.06.2006)
Der Name Emmylou Harris verpflichtet mich zu gewissenhaftem
Zuhören. Ich habe mich also bemüht, die Platte gut zu finden,
aber irgendwie bleibt es doch nur beim "Ganz-Nett-Finden"
bzw. weniger nett formuliert: "etwas langweilig, das Ganze!".
Aus meiner Sicht also ein schwächeres Werk der von mir hoch verehrten
Sängerin, was aber gleichzeitig ein stärkeres Mark Knopfler-Album
bedeutet, der mich ansonsten ja bekanntlich weniger interessiert (herrlich,
wie man kleine Grausamkeiten in hübsche Formulierungen packen
kann!). Also ist das die erste Platte von ihm, die es nach dem von
mir nach wie vor gerne gehörten Dire
Straits-Debüt in die Liste meiner Plattentipps geschafft
hat!
(20.06.2006))
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Mark Knopfler und Emmylou Harris lernten sich einst in einem TV-Special
zu Ehren von Nashville-Legende Chet Atkins kennen. Später trafen
sie sich dann im Studio, um Duette für ein Hank-Williams-Tribute
einzuspielen. Weil ihre Begegnungen stets angenehm verliefen und der ehemalige
Dire-Straits-Chef aus dem schottischen Glasgow und die Americana-Sängerin
aus Birmingham in Alabama bald merkten, dass sie auf einer Wellenlänge
funken, entstand die Idee eines gemeinsamen Albums. Es dauerte allerdings
noch sieben Jahre, bis das endlich im Kasten war. Die prall gefüllten
Terminkalender erlaubten in dieser Zeit nur selten Zusammenkünfte
der beiden.
"Wir haben die Songs immer dann aufgenommen, wenn wir irgendwo ein
bisschen Studiozeit abknapsen konnten", erinnert sich Knopfler an
die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte. Mag sein, dass All The Roadrunning
wegen der langwierigen Prozedur nicht der große Wurf wurde. Das
transatlantische Paar erfüllt hier nicht ganz die Erwartungen, die
man mit einem Gipfeltreffen solcher Giganten unweigerlich verknüpft.
Einige der Songs zwischen Country, Folk und Rock, die die zwei mit Knopflers
Tourformation und Sessionsprofis wie Glen Duncan und Dan Dugmore verwirklichten,
sind leider etwas brav und bieder geraten.
Neben allzu vorhersehbaren Titeln wie der Akustiknummer "Donkey
Town", dem Slowsong "Rollin' On" und dem mediokren Countryrocker
"Belle Starr" sind dem gemischten Doppel freilich auch ein paar
Spitzensongs für die Ewigkeit gelungen. Und allein deshalb lohnt
sich die Anschaffung für Fans schon. Das im Square-Dance-Rhythmus
gehaltene "Red Staggerwing" zum Beispiel macht so richtig Spaß.
Der Uptempo-Track "This Is Us" kann mit Dire-Straits-Hits wie
"Money For Nothing" mühelos mithalten. Der Folkwalzer "All
The Roadrunning" ist mit seinen keltischen Untertönen ganz zauberhaft.
Und das abschließende "If This Is Goodbye" rührt
einen fast zu Tränen. Dieses Liebeslied, das das Zeug zum Klassiker
hat, ist von einem Zitat des Schriftstellers Ian McEwan (Saturday) inspiriert.
Er schrieb kurz nach den Terroranschlägen des 11. September über
die Anrufe, die aus den Twin Towers in New York abgingen und in denen
die vom Feuer bedrohten Menschen ihren Angehörigen ein letztes Lebwohl
schickten. Hier besticht das Roots-Dreamteam mit einer Klasse, wie sie
eben nur echte Ausnahmemusiker erreichen.
( Harald Kepler, amazon)
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This lush and earthy collaboration between Mark Knopfler and Emmylou Harris
may sound like it rose from an amiable weeklong studio session, but the
12 tracks that make up All the Road Running were actually recorded over
the span of seven years. The boot-stomping "Red Staggerwing" and the gentle
"Donkey Town," both of which were bumped from Knopfler's Sailing to Philadelphia
record, give the ex-Dire Straits leader a chance to flex his country muscle,
while the wistful title track spotlights the lovely Harris, whose playful
demeanor and guarded confidence helps keep Knopfler in check during his
sometimes excessive soloing. The two couldn't be more at odds vocally, but
Knopfler's laconic drawl is like an easy chair for Harris' fluid pipes,
and standout tracks like the 9/11-inspired "This Is Goodbye," the wistful
"Beachcombing," and the infectious single "This Is Us" come off as effortless
statements of vitality from both camps.
(by James Christopher Monger, All
Music Guide)
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Matthew Sweet & Susanna Hoffs: "Under The Covers Vol. 1" (Shout Factory, April 2006) |
Ich habe geträumt, ich wäre Matthew Sweet. Von der
Körperfülle her passt das so einigermaßen. Vom Singen, Gitarrespielen
und Haarwux her leider etwas weniger. Auf jeden Fall durfte ich zusammen
mit Susanna Hoffs eine Platte aufnehmen. Und für das Plattencover
haben wir dann Arm in Arm in die Kamera gelächelt!
Wie Ihr seht, wird das hier nichts mit einer seriösen Plattenbesprechung.
Nur soviel: 15 Klassiker aus den 6oern werden nah an den Originalen
(also anders als bei Oldham/Tortoise,
aber doch genauso gut!) neu interpretiert - ein Lied dabei schöner
als das andere: Beatles (das eher selten gecoverte "And
Your Bird Can Sing" von Revolver),
gleich 2x Neil Young vom Album "Everybody
Knows This Is Nowhere", Sandy Denny (natürlich
"Who Knows Where The Time
Goes"), Love (natürlich "Alone
Again Or"), Beach Boys ("The Warmth Of The Sun"),
Velvet Underground, Zombies, etc. Und der Zusatz "Vol.
1" verspricht ja für die Zukunft noch mehr!
(15.05.2006)
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Leidenschaftliche Liebeserklärung an Zeiten, in denen alles besser
war: Der Power-Pop-Prinz und die betörende Bangles-Stimme verneigen
sich mit 15 Coverversionen vor dem Pop-Paradies der 60er (mit einem Abstecher
nach 1971). Egal ob Flower-Pop, Psychedelic-Perlen, Brit-Folk oder kraftvoll
verzerrter Spät-60er Rock gemeinsam mit Richard Lloyd (Gitarren),
Ric Menck (Schlagwerk), Greg Leisz (Gitarren), Van Dyke Parks (1 Orgel-Gastauftritt)
und Joseph Harvey (Cellos) nähern sich die beiden bekennenden 60s-Verehrer
den Orignalen mit Lust, Liebe und hörbarem Spass, vor allem aber
mit Respekt. Hier wird nicht neu-interpretiert, sondern nah am Original
musiziert, bis hin zum herzhaften Nachempfinden von typischen Gitarren-Manierismen
(And Your Bird Can Sing, Cinammon Girl, The Kids Are Alright) oder dem
Einsatz von Tex Mex-Trompeten (Alone Again Or). Eine der Hauptrollen der
Platte spielen die verschiedensten Gitarren-Klangfarben, gern wird der
Verzerrer auch mal auf 11 gedreht, um den Druck des Originals noch zu
verstärken. Allgegenwärtiger wie stets reizvoller Mittepunkt
aber ist das Zusammenspiel der Stimmen der beiden Protagonisten, die in
wechselndem Lead-Gesang, Duett-Vorttrag oder 3-, 4- und noch-mehr-stimmigen
Harmoniesätzen (Monday Monday, Run To Me, The Warmth Of The Sun)
das Herz des Hörers schmelzen lassen. 15 prächtig polierte Pop-Perlen
ohne auch nur die Spur eines Durchhängers; incl. desweiteren Who
Knows Where The Time Goes (Fairport Convention), Is See The Rain (Marmalade),
Different Drum (Stone Poneys), Sunday Morning (V.U.), Care Of Cell #44
(Zombies) und der Psyche-Pop-Pretiose She May Call You Up Tonight (The
Left Banke).
(Glitterhouse)
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Matthew Sweet and Susanna Hoffs have always displayed an unapologetic
love of '60s pop in their own music, and they even teamed up as part of
the pop supergroup Ming Tea to record the terrific "BBC" for
the first Austin Powers film, so the duo's 2006 album, Under the Covers,
Vol. 1, feels logical and right. With this record, the two -- who have
adopted the name "Sid N Susie," although this only appears on
the inside of the CD's booklet and on their MySpace page -- tackle 15
classic pop and folk-rock tunes from the '60s (well, the Bee Gees' "Run
to Me" is from 1971, but its heart is in the '60s). Their selections,
a mix of familiar oldies and beloved cult classics, display exceptionally
good taste: it's a mix of the Beatles ("And Your Bird Can Sing"),
Bob Dylan ("It's All Over Now, Baby Blue"), the Beach Boys ("The
Warmth of the Sun"), the Who ("The Kids Are Alright"),
the Mamas & the Papas ("Monday, Monday"), and Neil Young
("Cinnamon Girl," "Everybody Knows This Is Nowhere"),
plus Love ("Alone Again Or"), the Zombies ("Care of Cell
#44"), the Velvet Underground ("Sunday Morning"), Fairport
Convention ("Who Knows Where the Time Goes?"), the Stone Poneys
("Different Drum"), the Left Banke ("She May Call You Up
Tonight"), and the Marmalade ("I See the Rain"). Not a
bad song in the bunch, and the band -- a rotating lineup largely comprised
of Sweet mainstays including drummer Ric Menck and guitarist Greg Leisz,
plus guitarist Richard Lloyd and keyboardist Van Dyke Parks, both appear
on a couple of tracks a piece -- relish playing songs that they clearly
love, since they never reinterpret the songs, or even play around with
the arrangements. The affection that Sweet, Hoffs and company display
for this music is the reason to hear this record: they're having such
a good time playing their favorite songs, it's hard not to smile along
as well. And if that doesn't make for a major record, it certainly makes
for a likeable one.
(by Stephen Thomas Erlewine, All
Music Guide)
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Tom Verlaine: "Songs And Other Things" (Thrill Jockey, April 2005) |
"Marquee Moon" von
Television gehört für mich definitiv zu den besten
Rockplatten aller Zeiten. Als die Band vor ein paar Jahren sich wieder
zusammentat, war die Freude groß, aber es gab leider nur Konzerte und
keine neue Platte. Wenn nach Jahren der Ruhe plötzlich sogar zwei
Soloalben des Sängers, Gitarristen und Songschreibers der Band
herauskommen, dann ist die Freude natürlich groß, auch wenn sich
nach 2-3 mal Hören noch nicht die ganz große Begeisterung einstellt:
die Stimme von Tom Verlaine ist so gut und eigentümlich wie immer,
gleiches gilt auch für seine Gitarrenarbeit. Aber irgendwie fehlen
mir die verschwurbelten Gitarrenduelle mit Richard Lloyd und
die richtigen tollen Songs. Aber für Marquee
Moon habe ich damals auch länger gebraucht, bis ich es so richtig
gut fand.
(25.05.2006)
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Nach 14 Jahren Pause gleich 2 neue Alben vom Television-Mastermind! Dies
ist das songorientierte, mit gitarrenbetontem höchst atmosphärischem
(Indie) Rock in verschiedenen Schattierungen. Mal groovend a la frühen
Talking Heads, mal schleppend, aber weitgehend ohne Schwere, selten offensiv
rockend, mal verhalten und unter Spannung marschierend, mal ganz relaxt
dahinfließend, mal federnd-tänzelnd. Gemeinsame Merkmale: Ein
klarer transparenter Sound, (meist) relativ ökonomisches konzentriertes
Spiel aller Beteiligten, zudem eine oft dunkle Atmosphäre, eine gewisse
Luftigkeit (nicht bei allen Stücken), mehrfach ein Gefühl von
Einsamkeit. Am charakteristischen (attraktiven!) Gesang hat sich wenig
geändert. Aber welch Gitarren! Einfalls- und variationsreich, voller
Feinheiten in Intonation und Anschlag, diverse effektvoll verzierende
Schnörkel, wunderbar kristallines Spiel (selten verzerrte Klänge),
eine enorm breite Palette an Klangfarben, hier und da herrlich vibrierend
oder gleitend, eine Menge Single-Notes, diverse faszinierende Licks. Der
pure Genuß! Nix Neues insgesamt, aber das gut. U.a. mit ex-Television-Kollege
Fred Smith. (glitterhouse)
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Tom Verlaine: "Around" (Thrill Jockey, April 2005) |
Ist das Gesangsalbum "Songs And Other Things"
schon ein wenig spröde, so gilt das ganz besonders für dieses
Instrumentalalbum, das gleichzeitig herausgekommen ist. Es gibt tatsächlich
nur Tom Verlaine mit seiner Gitarre zu hören, immerhin unterstützt
vom der alten Television Rhythmusgruppe mit Trommler Bill
Ficca und Bassist Fred Smith.
(25.05.2006)
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Die andere 2006er, ein Instrumentalalbum. Im Trio mit ex-Television B.Ficca.
Teilweise malt die Gitarre förmlich feingliedrige filigrane glockenklare
Klänge, Single-Notes außerhalb rhythmischer Fesseln, lang ausklingend,
manchmal schwerelos, feinziseliert, perlend, verweht, tropfend, gleitend,
mit sehr pointiert und delikat gesetzten Effekten (auch spacigen), Orgel-ähnlichen
leisen Verfremdungen, aber auch hier nur wenigen verzerrten Tönen.
Häufig gänzlich unbegleitet. Sporadisch erinnert es (soundmäßig,
nicht stilistisch) gar angenehm an die zarten leisen Sachen von Jerry
Garcia! Bass und Drums agieren (wenn vorhanden) unaufgeregt, sparsam,
teils tänzelnd, flexibel, teils geradlinig, simpel, rockend bis stampfend,
auch mal mit World-Music-Flair. Großteils ruhig, deutlich kommen
Ambient-Einflüsse zum Tragen. Hübsch, aber keine Offenbarung.
(glitterhouse)
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Bruce Robison: "Eleven Stories" (Sustain, Mai 2006) |
Die 11 Geschichten sind natürlich in 11 Countrysongs verpackt,
allerdings nicht solche von der Shania Twain/Garth Brooks-Fraktion,
sondern eher von der entspannt-altmodischen und meist akustischen Sorte.
Der Texaner Bruce Robison schreibt hauptsächlich Lieder für
Kunden in Nashville und sogar für die Dixie
Chicks (eine von den Mädelz ist sogar seine Schwägerin,
soweit ich weiss) und nimmt seine eigenen Platten wohl weniger nach
kommerziellen Maßgaben auf. Mit dabei natürlich wieder seine
Herzensdame Kelly Willis (die könnte
auch mal wieder eine Platte herausbringen, scheint sich aber zur Zeit
lieber um den eigenen Nachwuchs zu kümmern!) und Steeler-Legende
Al Perkins. Ach ja - es gibt auch ein paar schöne Coverversionen,
u. a. das selten gespielte "Tennessee Jed" von den Grateful
Dead (im Original auf dem Live-Tripel-Album "Europe 72")
(31.08.2006)
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5. Album des texanischen Singer/Songwriters (Bruder von Charlie Robison
und Ehemann von Kelly Willis!) aus Austin. Überzeugendes Material
und starke, kraftvolle Performance zwischen den Polen Robert Earl Keen,
Lyle Lovett, Jack Ingram und Radney Foster. Munteres Country Rock-Zeug
steht dabei gleichberechtigt neben wunderschönen, lässigen Country-Balladen
und etwas Acoustic Texas Folk. Robison, der in seinem anderen "Mainstream-Leben"
Hits für solche Superstars wie Faith Hill, Tim McGraw, die Dixie
Chicks, George Strait und Garth Brooks schreibt, zeigt sich auf seinen
eigenen Veröffentlichungen eher laid back, zurückgenommen und
ganz der untrendigen, ehrlichen, handwerklich integren Country Music verpflichtet.
11 Tracks, davon 8 eigene (zum Teil mit Co-Writer Miles Zuniga von Fastball)
und 3 Covernummern: 'More And More' (Webb Pierce), 'Bandera Waltz' (O.B.
"Easy" Adams) und 'Tennessee Jed' (Grateful Dead). Feat. Keith
Gattis, Randy Scruggs, Kevin McKinney, David Grissom, Al Perkins, Marty
Muse, Floyd Domino, Jamie Oldaker, George Rains, Jason Roberts u.v.a.,
auch Kelly Willis als Harmony/Duettsängerin auf mehreren Nummern.
(Glitterhouse)
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Scott Walker: "The Drift" (4AD, Mai 2006) |
Alle 11 Jahre bringt dieser Mann eine neue Platte heraus - und steigert
sich jedes mal dabei in seiner Merkwürdigkeit. Nach dem Lesen
der ersten Plattenkritiken im Vorfeld hatte ich sogar mit etwas völlig
Abwegigem gerechnet, aber es ist doch "nur" eine CD auf
der mit (meistens) normalen Instrumenten (mehr oder weniger) "richtige"
Musik gemacht wird! In etwa so normal und "richtig", wie
schon Captain Beefhearts Trout
Mask Replica "normale Musik" enthält. Nur eben
mit einer der ehemals besten Gesangsstimmen der Popmusik. Beide Platten
halten viele Leute für genial, beide sind aber eigentlich unhörbar.
Und auch ich halte die Beafheart-Platte für außergewöhnlich.
Ob ich Scotts neues Werk jetzt ebenfalls genial finde - das muss ich
mir noch mal überlegen. Dafür müsste ich mir diese
unhörbare Platte also noch öfter anhören. Das wird
aber schwierig wegen "unhörbar", so wie es wohl aussieht.
Also abwarten und stattdessen Judee Sill hören.
(06.05.2006)
Tja - gerade läuft doch tatsächlich mein zweiter Hörversuch! Hier ein paar neue Erkenntnisse:
- Die Musik ist als Hintergrundkulisse beim Arbeiten aufgrund der
großen dynamischen Sprünge (einmal bin ich im Lied "Hand Me Ups"
richtig zusammengezuckt!) völlig ungeeignet - aber dafür ist
sie ja auch nicht gedacht.
- Die Musik ist vom Instrumentalen her ziemlich spannend - aber eben nicht leicht zu hören
- Mir fehlt ein wenig der Bariton von Scott Walker. Wie schon in
den wenigen Interviews zur Platte angekündigt, singt er jetzt
höher als früher - und irgendwie klingt mir das zu sehr
nach Operngesang ("ich sterbe ...")
Fazit: das wird sicherlich nicht meine Lieblinxplatte, aber ich halte
den Mann weiterhin in Ehren. Angeblich will er ja auch irgendwann mal
wieder auftreten und dazu Musik veröffentlichen, die im Konzert
auch umsetzbar und für ein Publikum nachvollziehbar ist. Ich freue
mich schon drauf. Hoffentlich wird das nicht wieder 11 Jahre dauern.
Dann wäre Scott 73 Jahre alt und ich vielleicht auch schon im Rentenalter
...
(02.07.2006)
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Der angeschossene Hirsch flieht wankend in den Wald, und dort röhrt
er seinen Schmerz ins Dunkel - so kommt uns Scott Walker, die Sagengestalt
des Pop, manchmal vor. Auf den zitternden Todernst, mit dem die 63-jährige
Poplegende uns ihre schwerverdaulichen Requieme und Kunstlieder singt,
muss man sich einlassen, bedingungslos, sonst sitzt man irgendwann stirnrunzelnd
und schief lächelnd da mit der ganzen Tragik dieses Albums, die sich
an den Randzonen der (unfreiwilligen) Komik herumzutreiben scheint. Walkers
dynamisches Hörspieldrama um Kriege und seelische Abgründe bebt
vor innerer Anspannung und passt nicht in unsere Zeit der Lässigkeit
und Ironie. Die Klangmonu- und fragmente sind Soundtracks für eine
Zeit, deren Stunde Null der 11. September war. Walkers Album, das erste
seit dem ähnlich hermetischen Tilt" von 1995, reagiert
auf den Terror - und es kriecht dir unter die Haut wie ein schleichender
Schrecken. Wenn du Angst vor der Dunkelheit hast, wirkt The Drift"
wie der Sonnenuntergang über einer stromlosen Stadt. Mit Pop hat
das natürlich so viel zu tun wie ein Joyce-Roman mit einer BILD-Schlagzeile.
The Drift" ist eine einzige verstörende Collage aus Pauken
und Blockflöten, Eselsblöken und Stiefelschritten, Sägegitarren
und orchestraler Schwärze, aus Kriegsgeräuschen, schreienden
Streichern wie Sirenen, dem brutalen Knacken von Geschosseinschlägen,
dem unheilvollem Pochen namenloser Schergen - und der Stimme eines waidwunden
Hirschs, der seinen Schmerz so lächerlich todernst ins Dunkel röhrt,
dass dir Beklommenheit statt Blut durch die Adern fließt. The sun
ain't gonna shine anymore - 40 Jahre nach seinem größten Hit
beginnt man ihm endlich zu glauben.
(kulturnews.de)
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Seine Musik mag polarisieren, ganz sicher jedoch lässt
sie niemanden kalt. Seit seinen ersten Hits mit einer der ersten Boybands
der Welt, den Walker Brothers, hat der mittlerweile 62-jährige mehrere
musikalische Quantensprünge erlebt. Das reichte von den hochgelobten
Jaques-Brel-Interpretationen bis hin zu Climate of the Hunter.
Von schwülstigen Schmachtfetzen hin zu düsteren, beeindrucken
aber gelegentlich auch befremdlichen Soundmonumenten. Sein letztes Werk
Tilt spaltete seine Hörerschaft; all jene, die ihn seither
als Genie verehren, werden auch das neue Album lieben. Es ist ein düsteres,
gothisches, ein unerhörtes Meisterwerk, voller berückender Poesie
und hinreissender Instrumentierung. Die umfangreichen Aufnahmesessions,
bei denen schon mal Schweinehälften zu Percussioninstrumenten wurden
oder eine Holzkiste gezimmert wurde, um nur einen einzigen, speziellen Ton
zu erzeugen, wurden übrigens von Kameras begleitet. Der daraus entstehende
Film, der im Herbst in die Kinos kommen wird, wird u.a. von David Bowie
produziert, auch er ein langjähriger Verehrer von Scotts Kunst. |
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Neil Young: "Living With War" (Reprise, Mai 2006) |
Ja, wenn das mal kein Schnellschuss ist! Heute ist die Platte in Deutschland
erschienen, erst vor wenigen Wochen wurden die Lieder komponiert und
aufgenommen. Und erst seit letztem Sonntag weiß ich, dass es die Platte
überhaupt gibt. Deshalb will ich mich mal bemühen, mit meiner
Besprechung ebenfalls sehr schnell zu sein!
Gott sei Dank ist die Platte nicht so schlecht wie "Greendale"
oder "Are You Passionate?", sodass ich jetzt als alter Fan
nicht mit mir ringen muss, um etwas Positives sagen zu können oder
wie im Falle der beiden erwähnten Platte lieber ganz zu schweigen.
Es ist Neils politischste Platte seit langem, mit Texten, die klare
Position gegen George Bush beziehen. Bei solchen Polit-Texten
ist die Gefahr natürlich groß, dass man künstlerische Peinlichkeiten
produziert (nach dem Motto: "Krieg ist schlecht"), aber irgendwie
schafft Neil Young es doch dabei, künstlerisch "integer"
zu bleiben. Ok - es sind keine poetisch kraftvollen Bilder dabei, aber
ich finde es gut, dass mal jemand unverblümt sagt, dass George
Bush verjagt werden sollte.
Musikalisch wird Neil Young, der nach der akustischen "Prarie
Wind" hier wieder seine Gibson Les Paul krachen lässt,
von Rick Rosas am Bass und Chad Cromwell am Schlagzeug
unterstützt, die beide schon auf der erwähnten "Prairie
Wind" vom letzten Jahr, aber auch auf dem Meisterwerk "Freedoom"
von 1989 zu hören sind. Dazu gibt es spärliche, leicht schräge
Trompeteneinlagen, die mich, jemand der bei Trompeten oft schnell fluchtartig
das Weite sucht, kaum stören. Und es muss natürlich noch der
Gospelchor "100 Voices" erwähnt werden, der so scheinbar
gar nicht zum harten Gitarre/Bass/Drums-Triosound passt, aber es dann
eben doch tut. Danke, Neil!
(12.05.2006)
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Die seit 1969 andauernde Solo-Karriere von Neil Young ist
gezeichnet von Höhen und Tiefen, musikalisch wie textlich. Das nur
in wenigen Tagen eingespielte , sehr kraftvolle Rockalbum Living With War
gehört nicht nur auf die Positivliste gesetzt, es ist wohl das beste
Studioalbum seit Ragged Glory. Das erschien immerhin schon 1990 und Youngs
Begleitung hieß damals Crazy Horse. Sechszehn Jahre später klingt
Living With War, als hätte diese überragende Backing-Band erneut
mitgewirkt dem ist aber nicht so.
Neben einem 100-köpfigen Chor aus Freiwilligen (es kamen viel mehr
Menschen als geplant) ging der gebürtige Kanadier Young, der seit Ewigkeiten
in den USA lebt, mit Chad Cromwell, Rick Rosas, und Tommy Bray ins Studio.
Aber davon werden die Diskussionen, die Living With War begleiten, nicht
bestimmt. Der Patriot und ewige Hippie Neil Young hat sich nämlich
auf die Seite der Bush-Gegner geschlagen und zeigt sich politisch so aktiv,
wie lange nicht mehr.
Wo er steht, wusste Young wohl selber nicht immer. Einmal protestiert
er gegen eine brutale Niederschlagung von Studentenprotesten (Ohio),
sympathisiert mit rechtskonservativen Gedanken (Hawks & Doves), unterstützt
Ronald Reagan trotz aller Fanproteste und hinterlässt in Lets
Roll (Are You Passionate?) einen bitteren Beigeschmack, weil er
im Eifer wohl die gesellschaftlichen Folgen von Terroristenbekämpfung
übersah. Young hat mal über sich selber gesagt: I don't
have a view, I have an opinion that changes because everyday is a different
day.
So, wie er es roh und vital auf Living With War krachen lässt, muss
der Saft, in dem er 2006 im Alter von 60 Jahren steht, wohl gebrodelt
haben. kein Wunder nach Hurrikane Katrina, dem Irak-Krieg und so manch
anderen Blindgängern der Bush-Administration. Ärger ist manchmal
doch ein guter Ratgeber! Und der musste schnell raus. Deshalb wurden Album
wie die Songtexte schon vor der Veröffentlichung des physischen Tonträgers
frei im Internet zugänglich gemacht. Im Radio dürfte Lets
Impeach The President mit der seiner offenen Aufforderung, Bush
Jr. aus dem Amt zu jagen wohl genauso wenig in die Rotation kommen wie
Restless Consumer, der von all den Lügen im Fernsehen
handelt. Dafür wird Living With War sich noch auf Plattentellern
und in Playern drehen, wenn diejenigen, die in neun grandiosen Songs und
einer dick aufgetragenen (America Is Beautiful) Hymne angesprochen
werden, sich ganz woanders drehen...
(Sven Niechziol, amazon.de)
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In a move that deliberately echoes the rush release of "Ohio"
in the wake of the Kent State shootings, Neil Young bashed out his 2006
protest record Living with War in a matter of days, sometimes recording
songs the day they were written, and then seized the opportunities of
the digital age by streaming the entire album on his website only weeks
after it was recorded, with the official digital and CD releases trailing
several days later. It's the best use yet of the instant, widespread distribution
that the Web has to offer, and it also hearkens back to the days when
folk music was topical, turning the news into song. But if the ballads
of the 19th century were passed along gradually, growing along the way,
or if the protest tunes of the folk revival of the 1950s and '60s grew
in stature being performed regularly, gaining strength as singer after
singer sang them, Living with War captures a specific moment in time:
early 2006, when George W. Bush's approval ratings slipped to the low
30s, as discontent sowed by the Iraq War, Hurricane Katrina, rising gas
prices, and much more turned into a general malaise in the country (or
in political shorthand, it was the moment when George W. turned into Jimmy
Carter). To some, the specificity of Young's writing on Living with War
will forever date it, but that's a risk with any topical folk, rock, or
pop, from "We Shall Overcome" to "We Are the World"
-- or "Ohio," for that matter. Young is aware of this and embraces
the allegedly short shelf life of his songs for Living with War by directly
addressing the political turmoil in the U.S.A. in 2006 and the real human
wreckage it has left behind. As such, it will function as a vivid document
of its era, as much as any journalism of its time, but Living with War
isn't rock-as-CNN: it's a work of art, and it's a canny one at that, with
Young drawing on familiar words and music to create both historic and
emotional context for his songs. It's not merely clever that "Living
with War" quotes "The Star Spangled Banner," or that "Flags
of Freedom" consciously reworks Dylan's "Chimes of Freedom"
-- it helps tie Young's work to the past and gives his new work greater
resonance. And nowhere is that more true than on "Let's Impeach the
President" and how its melody recalls "The City of New Orleans"
to help underscore what was lost in the government's bungled reaction
to Katrina's devastation to the legendary American city. With a grandstanding
title like that, along with its George W. soundbites, "Let's Impeach
the President" is the flashiest song here, and it crystallizes what's
good about the album: sure, it pulls no punches and it's angry, but it's
not just ranting; it's artfully written and effective, as is Living with
War as a whole. It's not perfect, but it has a vitality lacking in Young's
recorded work of the last 15 years or so, and its blend of Greendale's
loud, meandering guitar rock and the bittersweet mournful, aging hippie
vibe of Prairie Wind is not only appealing, it's better executed than
either of those good yet flawed records -- and that execution not only
applies to the ragged glory of the recording, but to the songs themselves.
They manage to be unified in a way that Young wanted Greendale to be but
didn't quite pull off, yet they also stand on their own and are, overall,
more memorable than those on Prairie Wind. And that's the reason why,
politics aside, Living with War stands as a very strong, effective Neil
Young album that will continue to have a punch long after the George W.
Bush administration has faded into the history books.
(by Stephen Thomas Erlewine, All
Music Guide)
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Dave Alvin: "West Of The West" (Yep Roc, Juni 2006) |
...
und noch mehr Coverversionen! Der ehemalige Gitarrist der Blasters
konzentriert sich auf Lieder kalifornischer Songwriter, teilweise sehr
bekannt (z. B. "Redneck Friend" von Jackson
Browne, "Loser" von Jerry
Garcia, "Blind Love" von Tom
Waits, "Surfer Girl" von Brian
Wilson oder "Don' Look Now" von John C. Fogerty),
teilweise etwas weniger bekannt ("California Bloodlines" von
John Stewart oder ""Kern
River" von einem 80er-Merle Haggard-Album), manche aber
auch obskur (z.B. "Here In California" von der leider viel
zu früh verstorbenen Kate Wolf
oder "Sonora's Death Row" von Kevin "Blackie"
Farrell, über den ich eigentlich nichts weiß). Alle Autoren
haben aber etwas gemeinsam: alle haben klasse Songs geschrieben.
(13.07.2006) |
Elvis Costello & Allen Toussaint: "The River In Reverse" (Verve, Juni 2006) |
... und noch eine Dütt-Platte! Aber ein Duett, das nicht schief
gehen kann! Einer der besten englischen Singer/Songwriter (obwohl Elvis
sich so wohl selber nicht bezeichnen würde) zusammen mit dem besten
Pianisten, Produzenten und Songschreiber von New Orleans (wenn nicht
sogar der gesamten USA!) haben 13 Songs für eine im letzten Jahr
von Katrina ersoffenen Legende namens New Orleans aufgenommen. Mit dabei
sind als Backingband die Imposters
von Elvis Costello und die Bläser von Allen Toussaint und als Produzent
der in letzter Zeit zu Höchstform auflaufende Joe Henry
(siehe auch: Aimee Mann, Solomon
Burke und Bettye LaVette)
(17.06.2006)
Mehr ...
Der Hurrikan Katrina hat manchen Künstler zu guter Musik inspiriert.
Das meiste davon ist auf Benefizalben mit Bezug zu New Orleans erschienen,
aber nichts war derart gewagt wie dieses generationsübergreifende
Projekt der lokalen Größe Allen Toussaint und des Briten Elvis
Costello, des einstigen Jungrebellen und heutigen Altmeisters ohne Genrebindung.
Toussaint zeichnete als Songschreiber, Produzent und Arrangeur für
Hits von Irma Thomas, Ernie K-Doe, Lee Dorsey, den Pointer Sisters, Labelle
und anderen verantwortlich. Costello, seit langem ein großer Fan
von Toussaints Musik, singt hier relativ bekannte Stücke aus Toussaints
umfangreichem Fundus wie "On Your Way Down" und "Freedom
for the Stallion", daneben aber auch ausgefallenere Titel, von denen
die Mehrzahl ursprünglich von Dorsey aufgenommen wurde. Toussaint
steuert seine charakteristischen Klavier- und Bläserarrangements
bei sowie die Leadstimme auf "Who's Gonna Help Brother Get Further?",
während Costellos Imposters die Rhythmusgruppe stellen. Eine besonders
große, positive Überraschung ist aber das neue Material: der
bittere Titelsong, den Costello ganz im toussaintschen Soul-Spiritual-Stil
geschrieben hat, sowie fünf Gemeinschaftswerke, die von Toussaints
unverkennbarem Sound geprägt sind, ohne dass Costellos persönliche
Note zu kurz käme. Was zur bloßen Kuriosität hätte
geraten können, fügt sich stattdessen glänzend in das Schaffen
beider ein.
(Don McLeese, amazon)
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Dixie Chicks: "Taking The Long Way" (Columbia/Open Wide, Juni 2006) |
Die
Mädelz mag ich ja schon länger. Und nach ihrer Präsidentenschelte
wegen Irak und dem ärger, den sie zuhause dafür bekommen haben,
muss man sie einfach lieb haben.
Was hat sich seit dem letzten Album ("Home"
von 2002) getan? Weniger Bluegrass, mehr Rock, Rick Rubin als
Produzent und der vollständige Verzicht auf fremdkomponiertes Liedmaterial.
Während bislang kaum auf das eigene Songwriting vertraut wurde,
waren die Mädelz jetzt in dieser Hinsicht sehr mutig, auch wenn
sie bei jedem Lied von einem mehr oder weniger prominenten Kollegen
als Co-Autor unterstützt wurden: u.a. von Cheryl Crow, Neil
Finn (Crowded House), Gary
Louris (Jayhawks), Linda
Perry (Four Non Blondes) und Mike Campbell (Tom Petty).
(21.06.2006) |
Midlake: "The Trials of Van Occupanther" (Bella Union, Juni 2006) |
Das zweite Album der Band aus Denton/Texas wurde bei der Veröffentlichung
vor fast vier Jahren überall sehr gelobt. Ich hatte es mir deswegen
auch im Plattenladen angehört (na ja - es war der böse Hai-Vieh-Diskaunter
in Wesel, wenn ich mich recht erinnere ...), aber doch keinen Zugang
bekommen und deshalb vom Kauf erst einmal Abstand genommen. Später
bekam ich von einem Freund eine "Sicherheitskopie" zu Verfügung
gestellt, die aber schnell in meiner Sammlung verschwand, ohne großen
Eindruck zu hinterlassen.
Vor kurzem erschien Album #3, "The
Courage Of Others", und ich habe mich noch einmal mit "Van
Occupanther" beschäftigt - und siehe da: Endlich hat es auch
hier "KLICK" gemacht, aber ich habe keine Ahnung,
warum das jetzt so lange gebraucht hat. Vielleicht war ich bisher einfach
nur unaufmerksam? Mein Musikgeschmack hat sich seitdem eigentlich nicht
so stark geändert, um diesen Umschwung zu erklären!
übrigenz sind beide Alben sehr schön und gar
nicht so unterschiedlich, wie in manchen Kritiken betont
wird: hier gibt es zwar weniger Querflöte und stattdessen
mehr Keyboards - aber das sind eigentlich nur Details
und nichts Grundlegendes. Wichtiger finde ich dagegen das Gemeinsame:
vor allem liefert Sänger und Songschreiber Tim Smith mit
seiner Stimme und seinen Melodien den roten Faden.
(14.06.2010)
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Midlake's second album is a departure from their lo-fi, psychedelic pop-influenced debut. The Trials of Van Occupanther jumps with both feet into the '70s of Laurel Canyon troubadours and soft rock balladeers. It jumps like Bob Beamon right past any other current bands treading similar ground and jumps back into time, becoming one of the best examples of the sound and style you'll ever hear, date of release notwithstanding. The first thing you notice on the album is the stunning vocal harmonies; you might think you dropped in an America disc by mistake. (The best record America ever did, that is.) Tim Smith has the kind of voice you know could be a glass-shattering instrument on par with that of Buckley or Wainwright, but he keeps it dialed down to an intimate scale, which is a wise decision. His vocals bleed melancholy honesty, and the way it combines with Eric Pulido's voice will raise goose bumps. The arrangements provide a perfect bed for the vocals, with cottony layers of acoustic guitars and strings, gentle horns, restrained drums, and lyrical piano combining beautifully. The occasional surprises are effective, especially when they use some of the corniest synth sounds heard since Jan Hammer unstrapped his keytar for the last time, on "We Gathered in Spring" and "It Covers the Hillside." All of which is nice but isn't worth much without songs. Fortunately, Midlake writes unerringly tuneful melodies and thoughtful lyrics about topics other than love and introspection, and lays down plenty of gentle hooks. Nothing that you'll be singing in the shower for days at a time, but each song goes down smoothly and they add up to make The Trials of Van Occupanther a very pleasant, maybe even exciting in a restrained way, listening experience. You'll certainly find yourself reaching for it more often than you might expect; indeed, it has lasting power that many records that sound so good on first listen lack. Midlake might be stuck in the '70s, but they make it sound like the best place on earth.
(by Tim Sendra, All Music Guide)
Vielfalt ist, bei aller atmosphärischen und emotionalen Stimmigkeit, einer der größten Trümpfe des Quintetts aus der Provinzstadt Denton. Orgeln, Flöten, Bläser, Synthesizer - Midlake schrecken nicht davor zurück, egal welche (und wie viele) Instrumente auch immer nötig sind, diese auch einzusetzen. Das Ergebnis ist ein sanfter, aber druckvoller Breitwandsound für anspruchsvolle Indierock-Fans.
(WOM Magazin 6 / 06)
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Allison Moorer: "Getting Somewhere" (Sugar Hill, Juni 2006) |
Nach zwei Jahren das zweite Album der kleinen Schwester von Shelby
Lynne auf Sugar Hill, aber bereits bei ihrem "Abschiedsgeschenk"
an das große Plattenlabel Universal mit dem wunderbaren Livealbum "Show"
war das schon deutlich zu hören, dass es musikalisch weg vom Country
und hin zum Rock geht. Das steht ihr ganz ausgezeichnet. Allerdings
gibt es eine komplette neue Mannschaft um sie herum, bei der besonders
Steve Earle und sein Kumpel Ray Kennedy (Tonmeister) auffallen.
Bis auf ein Lied zusammen mit Steve Earle stammen dieses mal
alle Lieder komplett aus ihrer Feder, ziemlich ungewöhnlich für
Nashville. Zumindest hatte sie bisher meistens zusammen mit ihrem Ex-Mann
Doyle Primm komponiert. Und jetzt mal raten: Allison hat letztes
Jahr geheiratet, und zwar - Ihr werdet es wohl schon ahnen - Steve Earle!!!
Was für ein Glückspilz, dieser Mann!!!
(09.07.2006)
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Aufbauend, mitreissend, einfach herrlich! Die Shelby Lynne-Schwester
setzt ihre Roots-Rock-Wende auf ihrem zweiten Album für Sugar Hill
aufs Fulminanteste fort und hat sich diesmal in die Twang-sicheren Hände
von Steve Earle (Produktion & Gitarre) und Ray Kennedy (Recording
& Mixing) begeben. Mit zwei balladesken Ausnahmen wird hier aufs Prall-Prächtigste
Gitarren-gerockt, Beatleske Harmonie-Liebe und Neil Youngsche Erdverbundenheit
mit Gospel-Seele und Soul-Wärme verbunden und mit Earlescher
Bissfestigkeit ganz nach vorn getrieben. Die E-Gitarren glänzen und
gleißen, twangen und treiben, dass es eine reine Lust ist. Perfekt
aber werden diese 10 Moorer-Originale durch eine mitreißend seelenvolle
Stimme, die von Album zu Album mehr und mehr Shelby-ähnlicher wird.
Im Gegensatz zu Lynne aber betont Moorer die positiven Seiten des Lebens
und versteht es, den Tag mit Energie und Emotion zu füllen und zu
retten. Und wenn Allison in Where You Are im Duett mit sich selbst das
Herz umschmeichelt, dann klingt es, als seien die beiden Schwestern eins
geworden.
(Glitterhouse)
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Alexi Murdoch: "Time Of Consequence" (Zero Summer, Juni 2006) |
Ein Tipp von meinem "musikalischen Bruder im Geiste" Wulf
aus Freiburg - Ehre, wem Ehre gebührt. Dies ist das bereits im
Sommer in den USA erschienene Debütalbum des jungen (?) schottischen
Sängers, der aber schon vor einigen Jahren nach L. A. ausgewandert
ist.
Die Ankündigung "klingt wie Nick Drake" hat mich
bei aller Liebe zu jenem etwas skeptisch in die CD reinhören lassen,
aber es ist genauso wie bei Loretta, deren Sänger
ja auch "nach Tom Petty klingt": wenn die Songs und
deren musikalische Umsetzung so gelungen sind, wie bei diesen beiden
CDs, dann kann ich nur sagen: bitte mehr davon.
(26.11.2006)
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Volle Länge Debüt des in L.A. ansässigen Schotten, der
hier ein hervorragendes Album abliefert, dass mehr als einmal positiv
an Nick Drake (Stimme), John Martyn (Gitarre) oder James Yorkston (Feeling)
erinnert. Normalerweise sollte man ja mit Drake-Vergleichen vorsichtig
sein, aber diese Einzigartigkeit, die vom Drakeschen Schaffen ausgeht,
findet sich in Time Without Consequence wieder. Zudem begeistert das Album
wegen der durchweg hohen Qualität des Songwritings, der sauberen
Produktion und den durchdachten, nie überfrachteten Arrangements.
Bei der Umsetzung halfen unter anderem Greg Leisz und Jim Keltner auf
einigen Songs. Schön verpackt in ein 3-fach klappbares Pappcover
ist das Werk noch dazu.
(Glitterhouse)
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After appearing on the soundtrack to the hit TV show The OC, Alexi Murdoch
could have easily followed Death Cab for Cutie onto the major label merry-go-round
and let a bevy of A&R folks shape him into Next Big Thinghood. Instead,
the Scottish singer/songwriter's self-released debut full-length bears
haunting similarities to the likes of Nick Drake's Pink Moon, hardly the
way to mainstream stardom no matter how many car commercials it inspires.
Nearly a third of the album will be familiar to those who already have
Murdoch's 2004 EP Four Songs, three-quarters of which is reprised here,
including "Orange Sky," the aforementioned small-screen favorite.
("It's Only Fear" is the sole track that didn't make the leap,
insuring collector-geek status for the EP.) The remaining eight songs
are, in the best possible sense, more of the same, and in the case of
the first single "Dream About Flying" and the haunted opener
"All My Days," they surpass the older songs. Murdoch's murmuring,
Drake-like vocals and John Martyn-style acoustic guitar are at the forefront
of the album, with only the most minimal accompaniment. Detractors might
dismiss Time Without Consequence as the work of a Cat Stevens for the
Garden State generation, but there's a always a place for hushed intimacy
and delicate folk-pop singer/songwriters, and Alexi Murdoch fills the
bill without the mewling self-absorption of the emo contingent.
(by Stewart Mason All
Music Guide)
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Grant-Lee Phillips: "Nineteeneighties" (Cooking Vinyl, Juni 2006) |
Sicherlich
ist es nicht die originellste Idee, eine Platte mit Coverversionen zu
machen. Aber zum einen liebe ich das dann doch meistens sehr, wenn es
mehr oder weniger bekannte Songs in ungewöhnlichen Arrangements
gibt. Zum anderen macht Grant-Lee Philips, der Barde von Stars Hollow
(ein Insider-Hinweis!), insofern etwas Besonderes aus der Idee, indem
er sich auf die "angeblich so schrecklichen" 80er beschränkt
und dort vor allem englische (Joy Division, New Order,
Echo & The Bunnymen, Robyn Hitchcock, The Smiths
und The Cure), aber auch ein paar amerikanische (R.E.M.,
Pixies) und australische (Nick Cave, The
Church) Perlen ausgräbt - und sie dann in einem 70er-Folkrocksound
spielt. Besonders gefreut habe ich mich über "Under
The Miky Way" von The Church, das wir mit W4L ja auch
lange gespielt haben und sogar auf unsere CD "10
Songs" gepackt haben. Einziger Kritikpunkt, wenn überhaupt:
warum gibt es nichts von der besten Band der 80er, natürlich den
Go-Betweens?
(13.07.2006) |
Sonic Youth: "Rather Ripped" (Geffen, Juni 2006) |
Meine
erste Sonic Youth-CD seit ca. 10 Jahren! Irgendwie hatte ich an der
Band das Interesse verloren, obwohl mir da sicherlich ein paar schöne
Alben entgangen sind. Aber jetzt hatte ich nach den Lobpreisungen in
vielen Zeitungen mal wieder Lust auf die Band bekommen und muss feststellen:
ganz toll, das Ganze - genau die richtige Mischung aus Krach und Melodie!
(13.07.2006) |
Johnny Cash: "American V: A Hundred Highways" (Lost Highway/American, Juli 2006) |
Ich will mich jetzt nicht mit der Frage aufhalten, ob das hier denn
alles im Sinne von Johnny Cash ist, zu dessen Gesangsspuren nach seinem
Tode von Rick Rubin erst die Musik produziert wurde, denn ich
mag das Ergebnis sehr! Es passt sehr gut zu den anderen vier CDs aus
der Serie, die in den letzten 10/12 Jahren entstanden und mir an's Herz
gewachsen sind. Dieses mal gibt es keine Bearbeitungen möglichst
obskurer bzw. ungewöhnlicher moderner Lieder (da gab es ja schon
mal Sachen von Danzig, Nick Cave, Depeche Mode, Soundgarden, Nine Inch
Nails und Will Oldham), sondern "ganz normale" Vorlagen aus
den Bereichen Singer/Songwriter, Country und Folk. Selbst die olle Kamelle
"If You Could Read My Mind" von Gordon Lightfoot, das
ich noch nie besonders mochte oder "Four Strong Winds" von
Ian Tyson (das ja auch schon mal von Neil Young aufgenommen wurde!)
klingen gesungen von einem dem Tode nahen Johnny Cash sehr interessant
und berührend.
(24.08.2006)
Mehr ...
An den Fragen nach der Legitimität dieses letzten Albums
der American Recordings-Reihe kommt man wohl nicht vorbei, doch sind sie
letzten Endes peripher. Die Gesangsspuren wurden in den letzten Monaten
vor Johnny Cashs Tod im September 2003 aufgenommen, die Arrangements dagegen
entstanden erst zwei Jahre später. Zwar hatte der Mann in Schwarz im
Produzenten Rick Rubin einen Freund, dem er vertraute, doch konnte er das
später Eingespielte eben nicht mehr autorisieren, geschweige denn die
Aufnahmen leiten. Die schiere Kraft dieses Albums dürfte aber alle
Skeptiker verstummen lassen.
Mike Campbell und Benmont Tench von den Heartbreakers, der Studio-Slideguitarspieler
Smokey Hormel (alle drei waren bereits auf früheren Alben von Cash
zu hören) sowie die Gitarristen Matt Sweeney und Johnny Polansky
erzeugen einen Akustiksound, der zwar würdevoll, aber nur an wenigen
Stellen verhalten daherkommt, wenngleich die Dynamik früherer Aufnahmen
fehlt. Die Songs strahlen einen tiefen, elegischen Ernst aus; die Musiker
spielen überlegt, weder zu wenig noch zu viel. Die Texte sind erwartungsgemäß
sehr persönlich und nachdenklich: Das Bewusstsein seiner Sterblichkeit,
begangene Fehler, sein Schöpfer, die Rettung durch den Glauben, der
Verlust seiner Frau June, das Ende seiner Karriere -- all das mag Cash
stark beschäftigt haben, doch in diesen Songs verkörpert er
seine persönliche Lebensgeschichte nicht nur, er wächst auch
über sie hinaus. Während die Musiker in "God's Gonna Cut
You Down" den Takt klatschen und stampfen, durchschneidet Cashs Stimme
die Luft wie die Hand des rächenden Gottes, von dem das Lied handelt.
In dem neuen Stück "Like the 309", dem letzten, das Cash
geschrieben hat, gibt er zu, dass er bereits unter Kurzatmigkeit leidet,
und seine Stimme wird zu einer Metapher für das, was uns allen eines
Tages bevorsteht. In Gordon Lightfoots "If You Read My Mind"
läuft Rubin Gefahr, Cashs bittersüße, schwermütige
Phrasierung in einem geschmackvollen Klangteppich zu ersticken, aber die
Stimme ist doch unbezähmbar. Manche Töne müssen eine unglaubliche
Willensanstrengung gekostet haben. Erstaunlich ist auch, dass Cash Ian
Tysons "Four Strong Winds" nie zuvor aufgenommen hatte; der
schlichte und direkte Text wirkt wie für ihn geschrieben. Zwei andere
Songs dagegen kennt man bereits von Johnny Cash: "I Came to Believe",
das von der Entdeckung des Glaubens erzählt, und das abschließende
Spiritual "I'm Free from the Chain Gang Now". Besonders Letzteres
wirkt endgültig wie ein Vermächtnis. Das Gleiche gilt für
Cashs Version von Bruce Springsteens "Further On (Up the Road)":
"One sunny morning we'll rise, I know / And I'll meet you further
on up the road", heißt es da. Es wäre so schön, John.
(Roy Kasten, amazon.de)
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American V: A Hundred Highways is the long-awaited album of Johnny Cash's
final recordings, the basic tracks for which (i.e., Cash's vocals) were
recorded in 2002-2003, with overdubs added by producer Rick Rubin after
his death on September 12, 2003, at age 71. Between 1994 and 2002, Cash
and Rubin had succeeded in fashioning a third act for the veteran country
singer's career, following his acclaimed 1950s work for Sun Records and
his popular recordings for Columbia in the 1960s and '70s. In the '80s,
Cash's star had faded, but Rubin reinvented him as a hip country-folk-rock
elder at 62 with American Recordings (1994), his first new studio album
to reach the pop charts in 18 years. Unchained (1996) and American III:
Solitary Man (2000) continued the comeback, at least as far as the critics
were concerned, though none of the albums was actually a big seller. But
American IV: The Man Comes Around (2002), propelled by Cash's cover of
Nine Inch Nails' "Hurt" and a powerful video, stayed in the
pop charts longer than any Cash album since 1969's Johnny Cash at San
Quentin. By 2002, however, Cash was in failing health, homebound and in
a wheelchair, and he suffered a personal blow when his wife, June Carter
Cash, died on May 15, 2003. The American series, which posited Cash as
an aged sage and the repository for a bottomless American songbook, had
already shown a predilection for gloom in the name of gravity; it's no
surprise that the fifth and final volume would be even more concerned
with, as three earlier Cash compilations had put it, God, Love, and Murder.
The ailing septuagenarian certainly sounds like he's near the end of his
life, but that said, he doesn't sound bad. Cash was never a great singer
in a technical sense: he hadn't much range, his pitch often wobbled, and
his lack of breath control sometimes found him grasping for sound at the
end of lines. But he was a great singer in the sense of projecting a persona
through his voice; his emotional range, which went from a Sinatra-like
swagger to an almost embarrassingly intimate vulnerability, was as wide
as the spread of notes he could hit confidently was narrow. Such a singer
doesn't really lose that much with age; in fact, he gains even more interpretive
depth. Listening to this album, one can't get around the knowledge that
it is a posthumous collection made in Cash's last days, but even without
that context, it would have much the same impact.
The album begins with two religious songs, Larry Gatlin's "Help
Me," a plea to God, and the traditional "God's Gonna Cut You
Down," which, in a sense, answers that plea. The finality of death
thus established, Cash launches into what is billed as the last song he
ever wrote, "Like the 309," which is about a train taking his
casket away. The same image is used later in the cover of Hank Williams'
"On the Evening Train," in which a man and his child put the
coffin of a wife and mother on another train. Cash sings these songs in
a restrained manner, and even has a sense of humor in "Like the 309,"
in which he complains about his asthma: "It should be awhile/Before
I see Doctor Death/So it would sure be nice/If I could get my breath."
In between the two train songs come songs that may not have been about
death when their authors wrote them, but sure sound like they are here.
As written, Gordon Lightfoot's "If You Could Read My Mind" seems
to concern a romantic breakup expressed in literary and cinematic terms,
but in Cash's voice, lines like "You know that ghost is me"
and "But stories always end" become inescapably elegiac. Bruce
Springsteen's "Further On (Up the Road)" is even easier to interpret
as a call to the hereafter, with lines like "Got on my dead man's
suit and my smilin' skull ring/My lucky graveyard boots and song to sing."
These two songs make a pair with the album's two closing songs. Ian Tyson's
"Four Strong Winds" is, like the Lightfoot selection, a folk
standard by a Canadian songwriter, also nominally about romantic dissolution,
although here the singer who is "bound for moving on" doesn't
seem likely to come back. And the closing song, "I'm Free from the
Chain Gang Now," may have lyrics implying that the unjustly imprisoned
narrator has been set free, but in Cash's voice it sounds like he's been
executed instead and is singing from beyond the grave. The four songs
in between "On the Evening Train" and "Four Strong Winds,"
dealing with faith and love (the former expressed in a previously recorded
1984 Cash copyright, "I Came to Believe"), are weaker than what
surrounds them, but they serve to complete the picture. And it's worth
noting that Cash at death's door still outsings croaking Rod McKuen on
the songwriter's ever-cloying "Love's Been Good to Me." Cash
may never have heard Rubin's overdubs, but they are restrained and tasteful,
never doing anything more than to support the singer and the song. If
the entire series of American recordings makes for a fitting finale to
a great career, American V: A Hundred Highways is a more than respectable
coda.
(by William Ruhlmann, All
Music Guide)
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Golden Smog: "Another Fine Day" (Lost Highway, Juli 2006) |
Nebenprojekt
der Jayhawks-Musiker Gary Louris und Marc Perlman, zusammen
mit Dan Murphy (Soul Asylum), Kraig Johhnson (Run Westy
Run) und Jeff Tweedy (Wilco). Hässliches Cover (gehört
natürlich auch auf die entsprechende Seite). Gute Autofahrmusik.
Muss ich noch öfter hören.
(24.08.2006) |
Charlie Dore: "Cuckoo Hill" (Big Ink, Juli 2006) |
Kurz
nach dem Comeback-Album "Sleep All
Day And Other Stories" von 2004, das ich im letzten Jahr gerade
erst für mich entdeckt hatte, direkt der nächste Streich!
Leider hat es ein bisschen gedauert, bis die neue Platte zu mir durchgedrungen
ist: zu Jahresbeginn habe ich beim Stöbern im mir bis dahin unbekannten
englischen Countrymusik-Magazin "Maverick" am Frankfurter
Hauptbahnhof einen Artikel über die Sängerin und Songschreiberin
mit Hinweis auf das neue Werk "Cuckoo Hill" entdeckt. Anschließend
hat es noch mal einige Wochen gedauert, bis die CD bei mir im Briefkasten
ankam. Zeitlose, wunderschöne Musik.
(04.03.2007) |
Vetiver: "To Find Me Gone" (Fat Cat, Juli 2006) |
Dies ist bereits das zweite Album von Andy Cabic, dem einen oder
anderen als Gitarrist bei Devendra
Banhart ein Begriff. Schöne West-Coast- bzw. Folkrock-Musik,
nicht ganz so verschroben wie beim Chef .
(22.10.2012)
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2. Album von Andy Cabic aus Devendra Banharts Band (der hier als Gitarrist wie Sänger gastiert, 1x auch als Komponist!). Überwiegend ausgesprochen relaxter Folk-beeinflußter eigenständiger Singer-Songwriter mit z.T. Westcoast-Touch, selbst in den wenigen etwas rockigeren Stücken sehr atmosphärisch. Teils verweht (Gitarre, Pedal Steel, Streicher), leicht verträumt, jedoch nicht so hippie-esk wie der frühe Banhart; dafür mehrfach mit psychedelischer Note. Sehr schön, wie sich manche anfangs zarte lichte Songs verdichten, immer weitere Klangfarben hinzukommen, ganz unaufgeregt, ohne dabei laut zu werden, mit hohem Akustikanteil, aber immer wieder auch E-Gitarren, aparte, solche der eher filigraneren/klangmalerischen Art (mit 1 aggressiven Ausnahme). Dabei greift er auf reichhaltiges Instrumentarium zurück, vielfältig arrangiert, Geigen, Celli, Orgel, Flöte, Harmonium; als Basis Akustikgitarren, nur z.T. (dezente) Drums. Das alles klingt ungemein warm und angenehm. Feines Album! Auch und gerade für Banhart-Fans.
(Glitterhouse)
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Bob Dylan: "Modern Times" (Columbia, Aug. 2006) |
Ich würde mich jetzt nicht für den allergrößten Fan
des Mannes halten - und es reicht mir eigentlich auch, dass ich ihn
im Rahmen seiner schon einige Jahre dauernden "Never-Ending-Tour"
auch nur ein einziges mal gesehen habe (in der Nähe, in Oberhausen).
Weil aber die letzten beiden Studioalbum doch ziemlich gut waren,
hatte ich im Vorfeld auch hier ein gutes Gefühl und habe sofort
bei der Veröffentlichung zugeschlagen.
Aber was soll man jetzt zu diesem neuen Werk noch viel sagen? Es hält
auf jeden Fall die Qualität der beiden Vorgängerplatten
"Time Out Of Mind"
von 1997 und "Love And Theft"
von 2001: das heißt, musikalisch geht es um Blues und so was wie "Western
Swing", bzw. das, was "His Bobness" darunter versteht.
Folk ist schon lange nicht mehr sein Thema. Dylan bringt sogar als
Neuheit eine "gewisse Leichtigkeit" mit rein: er scheint
bei den Aufnahmen GUTE LAUNE gehabt zu haben! Außerdem kommt er dieses
mal ganz ohne Gäste aus: seine Tourband hat alles selber eingespielt
und ist gnadenlos gut zusammen.
Gibt's doch irgendwas zu meckern? Eigentlich nicht. Vielleicht das
etwas uninspirierte Cover oder vielleicht die Tatsache, dass "Rolling
And Tumbling" von Muddy Waters mit ein paar neuen Strophen
ergänzt vom Meister als dessen Eigenkomposition verkauft wird?
Aber schließlich haben Led Zeppelin ihr "Whole Lotta
Love" ja angeblich auch ganz alleine, ohne die Hilfe von Willie
Dixon, hinbekommen...
(26.08.2006)
Die CD lief jetzt ein paar mal bei mir im Auto. Ich mag sie eigentlich
immer noch ganz gerne, aber wenn ich so speziell auf die Musik achte
(beim Autofahren blende ich die Textebene immer ein wenig aus: das
scheint mir irgendwie gesünder zu sein!), dann kommt mir zwar
nicht als erstes, aber immerhin doch recht schnell, das Wort "banal"
in den Sinn. Irgendwie fehlen mir die großen Melodien ("How Does
It Feel ..."). Vielleicht sollte man im Auto, außer "Infidels"
und "Like A Rolling Stone", keine Dylan-Platten hören?
Ach ja - das Album ist sogar in den LP-Charts. Finde ich gut, wie
es da im Media-Murx-Markt zwischen Iron Maiden und Christina
Aguilera steht! Und das von mir geschmähte Cover soll sogar
von einem echten Künstler sein! Von so was habe ich eben keine
Ahnung ...
(19.09.2006)
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Mit "Modern Times" veröffentlicht der legendäre
Sänger und Songwriter Bob Dylan nach fünfjähriger Pause endlich
wieder ein neues Studioalbum. Es ist das 44. Album seiner Karriere und enthält
zehn neue Songs, die im vergangenen Winter in einem alten, zu einem Studio
umgebauten, Theatergebäude in Poughkeepsie/New York aufgenommen wurden.
Neben Dylan selbst, der Keyboards, Gitarre, Mundharmonika und Gesang beisteuerte,
spielte Dylans Tourband die restlichen Instrumente auf "Modern Times"
ein. Das Album enthält u.a. die Songs "Thunder On The Mountain",
"Workingman's Blues # 2", "When The Deal Goes Down"
sowie die achtminütige Ballade "Ain't Talkin'", die schon
jetzt als eines der besten Dylan-Stücke der letzten 20 Jahren gelten
kann. Dylans letzte beiden Studioalben "Time Out Of Mind" und
"Love & Theft" zählten zu den erfolgreichsten in Dylans
Laufbahn ("Time Out Of Mind" bekam 1998 sogar die begehrteste
Grammy-Auszeichnung als "Album des Jahres"). Dylan's Status als
eine der letzten lebenden Legenden der Rock-Ära der 60er Jahre ist
von Jahr zu Jahr gewachsen und wurde gerade in den letzten fünf Jahren
durch die Scorsese-Filmdokumentation "No Direction Home", die
Veröffentlichung von Band 1 seiner Memoiren ("Chronicles Vol.
1"), diverse vielbeachtete Katalogveröffentlichungen ("Bob
Dylan Bootleg Series"), etliche Tribute-Alben sowie sein konstantes
Touren um den Erdball noch einmal aufgewertet. Seine aktuelle Freizeitbeschäftigung
als kenntnisreicher und humorvoller Gast-DJ bei der US-Satelliten-Radiostation
"XM Radio" ("Theme Time Radio Hour - with your host Bob Dylan")
wird von seiner weltweiten Fangemeinde mit liebevoller Anerkennung verfolgt. |
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When Bob Dylan dropped the deeply moving yet mournful and brooding Time
Out of Mind in 1997, it was a rollicking rockabilly and blues record full
of songs about mortality, disappointment, and dissolution. 2001 brought
Love and Theft, an album steeped in blues and other folk forms that was
funny, celebratory, biting, and stomping. In the five years since that
set, Dylan was busy: he did everything from a Victoria's Secret commercial,
to endlessly touring, to being in a couple of films -- Larry Charles'
Masked and Anonymous and as the subject of the Martin Scorsese documentary
No Direction Home -- to publishing the first of the purported three volumes
of his cagey and rambling autobiography Chronicles, to thinking about
Alicia Keys. This last comment comes from the man himself in "Thunder
on the Mountain," the opening track on Modern Times, a barn-burning,
raucous, and unruly blues tune that finds the old man sounding mighty
feisty and gleefully agitated: "I was thinkin' 'bout Alicia Keys/Couldn't
keep from cryin'/She was born in Hell's Kitchen and I was livin' down
the line/I've been lookin' for her even clear through Tennessee."
The drums shuffle with brushes, the piano is pumping à la Jerry
Lee Lewis, the bass is popping, and a slide guitar that feels like it's
calling the late Michael Bloomfield back from 1966 -- à la Highway
61 Revisited -- slips in and out of the ether like a ghost wanting to
emerge in the flesh. Dylan's own choppy leads snarl in the break and he's
letting his blues fall down like rain: "Gonna raise me an army, some
tough sons of bitches/I'll recruit my army from the oldest villages/I've
been to St. Herman's church and said my religious vows/I sucked the milk
out of a thousand cows/I got the pork chop, she got the pie/She ain't
no angel and neither am I...I did all I could/I did it right there and
then/I've already confessed I don't need to confess again."
Thus begins the third part of Dylan's renaissance trilogy (thus far,
y'all). Modern Times is raw, shambolic in places. Rhythms slip, time stretches
and turns back on itself, and lyrics are rushed to fit into verses that
won't stop coming. Dylan produced the set himself under his Jack Frost
moniker, and it feels live, immediate. Its songs are humorous and cryptic,
tender and snarling. What's he saying? We don't need to concern ourselves
with that any more than we had to Willie Dixon talking about backdoor
men or his metaphors for love and trouble, or Elmore James dusting his
broom. Dylan's blues are primitive and impure. Though played by a crackerjack
band, they're played with a fury as the singer wrestles down musical history
and tradition as he spits in the eye of the modern world. But blues isn't
the only music here. There are parlor songs such as "Spirit on the
Water," where love is as heavenly and earthly a thing as exists in
this life. The band swings gently and carefree, with Denny Freeman and
Stu Kimball playing slippery -- and sometimes sloppy -- jazz chords as
Tony Garnier's bass and George Receli's sputtering snare walk the beat.
Another, "When the Deal Goes Down," makes it tempting to think
of Dylan aping Bing Crosby in his gravelly snake rattle of a voice (but
find someone who can phrase better). He's an unabashed fan of the old
arch meanie crooner. But it just ain't Bing, because it's got that swing.
Dylan comes from the great blues and jazzman Lonnie Johnson (whose version
of the Grosz and Coslow standard "Tomorrow Night" he's been
playing for years in his live set). If you need further proof, look to
Johnson's last recordings done in the late '50s and early '60s ("I
Found a Dream" and "I'll Get Along Somehow"), or go all
the way back to the early years for "Secret Emotions," and "In
Love Again," cut in 1940. It is in these songs where you will find
the heart of Dylan's sweet song ambition. Dylan evokes Muddy Waters in
"Rollin' and Tumblin." He swipes the riff, the tune itself,
and uses some of the words and adds a whole bunch of his own. Same with
his use of Slim Harpo in "Someday Baby" -- who may have copped
his riff from Muddy anyway. Those who think Dylan merely plagiarizes miss
the point. Dylan is a folk musician; he uses folk forms such as blues,
rock, gospel, and R&B as well as lyrics and licks and/or whatever
else he can to get a song across. This tradition of borrowing and retelling
goes back to the beginning of song and story. Even the title of Modern
Times is a wink-eye reference to a film by Charlie Chaplin. It doesn't
make him less; it makes him more because he contains all of these songs,
their secret histories, and subtle nuances and labyrinthine legends; and
besides, he's been around long enough to do anything he damn well pleases.
Modern Times expresses emotions and comments upon everything from love
("When the Deal Goers Down," "Beyond the Horizon")
to mortality ("The Levee's Gonna Break," "Ain't Talkin")
to the state of the union and world -- check "Workingman's Blues
#2," where Dylan sings gently about the "buyin' power of the
proletariat's gone down/Money's getting shallow and weak...they say low
wages are reality if we want to compete at all." But in the next
breath he's put his "cruel weapons on the shelf" and invites
his beloved to sit on his knee, telling her she means more to him than
himself. It's a poignant midtempo ballad that walks the line between the
political stories of Cisco Houston and Woody Guthrie to the love songs
of Stephen Foster and Leadbelly and early doo wop records. One can feel
both darkness and light struggling inside the singer for dominance. But
in his carnal and spiritual imagery and rakish honesty, he's not giving
in to either side. This is a storyteller, a pilgrim, who's seen it all,
has lived it all, and found it all wanting; he's found some infinitesimal
take on the truth that he's holding on to with a vengeance. In the midst
of changes that are foreboding, Modern Times is the sound of an ambivalent
Psalter coming in from the storm, dirty, bloodied, but laughing at himself
-- because he knows nobody will believe him anyway.
Dylan digs deep into the pocket of American song past in "Nettie
Moore," a 19th century tune from which he borrowed the title and
first line of its chorus. He also uses words by W.C. Handy and Robert
Johnson as he extends the meaning of the tome by adding his own metaphorical
images and wry observations. However, even as the song is from antiquity;
it's full of the rest of Modern Times bemusement. "The Levee's Gonna
Break" shakes and shimmies as it warns about the coming catastrophe.
Coming as it does on the anniversary of Hurricane Katrina, it's a particularly
poignant number that reveals apocalypse and redemption and rails on the
greedy and powerful as it parties in the gutter. There are no sacred cows
-- when Dylan evokes Carl Perkins' exhortation to put "your cat clothes
on," it's hard not to stomp around maniacally even as you feel his
righteousness come through. The great irony is in the final track, "I
Ain't Talkin'," where a lonesome fiddle, piano, and hand percussion
spill out a gypsy ballad that states a yearning, an unsatisfied spiritual
hunger. The pilgrim wanders, walks, and aspires to do good unto others,
though he falters often -- he sometimes wants to commit homicide. It's
all part of the stroll. The guitar interplay with the fiddle (a second
gypsy melody as one of gypsy swing comes through loud and clear and sweet
in "Beyond the Horizon") and the one-note bassline are hypnotic.
Dylan's simmering growl adds a sense of apprehension, of whistling through
the graveyard, of determination to get to he knows not where, but supposedly
it's the other side of the world. It sends the album off with a wry sense
of foreboding. This pilgrim is sticking to what he knows is solid -- the
motion of his feet.
Modern Times offers a new weird America, one stranger than any that's
come before, because it's merely part of a new weird world. In these ten
songs, bawdy joy, restless heartache, comical scenes, and bottomless sadness
all coexist and inform one another as a warning and celebration of this
precious human life and wondering about whatever comes after. This world
view is expressed through forms threatened with extinction: old rackety
blues that pack an electrically charged wallop, parlor tunes and crooned
pop-style ballads that could have come from the 1930s or even the 1890s.
Modern Times is the work of a professional mythmaker, a back-alley magician
and prophetic creator of mischief. It offers a view of the pilgrim as
pickpocket, the thief as holy man, the lover as the fighter. And all bets
are on to see who finishes dead last. What could be more confusing or
so ultimately timeless as contradiction as entertainment, provided with
a knowing, barely detectable grin.
(All Music Guide)
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Lambchop: "Damaged" (City Slang, Aug. 2006) |
Neues von der in ihrer Nashville-Homebase geschmähten "Little
Big Band". Wunderschöner (Wohl-)Klang, wenn auch beim ersten
Hören nicht die für mich zur Kür als Lieblinxplatte wichtigen
Ohrwürmer zu finden sind. Eher ein Soundtrack, der gut als Hintergrundkulisse
geeignet ist. Allerdinx sollte man dann nicht zu sehr auf die guten
& teilweise bösen Texte von Kurt Wagner achten.
(15.08.2006)
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Die Essenz. Die Krönung. Der finale Sonnenuntergang. Danach kann
schlicht nichts mehr kommen. Seit Tagen tauche ich jetzt schon lustvoll
in diesen erlesenen Song-Zyklus ein, lasse mich hinweg treiben und kann
mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie Kurt Wagner dieses edle,
vollendete Kunstwerk jemals wird steigern können. Aber vielleicht
will er das auch gar nicht. Bei aller Schönheit und Größe
der majestätisch dahinfließenden Songs, bei aller Fülle
des fein verwobenen instrumentalen Beiwerks sind die 10 Song-Epen auf
eigentümliche Weise federleicht, Breitwand-Gefühl und filigranste
Kunst gehen eine unauslöschliche Verbindung ein. Verwehter Saitenklang,
eine einsame Pedal Steel, prächtig perlendes Piano, melodiös-sanft
gestreicheltes Schlagwerk, wunderweiche Streicher, eine weinende Violine,
ein gezupftes Cello, verhallte Blechbläser hier wird auf eine
ungemein zurückhaltende Weise das ganz große Kino zelebriert.
Schon bei ijhrer Schöpfung war die Lambchop-Beschreibung nicht mehr
treffend, von Werk zu Werk wandelte sich Wagners Projekt, um schließlich
eine Kategorie für sich zu bilden. So bleiben auch nur die Lambchop-Alben,
um das 2006er Album mit Worten auch nur annähernd beschreiben zu
können. Damaged schwebt gelassen und reif zwischen der zurückhaltenden
Einfachheit von Is A Woman und der seelenvollen Sentimentalität von
Nixon, verbindet erlesenste Country-Wurzeln mit sanften Soul-Harmonien
und cineastischer Weite, und wird gekrönt von einer Stimme, die in
ihrer Verletzlichkeit/Verletztheit mit warmen Melodien und ehrlichen Worten
tiefste Spuren hinterlässt. Groß und edel, reif und schmerzvoll,
schneidend und heilend Damaged ist die endgültige Schönheit.
(glitterhouse)
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Lambchop befinden sich mit Damaged weiterhin auf der Mission,
der Countrymusik ein anderes Gesicht zu geben. Schritt für Schritt
vorwärts läuft dieser von Mastermind Kurt Wagner eingeleitete
Prozess nun seit dem 1994er Debüt I Hope Youre Sitting Down ab.
Auch wenn sich die vielköpfige Band aus Nashville / Tennessee in der
Entwicklung bis zu ihrem nun schon zehnten Werk - Aw Cmon und No,
You Cmon einzeln gezählt und das Outtakes-Album The Decline Of
The Country & Western Civilization mit eingerechnet manchmal
seit- oder auch rückwärts bewegte, so bleibt die Erkenntnis: Lambchop
bleiben einzigartig.
Weit über ein Dutzend Musiker hat Wagner, der weiße Mann mit
viel Soul, um sich gescharrt und jeden Ton mit großem Feinsinn bis
zur Perfektion modelliert. Obwohl die Streicherarrangement auf Damaged
(der Titel ist bewusst identisch mit dem gleichnamigen Album von Black
Flag) viel Platz eingeräumt bekommen, ist von Überproduktion
keine Spur in den sich zumeist langsam bewegenden Tracks. Von enormer
Eleganz und sind sie und strahlen eine große Wärme aus. Bemerkenswert
ist auch, wie die Bariton-Stimme von Wagner mit akustischen Passagen,
Orchestralem und elektronischen Details verschmilzt. Doch hinter den herzzerbrechenden,
anmutigen und ausbalancierten Arrangements verstecken sich auch Texte,
die ganz andere Geschichten erzählen, als die vordergründig
zu hörenden Harmonien vermuten lassen. Geschichten, in denen sich
Risse auftun und vieles kaputt ist, in denen Wagner in seinen Kopf, seine
Seele reist und auch die von körperlichen Problemen geprägte
Vergangenheit aufarbeitet. Da werden die Texte zu Manifestationen. Auf
Damaged herrschen also nur musikalisch paradiesische Zustände. In
I Would Have Waited Here All day zum Beispiel schlüpft
Wagner in die Rolle einer zu Tode gelangweilten Hausfrau, deren täglicher
Höhepunkt die Rückkehrt ihres Mannes von der Arbeit ist. Der
Song endet mit dem deprimierenden Fazit: Its been a lousy
day. Aus Sicht des Hörers müsste es eher lauten: Its
a great record!
(Sven Niechziol, Amazon.de)
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Die leiseste Bigband der Welt - so wird das Bandkollektiv
Lambchop um Sänger und Songwriter Kurt Wagner gerne bezeichnet. Und,
so sagt man, es gibt nur ein oder zwei Musiker auf der ganzen Welt, die
das Telefonbuch singen und damit dennoch Menschen zu Tränen anrühren
können. Kurt Wagner gehört definitiv dazu. Gegründet 1986
als Trio in Nashville, Tennessee, wurde die Band schnell zu einem Musiker-Sammelbecken,
das sich auf seinen Platten einem eigenwilligen Stilmischmasch aus Country,
Soul, Jazz und Noise-Pop verschrieben hat. Ihr 2002 erschienendes Album
"Is A Woman" wurde von der Süddeutschen Zeitung zu einem
der zehn besten Alben aller Zeiten auserkoren. Das war damals ihr sechstes
Album. Nach dem ebenfalls sehr erfolgreichen, aber auch schwer zugänglichen
Doppelwerk "Aw C'mon/ No You C'Mon" (2004) kommt mit "Damaged"
eine Platte, mit der Lambchop sich wieder mehr auf ihre Songs konzentrieren.
Ein Album, das noch mehr aurale Haute Couture ist. Eine Skulptur in High
End HiFi. Eine bestmögliche Definition des Wagnerschen Kunstverständnisses.
Gleichzeitig der intimste, der persönlichste und der größte
Lambchop Wurf seit Langem. Ein schlichtweg atemberaubendes Album. Das es
schafft, trotz all des Anspruchsdenkens direkt unter die Haut zu fahren
und den Hörer zu berühen wie nur wenige andere Platten. Es gibt
den Klang in seinem Kopf und den Klang auf seinen Platten. Immer mehr nähern
sie sich an. "Damaged" ist auch die bislang persönlichste
Platte in der langen Karriere des Mannes aus Nashville und seines vielköpfigen
Ensembles. Kurz gesagt: Kurt Wagner hat einige dunkle Zeiten hinter sich
und das hat sich unweigerlich auf die Platte niedergeschlagen. Sein Gesang
klingt zerbrechlicher denn je. Gleichzeitig ist "Damaged" von
solcher Schönheit und Größe wie kaum ein Lambchop Album
zuvor. |
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(by Richie Unterberger, All
Music Guide)
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Charlie Sexton & Shannon McNally: "Southside Sessions" (Virgin/Back Porch, Aug. 2006) |
Sieben wunderschöne Lieder in knapp 30 Minuten zum halben Preis
- ich denke, dass das ein guter Deal ist! über Shannon McNally
weiß ich nicht viel, außer das sie verdammt gut singt (eher Gospel als
Country in der Klangfarbe) und recht apart 'rüberkommt. Charlie
Sexton war mal in den 80ern ein Gitarren-Wunderkind unter den Fittichen
von Stevie Ray Vaughn und hat es als Erwachsener zum anerkannten
Sänger, Gitarristen und Produzenten im Rootsrock-Bereich gebracht,
allerdings ohne großen kommerziellen Erfolg. Er war sogar mal eine Zeit
lang in der Band von Bob Dylan (zu hören u. a. auf "Love
And Theft" und zu sehen im Video "Cold Iron Bounds",
das es als Beigabe zur neuen CD "Modern Times"
gibt!). Neben guten eigenen Liedern von den beiden gibt es natürlich
auch das, was ich an guten Platten so sehr schätze: gute und geschmackvolle,
möglichst überraschende Coverversionen. Nicht wirklich überraschend,
aber auf jeden Fall sehr gut gemacht werden hier "No Place To Fall"
von Townes Van Zandt und "Biloxi"
von Jesse Winchester präsentiert.
(31.08.2006)
Mehr ...
Sexton und McNally merkten offensichtlich bei der Produktion von Geronimo
und einer nachfolgenden Tour, dass die Chemie zwischen den beiden stimmt.
So traf man sich für ein paar Tage in Sextons Heimstudio, um
zwanglos ein paar Songs einzuspielen. Mit akustischen Gitarren, etwas
Piano und minimalem Schlagzeug servieren sie hier je eine Handvoll eigener
Songs und Versionen von No Place To Fall (Townes) und Biloxi (Jesse Winchester).
Angesiedelt wird das ganze im Dunkel-Folk-Terrain, wobei Shannon McNallys
Stimme für eine zusätzliche Gospelnote sorgt. Ein halbe Stunde,
die viel zu schnell vergeht.
(Glitterhouse)
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Susanna & The Magical Orchestra: "Melody Mountain" (Rune Grammofon, Aug. 2006) |
(Dez. 2006)
Mehr ...
Ein in düstere, hauchzarte, feinst dargereichte Töne gegossener
Traum, der hier Dank Susanna Wallumroed und Morten Qvenild nebelhaft-wirkliche
Form annimmt. Aus Zeit und Genre losgelöste Orignale aus zunächst
unvereinbar scheinenden Quellen werden Dank einer klaren, weichen, traumhaft
schmeichlerischen Stimme und einem zurückgenommen-schwebenden Instrumental-Hintergrund
aus zumeist solo auftretenden Instrumenten (Piano, Cembalo, Autoharp,
Vibraphon, Kirchorgel) zu einem wundervoll wolkenweichen Wunschbild einer
Herbst-Platte vewoben. Nie wirklich fassbar, aber unvergleichlich verführerisch
verzaubern Stimme und Schwebklang Leonard Cohens Hallelujah (zum
Sterben schön), Scott Walkers Its Raining Today und Joy
Division Love Will Tear Us Apart gleichermassen, Dont Twice
Its Alright, Enjoy The Silence und Fotheringay erleben ihre unter
die Haut gehende magisch-mystische Wiedergeburt, selbst Princes
Condition Of The Heart und das Its A Long Way To The Top von AC/DC
fügen sich nicht nur träumerisch weich ein, sie zählen
sogar mit zu den berührendsten Beispielen dieser einzigartigen Cover-Kunst.
Von fast schon schmerzlicher Zartheit, gerade in den a capella-Momenten
von unendlicher Intimität, ein 10-Song-Zauber, dem man sich weder
entziehen kann noch möchte.
(Glitterhouse)
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Transmissionary Six: "Radar" (Glitterhouse, Aug. 2006) |
Hinter dem Bandnamen verbergen sich die Walkabouts-Trommlerin
Terri Moeller (die hier "nur" singt) und Ex-Willard
Grant Conspiracy-Gitarrist Paul Austin. Im Grunde eine schöne
Platte, aber mir fallen zwei Argumente gegen den bereits kursierenden
Spruch vom "Meisterwerk" ein: zum einen höre ich irgendwie
heraus, dass hier ein Studioprojekt und keine Liveband mit beteiligter
Rhythmusgruppe gearbeitet hat: die Arrangements wirken in meinen Ohren
immer ein wenig steif und ohne Dynamik. Allerdinx haben sich mit dieser
Vorgehensweise Leute wie Mike Oldfield ja bekanntlich eine goldene
Nase verdient. Zum anderen gefällt mit die Stimme von Terri
Moeller nicht so richtig. Sie kommt für mich oft ein klein
wenig angestrengt rüber. Schade übrigenz , dass sie hier nicht
selber trommelt, denn das macht sie ja, wie wir von den Walkabouts-Konzerten
her wissen, selber ganz phantastisch.
Versteht mich jetzt bitte nicht falsch: die Platte ist schon sehr schön.
Aber eben nach meiner Meinung kein "Meisterwerk". Es erinnert
mich kurioserweise ein wenig an Aimee
Mann, nur dass diese die besseren Songs und die bessere Stimme (und
mehr Geld im Studio?) hat. Aber auch die von mir geschilderte Herangehensweise
im Studio, wo von den Musikern Schicht auf Schicht übereinander
gelegt werden, statt "abzurocken" oder auch nur einfach "zusammenzuspielen",
hat natürlich ihren Reiz oder ist eben manchmal die einzig mögliche.
Nur gefällt mir bei Aimee Mann
das Ergebnis die Vorgehensweise dann doch besser.
(23.09.2006) |
Wooden Wand & The Sky High Band: "Second Attention" (Kill Rock Stars, Aug. 2006) |
Diese Platte war mir mal im Kölner Normal-Plattenladen (R.I.P.)
aufgefallen: das Cover ist natürlich eine Imitation vom ersten
gemeinsamen Album von John & Beverly Martyn mit dem Titel
"Stormbringer".
Anzunehmen ist natürlich, dass es sich bei James Toth, dieser
amerikanische Sänger und Songschreiber verbirgt sich hinter dem
Bandpseudonym, um einen Fan der beiden handelt. Die Musik auf der kürzlich
erstandenen Vinylplatte spricht dafür, obwohl mich Toth
gesanglich eher an Robyn Hitchcock erinnert. Zwar kenne ich sonst
nichts von dem Mann, aber nach den ergoogelten Informationen soll es
sich bei "Second Attention" um eine seiner "zugänglichsten"
Veröffentlichungen handeln.
(31.10.2010)
Mehr ...
Wooden Wand's (aka James Toth) collaboration with the Sky High Band is such a far cry from his work with the Vanishing Voice it's like night and day (although, according to one feature, the Sky High Band is "a mish-mash of Skygreen Leopards and Vanishing Voice). Unless you know Toth's solo work you'd never suspect he has such a traditional folkie in him. Here the main reference is the Woody Guthrie/Bob Dylan lineage of agit-prop lament and dustbowl blooz. And while Toth's solo work can be tentative, the straightforward and strong arrangements here greatly benefit his slightly skewed yet standard folk tales of sin and redemption. As in his solo work, here on Second Attention there is a prominent echo of Leonard Cohen ("Hot Death," with its biblical references and apocalyptic imagery). There's a palpable campfire singalong in "Portrait in the Clouds" which would be equally appropriate for a dry-county revival meeting or a whiskey-drenched honky tonk. And he even allows us to see his tender side on the sugary love song "Sweet Xiao Li" ("no one kisses sweeter than ginger") and his fun side on the country rambler "Madonna" ("I drink the poison from your venomous thighs"). For ears more receptive to straight-up folk songwriting and with an aversion to "free folk" experimentalism, this is the Wooden Wand album for you!
(by Brian Way, All Music Guide)
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Bonnie 'Prince' Billy: "The Letting Go" (Domino/Drag City, Sept. 2006) |
Rauschbart Will Oldham spielte in Island mit seinem Bruder Paul
am Bass und Dirty Three-Trommler Jim White eine seiner
besten Platten ein! Muss man öfter hören, aber es klingt direkt
von Anfang an nicht so spröde, wie man es sonst von ihm gewohnt
ist. Was nicht bedeutet, dass es sich hier um eingängige Platte
handelt.
(23.09.2006)
Mehr ...
Erwarten sie nichts – und Sie bekommen alles. Angesichts des umfangreichen Schaffens des Will Oldham bei einem einzigen Album von Dem Besten zu sprechen, wäre vermessen. Zu viele langjährige Verehrer haben ganz zu Recht ihr persönliches Lieblingswerk, schwelgen in den Vorzügen einer ganz bestimmten Oldham-Phase, vermissen in späteren Werken vielleicht das Herz der frühen Jahre. 3 Jahre sind seit dem letzten echten Solo-Album Master And Everyone vergangen, eine arbeitsreiche Ruhe, die mit 3 Außer-der-Reihe-Platten zum Glück keine Leere entstehen ließen. Dennoch: Hoch waren die Erwartungen, leise drängelte die Skepsis, als ich Letting Go zunächst zögerlich den Zugang zu meinem Kopf gestattete. Und das Werk von den ersten Tönen an in mein Herz schloß. Langsam und schrittweise stimmt uns Love Comes To Me auf die Sprache der 12 (+1) Songs ein: Vier finnische Streicher legen den gepflegten Teppich, auf dem eine schlichte akustische Gitarre wirken kann, bis eine der intensivsten Stimmen des Genres die Führung übernimmt. Ein rudimentäres Schlagwerk deutet auf wurzeligste Weise den einfachen Rhythmus an, eine wahrhaft engelsgleiche Frauenstimme verzaubert mit himmlischen Harmonien, perlende E-Gitarren-Akkorde runden das Song-Wunderwerk ab. Die schon das erste Stück prägenden Elemente durchziehen das ganze Album, machen es zu etwas ganz Besonderem. Der von Herz und Fingerfertigkeit geprägte Dialog zwischen der akustischen und der elektrischen Gitarre (von beeindruckender Reife: Emmett Kelly), das ungemein zurückhaltende, variierende, dabei von höchster Kunstfertigkeit geprägte Schlagwerk (Ein Meister des Weniger-ist-mehr: Dirty Three’s Jim White), die stets präsente, sanft-verlockende Elfenstimme (zum Verlieben: Faun Fable’s Dawn McCarthy), das wunderbare Wirken der Streichquartett-Arrangements (Ryder McNair und Nico Muhly), die als edles, mal barockes, mal cinemascopisches Gegengewicht zur brüchig-erdnahen Atmosphäre des Gitarre-Bass-Trios wirken. Die Melodien sind von Folk-naher Natürlichkeit und gewinnen noch zusätzlich durch die glückliche Stimm-Paarung brüchig-intensiv mit weich-schmeichelnd. Ob leises Folk-Kleinod, wurzel-echter Folk-Blues, edle Lambchop-Weite oder gewaltig-brausende Klang-Orgie – die 13 Songs, aufgenommen in Reykjavik, lassen den Kritiker lustvoll die Suche nach Vergleichen aufgeben, wirken in ihrer ganz eigenen Wunderwelt, eröffnen dem Bonnie Prince Billy-Verehrer ein neues Kapitel der Schönheit. Ach Quark: Ein ganzes Buch. (Glitterhouse)
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Guy Clark: "Workbench Songs" (Dualtone, Sept. 2006) |
Guy Clark ist einer der grossen "alten" texanischen Singer/Songwriter,
in einer Spielklasse mit Townes Van Zandt, Jerry Jeff Walker
und so einigen anderen, der alle paar Jahre ein neues Album mit dem
gleichen Kreis von Musikern (Bekannten?) herausbringt, auf dem eigentlich
immer alles beim alten bleibt: schöne Geschichten, weitestgehend
akustisch instrumentiert im Grenzbereich zwischen Folk und Country.
Also nichts überraschendes oder gar Spektakuläres, aber immer
zuverlässig auf hohem Niveau. Was will man mehr?
Ach ja: "Workbench Songs" heißt das Ganze natürlich,
weil Mr. Clark im Hauptberuf handwerklich tätig ist: und zwar als
Bauer feinster Akustikgitarren.
(28.10.2006)
Mehr ...
... eine wirkliche Überraschung gibt es auf einer neuen Guy Clark-Scheibe
eigentlich nie, und das ist wahrscheinlich die größte Freude
für seine zahlreichen Anhänger in aller Welt. Der texanische
Storyteller ist zwar mittlerweile reichlich in die Jahre gekommen, genießt
aber seit über 30 Jahren eine ungebrochene Zuneigung und einen geradezu
kulthaften Status als Texas/Songwriter-Ikone für die Ewigkeit - wie
auch jüngst wieder auf dem Blue Highways Festival in Utrecht zu beobachten
war. Die Leute hängen förmlich an seinen Lippen und goutieren
jede Regung des Maestros mit völliger Ehrerbietung. Dabei handelt
es sich bei seiner meist spartanisch arrangierten, stets mit demselbem
Zirkel von Musikern eingespielten, immer bedächtigen, altersweisen
Musik um eine ständige Wiederholung auf allerdings hohem Niveau.
Je nach Stimmung empfinde ich dabei tiefen Respekt vor seinem Lebenswerk,
aber oft schon nach wenigen Songs auch große Langeweile. Da wo ein
Kris Kristofferson mit 70 immer noch sexy wirkt, war Clark schon früh
ein alter Mann. Deswegen ist seine erste neue Studio-CD nach fast 4 Jahren
Pause beileibe keine schlechte! Im Gegenteil: Die Arrangements wirken
lebendiger als auf seinen beiden letzten Alben ('Cold Dog Soup'/99 und
'The Dark'/02), auf etlichen Nummern wird Bass & Drums verwendet,
sogar eine elektrische Gitarre schleicht sich mitunter ein und eine Nummer
wie 'Exposé' im munterem Bluegrass-Ambiente sorgt für ungewohnten
Geschwindigkeitsrausch. Ein Townes Van Zandt Cover ('No Lonesome Tune')
und 10 neue eigene Songs (mit Darrell Scott, Rodney Crowell, Gary Nicholson,
Verlon Thompson, Chuck Mead/BR549 u.a. als Co-Writer). Feat Verlon Thompson,
Shawn Camp und Jamie Hartford mit allem was Saiten hat, Multiinstrumentalist/Co-Producer
Chris Latham, Kevin Grantt, Eddie Bayers, Bryn Bright u.a.
(Glitterhouse)
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Phil Lesh & Friends: "Nashville, TN 6.20.06" (Instant Live, Sept. 2006) |
Das scheint der neue Trend zu sein in der Jam-Band-Szene: mal locker 22
(?) Dreifach-CDs (also insgesamt 66 CDs!) von der aktuellen Tournee
raus hauen. Keine Ahnung, wer das bezahlen soll! Oder wer das braucht!
Aber dann habe ich mich doch für eines der Alben entschieden,
denn ich hatte im Vorfeld trotz gewisser "Grateful Dead-Sättigung"
ein gutes Gefühl und auch ein paar schlagkräftige Argumente:
Grateful Dead-Bassist Phil Lesh hatte in seiner Freundesschar
dieses mal einen der weltbesten Jazzgitarristen dabei: niemand anders
als John Scofield! Und dann auch noch Larry Campbell,
den Zauberer an verschiedensten Saiteninstrumenten wie Geige, Gitarre,
Mandoline und Pedal Steel. Und als Sängerin die wunderbare Joan
Osborne! Und als Gast Willie Nelsons getreuen Mundharmonikaspieler
Mickey Raphael. Außerdem fand das Konzert in Nashville, im
alterehrwürdigen Ryman Theatre statt, dem ehemaligen Sitz
der "Gran Ol' Op'ry"! Ich wusste gar nicht, dass man dort
sogar Rocker und Jazzer auf die Bühne lässt.
Das ganze konnte also im Grunde nicht schief gehen - und tat es auch
nicht: Phil's einzigartige Bassläufe und Scofields Wahnsinnsgitarre
zu Jerrry Garcia's Liedern, garniert von Larry Campbells Steelgitarre:
ein echter Genuss - auch wenn Phil nicht wirklich singen kann. Für's
Singen hat er ja noch Joan Osborne und Keyboarder Rob Barraco,
der dabei keine schlechte Figur macht.
Ach ja - zum ersten Mal komme ich in den Genuss einer Live-Version
von "Pride Of Cucamonga", Phil's Countryrock-Irrsinn von
"Mars Hotel". Das
macht hier durchaus Sinn.
(18.10.2006)
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John Martyn: "In Session (BBC-Recordings 1973-78)" (Island, Sept. 2006) |
Lange nichts Neues mehr von einem der besten englischen Singer/Songwriter
gehört, sodass mich diese Sammlung mit Radiosessions aus den 70ern,
solo oder im Duo mit Partner Danny Thompson am Kontrabass, die
sogar bei seinem alten Plattenlabel aus alten erfolgreicheren Zeiten
herausgekommen sind und sogleich im Preissegment unter 10 Oiro angeboten
werden, sehr gefreut habe. Es gibt zwar keine neuen Lieder zu hören,
aber alle Interpretationen sind durchaus gelungen und klingen, wie bei
BBC-Aufnahmen auch nicht anders zu erwarten, ganz vorzüglich. Wohl
trotzdem nur was für alte Fans - aber zu denen gehöre ich
ja.
(17.09.2006))
Mehr ...
These are the complete sessions that John Martyn recorded for two BBC disc jockeys between 1973 and 1978, and though a few have seen release elsewhere before, the majority are new to CD and a welcome addition to the Martyn canon. There's plenty of electric improvisation here, including "Devil Got My Woman" (really "I'd Rather Be the Devil") and "Inside" (better known as "Inside Out"), which get extensive workouts, and there's a 1978 take on "Small Hours" that ends the disc on a lovely, aching note. In between there's plenty of acoustic music (four tracks with a barely audible Danny Thompson on bass) that trawls through Martyn's work on three classic albums from his golden period. He pulls out some excellent performances, his fingers wonderfully agile, and his voice as deep as the bottom of a bottle of Scotch. This is good enough to be more than a footnote; for Martyn fans it's essential.
(by Chris Nickson, All Music Guide)
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Madeleine Peyroux: "Half The Perfect World" (Universal/Rounder, Sept. 2006) |
Es gibt da inzwischen eine ganze Menge Sängerinnen im Grenzbereich
Jazz/Blues/Folk, aber Mrs. Peyroux - keine Französin, sondern aus
Athens, Georgia, genauso wie R.E.M. - ist mir bislang dabei völlig
entgangen. Dabei ist das hier bereits ihr drittes Album und der Vorgänger
soll auch schon mehr als 1 Millionen mal verkauft worden sein. Wie auch
immer.
Die Dame singt wirklich sehr gut (sie wird zu Recht mit Billie Holliday
verglichen), hat wie Cassandra Wilson die passenden elektro-akustische
Arrangements (wohl ein Verdienst von Produzent Larry Klein),
umgesetzt von einer exquisiten Band (David Piltch am Kontrabass,
Dean Parks an der Gitarre, Jay Bellerose am Schlagzeug
und der mir unbekannte Sam Yahel an den Tasten), gelegentliche
und gut passende Studiogäste (z.B. k.d. lang, Steeler Greg
Leisz und der deutsche Trompeter Till Brönner) und vor
allem gute Songs in inspirierten Interpretationen (z.B. Fred
Neils "Everybody's Talkin'" und Joni
Mitchells "River"). Jetzt weiß ich auch wieder, warum
mir Willie Nelsons neue Platte nicht so richtig
gut gefällt: uninspirierter Gesang, durchwachsene Liedauswahl und
vor allem: eine schlechtere Produktion!
(24.12.2006)
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Madeleine Peyroux interpretiert nicht einfach Songs, sie nimmt sie in
Besitz... und wird von ihnen in Besitz genommen.
Ihr neues Album Half The Perfect World wurde einmal mehr in
fantastischer Weise von Larry Klein produziert und ist sowohl eine Ergänzung
als auch ein Kontrapunkt zu seinem Vorgänger Careless Love,
der sich weltweit über eine Million Male verkaufte. Dieses
Album unterscheidet sich von Careless Love schon insofern,
als hier eine freudige Grundstimmung herrscht, meint Peyroux über
ihr neues Opus. Es eröffnet mir gewisse neue Horizonte.
Der größte Teil der Songs von Half The Perfect World
stammt von zeitgenössischeren Künstlern wie Leonard Cohen, Tom
Waits, Fred Neil und Joni Mitchell. Der Schlüssel zum Erfolg dieses
Album ist einmal mehr Peyroux Geschick bei der Auswahl der Songs:
Es scheint, als wären sie ihr eigens auf den Leib geschrieben worden.
Nicht weniger wichtig ist aber auch ihr eigenes Songwriting-Talent, das
kontinuierlich weiterreift: Für Half The Perfect World
schrieb sie mit einigen Partnern vier Stücke, die sich nahtlos in
das musikalische Gesamtbild des Albums einfügen. Gemeinsam mit Larry
Klein und Steely Dans Walter Becker verfasste sie die Eröffnungsnummer
des Albums, das wunderbar eingängige Im All Right.
Die anderen Originale schrieb sie im Team mit Jesse Harris und Larry Klein,
das auch schon für den Single-Hit Dont Wait Too Long
von Careless Love verantwortlich gezeichnet hatte. Abgerundet
wird das Album durch Interpretationen von Standards, die aus den Federn
von Johnny Mercer, Charlie Chaplin und Serge Gainsbourg stammen.
Half The Perfect World ist ein Album, auf dem die Zeit still
zu stehen scheint. Es steckt voller Darbietungen, bei denen die Pausen
zwischen den Klängen mindestens genauso viel Bedeutung haben wie
die Klänge selbst.
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Madeleine Peyroux took significantly less time than the eight years between
her debut and its follow-up to release her third album, Half the Perfect
World, which finds a more mature or at least less vulnerable
singer, one who chooses to express herself with nuance rather than overtness.
Often, like in the opening "I'm All Right" one of four
original songs this aversion to unconcealed emotion works well,
playing off the swelling Hammond, the swinging rhythm of the acoustic
guitar (contrasting nicely with the hook of "It's all right, I've
been lonely before"), and the simple drums. But at other times, like
in "A Little Bit" which is bluesy and more upbeat and
practically screams for an outburst, a growl, something her hesitancy
instead almost comes across as a flaw, as a fear of fully expressing herself.
On "Blue Alert," where Anjani's voice was full and seductive,
rife with curling smoke rings and lipstick-stained wineglasses, Peyroux
seems desolate and flat and she simplifies the situation too much, though
she does fare much better on the other Anjani/Leonard Cohen piece and
title track of the album. Here, she changes its perspective, mixing the
characters together and sounding beautifully fragile, yet at the same
time strong and certain, as she sings about her love. The same can be
said for her version of the Johnny Mercer-penned "The Summer Wind,"
which uses a cleaner, less dramatic arrangement to convey the feeling
that, though she's thinking about past events with some nostalgia, she's
also able to accept the outcome and move forward with her life. This kind
of resignation hangs heavy throughout the entire album, making every song
she covers seem sadder than the original. Joni Mitchell's "River,"
sung with k.d. lang, is slow and heart-wrenching (lang's voice, especially,
brings a sweet melancholy to it), and Peyroux's version of Charlie Chaplin's
"Smile" has a kind of dejected resoluteness that makes you wonder
if she can even follow the advice she's singing. This subtlety is two-fold,
however. It's so prevalent in the music that it's hard to tell if it's
hinting at greater depth or if it's really a protective blanket, an affected
timidity to prevent exposure. The delicateness of Half the Perfect World
is certainly nice, but Peyroux seems to be using it as a device to hide
behind instead of an actual expression of feeling, and so while the album
is an overall success, it still leaves questions lingering behind the
softly clicking hi-hat, the wandering bass, of when the singer's really
going to show herself completely.
(Marisa Brown, All Music
Guide)
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Yo La Tengo: "I'm Not AfraidOf You And I Will Beat Your Ass" (Matador, Sept. 2006) |
Das Rock-Trio mit inzwischen 25jähriger Bandgeschichte um das Ehepaar
Geogia Hubley (Schlagzeug) und Ira Kaplan (Gitarre), zusammen
mit dem (inzwischen Langzeit-) Bassisten James McNew, auf das
sich angeblich alle Kritiker einigen können. Mag ja sein, freut
mich auch für die drei (aber wo bleiben die Plattenverkäufe?)
und hat natürlich nichts mit meiner Liebe zu der Band zu tun, die
ja nun auch schon fast. 20 Jahren anhält (und begann mit dem eher
unbekannten 2. Album "New Wave Hot Dog" von 1987). Eigentlich
brauche ich hier auch nichts Neues schreiben, denn alles, was ich zum
letzten Album "Summer Sun"
von 2003 gesagt habe, passt auch hier. Ich glaube fast, Yo La Tengo
können gar kein schlechtes Album machen - aber man soll da besser
nichts herbeireden!
(23.09.2006)
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Yo La Tengo haben sich für den eigenen Entwicklungsprozess immer
viel Zeit gelassen. Sie ignorierten dabei jeden Trend und verbaten sich
jede Einmischung von außen, um letztendlich als Indie-Rock-Ikone
dort anzukommen, wo sie über 20 Jahre nach ihrer Gründung mit
I Am Not Afraid Of You And I Will Beat Your Ass stehen. Es ist wieder
einmal ein mehr als gutes Album in einer Diskographie, die ohne faules
Ei auskommt. Was auch daran liegt, dass Ira Kaplan, seine Frau Georgia
Hubley und James McNew im Laufe der Jahre verstärkt Nebenbeschäftigungen
nachgingen: Die Band-Homepage und den Mailorder-Versand alleine aus den
eigenen vier Wänden betreuen, kleine Filmrollen (The Gilmore Girls)
annehmen, Musik für Soundtracks komponieren, die Pop-Geschichte von
hinten aufrollen, anstatt jede neue Platte und Band zu checken.
Auf I Am Not Afraid Of You And I Will Beat Your Ass, in Nashville mit
einer Vielzahl Bläser aufgenommen, vereint das Trio seinen kompletten
musikalischen Werdegang plus ein bisschen mehr. Von Anfang an wollten
YLT die Songs fließen lassen und sie nicht in einen Konzept zwängen.
Deshalb bilden die 15, teilweise recht unterschiedlichen Stücke eine
Art Extrakt. Als Einstimmung wählten sie mit Pass The Hatchet,
I Think Im Goodkind gleich ein zehnminütiges, episch
angelegtes Gitarrenbrett, das ordentlich knarzt. Einen Kontrast bildet
das zärtliche, von Georgia gesungene I Feel Like Going Home.
In Mr. Tough trauen sich Ira und James mit Falsettstimme tatsächlich
in von Bläsern gesäumte Soulgefilde. The Room Got Heavy
taucht dank brillantem Einsatz der Orgel tief in Psychedelia ab, während
Daphnia ein langes, vom Piano getragenes, recht verträumtes
Ambient-Stück ist. Zum finalen The Story Of Yo La Tango,
kein Schreibfehler übrigens, schwingt Ira seine Gitarre wieder wie
eine lärmende Säge. Aber auf dem langen, aufregende Weg bis
dorthin wurde schon früh deutlich, dass die Geschichte der ewig vitalen
Yo La Tengo noch nicht zuende geschrieben ist.
(Sven Niechziol, Aus der Amazon.de-Redaktion)
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After the elegant, introspective romantic narratives of And Then Nothing Turned
Itself Inside-Out and the beautifully crafted but restrained pop textures
of Summer Sun, it was hard not to wonder if Yo La Tengo was ever going
to turn up the amps and let Ira Kaplan go nuts on guitar again, and for
more than a few fans "Pass the Hatchet, I Think I'm Goodkind,"
the opening cut from YLT's 2006 album I Am Not Afraid of You and I Will
Beat Your Ass, will feel like the reassuring sound of a homecoming --
ten minutes of noisy six-string freak-out, with James McNew's thick, malleable
basslines and Georgia Hubley's simple but subtly funky drumming providing
a rock-solid framework for Kaplan's enthusiastic fret abuse. After the
thematic and sonic consistency of their previous two major albums, I Am
Not Afraid marks a return to the joyous eclecticism of 1997's I Can Hear
the Heart Beating as One, though nearly ten years down the road Yo La
Tengo sounds noticeably more confident in their embrace of different styles
and less hesitant in their technique on this album -- even Kaplan's gloriously
unkempt guitar solos start to suggest a certain degree of well-earned
professionalism. The songs also sound a shade less playful and more disciplined,
though the group's ability to bring their distinct personality to so many
different styles attests to their continuing love of this music and the
quiet strength of their vision -- the neo-Byrds-ian psychedelia of "The
Race Is On Again," the homey horn-punctuated pop of "Beanbag
Chair," the plaintive folk-rock on "Black Flowers," the
aggressive Farfisa-fueled minimalisms of "The Room Got Heavy,"
and "Daphina," which suggests a John Fahey track transcribed
to piano and then used as the root for a eight-minute exercise in low-key
atmospherics, all function on a different level and each one satisfies.
What's both engaging and impressive about I Am Not Afraid of You and I
Will Beat Your Ass is that, as usual, these 15 songs always end up sounding
like Yo La Tengo, whether they're upbeat guitar pop or dense loop-based
drones, and if there's a bit less childlike élan here than in the
past, there's also an intelligence and joy that confirms Yo La Tengo is
still one of the great treasures of American indie rock, and they haven't
run out of ideas or the desire to make them flesh in the studio just yet.
(by Mark Deming, All
Music Guide)
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Jim Lauderdale: "Bluegrass" (Yep Roc, Okt. 2006) |
2002
hat der Mann schon mal zwei Alben gleichzeitig veröffentlich, einmal
Bluegrass mit Ralph Stanley ("Lost
In The Lonesome Pines")und einmal "normalen" Honkytonk-Country
("The Hummingbirds").
beide male nur eigenes Liedmaterial der höchsten Qualität.
Auch jetzt hat er wieder so viele eigen Lieder zusammen, dass er wohl
zwei Alben draus machen musste. Allerdings habe ich mir erstmal nur
das Album im akustischen Klang besorgt um die übersättigung
zu vermeiden - und bin zufrieden und habe Hochachtung vor dem Mann.
Jim Lauderdale geht zwar stramm auf die 50 zu, aber es sollen zwei Details
nicht unerwähnt bleiben, die zeigen, dass es sich bei dem Mann
um keinen Schnarchhahn der alten Nashville-Schule handelt: zum einen
ist er bei dem angesagten Yep Roc-Label gelandet, zum anderen
erinnert das Coverdesign nicht durch Zufall an die Mekons oder
die Waco Brothers oder die Pine Valley Cosmonauts, denn
es stammt natürlich von Jon Langford!
(26.12.2006) |
Aimee Mann: "One More Drifter In The Snow" (V2/SuperEgo, Okt. 2006) |
Ich
schwöre beim Weihnachtsmann: meine erste selbst gekaufte Weihnachtsplatte!
Ich habe auch bei Künstlern, die ich ansonsten sehr verehre, bislang
einen Bogen um deren "besinnliche Ausrutscher" gemacht. So
ist zum Beispiel "Light Of The Stable" die einzige Emmylou
Harris-Platte, die nicht in meinem Plattenregal zu finden ist.
Aber immerhin stammt "One More Drifter ..." von Aimee Mann,
von der ich mir wahrscheinlich sogar ein vertontes Kochbuch anhören
würde. Außerdem gab es ein paar Rezensionen von Leuten, die bisher
nicht in Verdacht standen, Weihnachtsplatten zu mögen. Und trotzdem
habe ich mir die Platte nur ganz vorsichtig angehört - und sie
ist genauso toll, wie alle anderen Aimee-Mann-Platten der letzten Jahre.
Neben unbekannten Weihnachtsliedern verschiedener Autoren und einem
eigenen neuen Lied gibt es als Härtetest für meine Ohren auch
zwei Lieder, die man(n) eigentlich nicht mehr bringen kann: "Winterwonderland"
und "White Christmas" - aber es funktioniert tatsächlich!
Na ja - das Cover findet ich etwas schrottig - keine Ahnung, ob das
jetzt ironisch gemeint ist, denn die Musik scheint keinesfalls ironisch
gemeint zu sein.
Jetzt lese ich gerade bei "All Music Guide", dass die Weihnachtsplatte
von Emmylou ebenfalls gar nicht so schlecht sein soll ...
(17.12.2006) |
James Yorkston: "The Year Of The Leopard" (Domino, Okt. 2006) |
Und noch eine schöne Singer/Songwriterplatte aus Schottland! Der
Mann aus dem Glitterhaus hatte ja schon Alexi Murdoch,
den schottischen Exil-L.A.-Residenten mit Nick Drake, John
Martyn und ebend jenem James Yorkston verglichen. Zwar klingt er
von der Stimme her nicht nach Nick Drake, aber er war vor einiger Zeit
immerhin der Support für John Martyn auf dessen kompletter
Tour, der ja schließlich auch Schotte ist. Und Hobotalk
sind auch weder räumlich noch musikalisch weit entfernt.
Dann muss man wohl noch den Jungs von Franz Ferdinand danken
(auch Schotten, aber ganz anders klingend!), deren Plattenverkäufe
es dem Label Domino sicherlich leichter machen, solche Platten
wie diese hier zu veröffentlichen. Denn einen neuen James Blunt
oder Jack Johnson gibt's hier nicht zu entdecken. Gott sei dank.
Obwohl ich die beiden eigentlich gar nicht sooooo schlecht finde.
(26.11.2006)
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Seine Band The Athletes hat er erstmal nach Hause geschickt,
um dieses dritte Album mit ihm spontan gekommenen Songs zu füllen.
Glaubt man dem Info, hat er nicht lange dran rum gefeilt und oft auch gleich
die erste Gesangsspur genommen. Das fällt nicht wirklich auf, denn
für die tontechnische Umsetzung waren Paul Webb (a.k.a. Rustin Man)
und Phill Brown (Walkabouts, Midnight Choir) zuständig, die ja auch
zusammen an Talk Talks Spirit Of Eden arbeiteten.
Die beiden Soundästheten sorgen also für ein glasklar-warmes Klangbild,
das sich nur aus wenigen Instrumenten zusammensetzt: Akustische Gitarre,
wenig Keyboards, ein schön vibrierender Bass, mal ein Akkordeon, Geige
oder weibliche Harmoniegesänge, kein Schlagwerk.
Vor diesen Arrangements erzählt Yorkston mit weicher Stimme seine
Geschichten, sehr intim und atmophärisch, schon lose im britischen
Folk verwurzelt, aber mit offenen Ohren für andere Einflüsse
(der Künstler selbst nennt Jacques Brel, Can, Scott Walker und Johnny
Cash) und gänzlich ohne Muff.
The Year Of The Leopard ist ein in sich geschlossenes, rundes kleines
Juwel, mit dem man perfekt den Tag beginnen kann (mache ich seit 2 Wochen),
das aber genauso gut als letzte Platte am Abend funktioniert.
(Glitterhouse)
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With help from part of the Talk Talk clan, producer Paul Webb and engineer
Phill Brown, former hard rocker from Fife James Yorkston's third full-length
album is easily his warmest and most accessible folk offering. Gently
rolling opener "Summer Song" is nearly a blueprint of the album
as a whole; Yorkston harmonizes dolefully for three-quarters of the track
with spare backing, and then a clarinet and double bass wall infuses warmth
and makes the world well. Gorgeous standout "Steady as She Goes"
picks up right where the opener leaves off, with Yorkston alternating
between a confessional talky Arab Strap voice and a falsetto that drifts
evocatively around strings, mandolins, a weepy harmonica, and train-like
brushed drums. He returns to spoken word delivery with the slow-burning
and spooky "The Brussels Rambler" and the autobiographical "Woozy
with Cider," where he wonders aloud if his music will eventually
make him rich over an organic pastiche reminiscent of Steve Reich. The
influence and hands of Webb and Brown are omnipresent, particularly in
the spare plucking of "Orgiva Song," which suggests the meeting
place of Bert Jansch and Mark Hollis. Just as he brought an experimental,
modern touch to his collaborative work with Beth Gibbons, Webb helps Yorkston
here to straddle multiple genres, from indie rock to introspective jazz
all in a base of traditional acoustic folk. The album is a brittle, introspective
affair, but it's brimming with perfectly timed moments of emotional release,
beautiful atmosphere courtesy of Webb's masterful oversight, expert folk
playing, and Yorkston's rich voice, poetic delivery, and unerring songwriting.
It's simultaneously cool yet soul-revealing, sparse yet full, experimental
yet grounded, and mournful yet uplifting. The Year of the Leopard is James
Yorkston at his very best.
(by by Tim DiGravina , All
Music Guide)
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Willie Nelson: "Songbird" (Lost Highway, Okt./Nov. 2006) |
Im Oktober im Plattenladen noch nicht zu bekommen und im November
noch zu teuer habe ich mir Willies neuestes Werk recht spät erst
angeschafft. Mit Ryan Adams
und dessen Begleitband "The Cardinals" und der Unterstützung
von Willies hauptamtlichem Harpspieler Mickey Raphael (der
meist als Einziger der Stammband mit in's Studio darf, während
seine Kollegen außen vor bleiben!) eingespielt, entstand dabei sicherlich
eines der besseren Nelson-Album der letzten 10-15 Jahre, wobei diese
oft nicht so besonders waren (Ausnahmen: "Spirit" und vielleicht
"Teatro"), aber für meinen Geschmack ist "Songbird"
leider kein wirklich tolles Album. Das hat vielleicht damit zu tun,
dass sich meine Ryan-Adams-Begeisterung und auch meine Willie-Nelson-Begeisterung
etwas gelegt haben. Oder vielleicht damit, dass ich die Songauswahl
und die Interpretationen zum Teil nicht so spannend finde: bei "Hallelujah"
wird offensichtlich Jeff Buckley gecovert, der ja auch nur
John Cale gecovert hatte, von
dem diese Adaption des Leonard Cohen Songs im Grunde stammt.
Gram Parsons "$1000 Wedding"
kann ich noch nicht so richtig einsortieren und ist auf jeden Fall
nicht so gut wie das Original oder die Version der Mekons.
Fleetwood Mac's (bzw.
Christine McVie's) "Songbird" ist eigentlich ein schönes
Lied, aber schon besser gecovert worden (z.B. von Rita Coolidge,
Eva Cassidy oder unlängst Denison Witmer). "Amazing
Grace" wird von Dur nach Moll verfremdet, was einem Lied selten
gut tut. Die eigenen Stücke von Willie gibt es meist schon auf
anderen Alben, aber ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht,
zu vergleichen, ob diese Neuaufnahmen was gebracht haben.
Warum finde ich die Platte dann trotzdem "ganz gut"?
Willie und Ryan sind natürlich gute Leute, die nur eben meine
(berechtigten!) hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Ein Highlight
gibt es aber doch noch zu vermelden: "Stella Blue", eine
selten gecoverte, jazzige Grateful-Dead-Nummer vom Album "Wake
Of The Flood", wird überraschend gut interpretiert.
Insgesamt muss da Album wohl noch öfter gehört werden.
(23.12.2006)
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Wundervoll abgehangenes, von gegenseitig befruchtender Kreativität
und Erfahrung geprägtes Treffen der Generationen: Zur Verwirklichung
seiner 2006er 11-Song-Kollektion begab sich der ewige Outlaw Nelson ganz
in die Hände des jungen Immer-Noch-Wilden Ryan Adams, der nicht nur
für die herrlich klare, zeitlos zwischen purem und alternativem Country
schwebende Produktion verantwortlich zeichnete, sondern mit seinen Cardinals
(mit Neal Casal an Gitarre und Piano) auch das spürbar handgewirkte
Instrumental-Kleid für Willies einzigartigen Gesang strickte.
Mit den Cardinals als mal Country-Walzer-tanzender, mal alternativ rockender,
mal gefühlvoll schwelgender Basis, mit herausragenden Auftritten
von Mundharmonika (Mickey Raphael), Pedal Steel (Jon Graboff), Hammond
B-3 (Glenn Patscha) oder eines mit allen Gospel-Weihen gesegneten Chores
an ihrer Seite verleiht die Stimme Nelsons wohlvertrautem und unbekanntem
Material neues Leben. Christine McVies Songbird wird von falscher
Sentimentalität befreit, in 6:23 Minuten Stella Blue (Grateful Dead)
erkämpft sich die E-Gitarre laut und heftig ihren Freiraum, Leonard
Cohens Hallelujah erhält ein von Steel Guitar und Mundharmonika
beweintes, pures Country-Gewand, Amazing Grace wird zum düster-twangenden
Country-Waltz. Auch die Nelson-Originale Rainy Day Blues, Sad Songs &
Waltzes und We Dont Run gewinnen merklich durch Adams Energie,
Gram Parsons $ 1000 Wedding und das exklusive Blue Hotel des Produzenten
und Mittäters runden die wohlgewählte Songkollektion ab. Belebender
hat ein Aufeinandertreffen der Generationen seit den Tagen von Cash und
Rubin nicht mehr gewirkt.
(Glitterhouse)
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The pairing of Ryan Adams and his band the Cardinals with Willie Nelson
may seem a tad odd, but Nelson has always had a penchant for the unusual
and extraordinary; from Plácido Domingo to Leon Russell, Nelson
enjoys working with others in collaboration. That said, Songbird is a
collaboration of a different sort, and it most resembles in feel,
not sound the work Nelson did with Daniel Lanois on Teatro: loose,
relaxed, adventuresome. In essence, Nelson allowed Adams to produce him
using the Cardinals, and a couple of Nelson's sidemen, harmonica player
Mickey Raphael and Glenn Patscha on Hammond B-3. This is Nelson singing
electric rock and blues. While that may read like it would be a travesty,
it actually accounts for Nelson's best record since Teatro. His easy delivery,
contrasted with Adams wiry production, creates an emotionally honest,
deeply moving recording with the best traits of both men shining forth.
Nelson wrote four tracks on this set, Adams wrote two, and the selection
of covers "Songbird" by Christine McVie, Leonard Cohen's
"Hallelujah," Jerry Garcia and Robert Hunter's "Stella
Blue," Gram Parsons' "$1,000 Wedding," and Harlan Howard's
"Yours, Love" is stellar.
Opening with Nelson's "Rainy Day Blues," featuring Raphael
and Adams in deep blues counterpoint, Willie seems to take energy from
the ban; finding a slippery sense of time in the verses, he walks between
the instrumentalists. It's an unlikely opener but a fine one. Christine
McVie's classic title track, originally appearing on Fleetwood Mac's Rumours,
has been utterly reinvented here. The band, in full jangle mood, Nelson
sounding decades younger than his 73 years, make this a hungry song, one
that pledges to the beloved in absentia, writing a letter and pouring
out his heart to the woman he desires. The guitars sting and slither in
the breaks. Adams' "Blue Hotel" follows and is the mirror image
of the title cut. This is the road-weary, lonesome protagonist strolling
aimlessly and forlornly; he's raw and confused and the song is the only
outlet for expressing his desolation. A chorus of backing vocalists enters
the tune on the final refrains and takes it over the top. It's devastatingly
beautiful. Turning Leonard Cohen's "Hallelujah," into a country
waltz is no mean feat, but Nelson and Adams strip away all the overblown
intensity the song has been imbued with in the past by others and states
it matter of factly. There are some wonderfully understated sound effects
and again a choir picking up the refrains and a pedal steel guitar leading
the changes as the band helps the singer through the tune. Adams and band
had to adjust to Nelson's rollicking style of performance-oriented songwriting
on his "We Don't Run," that spits and struts and glides by like
a tour bus on the highway in the night. The haunting reading of "Amazing
Grace" that closes the set is almost an Adams' nod to Lanois' liberal
interpretations of traditional songs. The band all centers around the
B-3, and Nelson sings in counterpoint, reinventing the melody. His protagonist
is standing on the verge of the abyss between life and death and has the
sobering enlightenment that grace comes only when it is granted unexpectedly.
Ultimately, Nelson is at a peak here; he's had many and hopefully there
will be many more God knows we need him and Adams' understated,
true-to-the-song production leads us to hope for more of this from him.
Songbird is a late-year surprise, and a stunner from top to bottom.
(by Thom Jurek, All
Music Guide)
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Joana Newsom: "Ys" (Drag City, Nov. 2006) |
OK,
das Album ist natürlich nicht "frisch ausgepackt", sondern
hat bei mir bereits ein wenig länger herumgelegen, bevor ich es
mir endlich mal konzentriert anhören konnte. Harfenmusik ist normalerweise
ja nicht mein Ding, aber da geht es ja vielen von Euch wahrscheinlich
nicht anders. Außerdem ist die Stimme von Mrs. Newsom in der Tat "gewöhnungsbedürftig".
Trotz alledem ist "Ys" eine wunderschöne Platte, nicht
nur mit einem wunderschönen Cover, die all die Lobpreisungen der
vergangenen Monate wirklich verdient hat. übrigenz mit schönen
Orchesterarrangements von Altmeister Van Dyke Parks, aufgenommen
von "Krachexperte" Steve Albini und abgemischt von
Jim O'Rourke. Und einmal darf ihr Freund und Smog-Mastermind
Bill Callahan mitbrummeln. Das "riecht" natürlich
förmlich nach "Kult".
(03.07.2007)
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Die Frau an der Harfe ist zurück. Mit ihrem Debüt „The Milk-Eyed Mender" spielte sich Joanna Newsom vor zwei Jahren neben Devendra Banhart und Coco Rosie an die Spitze der New-Weird-America-Szene. Unglaublich, welche Sounds sie aus der Harfe rausholt. Noch unglaublicher allerdings ihr Gesang: Die einen hören in Newsoms Stimme die eines fünfjährigen Mädchens, andere die einer alten Frau. Während die Frau aus San Francisco neben der Harfe bislang nur wenige Instrumente duldete, triumphiert auf „Ys" das große Orchester. Dass weder Newsom noch ihre Harfe dabei untergehen, ist auch ein Verdienst ihres Dreamteams: Um die Grundlagen kümmerte sich der legendäre Steve Albini, der nicht weniger adelige Van Dyke Parks ergänzte die Orchesterarrangements, und abgemischt hat Ex-Sonic-Youth-Mitglied Jim O'Rourke. Klar, die fünf Songepen zwischen gut sieben und fast 17 Minuten brauchen mehr Durchläufe als gewöhnlich, und nach Refrains sucht man in Newsoms dramatischen Songbögen vergebens. Doch nach und nach offenbart sich eine ungeahnte Schönheit. Ein Album, von dem wir noch lange schwärmen werden.
(kulturnews)
Mit ihrem Album The Milk-Eyed Mender (2004) und ihren außergewöhlichen Live-Performances hat sich JOANNA NEWSOM weltweit in die Herzen von zahlreichen Nu-Folk-Fans gespielt. Die geistige Schwester Devendra Banharts, die seit ihrem 7. Lebensjahr Harfe spielt und am Mills College nahe San Francisco Musik studiert hat, veröffentlicht nun ihren neuen Longplayer namens Ys (sprich "iis"). Unter Mithilfe von Beach Boys Kollaborateur/Producer VAN DYKE PARKS, STEVE ALBINI und JIM O'ROURKE ist ihr ein wahrlich großes Meisterwerk gelungen. JOANNA NEWSOMs Harfenvirtuosität trifft auf das Genie VAN DYKE PARKS, das Album als Gesamtkunstwerk ist im positiven Sinne anspruchsvoll und unglaublich facettenreich. Im Mittelpunkt der unkonventiollenen Instrumentierung steht JOANNAs Harfenspiel, das durch ein 30-köpfiges Orchester und entsprechende Arragements von VAN DYKE PARKS verfeinert bzw. verfremdet wird. Darüber thront die faszinierende Stimme von JOANNA, die surrealistisch angehauchte Stories erzählt und ständig irgendwo zwischen einem 8-jährigen Mädchen und einer 80-jährigen Blues-Sängerin Tonlagen variiert, eine Stimme, die mal an Victoria Williams, Scout Niblett, Judy Garland und Björk erinnert. Der legendäre Producer STEVE ALBINI hat die Harfe und die Vocals aufgenommen, komplett abgemischt wurden die 5 Songs (die eine Gesamtspiellänge von 55:44 Minuten aufweisen) von JIM O'ROURKE. Und diese sagte über Ys: "In einem Moment während des Mixens dieses Albums sagte ich zu Joanna: "Ich habe eine Idee für die Anzeige zu diesem Album, nur ein Bild von Dir, darüber der Schriftzug "Musik" und darunter "ist zurück". Fast zu schön für diese Welt.
Ein herzzerreißendes Werk von umwerfender Genialität. Die Songs erstrahlen in himmlischer Streicherpracht, fast schwerelos, die Celli und Violinen fliegen wie Geister um die Melodien, sie kommen und gehen ohne Voranmeldung. Joannas Stimme und Harfe bilden zu jeder Zeit das Zentrum der Platte, es ist die große, herzzerreißende Geschichte aus dem privaten Fantasieland der Joanna Newsom, bevölkert von syntaktischen Extravaganzen, mit denen T. C. Boyle ganze LiteraturKlassen beschäftigen könnte.
(F. Sawatzki, Musikexpress 12/06)
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Ayo.: "Joyful" (Polydor, Nov. 2006) |
Ganz frisch entdeckt! Die Sängerin Ayo. stammt eigentlich aus Köln,
hat einen nigerianischen Vater und eine rumänische Mutter, startete
ihre Karriere in Hamburg bei einem Hiphop(?)-Gruppe, deren Namen mir
gerade nicht einfällt (irgendwas mit "Sisters"), lebt
meistens in Paris und hat ihr Debütalbum in New York aufgenommen.
Ich habe ihre Debüt-CD durch Zufall entdeckt, weil sie im Plattenladen
auf dem Stapel der von Kunden gehörten und noch nicht wieder weggeräumten
CDs lag und mir sofort "in's Auge fiel", was bei dieser aparten
Dame wirklich wortwörtlich zu verstehen ist. Neugierig geworden
habe ich auch hineingehört und entdecke tolle Songs im meist akustischen
Gewand, die mich ein bisschen an 70er-Soul mit Singer-Songwriter-Touch
erinnern (Terry Callier, Donny
Hathaway, Roberta Flack, Curtis
Mayfield, etwas Reggae) und mich letztendlich vom Kauf überzeugt
haben. Neben dem Gesang und den schönen Texten gefallen mir besonders
gut die Steelguitar- und Mandolineneinlagen von Larry Campbell,
den man noch aus Bob Dylans Begleitband
oder von Phil Lesh & Friends
kennt.
(07.01.2007)
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Ayo heißt in Wirklichkeit Joy. Beides bedeutet "Freude",
doch trotz fröhlichen Gemüts muss eine Lebensgeschichte wie
ihre erst mal verarbeitet werden: Ayos rumänische Mutter war drogenabhängig,
aufgewachsen ist sie bei ihrem Vater in Köln und Nigeria. Seitdem
pendelt sie wie eine Nomadin durch die Welt; eine feste Heimat hat die
26-Jährige nur im Land der Musik. Ihr sanfter Soulgesang kommt so
direkt daher, dass man einfach innehalten und zuhören muss. In "Life
is real" erzählt sie, wie sie ihr Leben führt - und macht
uns ganz nebenbei klar, wie wir alle es tun sollten: nämlich stark
und ehrlich zu uns selbst. Die Klänge, die ihre Texte begleiten,
sind vielfältig: hier ein Reggae-Offbeat, dort ein Chanson-Akkordeon,
sogar dem Motownstil der Jackson Five wird gehuldigt. Ayo kommt einem
mit diesem Album sehr nahe, und man hat schnell das Gefühl, sie schon
eine Ewigkeit zu kennen - dabei sind es erst 50 Minuten.
(kulturnews.de)
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"Grandioses Folk-Soul-Debüt. Ein Start mit Gänsehaut:
Das steinerweichende Liebesflehen 'Down on my knees' packt. Die gebürtige
Kölnerin, der Vater aus Nigeria, die Mutter Gipsy, nomadisiert (Lagos,
London, New York, Paris), singt sinnlich, seelenvoll. Klanglich traumhaft
präsent, mixt sie schwerelos Folk, Soul, Reggae und dezenten Rock
mit Chanson-, Gospel-, Country- oder Gipsy-Tupfern. Ayo. könnte Tracy
Chapmans vitalere, hippere Schwester sein"
(Claus Böhm/Audio).
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Neil Young & Crazy Horse: "Live At The Fillmore East March 6&7 1970" (Reprise, Nov. 2006) |
Natürlich kann man sich die Frage stellen , 0b der normale Mensch
bzw. der normale Rock&Roll-Fan ein weiteres Livealbum von Neil
Young zusammen mit seiner treuen Begleitband braucht, weil es ja
im Laufe der Jahre schließlich schon so einige davon gegeben hat. Für
diese Neuveröffentlichung aus der neuen (?) Reihe "Neil
Young Archives Performance Series", die es auch schon auf zahllosen
Bootlegs geben soll, spricht allerdings neben dem guten Klang die Besetzung
der Band (noch mit dem weniger später den Drogentod sterbenden
Gitarristen Danny Whitten und Kurzzeitmitglied und Produzentenlegende
Jack Nietzsche am E-Piano), während die Songauswahl bei
insgesamt nur 6 Liedern zu 50% Bekanntes & Bewährtes liefert
("Everybody Knows This
Is Nowhere", "Cowgirl in The Sand" und natürlich
"Down By The River"), zu 50% aber auch überraschendes
bietet: "Winterlong" gab's damals noch auf keinem Album und
wurde erst auf später "Decade"
veröffentlicht). "Wonderin'" wird sogar erst 13 Jahre
später auf dem blöden Rockabilly-Album "Everybody's Rockin'"
in einer Studioversion zu hören sein. "Come On Baby Let's
Go Downtown", eine von Danny Whitten gesungene Team-Kompostion
von Whitten/Young, gab es in gekürzter Fassung bereits auf "Tonight's
The Night" zu hören und wird anschließend in einer Studioversion
auf dem Debütalbum von Crazy
Horse von 1971 ohne Neil Young zu finden sein.
Brauch ich also diese Platte? "Brauchen" trifft es nicht wirklich,
aber es ist ein schönes, historisches Tondokument, das beim Hören
durchaus Spaß macht. Wäre die CD kurz nach "Greendale"
und nicht kurz nach dem schönen "Living
With War" herausgekommen - dann würde ich das vielleicht
anders sehen.
Ach ja - wie man auch schon dem Cover entnehmen kann war damals Miles
Davis der Support-Act von Mr. Young. Eine ziemlich kuriose Mischung,
die mir aber sicherlich Spaß gemacht hätte ...
(19.11.2006)
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Ever since he started rumbling about releasing his archives some 20,
30 years ago it's been so long, it's hard to keep track of the
specifics Neil Young talked about it as a mammoth box set, or perhaps
a series of box sets each chronicling a different era in his career, comprised
entirely of unreleased recordings, some live, some studio. It was an eagerly
anticipated set, since everybody knew that he had scores of unreleased
recordings in his vaults. Not just songs, but full albums that were scrapped
at the last minute. He regularly tested out new songs on tour, sometimes
rewriting them later, sometimes never releasing them on album. Some of
his peers had similar habits Bob Dylan had a similar treasure trove
of unreleased recordings but unlike Dylan, Young took an active
interest in archiving this material himself. Given the amount of unreleased
tapes, some patience was in order, but as the years stretched into decades,
with Neil tinkering away, changing his mind, waiting for digital sound
to get out of the dark ages, it was easy to wonder if the set would ever
come out. When it did, it was not with a splash, as was the official Bob
Dylan Bootleg Series, which was inaugurated as a triple-disc box in 1991.
No, Young eased his way into the series by releasing a single disc called
Crazy Horse at the Fillmore 1970 late in 2006.
Billed as the second volume of the "Performance Series"
clearly, the numbers are assigned chronologically in order of recording,
not release Crazy Horse at the Fillmore 1970 is not dissimilar
to the subsequent entries in Dylan's bootleg series: it focuses on a specific,
significant tour in Young's past. In this case, it's Neil's 1970 tour
with Crazy Horse, supporting Everybody Knows This Is Nowhere, his first
record with the band. This was the original lineup of Crazy Horse featuring
Danny Whitten, who would die tragically of a heroin overdose a mere two
years later, making this a pivotal tour in Young's history. Whitten's
ghost haunted Young & Crazy Horse throughout the '70s, particularly
on his gloomy masterpiece Tonight's the Night, which featured a version
of Whitten's great "Come on Baby Let's Go Downtown" recorded
during the group's stint at the Fillmore East in March 1970, which this
album documents in a fuller fashion. That version of "Downtown"
on Tonight's the Night hints at the power of this performance: simultaneously
lithe and lumbering, it captures how Neil & Crazy Horse could sound
at once unpredictable and inevitable. Part of that came from bassist Billy
Talbot and drummer Ralph Molina, whose ramshackle rhythms were uniquely
suited for Young, and pianist Jack Nitzsche also added texture to this
tour, but this performance reveals how empathetic the interplay between
Young and Whitten was. These guitarists weren't rivals; they interlocked
and rode Talbot and Molina's steady, if occasionally misshapen, groove
for as long as they could go and in the case of the 12-minute "Down
by the River" and the 16-minute "Cowgirl in the Sand,"
it was very long indeed, but they're never boring; they're hypnotic in
their circular riffs and solos. Add to that a ragged, beautiful "Winterlong"
and the sweet, loping "Wonderin'" performed here, but
not released until Young revived and revamped it for his 1983 rockabilly
record Everybody's Rockin' and this is truly a special performance
and more than worthy beginning to the archives project.
That doesn't mean that this release is faultless. The main complaint
that can be lodged against Crazy Horse at the Fillmore 1970 is that it's
not a complete representation of a 1970 show. During this tour, Neil opened
with an acoustic set and then had Crazy Horse come out for an electric
set; the acoustic is not here, but most of the electric is, with only
"Cinnamon Girl" absent and it's absent because there
was not existing high-quality tape for it, unlike the rest of music that's
featured here. So, it comes down to a matter of taste: for hardcore fans
used to bootleg quality, they may lament the lack of a full show, but
for those who want the best of this legendary stay at the Fillmore East
in the best possible audio quality (including a DVD of the show, where
the main program plays to photos of the band from the tour), that's what
this set gives you. And in doing so, it gives a good indication that as
Neil slowly rolls out the archives, he'll emphasize quality over completeness
for better and for worse.
(by Stephen Thomas Erlewine , All
Music Guide)
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Gob Iron: "Death Songs For The Living" (Sony/Legacy/Transmit Sound, Dez. 2006) |
Ein "Nebenprojekt" von Jay Farrar (Uncle
Tupelo, Son Volt) und dem mir
unbekannten Anders Parker, die hier vor allem alte Folksongs
und Artverwandtes (wie z.B. "Hard Times" von Stephen Foster)
originell interpretieren. Spröde, rustikal und sehr charmant.
(18.01.2007)
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Traumduo mit einem wahren, vor Freude die Tränen in die Augen treibenden
Spitzenalbum voller Wärme, Hingabe und innovativer Wurzelnähe!!
Gob Iron (britische Bezeichnung für die Mundharmonika) sind keine
Geringeren als die befreundeten No Depression-Helden Jay Farrar (Uncle
Tupelo, Son Volt, solo) und Anders Parker (Varnaline, Space Needle, solo),
die sich hier für ein ambitioniertes Projekt zusammengefunden haben,
in dem traditioneller amerikanischer Folk ("Death Songs") auf
eigenwillige Weise für die Jetztzeit adaptiert, umarrangiert und
zum Teil mit neuen/ergänzenden Texten versehen wird. So hören
wir klassisches Liedgut von Stephen Foster ('Hard Times'), A.P. Carter
('East Virginia Blues'), Josh White ('Silicosis Blues'), Rev. Gates ('Death's
Black Train'), Carter Stanley ('Wayside Tavern') usw. in semi-akustisch/elektrischen
Gänsehaut-Fassungen, die mal wieder belegen, wie eng Folk, Blues
und Country im Grunde beieinander liegen! Ohne weitere Musikerhilfe haben
Farrar und Parker diese engagierte und mitreißende Musik in nur
wenigen Tagen in St.Louis aufgenommen: Farrar mit akustischen, elektrischen
Gitarren, Lap Steel, Harmonica, Bass, Piano, Riemenorgel, Dulcimer - Parker
mit akustischen und elektrischen Gitarren, E-bow, Piano, Bass, Drums.
Beide singen jeweils "ihre" Auswahlstücke im Verhältnis
4:4, wobei Farrar mit dem auf 'Coo Coo Bird' basierendem 'Nicotine Blues'
und dem ganz neuen 'Buzz & Grind' zusätzlich zwei eigene Kompositionen
beiträgt. Die insgesamt 10 Songs werden - ganz Farrar-typisch - von
kurzen Acoustic/Instrumental-Schnipseln getrennt. Ein Fest zum Fest für
alle, die 'March, 16-20, 1992' von Uncle Tupelo noch nicht vergessen haben!
(Glitterhouse)
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Melody Gardot: "Worrisome Heart" (Universal, 2006/März 2008) |
Noch eine tolle Entdeckung dank Till Brönner:
bereits vor zwei Jahren in den USA veröffentlicht gibt es das Album
inzwischen auch offiziell bei uns. Melody Gardot wird als junge
Sängerin und Pianistin im Spannungsfeld Jazz/Country gerne mit Norah
Jones verglichen bzw. in einen Topf geworfen. Da ich Norah Jones
durchaus zu schätzen weiß, finde ich diesen Vergleich zwar nicht störend,
aber er trifft nur bedingt zu: Melody Gardot hat eine völlig
andere Singstimme und auf diesem Debütalbum bereits alle Songs selber
geschrieben, was bei Mrs. Jones am Anfang nicht der Fall war.
(12.10.2008)
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Melody Gardot's debut recording, released in 2006, came two years after she suffered a near fatal automobile accident, the differently able Gardot triumphing in accomplishing what many others, including her, could only dream of. This project has her singing and playing guitar and a little piano, but more so presenting this project of all original material. Gardot has an interesting personal story, but even more intriguing music that straddles the line between lounge jazz, folk, and cowgirl songs. She's part sophisticated chanteuse, college sophomore, and down-home girl next door. Her innocence, sweetness, and light are very alluring, much like the persona of tragic songbirds Eva Cassidy and Nancy LaMott. Feel empathy for Gardot, but don't patronize her — she's the real deal much more that many of her over-hyped peers. "Quiet Fire" is definitely her signature tune, as it speaks volumes of where her soul is at, in a jazz/blues mode, yearning for true love. The title track follows a similar tack, a slow, sweet, sentimental slinky blues that will melt your heart. A finger-snapping "Goodnite" leaves you wanting that night to continue, but also exudes a hope that permeates the entire recording. She might be a bit down on men during the nonplussed "All That I Need Is Love," but her subdued optimism glows cool. "Sweet Memory" might possibly parallel Feist or perhaps KT Tunstall in a rural country mode, while "Gone" is clearly folkish, and the slow "Some Lessons" expresses a contemporary Nashville precept. The laid-back music behind Gardot is basically acoustic, incorporating hip jazz instrumentation, especially the trumpet of Patrick Hughes and occasional organ, Wurlitzer, or Fender Rhodes from Joel Bryant, but with twists including violin, lap steel, and Dobro. The concise nature of this recording and these tunes perfectly reflects the realization that life is precious, every moment counts, and satisfaction is fleeting. Likely to be placed in the Norah Jones/Nellie McKay/Madeleine Peyroux pseudo jazz/pop sweepstakes, Gardot offers something decidedly more authentic and genuine. She's one-upped them all out of the gate.
(by Michael G. Nastos, All Music Guide)
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"Céu" (Six Degree/Urban Jungle, 2006) |
Brazil!
(13.02.2009)
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Caetano Veloso sieht in CéU “die Zukunft der populären brasilianischen Musik“, für uns ist “CéU“ das beste Album, das dieses Jahr aus Lateinamerika kommt. Der Perfektion näher klang noch keine Vermischung von Klassik und Moderne im Bereich der Latin-Musik. Trip & Hip Hop, klassischen Samba, Reggae, Soul und Blues lässt die schöne Brasilianerin gleich in Fülle in ihren fortschrittlichen Sound einfliessen, was in zurückhaltend coolen Songs resultiert, die ihrer fantastischen Stimme genügend Raum zur Entfaltung lassen und ein immenses Talent offenbaren.
(exitmusic.ch)
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When Skipjack Tripped: "Is This World Still Mine?" (Micropal, 2006) |
Eine echte Entdeckung durch Forschungsarbeit! Vor wenigen Monaten kam
ja "Coming Down The Hill With
A Picturesque View", das neue Album von Missouri beim
kleinen, mir bislang unbekannten Label Micropal heraus. Beim
Stöbern auf der Firmenwebseite ist mir dann diese, ebenfalls in
Nürnberg beheimatete Band mit dem komischen Namen aufgefallen,
deren aktuellstes Album relativ günstig über das Internet
zu bekommen war (im Plattenladen findet man solche Kleinode sowieso
nicht!)). Angehört und schnell bestellt, denn hier wird wunderbarer,
inzwischen altmodischer Schrammelgitarrenpop geboten, den ich ja immer
noch sehr mag!
Witzigerweise kommt morgen ein neues Album der Band heraus, wie ich
gerade beim Googeln nach einer Coverabbildung feststellen konnte. Natürlich
ist auch das neue Album
sofort (und dieses mal sogar ungehört!) geordert worden ...
(17.07.2008)
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Indie-Urgesteine aus deutschen Landen veröffentlicht wird
stilecht über das eigene Kleinlabel Micropal. Und zum Teil im Waschraum
eines stillgelegten Betonwerks aufgenommen, was übrigens hervorragend
klingt. Das Trio spielt einen wunderbar altmodischen amerikanischen Gitarrenrock,
getragen von den Säulen des US-Indierock von Big Star über Giant
Sand bis zu den Silos eben genau die Sorte Musik, die Ende der
Achtziger/Anfang der Neunziger noch so präsent war. Gitarrist Zattl
spielt dazu eine mehr als amtliche Gitarre, sein Gesang gerät dagegen
etwas brüchig und knödelig, was den Retro-Aspekt der zehn Songs
aber nur verstärkt und gerne auch an so schräge Combos wie Souled
American denken lässt, vor allem beim finalen Peru Cap.
Alex Chilton muss als zentrale Inspiration der Band genannt werden, aber
auch alte Helden wie Green On Red, Howe Gelb, Calexico und sogar Gram
Parsons haben ihre Spuren im Sound von When Skipjack Tripped hinterlassen.
Das stilistische Spektrum reicht von leicht bröseligem Boogie über
SloMo-Country und Blues bis zu durchaus sattem, sumpfigem Southern Soul-Feeling
(Two From One Cloud). Grundsympathische Band absolut
zeitlose Musik, nicht nur für Indie-Veteranen.
(Joe Whirlypop, Glitterhouse)
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